Rotweinherstellung: die Vergärung von dunklen Weintrauben
Wenn ein Wein aus dunklen, also roten, blauen oder schwarzen Weintrauben entsteht, dann wird ein Rotwein gekeltert, allerdings nur dann, wenn diese Trauben an der Maische, also mit den Traubenhäuten vergoren werden; denn in rund 95 % aller dunklen Rebsorten befinden sich die Farbstoffe und Teile des Tannins in den Traubenhäuten. Bei nur wenigen Sorten enthält auch das Fruchtfleisch Farbstoffe. Im Gärprozess werden die Farbstoffe, die Anthocyane, herausgelöst, ebenso die Gerbstoffe, die Tannine, die auch in den Kernen vorhanden sind, ferner Phenole. Werden die dunklen Trauben direkt gepresst, also wie Weissweintrauben behandelt, dann entsteht ein Blanc de Noir, ein weisser Wein von dunklen Trauben. Wird der Saft nur einige Stunden oder wenige Tage auf der Maische belassen und dann abgepresst oder aufgefangen, entsteht Rosé.
Die Erzeugung von Rotwein
Rotwein entsteht aus roten, blauen oder schwarzen Trauben. Die Farbe der Trauben hängt vom Anteil und der Art des Farbstoffs in den Traubenhäuten ab. Kurz nach der Lese gelangen die Trauben ins Weingut. Je nach Stil des Hauses und nach Jahrgang werden die Trauben entweder komplett abgebeert, also von Stielen und Stängeln getrennt, oder nur teilweise bzw. gar nicht abgebeert. Danach werden die Trauben entweder angequetscht, mit Füssen getreten, wie es in der Antike üblich war und heute noch in Portugal und Teilen Spaniens, oder als Ganztrauben in einen Gärständer gegeben. Der Gärständer kann offen oder geschlossen sein, temperaturkontrolliert oder ohne Temperaturkontrolle, er kann aus Holz, Beton oder Edelstahl bestehen.
In manchen Weingütern findet vor der eigentlichen Vergärung eine kühle Vorvergärung statt, die auch Cold Soaking genannt wird. Dabei beginnt die Gärung schon in den Beeren. Im Gärständer beginnt die Maische entweder spontan zu gären, oder es werden Reinzuchthefen hinzugegeben. Im industriellen Weinbau werden auch oft Enzyme eingesetzt, um den Gärprozess zu beschleunigen.
Gärverfahren
Im üblichen Prozess, der klassischen Maischegärung, entsteht der Rotwein, indem die Maische vergärt und die Hefen den Zucker in Alkohol umwandeln. Das geschieht bei einer Temperatur von ca. 22 bis 29 °C. Eine solche Vergärung dauert meist zwei bis drei Wochen. Manche Winzer lassen den Most und die Maische jedoch auch länger zusammen. Während der Vergärung wird entweder der gärende Saft über den entstehenden Tresterhut, also die Ansammlung von Traubenhäuten und Kernen, gepumpt – Remontage –, oder der Tresterhut wird immer wieder untergestossen – Pigeage. Dies geschieht, um Wärme aus dem Gärbottich abzuleiten, aber auch, um Farbe und Phenole zu extrahieren. Ist der Gärprozess beendet, wird der Wein abgezogen, und in manchen Fällen wird dann noch der Most gepresst. Bei Ersterem handelt es sich um den Vorlaufmost, bei Letzterem um den Pressmost. Dieser ist deutlich farb- und gerbstoffintensiver.
Bei der Kohlensäuremaischegärung, der Macération carbonique, werden ganze Trauben in einen sauerstofffreien Gärbehälter geschichtet und mit einer Schutzgashülle aus Kohlendioxid belegt. Unter der Hülle läuft in den Trauben eine intrazelluläre Gärung ab, bei der die Farbstoffe nach innen gesaugt werden. Weine, die so entstehen, wirken fruchtiger, intensiver in der Farbe und im Tannin eher seidig weich. Typischerweise entstehen Weine im Beaujolais auf diese Art, aber auch an der Südrhône und im Languedoc. Bei der Macération semi-carbonique beginnt der Prozess auf die gleiche Art, doch nach wenigen Tagen wird der Bottich mit gequetschten Trauben aufgefüllt, sodass die Gärung dann klassisch weiterläuft.
Bei der Maischeerhitzung oder Thermovinifikation wird die Maische stark erhitzt, und zwar entweder kurz, also wenige Minuten über 70 °C, oder etwas länger, also ca. zwei Stunden auf 50 bis 55 °C. Die Hitze wirkt ähnlich wie bei der Milcherzeugung, indem sie Bakterien, Hefen und andere Mikroorganismen abtötet und gleichzeitig für mehr Extraktion sorgt. Bei der Flash Détente wird die Maische sogar kurz auf 95 °C erhitzt und dann schnell in einem Vakuum abgekühlt. Dabei werden schlagartig grosse Mengen an Phenolen aus den Beerenhäuten gelöst. Bei all diesen Verfahren entstehen recht körperreiche Weine. Wird der Vorgang übertrieben, werden die Weine marmeladig oder wirken gekocht. Weingüter wie das berühmte Château Beaucastel an der Südrhône aber haben die Maischeerhitzung perfektioniert und können dadurch weitgehend auf den Einsatz von Schwefel verzichten. Die Delinat-Richtlinien verbieten die Maischeerhitzung, weil sie nicht einer sanften und natürlichen Vinifikation entspricht.
Ausbau von Rotwein
Nach der Gärung werden Rotweine oft geschönt und filtriert. Sie gelangen dann in das Behältnis, in dem sie ausgebaut werden und meist auch eine zweite Gärung durchlaufen, die sogenannte malolaktische Gärung bzw. den biologischen Säureabbau (BSA), der die etwas harschere Apfelsäure in die etwas weichere Milchsäure umwandelt. Ist der BSA beendet, erfolgt oftmals ein Abstich, bei dem der Wein in ein anderes Behältnis befördert wird.
Jung zu trinkende Rotweine werden häufig in neutralen Edelstahltanks oder Zement- bzw. Betontanks ausgebaut. Weine, die eine längere Reifezeit vor sich haben und als höherwertiger betrachtet werden, baut man hingegen oft im Holz aus. Dabei entscheidet der Winzer, welche Stilistik er bevorzugt, die des offensiven Holzfassausbaus, bei dem das Holz deutlich schmeckbar sein soll, oder die einer Variante, bei der es ihm vor allem auf den beständigen Austausch des Weines durch die Fassdauben mit der Umgebungsluft ankommt.