Delinat-Weinwissen
Delinat-Weinwissen

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Der Weinberg ist der Heilige Gral des Winzers. Wie gut der Wein wird, hängt entscheidend von ihm ab.

Der Weinberg ist die Basis des Weinbaus. Die Güte der Trauben basiert auf dem Terroir und darauf, wie der Winzer damit umgeht.

Wenn man über den Ort spricht, von dem ein Wein stammt, dann ist normalerweise der Weinberg gemeint. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, ob der Weinberg nur eine leichte Erhebung ist oder sogar eine Flachlage. Bei einem Weinberg hat man in der Regel vor allem steile Hänge oder Terrassen vor Augen, in denen sich Winzer abmühen, um ein hochwertiges Produkt zu ernten. Dies ist der Mythos, der dem Wein und seinem Weinberg anhaftet. Die Realität sieht freilich meist anders aus. In Ländern wie Spanien, Italien, den USA, China oder Chile gibt es heute riesige Flächen, die oft vollständig mechanisch bewirtschaftet werden und deren Ernten in Weingütern landen, die aussehen, als würden sie riesige Mengen an Softdrinks erzeugen. Der Weinberg, Rebberg oder Wingert ist und bleibt trotzdem die landwirtschaftliche Basis für den Wein, egal wie dieser erzeugt wird.

Die Veränderungen des Weinbergs

Über eine lange Zeit hinweg war der Weinberg Teil eines komplexen Ökosystems. Weintrauben wurden in Mesopotamien, im Nildelta, am Schwarzen Meer oder am Berg Ararat zusammen mit anderen Früchten angebaut, die sich gegenseitig beeinflussten und schützten. Diese Wirtschaftsweise wurde in Ländern wie beispielsweise Portugal noch weit bis ins 20. Jahrhundert hinein betrieben. Doch die Mischkultur in Mischbetrieben verschwand nach und nach mit der zunehmenden Industrialisierung in der Landwirtschaft. Natürlich gab es auch vorher schon reine Rebflächen, doch selbst bei denen versuchte man zumindest über sogenannten Gemischte Sätze, bei denen mehrere Rebsorten in einem Weinberg standen, die Pflanzen durch Diversität gesund zu erhalten. Mit dem Aufkommen von Düngemitteln, Spritzmitteln und mechanischen Bearbeitungsmethoden hat sich das Aussehen des Weinbergs in vielen Teilen der Welt grundlegend gewandelt. Wo vorher Reben natürlich vermehrt und nicht nach einem Plan als Einzelstöcke gepflanzt wurden, entstanden Spaliere, die von Traktoren und Vollerntern befahren werden konnten. Reben wurden nicht mehr durch die Aufzucht von Reisern nach der sogenannten Sélection massale erzeugt, sondern als Klone einer Klonarmee. Gemischte Sätze wurden zugunsten von reinsortig angelegten Weinbergen gerodet und die Reben immer stärker mit chemischen Spritzmitteln behandelt.

Erst mit der Gegenbewegung Anfang der 1980er Jahre, in der auch nach und nach die Delinat-Methode entwickelt wurde, erfolgte bei manchen Winzern ein Umdenken. Die Speerspitze der Bio-Bewegung suchte einen neuen Ansatz – wie auch Spitzenwinzer, die in ihren Weinbergen zusehen mussten, wie die Böden immer stärker ausgelaugt wurden, die obere Bodenschicht sich immer mehr verdichtete und erodierte, die Pflanzen immer schwächer wurden und entsprechend banalere Weine entstanden. In diesen beiden Gruppen, deren Schnittmenge immer grösser wurde, hat eine Rückbesinnung auf alte Methoden stattgefunden – allerdings mit dem Wissen von heute. Dabei wurde immer klarer, dass das Wissen um die oberste Bodenschicht noch vergleichsweise gering ist und sich ständig neue Horizonte auftun. Eines aber ist allen heute klar: Guter Wein entsteht im Weinberg, nicht im Keller.

Die Arbeit im Weinberg

Entscheidend für einen Weinberg sind Standortfaktoren wie Bodenaufbau, Klima und Mikroklima. Mönche im Burgund, die ab dem 9. Jahrhundert die Grundlagen für den modernen Weinbau schufen, haben die Auswirkungen eines bestimmten Ortes auf das Endprodukt als Terroir bezeichnet. Heute bezeichnet man mit diesem Begriff den Dreiklang aus Boden, Klima und der Arbeit des Winzers; denn diese Arbeit ist entscheidend für die Güte und den Charakter des späteren Weines. Es beginnt schon mit der Auswahl der Reben und der Art des Erziehungssystems. In vielen Anbaugebieten Europas gibt es für die Wahl der Rebsorten am bestimmten Standorten klare Beschränkungen, zumindest wenn es um die Erzeugung von Qualitätswein geht.

