Delinat-Weinwissen
Delinat-Weinwissen

Ob Champagner, Sekt oder Crémant – die Liebe zum Schaumwein kennt kaum Grenzen

Schaumwein gehört zu den schönsten Genüssen des Lebens, doch Art und Verfahren können sehr unterschiedlich sein.

Schaumwein ist vor einigen hundert Jahren wohl durch einen Zufall entstanden. Aber irgendwann hat man den Entstehungsvorgang verstanden und ihn in geregelte Bahnen gelenkt. Der prickelnde Wein ist bis heute sehr beliebt. Was früher ausschliesslich Kaisern, Königen und den oberen Zehntausend vorbehalten war, wird heute in einer grossen Bandbreite erzeugt, die vom einfachen Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure bis zum edlen Jahrgangs-Champagner reicht. Es ist also für jeden etwas dabei.

Wie Schaumwein entsteht

Schaumwein ist ein Wein, in dem sich Kohlensäure befindet. Diese kann auf ganz unterschiedliche Arten in den Wein gelangen. Bei den ersten Schaumweinen wird es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Weine gehandelt haben, die, als sie verkauft wurden, noch nicht durchgegoren waren. Ursprungsort des Schaumweins zu sein, rühmt sich die südfranzösische Appellation Limoux im Languedoc, wo ein schäumender Wein erstmals 1531 erwähnt wird. Ob es sich dabei um eine bewusste Erzeugung von Schaumwein gehandelt hat, weiss man nicht. Wahrscheinlich ist es dort ähnlich gewesen wie bei den ersten nachgärenden Weinen, die aus der Champagne im 17. Jahrhundert nach London kamen und dort als «sparkling champagne» bekannt wurden.

Tatsächlich entsteht ja beim Vergären von Zucker durch Hefen sowohl Alkohol als auch Gärkohlensäure. Wenn nun ein Wein vor dem Winter nicht durchgegoren ist und die kalten Kellertemperaturen die weitere Gärung unterdrücken, weil die Hefen Winterschlaf halten, setzt die Gärung erst wieder ein, wenn es wärmer wird. Werden nun in der kalten Zeit die Fässer verschickt – und bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wurde ausschliesslich Fasswein verschickt –, so kann es vorkommen, dass die Gärung im Frühling wieder eintritt. Das dürfte der Ursprung des Schaumweins gewesen sein.

Zu Anfang gab es nur eine Gärung

In der Champagne nun wurde ab dem 17. Jahrhundert geforscht, wie man diesen so beliebt gewordenen Sparkling Champagne gezielt produzieren kann. Man ist darauf gekommen, den vergärenden Wein in Flaschen zu füllen und diese zu verkorken. Das ist zu Beginn noch ein äusserst gefährliches Unterfangen gewesen, weil die Glasproduktion noch nicht auf dem heutigen Niveau war und die Flaschen dem Druck, der sich in ihnen aufbaute, nicht immer standhielten. So sollen in der Anfangszeit des Champagners rund 80 % der Flaschen in den Kellern der Erzeuger geplatzt sein. Das wurde noch dadurch unterstützt, dass man damals Wein gerne süss trank und entsprechend viel Zucker in die Flaschen gegeben hat, was den Gärprozess – ohne dass man ihn damals verstanden hätte – noch beförderte.

Da dieser Wein jedoch beim Adel extrem beliebt war, wurden die hohen Preise bezahlt, die aufgrund des grossen Flaschenverlustes zustande kamen. So hat man zunächst also ein Verfahren entwickelt, das heute Méthode rurale, Methode ancestrale oder auch Pétillant Naturel, abgekürzt Pet Nat, genannt wird. Bei all diesen Verfahren wird ein noch nicht durchgegorener Wein in Flaschen gefüllt, um dort zu Ende zu gären und dabei Kohlensäure zu produzieren. Eine besondere Variante ist die Méthode Dioise, die nach der Appellation Clairette de Die an der Nordrhône benannt wurde, wo der frisch gepresste Traubenmost auf 3 °C heruntergekühlt wird und mit besonderen Hefen über mehrere Wochen hinweg langsam gärt. Erst nach vier Monaten wird der noch nicht durchgegorene Wein auf die Flasche gezogen, wo er weiter gärt.

