Delinat-Weinwissen
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Griechenlands Weine, reich an unterschiedlichen Rebsorten und Stilen

Griechenland gehört für Mitteleuropäer zu den unbekannteren Weinregionen. Hier können Sie ein wenig mehr über Tradition und Moderne erfahren.

Griechenland ist eines der interessantesten Weinbauländer Europas. Trotzdem ist es für die meisten Weingeniesser ein weitgehend unbekanntes Terrain. Das traditionsreiche Weinbauland wird bis heute vor allem mit harzigem Retsina und günstigster Kellereiware in Verbindung gebracht, die aus grossen Flaschen «beim Griechen um die Ecke» eingeschenkt wird. Den Weinbau darauf zu reduzieren, wird dem Land jedoch keineswegs gerecht; denn Griechenland ist voll von interessanten Rebsorten, Weinstilen und kleinen innovativen Weingütern. Auch der biologische Anbau wird auf dem Festland und auf vielen Inseln gross geschrieben.

Die Geschichte des Weinbaus

Wann genau die ersten Menschen die Vergärung von Trauben zu Wein kultiviert haben und wo genau das stattgefunden hat, ist bis heute nicht völlig geklärt. Man geht davon aus, dass es sich in Kleinasien oder in den ans Schwarze Meer grenzenden Gebieten zugetragen hat, und das vor vielleicht 6’000 Jahren. Vor rund 3’600 Jahren war der Weinbau jedoch auf Kreta angekommen, das ist weitgehend gesichert.

Ob es die Götter waren oder die Menschen, die ihn dorthin brachten, sei dahingestellt, doch der Wein nahm schnell eine wichtige Funktion im Leben der Menschen ein. Das kann man den Epen Homers und auch den Schriften eines Hesiod, eines Aristoteles oder des Arztes Galen entnehmen. Wein war ein kultisches Getränk, aber auch Medizin, und Wein wurde im Laufe der Zeit zu einer wichtigen Handelsware. Die Griechen brachten bei ihrer Kolonisierung des Mittelmeerraums ihre Reben und ihre Methoden der Vinifizierung mit. Bis ins Mittelalter hinein blieb Griechenland ein bedeutendes Anbauland für Weine.

Die Besetzung Griechenlands durch die Osmanen nach deren Eroberung von Konstantinopel im Jahre 1453, die bis in die 1820er Jahre andauerte, brachte einen weitgehenden Zusammenbruch des Weinbaus, da den Moslems der Genuss alkoholischer Getränke verboten ist und sie deshalb meist auch die Erzeugung verboten. Nach 1830 folgte jedoch eine erste Phase der Neuanpflanzung und der Gründung von Weingütern, die allerdings ab 1898 durch den Einfall der Reblaus gestoppt wurde. Erst 1974 folgte eine zweite Phase der Konsolidierung, nachdem die Militärdiktatur zusammengebrochen war. Der Eintritt in die Europäische Union im Jahr 1981 läutete eine dritte Phase ein. Seitdem hat sich das Weinland Griechenland sehr gut entwickelt – bedeutend besser als in den meisten anderen Bereichen der Wirtschaft.

Geografie, Klima und Böden

Griechenland liegt im östlichen Mittelmeer und umfasst rund 132’000 km2. Dabei entfallen rund 80 % auf das Festland und 20 % auf insgesamt 3’054 Inseln, von denen allerdings nur 87 bewohnt sind. Griechenland gehört zu den gebirgigsten Ländern Europas. Das Klima ist mediterran mit heissen Sommern und kurzen, feuchten Wintern. Da sich die Weinbaugebiete entweder auf Inseln oder fast ausschliesslich in Meeresnähe befinden, gibt es genügend Humidität und ebenfalls viel Wind, um die Feuchtigkeit nicht Überhand nehmen zu lassen.

Der bevorzugte Anbau in Höhenlagen wirkt sich positiv auf die Aromenausprägung und Säurestruktur aus. Die Weinberge sind vornehmlich geprägt von Kalkstein, alluvialem Schwemmland und sandigen Böden. Eine Sonderstellung nimmt etwa Santorin ein, da diese Insel vulkanischen Ursprungs ist.

Griechenlands Rebsorten

Das Land und seine Inseln verfügen über eine grosse Zahl autochthoner Rebsorten. Der römische Dichter Vergil fasste die Vielfalt folgendermassen zusammen: «Es wäre leichter, in Griechenland die Sandkörner zu zählen als die verschiedenen Rebsorten.» Diese Vielfalt wurde mit der Reblauskatastrophe genauso dezimiert wie in anderen Gegenden Europas. Doch haben sich rund 300 autochthone Rebsorten erhalten – mehr als in den meisten anderen Ländern Europas. Diese Rebsorten nehmen rund 85 % der Weinbaufläche von 110’000 Hektar ein.

