Delinat-Weinwissen
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Österreichs Weine mit Tradition und Dynamik

Österreich hat sich zu einem der spannendsten Weinländer Europas entwickelt. Qualität, Handwerk und Ökologie werden dabei gross geschrieben.

Wohl kaum ein anderes europäisches Weinland hat sich in den letzten Jahrzehnten so grundsätzlich verändert wie Österreich. Eigentlich ist es ein traditionsbewusstes Land, und Tradition hat der Weinbau in Österreich seit mindestens 2'900 Jahren. Nachdem 1985 mit dem Glykol-Skandal der Tiefpunkt einer stetigen Abwärtsspirale erreicht worden war, übernahm eine neue Winzergeneration das Heft des Handelns und veränderte den Weinbau noch grundlegender, als es im benachbarten Deutschland geschah.

Österreich gab sich eines der strengsten Weingesetze der Welt, schuf Klarheit bei Strukturen und Qualitätsstufen, legte wieder Wert auf Handarbeit und löste nicht zuletzt einen Bio-Boom aus, der mittlerweile rund 13 % der Weinbaubetriebe erfasst hat. Mit autochthonen Rebsorten wie dem Grünen Veltliner, dem Blaufränkisch und dem Blauen Wildbacher war man ebenso erfolgreich wie mit der Neuzüchtung Zweigelt und modern interpretierten Klassikern wie Riesling, Sauvignon blanc und weiteren französischen Rebsorten.

Die Geschichte des Weinbaus in Österreich

Noch vor den Römern haben die Kelten im heutigen Österreich Weinbau betrieben. Das legen archäologische Funde in der burgenländischen Weinbaugemeinde Zagersdorf nahe. Dort fand man bei Ausgrabungen Traubenkerne, die eindeutig der Edelrebe Vitis vinifera zuzuordnen sind und nicht etwa Wildreben. Unter römischer Herrschaft entwickelte sich der Weinbau bis ins 3. Jahrhundert nach Christus schleppend. Erst gegen Ende des Jahrhunderts entstand unter Kaiser Probus in den Provinzen Noricum (Nieder- und Oberösterreich) sowie Pannonia (Burgenland) eine Weinbaukultur, die jedoch in den Wirren der Völkerwanderungen ab dem 4. Jahrhundert weitgehend unterging. Wie in den anderen christlich geprägten Weinbauländern Europas waren es dann ab dem Mittelalter die Klöster und in Teilen auch der Adel, die den Weinbau förderten. Besonders hervorzuheben sind die Orden der Benediktiner, Zisterzienser und Augustiner sowie deren Klosterstifte Göttweig (Kremstal), Heiligenkreuz (Thermenregion), Klosterneuburg (Wagram) und Melk (Wachau). Diese Stifte bestimmten teils über Jahrhunderte die Qualität des Weinbaus und schufen schon im Hochmittelalter Qualitätsklassen für ihre Weine.

Mit einer Rebfläche von 150'000 bis zu 200’000 Hektar war im 16. Jahrhundert die weiteste Ausdehnung des Weinbaus in Österreich erreicht – heute sind es 46’515 Hektar. Im Gegensatz zu heute gab es damals auch Weingärten in Kärnten sowie Tirol, und Salzburg war ebenso eine Weinstadt wie Linz und Wien. In Wien gibt es zwar auch heute noch ernst zu nehmenden Weinbau, aber früher waren es tausende Hektar, welche die Hauptstadt einschlossen. Das Aufkommen des Bieres als deutlich günstigeres flüssiges Grundnahrungsmittel sorgte ebenso für den steten Niedergang wie der Dreissigjährige Krieg und hohe Steuern. Kaiser Josef II. erliess am 17. August 1784 die Verordnung, den eigenen Wein – damals als Fechsung bezeichnet – auch im eigenen Haus verkaufen zu dürfen. Damit war der Grundstein für eine neue Form des Ausschanks gelegt, die sich Heuriger oder auch Buschenschank nennt.

Auch in Österreich führten die aus den USA eingeschleppten Pilzkrankheiten des Echten Mehltaus (Oidium) und des Falschen Mehltaus (Peronospora) sowie die Reblaus zu einem erneuten Niedergang. Die Umstellung des Weinbaus auf eine neue Erziehungsform, die der Winzer Lenz Moser III. ab den 1950er Jahren in Krems einführte, veränderte die Anlage der Weingärten nachhaltig. Er sorgte für eine zuvor nicht mögliche Mechanisierung im Weinbau, die danach sehr konsequent und auf vielen Ebenen stattfand.