Die Erfindung der Méthode traditionelle

Der Schritt von einer einzigen Gärung zu einer weiteren Gärung fand in der Champagne erst im 19. Jahrhundert statt, als man den Einfluss des Zuckers auf die Gärung verstand, Glasqualität und Korken verbessert hatte und das Rüttelpult einsetzte. Ab dem 19. Jahrhundert entstand Champagner, bei dem der Grundwein weitgehend durchgegoren war, man diesen mit einer klar definierten Menge an Zucker in die Flasche gab und diese verschloss. Der Grundwein konnte und kann bis heute aus unterschiedlichen Rebsorten und Jahrgängen bestehen. Bei der sogenannten Assemblage stellte der Kellermeister die besondere Cuvée zusammen.

Hefe bei der Schaumweinherstellung
Gut zu erkennen: der Hefesatz im Flaschenhals, hier bei Albet i Noya

Die Gärung setzte in der Flasche wieder ein, und das Mousseux entstand. Damals wurde die Vergärung der sogenannten Liqueur de tirage, also der Fülldosage, von den noch verbliebenen Hefen im Grundwein übernommen. Heute wird Vin clair, also klarer, filtrierter Wein in die Flaschen gefüllt, zudem eine definierte Menge Liqueur de tirage und Hefe, die man in der Frühzeit des Champagners noch nicht zur Verfügung hatte, weil Zuchthefen erst Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden. Nach einer gewissen Zeit der Reifung sur lie, also auf der Hefe, bzw. sur lattes, auf den Brettern, auf denen die Flaschen gelagert wurden, wurden die Flaschen in Rüttelpulte gegeben, wo sie in einem immer steileren Winkel mit dem Korken nach unten gedreht wurden, damit der Hefesatz bis vor den Korken rutschen konnte. Dies nennt man Remuage. Heute kann man diese spezielle Technik mit Hilfe einer sogenannten Gyropalette nachahmen, bei der gleich ein paar hundert Flaschen in einem Stahlkäfig Tag für Tag genau so gedreht und angewinkelt werden können, wie das zuvor von Hand gemacht wurde.

Schliesslich wird die Flasche degorgiert, also geöffnet, und der Hefesatz wird durch den Druck herausgeschleudert. Vor dem Degorgement vereist man normalerweise den Flaschenhals, sodass der gefrorene Hefeklumpen herausschiessen kann. Die Flasche wird dann zusammen mit einem Zuckeranteil, der sogenannten Dosage bzw. Versanddosage, wieder aufgefüllt und verschlossen. Dieses Verfahren nannte man früher Méthode champenoise, weil sie in der Champagne entwickelt worden war, aber sehr schnell auch anderswo eingesetzt wurde. Da man auch in Deutschland Schaumweine nach der Méthode champenoise als Champagner bezeichnete und ebenso im Penedès, wo der heutige Cava früher als Xampan bezeichnet wurde, hat der Verband der Champagne-Winzer früh versucht, die Markenrechte für die Begriffe Champagner und Champagne weltweit zu schützen. Daher wird diese Methode heute als Méthode traditionelle, Méthode classique oder als Flaschengärung bezeichnet.

