Delinat-Weinwissen
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Junge Weine

Junge Weine, die meist im Jahr nach der Ernte auf den Markt kommen, sind die mit Abstand wichtigste Kategorie im Weinmarkt.

«Die meisten Weine, die auf der Welt erzeugt werden, schmecken am besten bei ihrer Freigabe, ein bis zwei Jahre nach der Lese.» Dieses Zitat stammt nicht etwa von einem Wein-Einkäufer für einen Discounter, sondern von Robert M. Parker Jr, einem der bedeutendsten Weinkritiker der letzten Jahrzehnte. Auch Hugh Johnson, ebenfalls ein legendärer Weinschreiber, weist darauf hin, dass ein Wein, der jung nicht schmeckt, sich in den seltensten Fällen positiv entwickeln dürfte. Allerdings gibt es zweifellos Weintypen und Weinstile, die eher dafür gedacht sind, sich durch Lagerung im Keller zu harmonisieren. Andere hingegen leben davon, als junge Weine frisch getrunken zu werden. Was sind nun aber die Charakteristika für junge Weine, und welche Stile können als typisch für sie gelten?

Junge Weissweine

Wein besteht aus vergorenen Trauben, sozusagen aus transformierten Früchten. Das bedeutet, je länger die Zeit fortschreitet, desto weiter entfernt sich auch der Wein von seinem ursprünglichen Traubengeschmack. Anders als bei Rotwein werden die Trauben für Weissweine in aller Regel bereits vor der Gärung gepresst. Damit vergärt letztlich nur der Traubensaft – ohne Stiele, Stängel und Traubenschalen. Auf diese Weise besitzt Weisswein nur eine sehr geringe Anzahl an Gerbstoffen. Wird der Wein dann noch in neutralen Gefässen wie dem Stahltank ausgebaut, kommen weder Holz-Gerbstoffe noch sonstige weinferne Aromen hinzu.

Herkunft und Rebsorte sind in aller Regel bei Weissweinen nicht entscheidend dafür, ob sich ein Wein für den frühen Konsum eignet. Meist weisen junge Weissweine die fruchttypischen Aromen der jeweiligen Rebsorte auf. Bei Sauvignon Blanc ist dies oft Stachelbeere, bei Weissburgunder Birne und bei Riesling ein Spektrum von Apfel über Zitrone bis Aprikose. Der Alkoholgehalt jung zu konsumierender Weine liegt idealerweise unter 13 Vol.-%, um die Leichtigkeit zu betonen. Eine angenehme Säure sorgt für die spritzige Frische.

Bekannte junge Weissweine

Zu den bekanntesten jungen Weissweinen, die explizit für den Konsum direkt nach der Markteinführung gedacht sind, zählt beispielsweise der Heurige. Bei dieser österreichischen Spezialität steckt schon im Namen der Hinweis, dass es sich um den Wein der aktuellen Ernte handelt. Auch ein Vinho Verde aus Portugal, egal ob ohne oder mit zugefügter Kohlensäure, wird meist jung und frisch getrunken. Weissweine, die für den baldigen Konsum gedacht sind, müssen jedoch nicht ausschliesslich fruchtig und spritzig sein. So gibt es in vielen mediterranen Ländern junge Weissweine, die völlig trocken ausgebaut sind und mit ein bisschen mehr Schmelz daherkommen. Werden die Trauben früh genug geerntet, können selbst aus heissen Regionen wie Zentralspanien, Sizilien oder Griechenland frische Weissweine kommen, die sich als vielseitige Speisenbegleiter eignen.

Junge Rotweine

Hier im Veneto wird der berühmte Valpolicella angebaut, einer der beliebtesten jungen Rotweine.

Bei Rotweinen, die jung getrunken werden können, spielt der Herstellungsprozess eine entscheidende Rolle. Je kürzer die Zeit ist, die Most und Traubenschalen miteinander vergären, desto geringer sind die Gerbstoffe, die sich aus den Schalen lösen. Es gibt auch Rebsorten wie Pinot Noir, die von sich aus zu weniger Extraktion und Verschlossenheit neigen und deshalb zu einem frühen Konsum einladen. Das Beispiel Pinot Noir zeigt auch, dass es nicht etwa nur anspruchslose Weine sein müssen, die jung getrunken werden können. Tatsächlich schmecken die meisten Rotweine in ihrer Fruchtphase (also bis etwa zwei Jahre nach ihrer Freigabe) durchaus ansprechend. Wurden die Weine mithilfe von Reinzuchthefe und Schnellvergärung hergestellt, können sie danach schnell abbauen. Ausgesprochene Lagerweine hingegen aus dem Bordeaux oder Barolo tauchen nach ihrer Fruchtphase erst einmal für mehrere Jahre in eine Verschlussphase ab, in der sich die Aromen umbilden.

