Delinat-Weinwissen
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Der Riesling ist eine der besten Weissweinrebsorten der Welt

Kaum eine andere Sorte ist so variantenreich wie der Riesling, kaum eine andere kann so klar den Ort widerspiegeln, an dem sie wächst, kaum eine andere Sorte wird so komplex und kann so gut altern. Der Riesling ist ein Multitalent; denn es gibt ihn in allen denkbaren Varianten. Als Schaumwein brilliert er ebenso wie als trockener, halbtrockener oder süsser Wein mit und ohne Botrytis, als Beerenauslese, Trockenbeerenauslese oder Eiswein, als schwebend leichter Moselkabinett oder als trockenes und komplexes Grosses Gewächs. Die schönsten Weine stammen aus Deutschland, Österreich und dem Elsass. Dabei hat es einige Jahrhunderte gedauert, bis diese Sorte überhaupt Anerkennung fand.

Riesling – es kann nur einen geben

Obwohl der Riesling eine sehr alte Sorte ist, hat er nur wenige Namensvarianten. Beim Grauburgunder gibt es rund 150 Synonyme, beim Riesling lediglich ein paar. In der Schweiz wurde die Sorte bis in die 1920er Jahre als Johannisberger bezeichnet, da der Johannisberg im Rheingau ein historischer Riesling-Ort ist. In Baden hat man den Riesling als Klingelberger bezeichnet, und in manchen Gegenden findet man den Namen Rheinriesling oder Rhine Riesling. Osteuropäische Versionen lauten etwa Rajinski Riesling, Rajnai Rizling, Renski Riesling, Riesling Renano oder Riesling Rhénan. Nicht verwechselt werden sollte der Riesling mit dem Räuschling und auch nicht mit Sorten wie Riesling Italico oder Welschriesling, Clare Riesling, Cape Riesling oder Gray Riesling. Diese Sorten gehören nicht zur Riesling-Familie.

Erst eine Sorte unter vielen, dann cépage noble

Nach aktuellem Stand wurde der Riesling zum ersten Mal in einem Dokument vom 3. März 1435 erwähnt, in dem Klaus Kleinfisch, der Kellermeister der rheinland-pfälzischen Burg Katzenelnbogen, notiert, dass er «setzreben riesslingen in die wingarten» erworben habe. Schon früher wurde der Begriff ruesseling benutzt, zum Beispiel 1348 im Elsass. Doch man ist sich nicht sicher, ob zu dieser Zeit damit vielleicht der Räuschling bezeichnet wurde. Ganz sicher wird der Riesling im berühmten Kreütterbuch (1539) von Hieronymus Bock erwähnt, wo es in der lateinischen Übersetzung von 1552 heisst: «Ad Mosellam, Rhenum et in agro Wormatiensi vites procreantur Riesling appellate» (An Mosel, Rhein und im Wormser Gebiet werden Reben erzeugt, die Riesling heissen). Wie so viele andere Sorten (z. B. Chardonnay, Gamay, Elbling, Aligoté, Furmint) hat der Riesling den Gouais blanc, den Weissen Heunisch, als Elternteil. Auch wenn diese Sorte heute kaum noch existiert und in Deutschland nur noch im Weingut Georg Breuer im Rheingau in kleinsten Mengen kultiviert wird, war sie zusammen mit dem Traminer und dem Pinot eine der entscheidenden Rebsorten des Mittelalters. Sie stand zusammen mit Elbling, Traminer, Riesling und vielen anderen Sorten im Gemischten Satz in den Weinbergen, weil damals reinsortige Weinberge noch nicht üblich waren. Die zweite Elternsorte ist heute möglicherweise ausgestorben. Diese unbekannte Sorte hatte jedoch – das weiss man nach DNA-Analysen – den Traminer und eine Wildrebe als Eltern. So ist der Riesling also ein Kind des Weissen Heunisch, der für die späte Reife, die Säure und die Robustheit des Holzes verantwortlich ist. Von der Wildrebe hat der Riesling die Frostbeständigkeit und die Kleinbeerigkeit, vom Traminer die besondere Würze. Die seltene Variante des Roten Rieslings ist eine natürliche Mutation.