Somit unterscheidet sich Griechenland fundamental von Ländern wie beispielsweise Deutschland, das über eine ähnliche Hektarzahl verfügt. Die meisten Rebsorten sind ausserhalb Griechenlands durchweg unbekannt. Zudem sind die vielen Sorten recht gleichmässig verteilt, sodass nur die zwei am häufigsten angebauten Rebsorten mit jeweils rund 9’000 Hektar ein wenig herausstechen: die weisse Savatiano und die weiss-rosafarbene Rhoditis. Schon die dritthäufigste Sorte, die rote Agiorgitiko liegt bei nur rund 2’900 Hektar. Die beiden am häufigsten angebauten Sorten der Welt, Cabernet Sauvignon und Merlot, liegen im Rebsortenspiegel auf Platz acht und zehn mit weniger als 2’000 Hektar. Die bekanntesten griechischen Rebsorten ausserhalb Griechenlands dürften der rote Xinomavro und der weisse Assyrtiko sein.

Griechenlands Weinbauregionen

  • Ägäis inklusive der Kykladen mit den Anbaugebieten Chios, Lesbos, Limnos, Paros, Rhodos, Samos und Santorin
  • Epirus mit den Anbaugebieten Metsovo und Zitsa
  • Ionische Inseln mit den Anbaugebieten Kefalonia, Korfu und Zakynthos
  • Kreta mit den Anbaugebieten Archanes, Dafnes, Peza und Sitia
  • Makedonien mit den Anbaugebieten Amynteo, Athos, Agioritikos, Côtes de Meliton, Goumenissa und Naoussa
  • Thessalien mit den Anbaugebieten Anchialos, Messenikola und Rapsani
  • Peloponnes mit den Anbaugebieten Mantinia, Monemvasia-Malvasía, Nemea und Patras
  • Thrakien
  • Zentralgriechenland mit dem Anbaugebiet Attika

Weine vom griechischen Festland

Wer die Odyssee des griechischen Dichters Homer gelesen hat, der wird sich daran erinnern, dass Odysseus den einäugigen Zyklopen Polyphem besiegt hat, nachdem er ihn mit fast schwarzem, süssem thrakischen Wein betrunken gemacht hatte.

Thrakien war damals für seinen Wein bekannt und reichte bis weit in das heutige Bulgarien und die Türkei hinein. Der zu Griechenland gehörende Teil Thrakiens befindet heute im äußersten Nordosten des Landes, südlich von Bulgarien und westlich der Türkei. Dort wie auch im westlich angrenzenden Makedonien werden Rotweine vor allem aus der Sorte Xinomavro vinifiziert. Im Gegensatz zu Makedonien verfügt Thrakien jedoch nicht über eigene Qualitätswein-Appellationen.

Festland – Makedonien

Das Anbaugebiet Makedonien ist mit 34’000 km2 das grösste auf dem griechischen Festland. In der Antike war Makedonien bis 167 v. Chr. ein eigenes Reich und Ausgangspunkt der Eroberungszüge Alexanders des Grossen. Heute gibt es im makedonischen Rebenmeer vier bekannte Qualitätswein-Appellationen, die in Griechenland als POP abgekürzt werden, was für Prostatevomenis Onomasías Proelefsis steht, auf Deutsch Geschützte Ursprungsbezeichnung.

Die Appellationen Amynteo (750 ha), Naoussa (700 ha), Goumenissa (320 ha) liegen mehr landeinwärts und sind klimatisch eher kontinental geprägt. Die Côtes de Meliton (475 ha) befinden sich auf der Halbinsel Sithonia. In den Anbaugebieten wird vor allem Rotwein erzeugt, und zwar sowohl aus heimischen als auch aus französischen Rebsorten. Als einzige POP produziert Amynteo auch klassifizierte Roséweine und Roséschaumweine.

Festland – Thessalien

Die Region Thessalien befindet sich unterhalb von Makedonien an der Ostküste Griechenlands. Sie ist die Kornkammer des Landes, entsprechend ist die Landschaft in Thessalien vielfach eben. Allerdings liegt auch der Olymp, das mit knapp 3’000 Metern höchste Gebirge Griechenlands, in dieser Landschaft. Weinbau findet auf rund 11’000 Hektar statt, inklusive der POPs Anchialos, Messenikola und Rapsani. Von den 11’000 Hektar werden allerdings nur auf 3’500 Hektar Trauben für die Weinherstellung erzeugt, überwiegend werden also Tafeltrauben angebaut. Die Region ist bekannt für klassische Weine aus autochthonen Sorten wie Xinomavro, Rhoditis, Batiki, Krassato oder Stavroto.

