Kerner ist eine Rebzüchtung aus Deutschland, die heute auch in Südtirol und in Japan populär ist
Kerner ist keine alteingesessene Rebsorte, sondern wurde im Jahr 1929 von August Herold gezielt gezüchtet. Er kreuzte dabei Riesling mit dem in seiner württembergischen Heimat populären Trollinger (= Schiava Grossa = Vernatsch). Offiziell genehmigt und empfohlen wurde der Anbau von Kerner jedoch erst im Jahr 1969. Der Name der Rebsorte bezieht sich dabei auf den schwäbischen Dichter Justinus Kerner. Der war gleichzeitig Mediziner und empfahl seinen Patienten im 19. Jahrhundert, täglich ein Glas Wein zu trinken, weil das die beste natürliche Medizin sei.
Die Rebsorte erlebte in den 1970er und vor allem 1980er Jahren grosse Erfolge in Deutschland. Charakterlich erinnert sie ein wenig an Riesling mit potenziell hohen Zucker- und Säurewerten. Die Aromen gehen dabei in Richtung von Traubigkeit, grünen Blättern und kandierten hellen Früchten. Im Jahr 1995 waren noch über 7’500 ha in Deutschland mit Kerner bestockt. Das war der dritte Platz in der Statistik der am meisten angebauten Rebsorten hinter Müller-Thurgau und Riesling.
Rückgang der Anbaufläche, aber auch überraschende Qualitätsinseln
Im Jahr 2018 standen hingegen nur noch auf knapp 2’400 ha Kerner-Reben, was deutschlandweit Platz neun bedeutete. Damit teilt die weisse Rebsorte das Schicksal fast aller Neuzüchtungen des 20. Jahrhunderts. Ursprünglich vor allem zur Sicherung des hohen Ertrags gedacht, sind diese Sorten im Qualitätsweinbau mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Wird der Ertrag jedoch gezügelt, können aus Kerner nicht nur aromatische, sondern tatsächlich hochwertige Weine bereitet werden.
Anders als in Deutschland haben sich die Anbauflächen in einigen anderen Ländern jedoch erhöht. Ein wichtiger Grund dafür ist die relativ gute Frosttoleranz der Rebsorte. Somit finden sich auf den weiteren Plätzen in der Anbaustatistik (allerdings weit hinter Deutschland) einige durchaus überraschende Weinbauinseln, auf denen Kerner weltweit gepflegt wird.
Japan, Südtirol, England
Die grösste Anbaufläche nach Deutschland (allerdings wirklich weit dahinter) erreicht die Rebsorte auf der japanischen Nordinsel Hokkaido. Es gibt dort regelmässig strengeren Frost, aber im Gegensatz zu weiter südlich gelegenen Landesteilen keine Taifungefahr im Spätsommer. Ausserhalb Japans sind die aromatischen Weine allerdings eine grosse Rarität.
Das Eisacktal in Südtirol, weit oben in den Alpen gelegen, ist die zweite qualitativ bedeutende Anbauregion. Hier werden frische und mineralische Weine aus der Rebsorte erzeugt. Die dritte Weinbauinsel schliesslich befindet sich wiederum auf einer tatsächlichen Insel, nämlich im Süden Englands. Seit dem Beginn des Jahrhunderts hat sich dort die Rebfläche enorm erhöht. Kerner wird dabei primär als frischer Stillwein ausgebaut, aber er findet sich auch als Cuvéepartner in Schaumweinen.