Delinat-Weinwissen
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Pinot noir ist eine der ältesten und besten Rebsorten weltweit

«Wer Pinot noir anbaut, hat kein leichtes Leben», seufzt die bekannte Weinautorin Jancis Robinson in ihrem Buch «Weinkurs». Was sie anspricht, ist erstens die Sensibilität des Pinot noir auf Einflüsse der Lage. Kaum eine Rebsorte reagiert so eigensinnig auf das Terroir wie Pinot noir.

Zweitens neigen die Pinot-noir-Trauben wegen ihrer dünnen Häute zu Fäule bei Herbstregen, was die Weinqualität unmittelbar beeinträchtigt. Drittens darf die Pinot-noir-Rebe nur kleine Mengen tragen, wenn gute Qualität erreicht werden soll, sonst entstehen nichtssagende Durchschnittsweine. Doch es muss wohl genügend gute Gründe zum Anbau von Pinot noir geben; denn sonst hätte sich diese Sorte sich nicht über Jahrhunderte behaupten und verbreiten können. Die Antwort bleibt Jancis Robinson daher auch nicht schuldig: «Der Pinot noir ist imstande, himmlisch duftende, prachtvoll fruchtige Weine hervorzubringen.» Wenn alle Voraussetzungen stimmen, entstehen aus Pinot noir grosse, unverwechselbare Weine, die man nie mehr vergessen wird.

Die vielen Synonyme des Pinot noir

Bevor der Name Pinot bzw. Pinot noir sich durchsetzte, hat man die Sorte häufig als Morillon, Noirien oder auch Auvernat bezeichnet. Die ersten beiden Synonyme waren im Burgund gebräuchlich, der Begriff Auvernat oder auch Auvernas vor allem rund um Orléans, aber auch in Baden-Württemberg. Wegen der weiten Verbreitung der alten Sorte haben sich lokal noch viele andere Namen etabliert. In den deutschsprachigen Ländern wird der Pinot noir meist als Burgunder, Spätburgunder oder Blauburgunder bezeichnet, in Norditalien als Pinot nero. Im Elsass, in Württemberg, der Steiermark und auch im Zürcher Umfeld wird die Sorte bis heute gerne Clevner oder Klävner genannt, in Ungarn Kék Burgundi oder Kis Burgundi. Klassische Synonyme für den Pinot noir in Frankreich sind ausserdem Pineau noir, Pinor Liébault (im Burgund), Plant Doré und Vert Doré (in der Champagne) und Savagnin noir oder Salvagnin noir im Jura sowie in Vaud und Neuchâtel in der Schweiz.

Erstmals erwähnt im 13. Jahrhundert

Der Pinot noir ist eine alte Rebsorte, aus der im Laufe der letzten Jahrhunderte mindestens 156 weitere Rebsorten hervorgegangen sind. Erstmals erwähnt wurde er 1283 als Moreillon in einem juristischen Schriftstück in Beauvais nördlich von Paris. Woher der Name Moreillon oder Morillon stammt, ist ebenso unklar wie die genaue Herkunft der Rebsorte. Eine Möglichkeit ist, dass der Name der Rebsorte von Mohren (Mauren) aus Nordafrika abgeleitet ist, wo sie tatsächlich eine lange Tradition hat. Es kann jedoch genauso gut sein, dass der Name von mour oder mouret, also von lokalen Bezeichnungen für Brombeeren abstammt. Die Bezeichnung Noirien bezeichnet die Schwärze der Trauben und wurde ebenfalls ab dem 13. Jahrhundert verwendet. Der Name Auvernat oder Auvernas wurde vor allem in der Loire-Region verwendet, weil man davon ausging, dass die Rebsorte aus der Auvergne stammte. Die erste Erwähnung des heute gebräuchlichen Namens Pinot fand man in einem 1375 verfassten Schriftstück des Duc Philippe le Hardi, der auf einer Reise ins belgische Brügge «6 queues et 1 poinçon de vin de pinot vermeil» (Quelle: Wine Grapes, Jancis Robinson, Julia Harding et al., 2012) mitnehmen wollte. 1394 wurde die Sorte im burgundischen Auxerrois als pinoz bezeichnet, ab dem 15. Jahrhundert wurde der Name Pinot allgemein gebräuchlich. Dieser Name stammt möglicherweise von der Ähnlichkeit der Traubenform mit einem Pinienzapfen her, der im Französischen als pomme de pin bezeichnet wird. Es gibt Hypothesen, dass der Pinot in Deutschland bereits 884, 1318 oder auch 1330 unter anderen Namen erwähnt wurde. Diese lassen sich jedoch nicht verifizieren. Doch weiss man heute, dass der Pinot im 15. Jahrhundert auch als Clebroit (Klebroth) bezeichnet wurde und als solcher in einem Dokument aus Hattenheim im Rheingau im Jahr 1470 Erwähnung findet.

Unbekannte Herkunft und unbekannte Elternschaft des Pinot

Wo genau die alte Rebsorte ihren Ursprung hat, ist bis heute unbekannt. Man geht allerdings davon aus, dass sie rund 2'000 Jahre alt ist. Ebenso wenig kennt man bisher die Elternteile des Pinot. Man hat lediglich herausgefunden, dass es eine enge Verwandtschaft mit dem Traminer (Savagnin) gibt. Es ist allerdings nicht klar, ob der Pinot aus dem Traminer entstanden ist oder ob es andersherum war.