Wie auch in Deutschland, gab es ab den 1970er Jahren den Ruf nach billigen süssen Weinen, die eine Reihe von lediglich am Profit orientierten Winzern und Händlern dazu verführte, qualitativ minderwertige Weine mit Glykol, einem süssen Industriealkohol, zu versetzen. Der sogenannte Glykol-Skandal ereignete sich 1985. Dieser Skandal wurde in Österreich schonungslos aufgearbeitet, und danach veränderten sich der Weinbau und die Weinbereitung im Keller grundlegend.

Österreich gab sich eines der schärfsten Weingesetze der Welt und verfügte mit der neu geschaffenen Österreich Wein Marketing GmbH über ein Instrument, um den Wein, der im Alpenland entstand, auch international anzupreisen und zu vermarkten. Das hat funktioniert, wenn auch um den Preis einer Konsolidierung; denn die Zahl der Betriebe hat sich von 45'400 im Jahr 1985 auf heute rund 14'100 reduziert. Die durchschnittliche Betriebsgrösse stieg dabei von 1,28 auf 3,3 Hektar, und die Zahl der ökologisch arbeitenden und zertifizierten Betriebe erhöhte sich im gleichen Zeitraum von fast null auf 13 %. Der österreichische Wein war noch nie so gut wie heute, nie so vielfältig und nie so erfolgreich.

Österreichs Weinbauregionen

  • Weinland mit 41'882 Hektar in:
    • Burgenland (inkl. Eisenberg, Leithaberg, Mittelburgenland, Neusiedlersee, Rosalia)
    • Niederösterreich (inkl. Carnuntum, Kamptal, Kremstal, Thermenregion, Traisental, Wachau, Wagram, Weinviertel)
    • Wien
  • Steirerland mit 6'633 Hektar in:
    • Südsteiermark
    • Vulkanland Steiermark
    • Weststeiermark
  • Bergland mit 235 Hektar in:
    • Kärnten
    • Oberösterreich
    • Salzburg
    • Tirol
    • Vorarlberg

Geografie, Klima und Böden

Die Weinbaugebiete, die sich alle im Osten und Südosten des Landes befinden, sind von kontinental-pannonischem Klima geprägt. Als pannonisch bezeichnet man den Klimatyp, der in der Pannonischen Tiefebene entsteht. Diese umfasst das südliche Mitteleuropa mit grossen Teilen von Ungarn, ferner den Ostrand Österreichs, den Süden der Slowakei, den Westen Rumäniens, den Norden Serbiens, den Nordosten Kroatiens und den äussersten Westen der Ukraine. Das dort entstehende Wetter ist deshalb so einzigartig, weil die Tiefebene fast vollständig von Gebirgen umrahmt wird, aber dennoch von dem Seeklima des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres beeinflusst wird. Es ist relativ warm und trocken, die Winter sind ebenfalls trocken, können aber sehr kalt sein.

Der jährliche Niederschlag in den Weinbaugebieten beträgt im Osten 400 Millimeter, in der Steiermark bis zu 800 Millimetern. Einen deutlichen Einfluss hat in Österreich die Donau, die einen Grossteil der Weinbaugebiete durchfliesst, ferner der zweitgrösste Steppensee Europas, der Neusiedlersee. Dort findet man aufgrund der im Herbst starken Nebelbildung Botrytis in den Weinbergen, sodass Dessertweine der Prädikatsstufen Ausbruch, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese gekeltert werden. Auch die Produktion von Eiswein ist beachtlich.

Die meisten Weinberge findet man in Höhen von 200 bis 400 Metern, in der Steiermark auch bis auf knapp 600 Meter. Sie verfügen über recht unterschiedliche Bodentypen. Im Weinviertel und im Donautal dominiert der Löss, im Kremstal und in der benachbarten Wachau sind es Urgesteinsböden, in der Thermenregion ist es Kalk. Das Burgenland ist eine eigene Welt mit Mischböden aus Schiefer, Kalk, Löss, Lehm und Mergel, während in der Steiermark vor allem Muschelkalk, Vulkanböden und Braunerde vorherrschen. Im dortigen Sausal gibt es allerdings auch Schiefer.