Bekannte junge Rotweine

In Frankreich gibt es eine spezielle Bezeichnung für Rotweine, die am besten jung und frisch schmecken: vin de soif. Dieser «Wein gegen den Durst» (allerdings nicht ganz wortwörtlich zu verstehen) stammte in früheren Zeiten im Bistrot direkt aus dem Fass, das der Wirt sich hatte liefern lassen. Ähnliche Rotweine gibt es auch in anderen Ländern. In Italien zählen sicher leichtere Bardolino und Valpolicella dazu, und in Spanien gibt es mit dem vino joven eine eigene Bezeichnung. Der joven kommt, zumal er in aller Regel nicht im Holzfass ausgebaut wurde, ohne vorgeschriebene Lagerdauer frisch auf den Markt.

Der bekannteste junge Rotwein ist aber sicher der Beaujolais. Er stammt aus der gleichnamigen Region im Süden des Burgund und wird in seiner roten Version zu 100 Prozent aus der Rebsorte Gamay bereitet. Fluch und Segen zugleich ist die Tatsache, dass dieser Wein weltweit dafür bekannt ist, als Beaujolais Nouveau am dritten Donnerstag im November in den Verkauf zu gelangen. Seit der Ernte sind dabei oft kaum zwei Monate vergangen. Aber auch regulärer Beaujolais, der im Verlauf des nächsten Jahres auf den Markt kommt, ist ein Wein, der in der Regel jung getrunken wird. Eine Rolle spielt dabei die macération carbonique, die Kohlensäuremaischung, als Art der Weinherstellung. Ganze Trauben werden dabei unter Luftabschluss in den Gärbehälter gegeben und nicht gepresst. Die unteren Beeren platzen durch den Druck auf, während bei den oberen die Gärung in den Beeren selbst beginnt. Ein solcher Wein besitzt wenig Tannine und viel Frucht, die manchmal sogar an Banane erinnert.

Fruchtige Sommer-Rosés

Rosé als Weinfarbe ist prädestiniert für frische, jung zu trinkende Weine. Auch dank gutem Marketing haben es die Produzenten geschafft, dass wir Rosé stets mit Sommer, Terrasse und Leichtigkeit verbinden. Rosé wird fast immer aus roten Trauben erzeugt, in der Provence zumindest hauptsächlich. Dabei bleiben Saft und Schalen entweder nur sehr kurz zusammen (pressurage direct), oder es wird der frei ablaufende Most ohne Pressen benutzt (saignée). Vor allem Letzteres als Vorstufe der Rotweinbereitung erlaubt es den Winzern, aus denselben Trauben einen Wein zu bereiten, der früher auf den Markt kommt. Zwar gibt es mittlerweile sehr ernsthafte Rosés, von denen einige auch im Barrique ausgebaut werden. In der Regel handelt es sich aber tatsächlich um fruchtige, frische und früh zu konsumierende Getränke. Ihr grosser Vorteil liegt in ihrer Vielseitigkeit. Egal ob gegrillter Fisch, Tapenade, kalte oder warme Speisen: Rosé geht fast immer.

Perlwein und Frizzante

Prickler ist nicht gleich Prickler. Während Jahrgangs-Champagner nicht nur hochpreisig sind und besonders lange im Keller ausgebaut wurden, kommen viele andere Schäumer für den schnellen Genuss auf den Markt. Perlwein ist dabei die allgemeine Bezeichnung für Wein mit einem Kohlensäuredruck zwischen 1 und 2,5 bar. Schaumweine müssen hingegen mindestens 3 bar Druck besitzen – um richtig zu schäumen und nicht nur zu prickeln. In Italien gibt es den Unterschied zwischen Perlwein und Schaumwein ebenso. Der Perlwein heisst dort Frizzante, der Schaumwein Spumante. Meist wird bei Perlweinen die Kohlensäure, die den Fizz ausmacht, nachträglich zugefügt. Es gibt aber auch Exemplare, die lediglich die natürliche Gärkohlensäure nutzen. In jedem Fall ist Perlwein oder Frizzante ein ideales Getränk, um es jung, frisch und gut gekühlt zu geniessen.

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