Mit Mostwaage im Keller und Refraktometer im Weinberg – so bestimmt der Winzer den Oechslegrad
Mit dem Oechslegrad wird das Mostgewicht des unvergorenen Traubensafts gemessen. Was ist aber Oechsle, und was ist das Mostgewicht? Der Begriff Oechsle geht auf Ferdinand Oechsle zurück, der im Jahr 1836 die heute noch gebräuchliche Mostwaage erfunden hat. Und das Mostgewicht zeigt an, wie viel Zucker im Verhältnis zu Wasser im Traubensaft enthalten ist.
Misst man in anderen Ländern auch in Oechslegraden?
Oechslegrad ist die übliche Masseinheit in Deutschland und der Schweiz, in Liechtenstein und Luxemburg, während in Österreich und Italien in KMV gemessen wird, benannt nach der Klosterneuburger Mostwaage. Frankreich und Spanien bestimmen das Mostgewicht nach Grad Baumé, englischsprachige Länder nach Brix. Obwohl das Prinzip der Mostwaage überall gleich ist, unterscheidet sich der Versuchsaufbau teilweise stark, was eine einfache Umrechnung von beispielsweise Baumé nach Oechsle erschwert.
Die Funktionsweise einer Mostwaage
Die Mostwaage macht sich die Tatsache zunutze, dass Zucker schwerer ist als Wasser, also eine höhere Dichte besitzt. Die Waage besteht aus einer gläsernen Spindel mit Gradeinteilung, die das spezifische Gewicht des Mostes misst. Je weniger sich die Spindel senkt, desto zuckerhaltiger ist der Most. An der Skala kann man dann ablesen, wie hoch der Oechslegrad ist.
Taucht zum Beispiel die Spindel der Oechslewaage so weit in den Most ein, dass sie 90 Grad an der Skala anzeigt, so entspricht das einem Liter Most mit einem Gewicht von 1090 Gramm. Aus den Oechslegraden lässt sich also der ungefähre Zuckergehalt des Mostes in Gramm bestimmen, indem man die Gradzahl mit 2,3 multipliziert. Dieser Wert schwankt in der Praxis allerdings leicht wegen des unterschiedlichen Extraktgehalts an Nichtzuckerstoffen im Most. Bei diesem Beispiel entsprechen 90 Oechslegrade 207 Gramm Zucker im Liter (90 x 2,3 = 207).
Oechslegrade verraten den Alkoholgehalt
Weil während der alkoholischen Gärung mithilfe der Hefen Zucker in Alkohol (sowie CO2 und Wärme) umgewandelt wird, kann man mit dem Oechslegrad auch den zukünftigen Alkoholgehalt des Weins berechnen. Bei derzeit üblichen Oechslegraden teilt man den Wert durch 7,0 bis 7,5 (je höher der Oechslegrad, desto kleiner die Zahl, durch die man teilt), um den Alkoholgehalt in Vol.-% zu erhalten. Es gibt auch Tabellen (z.B. Wikipedia), in denen man die Werte ablesen kann. Aus einem Most mit 90 °Oechsle wird bei vollem Durchgären (also ohne Restzucker) ein Wein mit 12,2 Vol.-% Alkohol.
Mit dem Refraktometer im Weinberg
Heute ist es bereits im Weinberg möglich, mithilfe eines Hand-Refraktometers den Oechslegrad eines Mostes zu bestimmen. Dieses Instrument macht sich zunutze, dass sich mit wechselndem Gehalt an gelösten Stoffen wie Zucker auch die Lichtbrechung bei einer Flüssigkeit ändert. Man gibt also ein paar Tropfen vom Saft der Beeren auf eine Glasfläche, schliesst das Refraktometer und blickt durch eine Art Objektiv. Die Skala im Innern des Instrumentes gibt dann den Zuckergehalt des Mostes in Prozent und in Grad Oechsle an.
In Deutschland spielt der Oechslegrad anders als in südlicheren Ländern eine entscheidende Rolle bei der Einschätzung der Weinqualität. Nur wenn ein bestimmtes Mostgewicht erreicht ist, dürfen Winzer ihren Wein als Qualitätswein mit Prädikat bezeichnen. Die aufsteigenden Prädikatsstufen Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese richten sich nach festgelegten Grenzen für den Zuckergehalt im Most. Mittlerweile wird dieses System allerdings nur noch im Süssweinbereich vollständig genutzt, während trockene Weine zunehmend nach der Qualität der Lage klassifiziert werden (romanisches System).