Flaschengärung versus Tankgärung

Eine einfachere und kostengünstigere Alternative zur Flaschengärung ist die Tankgärung bzw. das Tankdruckverfahren, auch als Méthode Charmat bezeichnet, benannt nach ihrem Erfinder Eugène Charmat, der das Tankgärverfahren Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hat. Sie wird in Italien meist als Metodo Martinotti bezeichnet, da Federico Martinotti das Verfahren zu einer ähnlichen Zeit parallel entwickelt hatte. Dabei wird Wein in grosse temperaturkontrollierte Tanks gefüllt und eine Fülldosage hinzugegeben. Dann werden die Tanks versiegelt, und der am Boden befindliche Hefesatz wird aufgerührt. Die zweite Gärung beginnt. Schliesslich wird die Versanddosage hinzugegeben, der Wein wird auf Minusgerade heruntergekühlt, um die Kohlensäure inaktiv werden zu lassen. Dann wird der Wein filtriert und gefüllt. Dies ist deutlich kostengünstiger, und die Flaschenvarianzen fallen deutlich geringer aus. Allerdings wird der Wein mehr dem Stress ausgesetzt, und die Perlage bzw. das Mousseux ist nie ganz so fein wie bei einem lange auf der Hefe gereiften Schaumwein. Trotzdem gibt es auch hier hochwertige Weine, sofern man ihnen eine lange Reifezeit gönnt.

Eine Mischform von Flaschengärung und Tankgärung ist übrigens das Transvasierverfahren, das im Französischen auch als Méthode allemande bezeichnet wird. Dabei wird die zweite Gärung in der Flasche durchgeführt, dann aber werden die Inhalte der Flaschen in einen Tank gegeben, die Versanddosage hinzugegeben und der Wein zur Enthefung filtriert, bevor er wieder in die Flasche kommt. So entgeht man einer hohen Qualitätsvarianz.

Schaumweine sind Weine mit einem Kohlensäuredruck von 3 bis 6 Bar. Perlweine hingegen haben nur 1 bis 2,5 Bar. Perlweine unterliegen in Deutschland und Österreich im Gegensatz zu Schaumweinen nicht der Schaumweinsteuer. Ein Perlwein kann ein Petillant Naturel bzw. Pet Nat sein mit geringer Kohlensäure, die auf natürliche Weise entstanden ist. Wenn die Perlung durch das sogenannte Imprägnierverfahren zustande kam, handelt es sich um einen Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure.

Perlweintypen und Dosage

Perlweine gelten als trocken, wenn sie 0 bis 35 g/l Zucker enthalten, als halbtrocken oder demi-sec, wenn sie auf 35 bis 50 g/l Zucker kommen, als mild mit über 50 g/l. Typische Perlweine sind Secco, Prosecco Frizzante, Lambrusco Frizzante, Vivace, Pétillant und Sternliwein.

Schaumweintypen und Dosage

In den Anfangszeiten des Champagners trank man sehr süss, bevorzugte dann aber immer trockenere Weine, weshalb es auch unterschiedliche Bezeichnungen für trocken gibt. Ein doux, dulce, sweet oder mild hat mehr als 50 g/l Zucker als Dosage, ein demi-sec, medium dry, halbtrocken oder semi seco beinhaltet 32 bis 50 g/l, ein Schaumwein mit der Bezeichnung trocken, sec, dry, secco oder seco hat einen Zuckeranteil von 17 und 32 g/l. Ein extra trocken, très sec, extra dry oder extra secco liegt bei 12 bis 17 g/l. Die heute häufigste Variante ist brut, herb oder bruto mit 0 (meist aber 6) bis 12 g/l. Darunter gibt es den extra brut, extra bruto oder extra herb mit 0 bis 6 g/l und den brut nature, dosaggio zero, bruto natural oder zero dosage mit unter 3 g/l.

Neben dem Champagner sind folgende weitere Schaumweine sehr populär. In Frankreich und Luxembourg ist es der Crémant aus unterschiedlichen Anbaugebieten wie Crémant de Loire oder Crémant d’Alsace. In Italien ist es neben dem Prosecco Spumante auch Spumante aus Trento DOC und Franciacorta, in Deutschland und Österreich ist es der Sekt, in Spanien der Cava und der Classic Penedès, in Portugal der Vinho Espumante und in England der English Sparkling.

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