Delinat-Weinwissen
Delinat-Weinwissen

Der Ausbau hat einen grossen Einfluss auf den Charakter des Weins

Nach dem Abschluss der Gärung erfolgt der Ausbau des Weins. Edelstahl, Holz, Beton, Amphore – was wählt man wofür aus?

Nach dem Ende der Gärung muss sich der Winzer überlegen, wie er mit dem Jungwein weiter verfahren möchte. Unter dem Begriff Ausbau sind dabei sämtliche Techniken erfasst, die sich mit den Gefässen (= Gebinden) für die Weinreifung sowie mit dem Einfluss von Hefen und Sauerstoff beschäftigen.

Aus dem Tank in die Flasche – Beaujolais Nouveau

Die einfachste Möglichkeit ist, überhaupt keinen Ausbau durchzuführen und direkt nach der Gärung den Wein auf die Flasche zu ziehen. Tatsächlich gibt es Weine, bei denen so verfahren wird. Der Beaujolais Nouveau, der jedes Jahr am dritten Donnerstag im November auf den Markt kommt, ist beispielsweise eine solche Schnellabfüllung. Neben diesen im Verlauf des 20. Jahrhunderts sehr stark technisiert hergestellten Weinen (Chaptalisierung, Maischeerhitzung, Reinzuchthefen, Schönung nach der Kohlensäuremaischung, Filtration etc.) gibt es mittlerweile jedoch auch andere Versionen unbehandelter Jungweine.

Abstich und Ausbau auf der Hefe

In aller Regel wird ein Wein nicht unmittelbar nach der Gärung abgefüllt, sondern zunächst in einem anderen Behälter gelagert. Beim Abstich (frz. Soutirage) wird der Wein dann vom Bodensatz getrennt, der aus abgestorbenen Hefezellen, ungelöstem Fruchtfleisch und Trubstoffen besteht. Dabei pumpt man den Wein entweder in ein anderes Gefäss oder lässt ihn in schonenderer Form durch ein s-förmiges Rohr laufen (siphonieren).

Nach dem Abstich ist der Wein zwar von gröberen Trubstoffen befreit, feinkörnigere Elemente bleiben jedoch erhalten. Hier handelt es sich unter anderem um Feinhefe, die erst sehr langsam zu Boden sinkt. Die grobkörnigeren Hefeteile, die bereits während der Gärung zu Boden gesunken sind, nennt man Vollhefe. Die Feinhefe könnte nun durch Filtration entfernt werden, aber bei manchen Weissweinen setzt der Winzer auf einen möglichst langen Ausbau auf der Feinhefe; denn Hefe verleiht dem Wein mehr Frische, sie wirkt auch reduktiv, vermindert also den Einfluss von Sauerstoff.

Oxidativer und reduktiver Ausbau

Ohnehin ist es eine wichtige Frage beim Ausbau, wie gross der Einfluss von Sauerstoff sein darf. Grundsätzlich kann man den reduktiven vom oxidativen Ausbau unterscheiden, wobei in der Praxis etliche Zwischenvarianten existieren. Der Sauerstoff sorgt für eine dunklere Färbung im Wein und für die Änderung der Aromen, weg von der Fruchtigkeit und hin zu Würze und Struktur. Ausserdem verhindert er das Auftreten von Fehltönen (Böckser-Aromen). Zu viel Sauerstoff führt allerdings zu einer ungewollten Oxidation, bei der Acetaldehyd entsteht. Dessen Nachfolgeprodukte sorgen dann für den typischen Sherryton.

Ein reduktiver Ausbau hingegen, der von vornherein versucht, den Sauerstoff fernzuhalten, führt in der Regel zu einem frischen, aromatischen und fruchtbetonten Wein. Bei der Frage des Sauerstoffkontakts hängt auch viel von der Auswahl der Ausbaugefässe ab.

Die Wahl der Gebinde: Edelstahl, Holz und Beton

Am besten abschliessen kann man einen Wein in einem Tank aus Edelstahl. Edelstahl ist inert, reagiert also nicht mit dem Wein und bringt deshalb auch keine eigenen Aromen in das Getränk. Bei vielen, vor allem bei einfacheren Weissweinen, die jung getrunken werden sollen, wird Edelstahl wegen des Erhalts der Reintönigkeit als Ausbaumaterial gewählt.

Während Edelstahltanks erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts im Weinbau üblich sind, hat der Ausbau im Holzfass eine lange Tradition. Anders als beim Edelstahl ist allerdings Holzfass nicht gleich Holzfass. Je nachdem, welches Holz verwendet wird, wie oft das Fass schon benutzt wurde, wie gross es ist und wie stark getoastet (Hitzebehandlung), werden Aromen unterschiedlicher Art und Intensität dem Wein mitgegeben. Ein 1200 Liter fassendes Fuderfass, das schon seit vielen Jahren in Gebrauch ist, aromatisiert den Wein nicht mehr. Ein 225 Liter fassendes neues Barrique hingegen gibt Zeder-, Vanille- oder Kokosaromen an den Wein ab.

Einen Mittelweg zwischen Holz und Edelstahl wählen Winzer, die für den Ausbau Gefässe aus Beton verwenden. Beton ist ähnlich wie Edelstahl aromatisch neutral, lässt aber im geringen Masse wie ein Holzfass Sauerstoff durch. Dabei ist ebenso wie beim Holzfass der Einfluss des Sauerstoffs umso grösser, je kleiner das Gebinde ist. Das liegt daran, dass ein kleineres Gefäss im Verhältnis zum Inhalt über eine grössere Aussenfläche und somit über mehr Kontaktmöglichkeiten verfügt.

Imitation durch Mikrooxygenierung

Eine technische Möglichkeit, auch beim Ausbau im Edelstahl den Wein mit kleinsten Mengen Sauerstoff zu versorgen, ist die Mikrooxigenierung oder Mikrooxigenation. Dabei wird der Wein über einen längeren Zeitraum immer wieder mit ein wenig Sauerstoff versehen, sodass es zu einer Verkettung langer Polyphenol-Moleküle kommt. Auf diese Weise werden die Weine samtig wie gereiftere Weine, aber ohne ihre Frucht einzubüssen. Es handelt sich sozusagen um eine Massnahme, die den neutralen Holzfassausbau imitiert, das aber innerhalb kürzerer Zeit.

Seit mehreren Tausend Jahren gebräuchlich: Amphorenausbau

Die ursprünglichste Form des Ausbaus ist die Verwendung von Tonamphoren. Derartige Gefässe, eingegraben in die Erde, benutzt man in der Kaukasusregion bereits seit mehreren Tausend Jahren. Auch die Römer verwendeten Amphoren. Durch das Eingraben wird der Ton so abgedichtet, dass kaum noch Sauerstoff eindringt und lediglich eine Mikrooxidation stattfindet. Traditionell befüllt man die Amphoren mit nicht entrappten Trauben. Auf diese Weise bekommen dank der Maischegärung auch Weissweine entsprechende Tannine und Polyphenole.

Die Dauer des Ausbaus kann je nach Weintyp sehr unterschiedlich sein. Fruchtige Weissweine liegen in der Regel höchstens bis zum nächsten Frühjahr nach der Ernte im Stahltank. Traditioneller Bordeaux verbringt etwa 15 bis 18 Monate im Barrique. Eine spanische Gran Reserva muss hingegen mindestens drei Jahre lang ausgebaut werden. Ein direkter Zusammenhang zwischen Ausbaudauer und Weinqualität existiert dabei nicht. Allerdings hat das Sich-Zeit-Lassen bei allen Schritten der Weinherstellung einen positiven Einfluss auf den Wein.

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