Nebbiolo, die grosse Rebsorte des Piemont
Neben dem Sangiovese dürfte der Nebbiolo Italiens grösste Rebsorte sein. Die uralte Piemonteser Sorte lässt Weine von grosser Komplexität, Expressivität und Langlebigkeit entstehen, die im Alter an grosse Burgunder erinnern, in ihrer Jugend aber vor allem vom Tannin geprägt sind.
Entstanden am Fuss der Berge
Der Nebbiolo ist eine uralte norditalienische Sorte, die im 13. Jahrhundert zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde. Sie stammt aus dem Piemont, was so viel wie am Fusse der Berge heisst. Schon damals wurde sie in Alba und Asti angebaut, zwei der auch heute noch wichtigsten Piemonteser Weinbau-Zentren. Dass sie schon damals geschätzt wurde und weit verbreitet war, zeigt zum einen die häufige Erwähnung, zum anderen auch die Anzahl an Synonymen, die damals wie heute Verwendung finden. Im Val d’Ossola wird der Nebbiolo als Prünent bezeichnet, in der Lombardei als Chiavennasca, in Novara als Spanna und im Aosta-Tal als Picotendro. International bekannt ist aber vor allem der Name Nebbiolo, der offensichtlich vom italienischen Wort nebbia abstammt, was so viel wie Nebel heisst und sich auf die Verfärbung der reifen Traubenhäute beziehen dürfte. Insgesamt gibt es vier unterschiedliche Varianten des Nebbiolo. Nebbiolo Bolla, Nebbiolo Lampia und Nebbiolo Michet sind genetisch identisch. Der Nebbiolo Rosé allerdings variiert in seiner Genetik. Am weitesten verbreitet ist mit Abstand der Nebbiolo Lampia. Bis heute hat man die Elternteile dieser alten Sorte nicht gefunden. Es kann durchaus sein, das beide längst ausgestorben sind.
Im Weinberg und Keller bedarf es langer Erfahrung
Der Nebbiolo treibt früh aus und reift sehr spät, weshalb er anfällig ist für Spätfröste, ebenfalls für Unreife, weshalb er die besten und sonnigstes Plätze benötigt – wenn möglich auf kalkreichem Boden. Wie der Pinot schafft es der Nebbiolo wie kaum eine weitere rote Rebsorte, das Terroir im Wein klar widerzuspiegeln. Der Nebbiolo erzeugt säure- und tanninreiche Weine. Bis ins 19. Jahrhundert wurde er fast ausschliesslich süss ausgebaut. Erst der bekannte französische Önologe Louis Oudart erkannte das Potential des trocken ausgebauten Nebbiolo und baute ihn ab Mitte des 19. Jahrhunderts entsprechend aus. Es sollte noch bis in die 1980er Jahre dauern, bis der Wein international berühmt wurde. Dazu bedurfte es einer modernen Vinifizierung. Beim heutigen Barolo und Barbaresco wird das starke Tanningerüst, das eigentlich dazu führt, dass man den Wein erst nach einem Jahrzehnt trinken kann, geschliffen, sodass er früher trinkreif wird. Nebbiolo präsentiert sich mit dem Duft von Rosen und Veilchen, mit Aromen von Sauerkirschen, Cranberrys, Tee, Tabak, Trüffeln, Unterholz, Erde, Sandelholz und Süssholz.
Weltberühmt, aber lediglich eine lokale Grösse
Im Gegensatz zum Pinot noir, der vom Burgund aus die Welt erobert hat, ist der Nebbiolo im Wesentlichen eine lokale Grösse geblieben, die nur in einigen wenigen Hügelketten des Piemont grosse Weine hervorbringt. Neben dem Aosta-Tal, der Lombardei und dem Val d’Ossola finden sich lediglich im australischen Yarra Valley einige ernst zu nehmende Weine aus der Rebsorte. Rund 75 % des Gesamtbestandes an Nebbiolo befindet sich im Piemont, vor allem in der Langhe, um Roero, Asti, Carema, Biella, Novara und Vercelli. Trotzdem sind auch im Piemont nur 8 % der Rebfläche, also rund 5'000 Hektar, mit der Sorte bestockt. Das macht die Weine vor allem in der oberen Preisklasse sehr rar und führt zu hohen Preisen, vor allem wenn sie aus den besten Lagen der DOCG Barolo und der DOCG Barbaresco stammen.