Bis in die frühe Neuzeit galt der Riesling als minderwertige Sorte. Über lange Zeit hatte man die Rebsorten grob in zwei Kategorien eingeteilt. Es gab die burgundischen und die hunnischen Sorten und damit Weine, die für den Adel bestimmt waren (vinum francium) und Weine, die fürs Volk bestimmt waren (vinum hunnicum). Ein vinum francium entstand aus einem Gemischten Satz, der vor allem burgundische Rebsorten, Traminer und Silvaner enthielt. Ein vinum hunnicum enthielt saure Sorten wie eben den Riesling und den Heunisch sowie viele weitere, heute nicht mehr gebräuchliche Rebsorten. Dies lag auch daran, dass zu jener Zeit die Kleine Eiszeit in Mitteleuropa herrschte und viele Sorten kaum die Chance hatten, wirklich auszureifen. Zudem gab es eine Leitrebsorte für die Gemischten Sätze, den Elbling. Wenn dieser meist Mitte September reif war, wurde der gesamte Weinberg geerntet. Erst als man begann, den Riesling länger ausreifen zu lassen, erkannte man das Potential der Sorte. Genau dies soll der Legende nach am Schloss Johannisberg im Rheingau 1775 passiert sein. Damals warteten die Mönche darauf, vom Bischof von Fulda die Genehmigung für die Traubenlese zu erhalten. Doch der Reiter, der die Botschaft überbringen sollte, verspätete sich um Wochen. Die Trauben dürften damals also Botrytis bekommen haben, und die Mönche gingen davon aus, dass der Pilz den Wein ungeniessbar machen würde. Sie vergoren ihn natürlich trotzdem, und das Ergebnis war ein Wein, wie sie ihn nie zuvor verkostet hatten. Ab diesem Zeitpunkt wurde auf dem Johannisberg und später auch anderswo der Lesebeginn für Riesling in den November verlegt. Schnell entwickelte sich der Ruf des Rieslings, und schon im 19. Jahrhundert gehörten Rieslinge von Mosel und Rhein zu den teuersten Weinen der Welt – teurer als Burgund, Bordeaux und Champagne.

Riesling, das Multitalent

Kaum eine andere Sorte hat so viele herausragende Eigenschaften wie der Riesling. Das Holz der Weinstöcke ist sehr hart. Die Sorte treibt recht spät aus und reift spät. Sie ist weitgehend widerstandsfähig gegen Frost wie auch gegen den Falschen Mehltau und auch nur bedingt anfällig für den Echten Mehltau sowie für Botrytis. Der Riesling verfügt über hohe Säurewerte, kann auch mit niedrigen Alkoholwerten reif werden und seine volle Komplexität ausspielen. Die Sorte gilt als Terroir-Übersetzer und bringt die Eigenschaften des Ortes recht unverfälscht in den Wein. Dabei gedeiht sie exzellent auf Schiefer, Verwitterungsboden, Urgestein, Granit, Basalt und Kalk. Durch die Verbindung von ausgeprägter Frucht, Säure und Würze erbringt sie sehr eigenständige Schaumweine. Im Stillweinbereich entstehen einfache Gutsweine ebenso wie alkoholarme und dabei sehr lebendige, spritzige Kabinett-Weine im trockenen wie halbtrockenen Bereich. Dazu kommen Prädikate wie Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein – somit also alle möglichen Kategorien. Je nach Bodenart findet man Aromen von Kernobst, Steinobst, Zitrusfrüchten und exotischen Früchten, ferner würzige Noten und steinige Noten. Bemerkenswert ist die rassige Säure und die mineralische, vibrierend lebendige Art. Mit dem Alter wird der helle Wein goldfarben, und die Aromen zeigen Dörrobst, Honig, Petrol, schwarzen Tee und Nougat.

Riesling ist vor allem deutschsprachig

Der Riesling stammt wahrscheinlich vom Rhein und ist auch immer vornehmlich dort beheimatet gewesen. Die besten Exemplare stammen von Mosel, Nahe und Mittelrhein, aus dem Rheingau, der Pfalz und Rheinhessen sowie aus dem französischen Elsass, in Österreich aus der Wachau, dem Kamptal und dem Kremstal. Das heisst jedoch nicht, dass es nicht auch anderswo hervorragende Rieslinge gäbe. In Neuseeland findet man sie ebenso wie in Australien, dort etwa im Clare Valley und Eden Valley, wo Schlesier die Sorte im 19. Jahrhundert angepflanzt haben. In den USA gibt es heute sogar schon rund 5’000 Hektar, und zwar vor allem in Oregon, Washington und in der Region Fingerlakes. Insgesamt sind es heute weltweit rund 50’000 Hektar mit steigender Tendenz, die Hälfte davon in Deutschland.

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