Delinat-Weinwissen
Delinat-Weinwissen

Schwefeln, entrappen, pressen – bevor aus Trauben Most wird, müssen viele Entscheidungen getroffen werden

Wein wird aus den Beeren der Weintraube bereitet. Woraus aber bestehen die Beeren, und wie wird der Traubensaft schliesslich zu Most?

Umgangssprachlich wird nicht immer zwischen Traube und Beere unterschieden. Weintrauben sind die Fruchtstände der Reben. Eine Traube besteht deshalb aus einer Vielzahl von Beeren, deren Zahl bei den derzeit angebauten Rebsorten zwischen 40 und 150 schwanken kann.

Woraus eine Beere besteht

Eine Wein- oder Traubenbeere besteht in erster Linie aus Wasser. Dementsprechend erhält auch der spätere Wein nicht weniger als 70 bis 90 % Wasser. Das Wasser in der Beere befindet sich überwiegend im Fruchtfleisch. Daneben enthält das Fruchtfleisch auch Zucker, und zwar Glucose und Fructose ebenso wie Weinsäure und Apfelsäure. Auf ihrer Aussenseite wird die Beere durch eine dünne Wachsschicht geschützt (Cuticula). Darunter liegt die Beerenhaut, die aus zehn bis zwölf Lagen besteht.

Während der Zucker im Fruchtfleisch dafür benötigt wird, dass durch die alkoholische Gärung überhaupt Wein entsteht, spielt die Beerenhaut die entscheidende Rolle bei der Geschmacksbildung. Die Zellen in der Beerenhaut enthalten nämlich die Hauptmenge an Phenolen (Gerbstoffe, Farbstoffe), Mineralstoffen und traubeneigenen Enzymen. Die Traubenkerne hingegen besitzen zwar auch viele Gerbstoffe, aber ebenso Bitterstoffe, die den Wein geschmacklich negativ beeinflussen können. Bei der Bereitung von Most sollte deshalb darauf geachtet werden, möglichst wenig Kerne zu beschädigen.

Entrappen oder nicht

Zu Stielen und Stängeln haben Winzer ein ambivalentes Verhältnis. Da auch diese viele Gerbstoffe enthalten, sind sie bei der Weissweinbereitung in aller Regel nicht erwünscht. Deshalb werden die Trauben entrappt (= abgebeert = gerebelt), die Beeren werden also von Stielen und Stängeln getrennt. Bei der Rotweinbereitung können die Stiele jedoch auch für eine gewisse Frische im Wein sorgen, sodass beispielsweise bei einer schonenden Ganztraubenpressung auf das vorherige Entrappen verzichtet wird. Sind die Trauben maschinengelesen (bei Delinat-Winzern nur für die Qualitätsstufen 1 und 2 Schnecken erlaubt), sorgt der Vollernter ohnehin dafür, dass nur die Beeren abfallen und weiterverwendet werden.

Je nach der Qualität des Leseguts und dem Anspruch des Winzers können die Beeren sortiert werden. Unreife oder faule Beeren entfernt man dabei von Hand auf dem sogenannten Sortiertisch. Bei einer gezielten Handlese mit mehreren Durchgängen im Weinberg kann auch dort bereits sortiert werden. In aller Regel schliesst sich nun das Quetschen der Beeren an. Dabei ist es wichtig, die Beeren so zu quetschen, dass der Saft ablaufen kann, aber nicht so stark, dass die bitteren Kerne beschädigt werden. Bei bestimmten Techniken wie der Kohlensäuremaischung (Macération carbonique) wird jedoch nicht gequetscht, da für diese Form der Maischung die ganzen Beeren benötigt werden.

Verschiedene Verfahren des Pressens

Der nächste Schritt bei der Weissweinbereitung ist die Pressung. Roséweine können je nach Verfahren entweder aus Direktpressung oder aus Vorlaufmost (Saignée-Methode) entstehen, sodass dieser Schritt optional ist. Wenn aus den Beeren Rotweine entstehen sollen, darf an dieser Stelle noch nicht gepresst werden, da Most und Schalen wegen der Farb- und Geschmacksgebung längere Zeit zusammenbleiben müssen.

Bei der Pressung gibt es mehrere Möglichkeiten. Traditionell sind alle Pressen vertikal ausgerichtet, der Druck kommt also von oben. Der Most befindet sich in einer Art Korb, und mithilfe einer Spindel erhöht der Winzer kontinuierlich den Druck. Diese Spindelpressen sind heute in vielen kleineren Betrieben noch in Gebrauch und ermöglichen ein besonders schonendes Pressen. Neueren Datums sind pneumatische Pressen, bei denen eine Art Gummiballon unter Druck gesetzt wird und dabei die Maische gegen einen perforierten horizontalen Stahlzylinder drückt.