Rebsorten in Österreich

Auf den heute rund 46'500 bearbeiteten Hektar findet man in Österreich offiziell 26 Weissweinsorten sowie 14 Rotweinsorten. Österreich ist zwar traditionell vor allem Weissweinland, doch die roten Sorten werden mittlerweile auf 33 % der Gesamtfläche angebaut. Das liegt nicht zuletzt am grossen Erfolg der Eigengewächse Blaufränkisch und Zweigelt. Während der Blaufränkisch eine autochthone Sorte ist, die in Deutschland Lemberger und in Ungarn Kékfrankos genannt wird, ist der Zweigelt eine gezüchtete Kreuzung aus Blaufränkisch und St. Laurent. Auch der St. Laurent stammt wohl aus Österreich. Der Zweigelt ist mit rund 6'500 Hektar die inzwischen am zweithäufigsten angebaute Rebsorte Österreichs, der Blaufränkisch mit 3'200 die am vierthäufigsten angebaute Sorte.

Mit Abstand am erfolgreichsten ist nach wie vor der Grüne Veltliner. Er steht auf 13'500 Hektar und zeigt sich je nach Terroir in sehr unterschiedlichen aromatischen Ausprägungen. Diese Sorte stammt ebenfalls aus Österreich und ist sehr alt. Während früher vor allem alkoholreiche, schwere und würzige Weine aus dem Grünen Veltliner entstanden, sind die Weine heute schlanker, mineralischer und werden je nach Anbaugebiet auch frisch, pfeffrig und fruchtbetont erzeugt. Weitere wichtige weisse Rebsorten sind der Welschriesling (der nicht mit dem Riesling verwandt ist), der Riesling, der Pinot blanc, der Muskateller und – vor allem in der Steiermark erfolgreich – der Sauvignon blanc.

Herkunft und Qualität

In Österreich gibt es die Besonderheit zweier Stufen im Qualitätsweinbau.

  • Die erste Stufe umfasst den Qualitätswein aus den Anbaugebieten Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Wien. Er ist markiert durch die rot-weisse Banderole auf der Kapsel.
  • Die darüber liegende Stufe heisst Districtus Austriae Controllatus (DAC) und bezeichnet Weine, die besonders typisch sind für ihr Gebiet. Zu diesen Gebieten gehören: Traisental DAC, Neusiedlersee DAC, Rosalia DAC, Wiener Gemischter Satz DAC, Kremstal DAC, Weinviertel DAC, Leithaberg DAC, Vulkanland Steiermark DAC, Südsteiermark DAC, Weststeiermark DAC, Mittelburgenland DAC, Eisenberg DAC, Kamptal DAC. Im Prinzip gehören auch die Wachau, Wagram, die Thermenregion und Carnuntum dazu, sie haben jedoch eigene Bezeichnungen.

Die Weine werden unterteilt in Gebietsweine, Ortsweine und Riedenweine. Weine mit längerem Ausbau werden als Reserve bezeichnet.

Weinbau im Weinland, Burgenland, Niederösterreich und Wien

Der Titel Weinland umfasst alle Landweine vom Burgenland, von Niederösterreich und Wien. Die Qualitätsweine findet man in 17 Weinbaugebieten innerhalb des Burgenlandes und Niederösterreichs sowie in Wien.

Niederösterreich

Das Anbaugebiet Niederösterreich ist mit 28'145 Hektar das grösste in Österreich. Entsprechend komplex und abwechslungsreich ist es. Man findet sowohl die heimischen Rebsorten als auch viele zugereiste – vor allem französische. In der Weinviertel DAC werden seit 2003 nur noch reinsortige Grüne Veltliner geduldet. Alle anderen Weine der Appellation werden nun als Qualitätswein Niederösterreich deklariert. Der Grüne Veltliner aus dem Weinviertel gilt als besonders pfeffrig.

