Viognier – aromatisch, frühreif und populär
Viognier ist eine weisse Rebsorte, die ihre berühmtesten Lagen an der nördlichen Rhône hat. Hier gab es in Condrieu vor einem halben Jahrhundert lediglich 14 ha, die mit Viognier bepflanzt waren. Mittlerweile ist diese Zahl angestiegen und weltweit auf 7.000 ha angewachsen. Frankreich bleibt dabei zwar der grösste Produzent, aber flächenmässig hat sich der Schwerpunkt aus dem engen Rhônetal ins Languedoc verlagert. Weitere wichtige Produktionsländer mit jeweils mehr als 1.000 ha Rebfläche sind Australien und die USA, vor allem Kalifornien.
Über die Anfänge der Rebsorte ist relativ wenig bekannt. Erwähnt wurde sie explizit zum ersten Mal im Jahr 1781 als eine von zwei Rebsorten (neben Syrah), die für die exzellenten Weine der Côte-Rôtie verantwortlich seien. Bis zum heutigen Tag ist übrigens die Verwendung von bis zu 20 % Viognier in den Rotweinen der Côte-Rotie zugelassen.
Einer gern zitierten Hypothese folgend, wurde bis vor wenigen Jahren vermutet, der römische Kaiser Probus habe die Rebsorte von der dalmatinischen Küste aus nach Frankreich gebracht. Auf der kroatischen Insel Vis gibt es bis zum heutigen Tag einen kleinen Bestand der Rebsorte Vugava, die aromatische Ähnlichkeiten zum Viognier aufweist. Genetisch besteht jedoch keine Verwandtschaft zwischen den beiden Rebsorten.
Von der Nordrhône in den Süden
DNA-Analysen haben stattdessen eine Eltern-Nachkommen-Beziehung mit der ebenfalls lokalen französischen Rebsorte Mondeuse Blanche und weiter eine enge Verwandtschaft mit Freisa aus dem Piemont und mit Syrah nachgewiesen. Die Herkunft scheint also – zumindest bezüglich der letzten Jahrhunderte – eher im Grossraum der westlichen Alpen zu liegen.
Viognier treibt früh aus und ist daher bei Frühjahrsfrösten gefährdet. Relativ unempfindlich gegen Krankheiten, gedeiht die Rebsorte auch in wärmeren Klimata. Allerdings verstärkt sich dort eine Neigung, die bereits in den Weinen der Nordrhône sichtbar ist: Die Zuckerwerte (und damit der potenzielle Alkohol) gehen nach oben, während sich die Säure auf einem niedrigen Niveau befindet. Typisch für Viognier sind ausgeprägte Noten von Aprikose, Geissblatt und sogar Lebkuchen.
Warum ist Viognier so beliebt?
Die Popularität der Rebsorte hängt stark mit der weltweiten Vorliebe für aromatische, relativ säurearme und jung zu konsumierende Weine zusammen. Gerade die in wärmeren Klimata erzeugten Produkte sind oft direkt nach der Abfüllung schon zugänglich in ihrer vollmundig weichen Aromatik. Allerdings verbessern sie sich aufgrund der fehlenden Struktur auch nicht mehr.
Eine Ausnahme stellen Weine aus alten Reben dar, die auf den steilen Terrassen der Appellationen Condrieu und Château-Grillet wachsen. Letztere ist eine Mono-Appellation von lediglich 3,8 ha Fläche, die einem einzigen Besitzer gehört. Hier können alterungsfähige und komplexe Weine entstehen, die nur wenig mit den Massenprodukten der südlichen Ebenen gemein haben.