Festland – Epirus

Westlich Thessaliens findet sich die raue, gebirgige und nur dünn besiedelte Landschaft Epirus, die in der Antike ein eigenes Königreich war, das sich bis ins benachbarte Albanien erstreckte. Die zwei Weinbaubereiche sind die POP Zitsa und die PGE (Prostatevomenis Geografikis Endixis: Landwein) Metsovo. Während in Metsovo vor allem internationale Sorten angebaut werden, ist es in Zitsa genau anders herum. Die trockenen Stillweine sowie die Perl- und Schaumweine werden aus der lokalen Sorte Debina vinifiziert, die in Zitsa auch Zitsa genannt wird. Roséfarbene Schaumweine werden als POP Amynteo deklariert, obwohl das Gebiet dafür in Makedonien liegt.

Festland – Zentralgriechenland mit Attika

Im Süden des Festlandes liegen die Halbinsel Attika mit der Hauptstadt Athen, die Region Böotien sowie die grosse Insel Euböa. Es ist das Gebiet des Harzweines Retsina, dessen Ursprünge weit in die Antike reichen. Haupt-Rebsorten dieses Weines sind Savatiano und Rhoditis.

Es ist kein Zufall, dass gerade in dieser Region Retsina entstanden ist; denn sie ist die heisseste auf dem Festland. Hitze aber sorgt für Probleme bei der Weinlagerung, weshalb die dortigen Amphoren in der Antike mit Kiefernharz abgedichtet wurden. Retsina heisst übersetzt Harz. An diesen harzigen Geschmack hat man sich dann gewöhnt, und er hat die Zeit überdauert. Dem Wein wird heute während der Gärung das Harz der Aleppo-Kiefer zugesetzt, höchstens ein Kilo pro Hektoliter Wein.

Die Retsina besitzt die Ursprungsbezeichnung OKP (Onomasía katá Parádosi), was so viel bedeutet wie Ursprungsgeschützt mit traditionellen Kellermethoden. Es gibt nur einen weiteren griechischen Wein mit dieser Bezeichnung, den Verdea von der Insel Zakynthos. Es handelt sich dabei um einen Gemischten Satz, bei dem unterschiedliche Traubensorten zusammen angebaut, gelesen und vergoren werden. Der Wein wird dann nach kurzer Maische gepresst und oxidativ im Barrique vergoren.

Der Peloponnes

Auf dem Peloponnes, der grossen Halbinsel im Süden des Festlandes, wird ein Viertel des gesamten griechischen Weines erzeugt, zudem jede Menge an Tafeltrauben und Korinthen (Rosinen). Die Region, in der man die Ausgrabungsstätten Sparta, Olympia und Mykene findet, war schon in der Antike berühmt für ihre Weine. Im Mittelalter war die Hafenstadt Monemvasia, solange sie unter der Kontrolle Venedigs war, der bedeutendste Umschlagplatz für die Süssweine Griechenlands. Die Stadt hat auch einer der bekanntesten Traubensorten des Mittelmeerraumes, der Malvasía, ihren Namen gegeben. Deshalb wurde Monemvasia-Malvasía 2010 zur POP erhoben, um die Bereitung dieses historischen Süssweins wieder zu beleben. Die drei weiteren POPs der Halbinsel sind Patras, Nemea und Mantinia.

Die Ionischen Inseln

Die Ionischen Insel befinden sich westlich des Festlandes vor dem Peloponnes, vor Zentralgriechenland und Epirus. Auf der im Süden gelegenen Insel Zakynthos findet man den schon erwähnten historisch bedeutsamen Weisswein Verdea. Ausserdem werden auf der 400 km2 grossen Insel viele Weine aus autochthonen Sorten wie Agiomavritiko, Avgoustiatis, Katsakoulias oder Skiadopoulo erzeugt. Auf der etwas weiter nördlich gelegenen Insel Kefalonia, engl. Cephalonia,(900 km2) wurde schon zu Homers Zeiten Wein angebaut.

Heute sind es fast ausschliesslich autochthone Rebsorten wie Robola, Savatiano, Tsaoussi oder Zakynthino, die auf kalkreichen Böden in Weinbergen auf bis zu 800 Metern Meereshöhe wachsen. Bekannt sind der trockene Weisswein Robola of Cephalonia, der weisse Dessertwein Muscat of Cephalonia sowie der süsse Rotwein Mavrodaphne of Cephalonia.

