Delinat-Weinwissen
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Gamay, das ungeliebte Kind des Burgund, spielt im Beaujolais gross auf

Gamay gehört zu den ältesten Sorten Frankreichs. Da sie jedoch bereits Ende des 14. Jahrhunderts per Dekret aus den Weingärten des Burgund verbannt wurde, war ihr Ruf lange schlecht. Dazu trug auch die massenweise Erzeugung von billigstem Beaujolais Nouveau bei. Doch seit einiger Zeit rückt die Sorte wieder in den Fokus, und nicht zuletzt namhafte Burgund-Winzer erkennen, dass sie den Gamay lange unterschätzt haben.

Philipp der Kühne verbannte den Gamay

Der Gamay noir, der eigentlich Gamay noir à jus blanc heisst, in eine der sehr alten Sorten Frankreichs. Sie wird bereits im 14. Jahrhundert erwähnt, allerdings nicht lobend, sondern in einem Bannschreiben, in dem Philippe le Hardi, also Philipp der Kühne, Herzog des Burgund, 1395 ausführte: «Es ist eine sehr schlechte und illoyale Sorte namens Gaamez, aus der reichlich Wein kommt […]. Und dieser Gaamez-Wein ist von solcher Art, dass er für die Menschen sehr schädlich ist, so sehr, dass viele Menschen, die ihn in der Vergangenheit getrunken haben, von schweren Krankheiten befallen waren, wie wir gehört haben; denn der Wein aus dieser Pflanze ist voll von erheblicher und schrecklicher Bitterkeit. Aus diesem Grund befehlen wir euch feierlich […], alle Weinstöcke des Gaamez zu fällen oder fällen zu lassen, wo immer sie auch sein mögen.» Damit war der Siegeszug des Pinot noir im Burgund gesichert, und der Gamay wurde ins benachbarte Beaujolais verbannt, wo er ein Granit-Terroir vorfand, das tatsächlich deutlich besser zu ihm passte als der Kalkstein des Burgund. Als Passetoutgrain aber ist er im Burgund als Pinot-Gamay-Cuvée trotzdem immer präsent geblieben; denn in manchen Teilen der Region wurde die Sorte von Winzern weiter geschätzt, auch wenn der Rebsortenbann im Laufe der Jahrhunderte noch mehrfach wiederholt wurde. Gamay war übrigens bis ins 20. Jahrhundert eine der wichtigsten Rebsorten der Champagne, bis auch dort der Bann erfolgte.

Verschwistert mit Chardonnay und vielen weiteren Sorten

Tatsächlich muss die hartnäckige Abneigung gegen Gamay verwundern, stammt die Sorte doch von Pinot noir und Gouais blanc, also von Blauburgunder und Weissem Heunisch ab und damit von zwei der wichtigsten Leitrebsorten Mitteleuropas. Als ein solcher Nachkomme ist Gamay zum Beispiel verschwistert mit Aligoté, Auxerrois, Melon de Bourgogne und Chardonnay, die ebenfalls von diesen beiden Leitrebsorten abstammen.

Neben dem Beaujolais hat sich Gamay in der Auvergne und an der Loire etabliert und ist mit rund 30'000 Hektar die am siebthäufigsten angepflanzte rote Rebsorte Frankreichs. In der Schweiz finden sich rund 1'500 Hektar. Die besten Weine entstehen ganz ohne Zweifel in den Village Cru, also in den als Cru bezeichneten Ortslagen des Beaujolais wie Brouilly, Chénas, Chiroubles, Fleurie, Juliénas, Morgon, Moulin-à-Vent und Régnié. Dort haben Winzer wie Marcel Lapierre, Jean Foillard, Guy Breton, Jean Thévenet und Joseph Chamonard vor Jahrzehnten die Speerspitze der Naturwein-Bewegung gebildet mit Weinen aus ökologischer Erzeugung und so wenig Intervention im Keller wie möglich. Die Weine aus diesen Ortslagen stehen im krassen Gegensatz zum restlichen Beaujolais, wo vor allem auf Masse gesetzt wird und Glyphosat nicht selten anzutreffen ist.

Gamay ist ein Rebsorte, die leicht unterschätzt wird, weil sie über eine seidig feine Tanninstruktur verfügt und in der Jugend über viel Frucht. Das hindert Winzer jedoch nicht daran, aus der Sorte Weine zu erzeugen, die Kraft und Komplexität, Würze und Charakter besitzen und genauso alterungsfähig sind wie grosse Burgunder.

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