In Italien überall zu finden, in Frankreich die Grundlage für Cognac – die Rebsorte Trebbiano
Die Trebbiano-Gruppe umfasst rund 15 verschiedene Varietäten, die seit Jahrhunderten überall in Italien angebaut werden. Rebforscher schrecken davor zurück, diese Gruppe an Rebsorten als Familie zu bezeichnen, weil fast alle dieser Sorten nicht von einem gemeinsamen Elternteil abstammen. Lediglich die Varietäten Abruzzese und Spoletino könnten miteinander verwandt sein, während beispielsweise der Trebbiano di Soave und der Trebbiano di Lugana mit der Rebsorte Verdicchio identisch sind.
Ein Grund für diese Konfusion könnte darin liegen, dass der Name Trebbiano möglicherweise schon seit der Antike benutzt wird. Plinius spricht von einem vinum tribulanum, aber die Bezeichnung könnte auch vom fränkischen drajbo für einen wuchskräftigen Zweig stammen. Im Jahr 1303 schliesslich erwähnt Pietro de Crescenzi in seinen landwirtschaftlichen Schriften die Rebsorte Tribiana, die man in der Nähe von Ravenna anbaue. Ein weiterer Grund für die vielen Namensähnlichkeiten mag darin liegen, dass alle dieser Rebsorten gleichermassen für weisse Beeren, grosse Wuchskraft und späte Reife bekannt sind. Zudem besitzen sie morphologische Ähnlichkeiten in den Blattformen.
Von der Toskana an die französische Atlantikküste
Die mit Abstand wichtigste der als Trebbiano bezeichneten Rebsorten ist die Varietät Trebbiano Toscano. Im 14. Jahrhundert wurde sie während der Periode des Papstsitzes in Avignon nach Frankreich exportiert. Dort gab man ihr den Namen Ugni Blanc und baute sie zunächst in der Provence, später im Languedoc und schliesslich in der Charente-Maritime an, wo sie bis heute einen bevorzugten Platz innehat. Mit offiziell 111.000 ha weltweiter Anbaufläche gehört Trebbiano zu den quantitativ bedeutendsten Rebsorten der Welt.
Allein 82.000 ha davon entfallen auf Frankreich, also auf Ugni Blanc. Obwohl in der Gascogne auch einfache Tischweine gekeltert werden, dient die Rebsorte hauptsächlich dazu, alkoholarme Grundweine zu produzieren. Diese besitzen lediglich einen Alkoholgehalt zwischen 7 und 9 Vol.-% und werden sowohl für Cognac als auch für Armagnac destilliert. In Italien (21.000 ha) ist dies hingegen kaum der Fall. Hier steht Trebbiano für frische und säurereiche, aromatisch aber recht neutrale Trinkweine.
Vorteilhafte Eigenschaften?
Trebbiano bringt vieles mit, was eine erfolgreiche Rebsorte ausmacht. Er treibt spät aus, ist also unempfindlich gegen Spätfröste. Er bringt hohe Erträge und passt sich gut an unterschiedliche klimatische Bedingungen und weinbauliche Methoden an. Früh geerntet, bleibt die oft gewünschte Säure erhalten. Das neutrale Aroma erlaubt es zudem, ihm als Speisebegleiter ein breites Anwendungsfeld zuzuweisen.
Für Massenerzeugnisse mögen diese Eigenschaften ideal erscheinen, im Qualitätsweinbau führt dieser offensichtliche Mangel an Charakter allerdings zu geringer Reputation. Die interessantesten Interpretationen entstehen deshalb oftmals dann, wenn die Winzer einen kleinen Twist mit einbauen. In der italienischen Naturweinszene erfreut sich die Rebsorte jedenfalls bereits grosser Beliebtheit. Egal ob ohne Schwefelzusatz oder als Orangewein mit Maischegärung – hier zeigt die Rebsorte eine andere, ihre wilde Seite.