Muscat und Muskateller, die Könige der Bukettrebsorten
Die meisten Rebsorten-Familien sind klar definiert, auch wenn die Sorten immer wieder regional unterschiedliche Namen haben. Beim Muscat, im Deutschen auch Muskateller genannt, ist es allerdings komplizierter. Bei der Menge an Rebsorten, die unter dem Begriff genannt werden, kann man schwerlich von einer Familie, ja nicht einmal von einer Sortengruppe sprechen. Es ist ein wenig wie beim Lambrusco oder beim Trebbiano. Auch dort sind die ursprünglichen Sorten alt, wahrscheinlich sehr alt, aber man hat irgendwann eine Reihe ähnlicher Sorten unter den gleichen Namen hinzugefügt. Beim Muscat gibt es heute weisse Varianten, es gibt gelbe, grüne, rote, blaue, violette oder schwarze Beeren. Und die verfügen mal über mehr, mal über weniger Säure und Gerbstoff. Was sie verbindet, ist ein intensiv würziges Aroma.
Muscat gehört zu den sehr alten Sorten
Muscat blanc à petits grains, im Deutschen als Gelber Muskateller bezeichnet, ist eine sehr alte Sorte, die aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem griechischen Mittelmeerraum stammt und von dort aus wohl zu den Etruskern und ins Römische Reich kam, wo die Sorte früh verbreitet wurde. Die erste klare schriftliche Erwähnung der Sorte findet sich laut Wine Grapes (New York 2012) in Pietro de’ Crescenzis Ruralium commodorum libri duodecima von 1304 unter dem Namen Muscatellus. In Deutschland taucht der Name Muscateller zum ersten Mal in Württemberg im Jahr 1534 auf, im Schweizer Wallis als Muscatelli im Jahr 1536. Aus einer genetischen Studie von 2003 geht hervor, dass die Sorte mit verschiedenen griechischen Sorten wie Malagousia und Moschomavro und auch mit der italienischen Sorte Malvasia Bianca verwandt ist, wobei auch bei Malvasia Bianca die Elternteile bisher unbekannt sind. Vor Kurzem hat man herausgefunden, dass die zweite wichtige Muscat-Sorte, nämlich der Muscat d’Alexandrie, eine Kreuzung zwischen Muscat blanc à petits grains und der alten sardischen Sorte Axina de Tres Bias darstellt, die es als Eftaikolo bzw. Heftaklio auch seit langer Zeit in Griechenland gibt. Auch hier kommen also Griechenland oder Italien als Ursprung in Betracht.
Die vielen Gesichter des Muscat
Zu den vielen Gesichtern des Muscat gehören zum einen die Varianten der Ursprungssorten wie rosafarbene, rote und schwarze Mutationen des Muscat blanc à petits grains, zum anderen aber haben sich diverse natürliche oder gezüchtete Kreuzungen ergeben, sodass man heute von rund 170 Muscat-Sorten ausgeht. Die wichtigsten sind neben den bereits erwähnten die direkten Abkömmlinge wie der Goldmuskateller bzw. Muscato Giallo, der Rosenmuskateller oder auch Moscato Rosa del Trentino und der Moscato di Scanzo. Diese Sorten sind vor allem in Italien verbreitet. Hinzu kommen bestimmte Torrontés-Arten, bei denen sich spanische Sorten mit Muscat gekreuzt haben, sowie bewusste Kreuzungen, zu denen der Muscat d’Hambourg oder auch der Morio-Muskat gehören.
Häufig Dessertweine, doch trocken ausgebaute Muskateller findet man immer häufiger
In Frankreich nehmen die Sorten Muscat blanc à petits grains und Muscat d’Alexandrie rund 10'000 Hektar Fläche ein. Vor allem im Roussillon sind die Sorten sehr stark vertreten, da aus ihnen der Vin doux naturel wie Muscat de Rivesaltes und Muscat de Frontignan entsteht, aber auch Maury oder Banyuls. In Italien ist die Fläche mit rund 13'000 Hektar noch grösser. Die bekannteste Form des Muscats dürfte dort der Moscato d’Asti sein, ein süsser Schaumwein mit markantem Muskat-Aroma. Richtung Süden wird die Sorte häufiger als Passito ausgebaut, also als süsser Dessertwein. Der Muscat d’Alexandrie ist auf Sizilien unter seinem Synonym Zibibbo bekannt. Sowohl am Mittelmeer als auch in Deutschland, in Österreich und in Südtirol findet man die Sorte immer häufiger trocken ausgebaut. Der markante Duft und Geschmack in der Kombination aus Gewürzen und Zitrusaromen ergibt einen frischen Sommerwein mit guter Säurestruktur.