Spindelpressen und pneumatische Pressen müssen nach jeder Charge wieder neu befüllt werden. Dies ist anders bei sogenannten kontinuierlichen Pressen (z. B. den Schneckenpressen), bei denen nachgefüllt werden kann. Auf der einen Seite rinnt dann der Most heraus, auf der anderen bleibt der Presskuchen übrig. Kontinuierliche Pressen finden meist in der Massenweinbereitung Verwendung und sind deshalb gemäss den Delinat-Richtlinien untersagt.

Was macht man mit dem Most?

Der von der Presse laufende Most enthält oft noch Traubenkerne, Schalen, festeres Fruchtfleisch oder gar Bodenpartikel. Bei derartigem Lesegut spielt die Entschleimung oder Vorklärung eine grosse Rolle. Dabei lässt man den Most sich in einem Bottich über Nacht absetzen und zieht dann den geklärten Most oben ab. Erst dann darf die Gärung beginnen.

Im Most sind dieselben Inhaltsstoffe wie in der Beere enthalten. Wasser macht durchschnittlich 78 bis 85 % aus. Zucker ist durchschnittlich zwischen 12 und 25 % vorhanden, und zwar vor allem Glucose = Traubenzucker, Fructose = Fruchtzucker und Saccharose = Zucker, wobei Letztere als Zweifachzucker aus je einem Molekül Glucose und Fructose besteht. Weinsäure ist die wichtigste Säure im Most und später auch im Wein. Apfelsäure ist ebenfalls im Most vorhanden, aber ihr Gehalt nimmt mit zunehmender Reife der Beeren ab. Mineralstoffe sind über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen worden und bilden etwa 0,3 bis 0,5 % des Mostes. Einen noch geringeren Anteil besitzen Eiweissverbindungen, Aminosäuren, Polyphenole (Gerb- und Farbstoffe) und Aromastoffe. Auch bei Rotwein, der bis zu zehnmal mehr Polyphenole enthält als Weisswein, machen diese Stoffe in der Regel weniger als 0,2 % aus. Das Geheimnis des Weins liegt also in winzigen, aber entscheidenden Bestandteilen.

Wenn nicht alles funktioniert hat: die Nachbehandlung

Nicht jeder Most fällt zur Zufriedenheit des Winzers aus. Manchmal ist er zuckerarm und säurereich, in heissen Jahren oft säurearm, gelegentlich wegen fauler Trauben auch in einem instabilen Zustand. In solchen Fällen bietet die moderne Önologie Möglichkeiten der Korrektur an (sofern sie mit den geltenden Bestimmungen in Einklang stehen). Für die Entsäuerung kann beispielsweise mit Calciumcarbonat gearbeitet werden. Aktivkohle absorbiert Fehltöne im Traubengut, während Enzyme das Absetzen des Mostes beschleunigen. Schwefelverbindungen schützen den Most vor zu schneller Oxidation. Derartige Verfahren sind bei einfachen Weinen in vielen Fällen üblich. Ein Most aus gesunden und optimal reif gelesenen Trauben muss hingegen weder geschwefelt noch mit Zucker angereichert, entsäuert oder aufgesäuert werden. Ein solcher Most ist das Ziel jener Winzer, die mit Delinat zusammenarbeiten. Die Arbeit soll im Weinberg stattfinden und nicht im Keller. Daher soll das Traubenmaterial, das vergoren wird, in hervorragendem Zustand ins Weingut kommen.

Sauerstoff als Feind und Freund

Zum Sauerstoff haben Winzer ein latent problematisches Verhältnis. Viele moderne und fruchtbetonte Weine müssen in ihrem Herstellungsprozess so gut wie möglich vor Sauerstoff geschützt werden, um nicht vorzeitig zu oxidieren. Dazu zählt nicht nur die Schwefelung, sondern auch die schnelle Verarbeitung bei möglichst kühlen Temperaturen (chemische Prozesse laufen dann langsamer ab). Auf der anderen Seite kann ein gewisses Zulassen des Sauerstoffeinflusses bei gesundem Traubengut auch zu komplexeren Weinen führen. Eine wichtige Rolle spielt Sauerstoff vor allem beim Ausbau.

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