Klar ist aber, dass der Pinot sehr mutationsfreudig ist und dass im Laufe der Jahrhunderte sowohl somatische Mutationen entstanden sind als auch über 1'000 unterschiedliche Klone, also Varianten des Pinot, die sich in Trauben- und Beerengrösse, Farbintensität usw. teils deutlich unterscheiden können. Die bekanntesten Spielarten der somatischen Mutationen sind der Pinot gris (Grauburgunder) und der Pinot blanc (Weissburgunder). Beide Rebsorten sind genetisch praktisch deckungsgleich mit dem Pinot noir. In den Weinbergen trifft man häufiger auf Trauben, an denen sich gleichzeitig schwarze, graue und weisse Beeren befinden. Zu den somatischen Mutationen gehören ebenfalls der Pinot Précoce (Frühburgunder), der Samtrot und der Pinot Meunier (Schwarzriesling, Müllerrebe). Vor allem mit dem Gouais blanc (Weisser Heunisch), einer ebenfalls uralten europäischen Leitrebe, gibt es eine Vielzahl von Nachkommen. Die bekanntesten sind Aligoté, Auxerrois, Chardonnay, Gamay, Melon de Bourgogne, Romorantin und Knipperlé.

Weine aus Pinot-noir-Trauben: Einige Highlights aus unserem Sortiment

Die rote Diva des Burgund

Dass der Pinot noir heute zu den zehn am häufigsten angebauten Sorten weltweit zählt, hat vor allem einen Grund: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann können aus dieser Rebsorte unvergleichlich grosse, duftige, komplexe und alterungswürdige Weine entstehen. Wäre das nicht so, dann hätten die Winzer die Rebsorte sicherlich längst aus ihren Weingärten verbannt; denn einfach anzubauen ist sie wahrlich nicht. Schon der frühe Austrieb und die frühe Blüte machen die Rebe sehr empfindlich für Spätfröste. Vor allem aber bietet die sehr dünne Haut der Beeren kaum Schutz gegen Sonnenbrand, Pilzkrankheiten und Schädlingsbefall. Der überaus wuchskräftige Pinot ist ausserdem sehr anfällig für Virus-Krankheiten. Tendenziell bringt er die besten Resultate in gemässigt warmen bis kühlen Klimazonen.

Obwohl die Rebsorte sehr dunkle Schalen hat, verfügen diese nur über wenig Farbstoff, sodass die Weine oft recht hell und vor allem transparent wirken. Doch diese Farbschwäche hat nichts mit Komplexität oder Kraft zu tun. Der Pinot noir ist eine kraftvolle Sorte mit einer sehr guten Tannin- und Säurestruktur, die langlebige Weine hervorbringen kann. Typische Aromen sind Erdbeere und Himbeere, Kirsche, Unterholz und feuchter Waldboden.

Von belangslos bis Grand Cru

Rüttelpult zur Herstellung von Champagner
Pinot noir, eine der drei Hauptrebsorten in der Champagner-Produktion, verleiht dem Schaumwein seine Struktur und Körper, und bringt komplexe Aromen von roten Früchten und Gewürzen mit sich.

Der Pinot noir ist ein echter Terroir-Übersetzer. Nur wenige andere Rebsorten reagieren so empfindlich auf die Böden wie der Pinot. Am liebsten hat er kalkig mergelige und kreidige Böden mit einer Ton-Lehm-Auflage. Auch auf Sandstein oder Schiefer bringt er schöne Ergebnisse hervor. Dagegen sollte man Sand, fette Lehmböden, Vulkangestein oder auch Granitböden meiden. Heute wird die Côte d’Or im Burgund als die natürliche Heimat des Pinot noir bezeichnet. Nirgendwo sonst entstehen so grosse Pinots wie in den berühmten Cru-Lagen von Chambolle-Musigny, Gevrey-Chambertin, Nuits-Saint-Georges, Morey-Saint-Denis, Vosne-Romanée mit dem vielleicht berühmtesten Weingut der Welt, Romanée-Conti, sowie in Vougeot mit dem historischen Clos de Vougeot, ausserdem in Corton-Charlemagne, Pommard oder Volnay. Unter Herzog Philipp dem Guten (1396–1467) wurde der Pinot noir zur einzig offiziell zugelassenen roten Rebsorte im Burgund. Neben dem Burgund entstehen heute die besten französischen Pinots im Jura, im Elsass, in Sancerre an der Loire und natürlich in der Champagne, wo sie entweder reinsortig als Blanc de Noirs vinifiziert werden oder als Cuvées mit Pinot Meunier und Chardonnay. Wegen seiner Säurestruktur ist Pinot noir weltweit einer der wichtigsten Cuvée-Partner für Schaumweine. Die wichtigsten Anbauländer sind heute neben Frankreich vor allem Deutschland, wo sich der Spätburgunder seit den 1980er-Jahren in allen Anbaugebieten sehr gut entwickelt hat, aber auch Kalifornien, wo gerade die hoch gelegenen sogenannten Cool-Climate-Zonen für exzellente Ergebnisse sorgen. Darüber hinaus findet man sehr gute Pinots in der Schweiz, in Südtirol, in Oregon, in Australien, besonders in Neuseeland, ferner auch in Südafrika.

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