Entlang der Donau entstehen in den Gebieten Kremstal, Kamptal, Traisental und Wachau einige der besten und langlebigsten Weine Österreichs. Gerade die Grünen Veltliner und Rieslinge der Wachau haben Weltruf. Doch auch Weissburgunder, Chardonnay, Neuburger und Gelber Muskateller können sehr gut werden. Im Wagram gibt es zudem die Spezialität des Roten Veltliners. Südlich von Wien, in Carnuntum und der Thermenregion dominieren die roten Sorten. Neben Zweigelt und Blaufränkisch sowie St. Laurent und Pinot noir gibt es in der Thermenregion auch Zierfandler und Rotgipfler, ferner entstehen dort Bordeaux-Cuvées.

Burgenland

Blaufränkisch, Ruster Ausbruch und Weissburgunder sind die Flaggschiffe des so vielfältigen Burgenlandes. Es hat pannonisches Klima mit seinen Sommern, die lediglich im südlichen Eisenberg etwas kühler ausfallen. Und das merkt man dem mineralisch komplexen Blaufränkisch der Region auch direkt an. Er hat sich einen exzellenten Ruf erworben. Den hat einer der grössten Süssweine der Welt, der Ruster Ausbruch, schon lange. Ähnlich wie die Eisenberg DAC setzt auch die Leithaberg DAC auf die Qualität ihrer Blaufränkisch, doch entstehen auf den Kalk- und Schieferböden auch sehr gute Weissburgunder und Grüne Veltliner. Das noch recht neue Gebiet Rosalia DAC – früher der Name einer einzelnen Lage – bietet sehr fruchtbetonte Blaufränkisch.

Östlich des Neusiedlersees dominiert der Zweigelt und bildet gleichsam ein Triumvirat mit Blaufränkisch und St. Laurent. Der Seewinkel hat ein eigenes Mikroklima inklusive hoher Luftfeuchte und Nebelbildung. Dort entstehen grosse Süssweine mit Hilfe der Edelfäule Botrytis cynerea. Neben Chardonnay, Scheurebe und Traminer erreicht auch der sonst eher einfache Welschriesling als Dessertwein Weltniveau.

Wien

Wien ist die einzige europäische Hauptstadt, bei der Weinbau eine ernsthafte Rolle spielt. Früher waren es tausende Hektar, heute sind es aber immer noch ernst zu nehmende 637. Zudem gibt es in den teils berühmten Rieden wie Bisamberg, Nussberg, Maurerberg und Laaer Berg eine Besonderheit: Die meisten Weine werden als Wiener Gemischter Satz an- und ausgebaut. Das heisst, dass Grüner Veltliner, Riesling, Weissburgunder, Chardonnay und weitere weisse Rebsorten gemischt im Weinberg stehen, zusammen gelesen, vergoren und ausgebaut werden. Das war über Jahrhunderte hinweg in allen Weingärten der Welt Standard. In Wien hat man daraus eine sehr gut funktionierende Marke gemacht.

Weinbau im Steirerland

Kaum irgendwo sonst gibt es frischere Weine als in der Steiermark. Das Land hat sich seit den 1980er Jahren mit exzellenten Weissweinen neu erfunden. Lediglich im Westen gibt es eine Region, die für eine autochthone Eigenart bekannt ist. Es handelt sich um den Schilcher, einen Rosé aus der Sorte Blauer Wildbacher. Eine weitere Besonderheit sind die Rieslinge aus Sausal, wo es Schiefervorkommen gibt. Ansonsten dominieren Sauvignon blanc und Muskateller, Welschriesling, Weissburgunder und Chardonnay, der in der Steiermark Morillon genannt wird. Der Begriff Steirerland umfasst alle Landweine der Region. Innerhalb des Gebiets sind seit 2018 die drei Anbaugebiete Südsteiermark, Vulkanland Steiermark und die Weststeiermark herkunftstypische Qualitätsweinbaugebiete (DAC). Innerhalb derer gibt es die drei Stufen Gebietswein, Ortswein und Riedenwein.

Weinbau im Bergland

Mit 235 Hektar ist der Weinbau in Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg sehr übersichtlich. Zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert gab es dort noch ausgedehnte Rebflächen, doch der Bier-Boom und die Kleine Eiszeit von 1450 bis 1850 haben den Weinbau deutlich reduziert, die Reblauskatastrophe hat ihn dann schliesslich fast vernichtet. Umso schöner ist es, dass der Weinbau vor allem in Kärnten eine Renaissance erlebt.

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