Delinat-Weinwissen
Delinat-Weinwissen

Chardonnay ist das Multitalent unter den weissen Sorten, das einige der grössten Weine der Welt hervorbringt

Beginnend im Burgund, hat der Chardonnay seit dem Mittelalter, vor allem aber in der Neuzeit einen Siegeszug durch Europa und schliesslich durch die ganze Welt angetreten. Während die meisten Rebsorten auch heute noch lokal verankert sind, wird der Chardonnay überall angebaut. Das liegt auch daran, dass diese Sorte, die grosse Weine hervorbringen kann, auch einen sehr guten Ruf hat. Gleichzeitig ist sie im Weinberg recht unkompliziert, kann hohe Erträge erbringen, kommt sowohl mit Hitze als auch in kühleren Lagen klar und gedeiht auf unterschiedlichen Bodenarten. Dass dem Chardonnay kreide- und kalkreiche Böden und ein moderates Klima an besten zupasskommen, zeigt die Sorte im Burgund und in der Champagne.

Chardonnay und seine Synonyme

Der Name Chardonnay hat sich für diese Rebsorte im Laufe der Zeit weltweit durchgesetzt. Und doch gibt es immer noch einige lokal oder regional verwendete Namen, die vor allem deshalb auch noch heute verwendet werden, weil man lange Zeit von eigenständigen Rebsorten ausgegangen ist. Das gilt etwa für den Morillon in der Steiermark und für den Obaideh im Libanon. Tatsächlich aber sind beide Sorten identisch mit dem Chardonnay. Namen, die sich lokal erhalten haben, sind auch Gamay blanc und Melon d’Arbois im Jura, Auvernat in der Auvergne, Auxerrois oder Auxerois an der französischen Mosel, was irreführend ist, weil an der Obermosel auch der tatsächliche Auxerrois angebaut wird, der zwar mit dem Chardonnay verwandt, aber nicht identisch ist. Im Elsass wird der Chardonnay zudem manchmal noch als Clevner oder Clävner bezeichnet, was ebenfalls verwirrend ist, weil diese Namen auch für andere Rebsorten verwendet werden. In Württemberg wird zum Beispiel der Frühburgunder als Clevner bezeichnet. Bis heute wird die Sorte hier und da auch noch Pinot blanc genannt, was daher rühren dürfte, dass beide Sorten oft aufgrund ihres ähnlichen Wuchses verwechselt wurden.

Chardonnay, eine eigenständige Sorte mit vielen Geschwistern

Zum ersten Mal wurde die Sorte als Chardonnet Mitte des 17. Jahrhunderts im Bereich Saône-et-Loire bezeichnet. Man geht davon aus, dass sie vorher als Beaunois schon im Burgund und in der Champagne kultiviert wurde. Allerdings ist dies unsicher, weil auch der dort weit verbreitete Aligoté unter diesem Namen geführt wurde. Tatsächlich stammt der Name von dem Örtchen Chardonnay, das unweit von Uchizy im Mâconnais, also im Burgund liegt. Dass dies der Geburtsort der Sorte ist, erscheint allerdings als sehr unwahrscheinlich.

Wie man heute weiss, ist Chardonnay durch eine natürliche Kreuzung der alten Rebsorten Pinot und Gouais blanc (Weisser Heunisch) entstanden. Damit ist er nicht allein; denn auch der Aligoté, der Auxerrois, der Gamay noir, der Romorantin, der Melon der Bourgogne und mindestens ein Dutzend weiterer Sorten sind natürliche Kinder dieser beiden historischen Rebsorten. Und doch haben sie sich alle unterschiedlich entwickelt.

Chardonnay ist eine vergleichsweise unkomplizierte Sorte

Wie andere früh reifende Sorten auch ist auch der Chardonnay anfällig für Spätfröste. Deshalb sieht man gerade in kühlen Gebieten wie der Champagne oder dem Chablis häufig die Feuer in kalten April- oder Mai-Nächten in den Weinbergen brennen. Die Sorte ist sonst recht genügsam, was Wärme und was Bodenqualität angeht. Allerdings ist sie ein echter Terroir-Interpret. Wenn die Böden fett sind und die Luft warm ist, entstehen breite und alkoholstarke Weine. Wird die Sorte dagegen in recht kühlem Klima und in bevorzugt kreide- oder kalkreichen Gegenden mit Oberböden aus Ton und Lehm angebaut, können exzellente Weine entstehen. Das Besondere dabei ist, dass die sehr ertragreiche Sorte keine so typischen eigenen Aromen hervorbringt wie beispielsweise Riesling, Sauvignon blanc oder Muskat. Das Aromenspektrum hängt vielmehr von den spezifischen örtlichen Gegebenheiten ab und von der Art, wie die Sorte ausgebaut wird.

Erfolgreich im Burgund und Chablis, in der Champagne und in Cool-Climate-Regionen

Mit knapp 200'000 Hektar im Jahr 2010 hat sich die weisse Rebsorte innerhalb von zehn Jahren im weltweiten Rebsortenspiegel um weitere zwei Plätze nach vorne geschoben. Unter den weissen Sorten wird lediglich der spanische Airén häufiger angebaut – allerdings nur in seltensten Fällen für Qualitätswein, viel häufiger hingegen als neutrale Basis für Brände. Der Chardonnay ist ab den 1980ern zur wichtigsten Sorte in den Übersee-Weinländern geworden. Vor allem in Kalifornien und Australien wurden lange Zeit sehr buttrige, reife und im geflämmten Holzfass ausgebaute Weine erzeugt, die dem Zeitgeist entsprachen. Heute gibt es auch dort, aber auch in Neuseeland und Südafrika immer mehr Weingüter, die in die hohen Lagen gehen und kühlen Chardonnay mit wenig Holzeinfluss vinifizieren. Das gilt auch für Weine, die aus der österreichischen Steiermark kommen, aus Südtirol oder auch aus Deutschland, wo die Sorte ebenfalls immer populärer wird, wenn auch in überschaubarem Ausmass. Bedeutend ist sie bis heute als hundertprozentiger Teil oder als Cuvée-Partner in Schaumweinen, allen voran in der Champagne, wo sie allein im von Kreide dominierten Bereich der Côte des Blancs fast 100 % der Rebfläche besiedelt. Sie ist aber auch kaum wegzudenken aus Crémant-Cuvées oder italienischen Spumante wie Franciacorta oder Trento DOC. Die grösste Vielfalt entsteht bis heute im Burgund – vom einfachen Bourgogne blanc bis zum Grand Cru, vom stahligen und säurebetonten Chablis bis zum volumigeren und hedonistischen Chardonnay aus dem Mâconnais. Doch auch der Süden Frankreichs mit seinen unkomplizierten Pays d’Oc hat einige Überraschungen zu bieten, bei denen gerade die Delinat-Methode einen sehr positiven Einfluss auf die Aromen- und Säureentwicklung der Chardonnays ausübt.

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