Die nördlichste der drei Inseln, Korfu mit 650 km2, wird bestimmt durch zwei grosse Bergmassive. In den dazwischen liegenden Tälern wird vor allem Rotwein erzeugt aus Sorten wie Mavrodaphne und Pethrokoritho Mavro. Die Weissweinerzeugung findet im flacheren Südteil der Insel statt. Dort entstehen auf 1’800 Hektar Weine aus Kakotrygis, Kozanitis, Petrokoritho und Robola.

Die Ägäischen Inseln

Als Ägäis bezeichnet man jenen Teil des Mittelmeeres, der sich zwischen der Ostküste Griechenlands und der Türkei befindet. Auf den grössten der unzähligen Inseln wird seit der Besiedlung durch die Griechen (ca. 1000 v. Chr.) Weinbau betrieben, der sich schnell erfolgreich entwickelte. Zur Zeit Homers war die Insel Chios das, was Bordeaux heute für Frankreich ist. Im Mittelalter wurden vor allem Süssweine vinifiziert, die dann zentral vom Hafen Monemvasia aus nach ganz Europa verschifft wurden.

Die bekanntesten Anbaugebiete befinden sich heute auf Samos, Rhodos, Santorin, Limnos und Paros. Auf Samos wird zu 95 % die Sorte Moscato Aspro (Muscat blanc) angebaut, aus der vor allem die Süssweine Samos bzw. Muscat de Samos entstehen. Während auf Samos die Reblaus sämtliche Weinbestände im ausgehenden 19. Jahrhundert zerstört hatte, war das auf Rhodos nicht der Fall. Bis heute gibt es Weinberge am Berg Atavyros mit über hundert Jahre alten wurzelechten Reben. Neben dem süssen Muscat of Rhodos findet man Rhodos Red aus der Sorte Amorgiano und Rhodos White aus der Sorte Athiri Aspro. Beide Weintypen gibt es trocken, halbtrocken oder lieblich.

Auch Limnos ist bekannt für seinen Muscat aus den Sorten Moscato Aspro und Muscat d’Alexandrie. Neben dem trocken, halbtrocken oder lieblich ausgebauten Limnos gibt es den süssen Dessertwein Muscat of Limnos aus 100 % Muscat d’Alexandrie. Die Weinberge befinden sich im Gegensatz zu Samos und Rhodos auf Vulkangestein. Ebenfalls vulkanischen Ursprungs sind Paros und Santorin, die weltbekannt sind für ihre Kriechreben, die, zu Kränzen gebunden, auf dem Boden liegen, damit sie gegen starke, sandhaltige Winde geschützt sind.

Auf Paros entsteht ein roter Wein, der zu 67 % aus der Mandilaria und zu 33 % aus der weissen Monemvasia vinifiziert wird. Es ist der einzige griechische Wein dieser Art. Der Weisswein der 200 km2 grossen Insel wird hingegen sortenrein aus Monemvasia erzeugt. Die Weine von Santorin sind – lässt man Kreta aussen vor – die bekanntesten der Ägäis. Genau genommen handelt es sich um eine ganze Inselgruppe mit der Hauptinsel Thira. Die Inseln sind Reste eines grossen Vulkans, der um 1500 v. Chr. explodiert ist, wodurch die minoische Kultur der Bronzezeit ausgestorben ist. Berühmt waren die Weine nicht nur in der Antike, sondern vor allem unter der Herrschaft Venedigs zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert. Selbst unter dem Regiment der Osmanen durfte auf dieser Insel weiter Weinbau betrieben werden. Auf heute noch 1’200 Hektar werden 30 autochthone Rebsorten kultiviert, die alle wurzelecht sind. Zu 80 % entstehen Weissweine, die zu 90 % vom Assyrtiko dominiert werden.

Kreta

Die mit 8’336 km2 grösste griechische Insel liegt auch am weitesten im Süden. Möglicherweise wurden auf Kreta die ersten Reben im Mittelmeerraum gepflanzt. Im Mittelalter gehörten die Weine der Insel Candia, wie sie damals genannt wurde, zu den bekanntesten. Heute stehen rund 50’000 Hektar unter Reben, was fast die Hälfte der gesamten griechischen Rebfläche ausmacht. Auch wenn es sich grossenteils um Tafeltrauben handelt, wird auf Kreta doch 20 % des gesamten griechischen Weinbaus betrieben.

Lange Zeit war Kreta berüchtigt wegen des Massenweinanbaus mit bis zu 400 hl/ha (!) Ertrag. Das entsprach etwa dem fünffachen Ertrag eines Qualitätsweinbaugebiets. Seit den 1990er Jahren hat sich das deutlich geändert. In den vier POPs Achanes (rot), Dafnes (rot), Peza (rot und weiss) sowie Sitoa (rot und weiss) entstehen inzwischen sehr gute Weine vor allem aus heimischen Sorten.

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