Delinat-Weinwissen
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Muscadelle hat trotz ihres Namens nichts mit Muskat zu tun

Muscadelle ist eine weisse Rebsorte, die seit mindestens Anfang des 18. Jahrhunderts im Bordelais angebaut wird. Zusammen mit Sémillon und Sauvignon Blanc wird sie häufig in den klassischen weissen Bordeaux-Cuvées benutzt. Dabei beträgt ihr Anteil im fertigen Wein jedoch selten mehr als 10 %. Eine grössere Bedeutung erreicht die Rebsorte hingegen in Süssweinen, besonders im Monbazillac. Diese Verwendung hat die Muscadelle einer eigentlichen Schwäche zu verdanken. Relativ früh reifend (und damit von Wespen gern heimgesucht), ist die Rebsorte besonders empfindlich gegen Botrytis. Aus den von der Edelfäule befallenen Beeren können dann später im Herbst entsprechend Süssweine gekeltert werden.

Anders als lange Zeit angenommen, weist die Muscadelle keinerlei Verwandtschaftsbeziehungen zu den Muskatsorten auf. Die leichten Muskatnoten, verbunden mit feinfruchtigen Aromen, hatten zu dieser Vermutung geführt. Jedoch haben DNA-Analysen gezeigt, dass Gouais Blanc (= Gwäss = Heunisch) einer der Elternteile ist. Damit befindet sich die Muscadelle in guter Gesellschaft, ist doch Gouais Blanc ebenfalls Elternteil solch bekannter Rebsorten wie Riesling, Chenin Blanc und Furmint. Der zweite Elternteil konnte allerdings noch nicht herausgefunden werden.

Cuvéepartner in Bordeaux

In den hochwertigen weissen Bordeaux aus Pessac-Léognan nur in geringen Anteilen vertreten, ist die Rebsorte ein beliebter Verschnittpartner in der Appellation Entre-deux-Mers. Aber auch dort ist es schwer, eine reinsortige Ausgabe zu finden. In Bergerac baut Luc de Conti vom Château Tour des Gendres als einer von wenigen eine trockene Muscadelle aus.

In Australien steht Muscadelle hingegen für einen ganz eigenen Weintyp. Bereits in den 1850er Jahren wurde die Rebsorte hier erstmals angepflanzt, und zwar im Nordosten des Bundesstaats Victoria. Lange Jahre bezeichnete man die Weine als Tokay, weil man annahm, es handele sich um Pinot Gris, der im Elsass unter dem Namen Tokay bekannt war. Um nicht mit EU-Regularien in Konflikt zu geraten, wird der Wein mittlerweile jedoch offiziell als Topaque geführt.

Im heissen Klima der Weinbauregion Rutherglen werden aus Muscadelle gespritete (also mit Alkohol verstärkte) Süssweine hergestellt, die oft jahrelang in Eichenfässern lagern. Ein solcher Rutherglen-Süsswein ist fast sirupartig in der Konsistenz, besitzt oxidative Karamellnoten und ist wie Madeira äusserst alterungsbeständig. Mittlerweile als altmodisch geltend, geht die Anzahl derartiger Weine und damit auch die mit Muscadelle bestockte Rebfläche ebenso zurück wie in Frankreich.

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