Biologischer Säureabbau (BSA): Frische und Primärfrucht oder Gehalt und Stabilität?
Der biologische Säureabbau (BSA) wird auch als malolaktische Gärungoder Apfelsäure-Milchsäure-Gärung bezeichnet. Er hat nichts mit der ersten, der alkoholischen Gärung zu tun und wird auch nicht durch Hefen, sondern durch Laktobazillen ausgelöst. Diese sorgen dafür, dass die spitzere Apfelsäure in rundere Milchsäure und Kohlendioxid umgewandelt wird. Je nach gewünschtem Weintyp lässt der Winzer den BSA also zu oder versucht ihn zu verhindern.
Wie funktioniert der BSA?
Um den BSA auf natürliche Weise starten zu lassen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Der pH-Wert darf nicht zu niedrig sein (also oberhalb von etwa 3,1), freier Schwefel sollte nicht vorhanden sein, es darf nicht zu kalt sein, und der Restzucker sollte unter 20 g/l liegen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, beginnen die Laktobazillen (besonders Oenococcus oeni) ihre Arbeit. Diesen Bakterienstamm kann man auch dem Most künstlich zugeben und damit den BSA fördern.
Die Umwandlung von Apfelsäure in Milchsäure führt nicht nur dazu, dass der Wein als milder empfunden wird. Auch die Gesamtsäure senkt sich um ungefähr 1 g/l. Dieser Wert ist allerdings abhängig davon, wie das Verhältnis von Weinsäure zu Apfelsäure im Most war. Die Weinsäure bleibt nämlich zur Gänze erhalten. In einem guten (bei nördlichen Verhältnissen also einem warmen Jahrgang) enthalten die Beeren mehr Weinsäure als Apfelsäure. In diesem Fall verringert der BSA die Gesamtsäure deshalb nicht so sehr wie in einem weniger guten Jahrgang, in dem die Beeren mehr Apfelsäure enthalten.
Änderung von Geschmack und Charakter durch den biologischen Säureabbau
Wie aber schmecken nun Weine nach dem BSA? Zunächst einmal besitzen sie einen fülligeren und ausgewogeneren Charakter. Eine gewisse Buttrigkeit, hervorgerufen durch das entstandene Diacetyl, ist ebenfalls typisch für diese Weine. Ist der Diacetylgehalt jedoch zu hoch, können die buttrigen Noten überhandnehmen bis hin zu einem Joghurtton. Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn der pH-Wert des Ausgangsmosts zu hoch ist. Ein zu hoher Restzuckergehalt vor dem Starten des BSA birgt ebenfalls Gefahren. Der Zucker kann dann nämlich in Essigsäure und andere unerwünschte Nebenprodukte umgewandelt werden.
Sind die Voraussetzungen für einen sauberen BSA jedoch gegeben, verbinden sich damit einige Vorteile. Neben dem gewünschten ausgewogenen Weintyp ist dies vor allem die grössere mikrobiologische Stabilität. Dies bedeutet auch, dass der Wein einen deutlich geringeren Bedarf an Schwefeldioxid hat. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Winzer, die ihre Weine möglichst gar nicht schwefeln und filtrieren möchten, die malolaktische Gärung bevorzugen.
Wer jedoch aromatisch auf Frische und säuerliche Spritzigkeit setzt, wird versuchen, den BSA zu verhindern. Möglich ist dies, indem der Jungwein nach der Gärung möglichst schnell abgezogen, filtriert, geschwefelt und kühl gehalten wird. Auch Kombinationen dieser Faktoren sind möglich.
Burgunder ja, Primärfruchtler nein
Bei welchen bekannten Weintypen wird nun der BSA zugelassen und bei welchen nicht? Rotweine machen in aller Regel den biologischen Säureabbau durch, da es bei ihnen meist auf grössere Fülle ankommt und sich Gerbstoffe und Apfelsäure aromatisch oft im Weg stehen. Zudem ist eine grössere mikrobiologische Stabilität sinnvoll. Bei Weissweinen ist die Situation hingegen ambivalent. Bei primärfruchtigen Weinen wie den meisten deutschen Rieslingen ist der BSA nicht erwünscht. Substanzreichere Weissweine wie Burgunder von der Côte de Beaune, die noch in Holzfässern ausgebaut werden, haben hingegen in der Regel alle den BSA durchlaufen.
In der Praxis ist es häufig auch so, dass der Winzer nur einen Teil des Weins (z. B. ein Fass) der malolaktischen Gärung unterzieht. Der spätere Verschnitt der verschiedenen Partien kann dann für die notwendige Ausgewogenheit zwischen Säure und Fülle sorgen. Dies gilt beispielsweise für rebsortenspezifische Weine wie Grünen Veltliner oder Weissburgunder, die stilistisch zwischen den beiden Extremen liegen.