Ob man ins Burgund, nach Bordeaux, ins Wallis oder in den Rheingau schaut, es sind nur bestimmte Rebsorten zugelassen. Doch auch innerhalb der Rebsorten gibt es unterschiedliche Varianten. Bei der mutierfreudigen Sorte Pinot Noir kann man zwischen Dutzenden von Klonen wählen, die teils auf natürliche Weise im Weinberg entstanden sind, teils aber auch in Rebschulen. Zu den Edelreisern kommen noch die sogenannten Unterlagsreben, die notwendig sind, damit die Reblaus nicht die Edelrebe zerstört. Bei Unterlagsreben gibt es ebenfalls Dutzende von Varianten. Hat der Winzer sich entschieden, pflanzt er den Weinberg und bestimmt dort, in welcher Dichte und in welchen Abständen die Reben gepflanzt werden.

Er muss auch in seine Planung einbeziehen, ob der Weinberg in Zukunft mit Traktoren und mit Erntemaschinen befahren wird oder ob er von Hand und mit Pferden bearbeitet wird. Bevorzugt der Winzer in einer Region wie Sizilien oder Südfrankreich die klassische Erziehungsform der Buschrebe, also des Einzelstocks, oder bindet er die Reben in ein Drahtrahmengeflecht? All diese Entscheidungen haben Auswirkungen auf den späteren Wein. Die wohl wichtigste aber dürfte die Entscheidung sein, ob er chemische Dünger und Spritzmittel einsetzt oder nicht.

Der biologisch bewirtschaftete Weinberg

Mit den beiden Weltkriegen, dem Korea-Krieg und dem Vietnam-Krieg hat sich die Landwirtschaft entscheidend verändert; denn die Rezepturen für Kunstdünger (Stickstoff), Herbizide und Pestizide stammten aus den Laboren der Zulieferindustrie des Militärs. Der Stickstoff, der in rauen Mengen für den Bombenbau erzeugt worden war, musste irgendwo hin. Man hat ihn auf den Feldern eingesetzt. Ähnliches gilt für Entlaubungsmittel und andere chemische Stoffe. Diese Substanzen aber, so weiss man heute, beeinflussen das Bodenleben fundamental. In einer Handvoll Bio-Kompost befinden sich mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. Demgegenüber steht der berühmt gewordene Ausspruch des auf Weinberge spezialisierten Bodenforschers Claude Bourguignon, der 1991 in seinem Buch Le sol, la terre et les champs anmerkte, dass manche Böden des Burgund weniger Bodenleben aufwiesen als der Sand der Sahara.

Mehr Diversität nach der Delinat-Methode

Im biologisch bearbeiteten Weinberg soll das Bodenleben geschützt und erweitert werden und damit auch die Gesundheit der Pflanzen. Nun hat sich gezeigt, dass man unterschiedliche Ansätze verfolgen kann. Wenn man ausschliesslich nach den niedrigen Standards der EU-Bioverordnung arbeitet, dann ist dies besser als nichts, berücksichtigt aber nicht die Möglichkeiten des komplexen Ökosystems eines idealen Weinbergs. Die Delinat-Methode ist auf der Suche nach einem solchen idealen Weinberg. Sie möchte den Weinberg wieder stärker in seine Umgebung einbinden und die Interaktion der Pflanzen mit ihrer Umgebung fördern. Dazu bedarf es vor allem eines viel stärkeren Blicks für die Biodiversität im Weinberg.

Weinberg in der Provence
Der Weinberg der Zukunft erfreut auch das Auge: hier mit blühenden Rosen, die auf Château Duvivier am Ende der Reihen gepflanzt wurden.

Mittlerweile weiss man, dass die Rebe und letztlich wohl auch alle anderen Pflanzen in einem hohen Masse miteinander kommunizieren und in Symbiose mit weiteren Lebensformen stehen, und zwar vor allem mit Pilzen und Mikroorganismen. Pilze und Pflanzen gehen mithilfe feinster Wurzeln, der sogenannten Mykorrhiza, Symbiosen ein, um Stoffe auszutauschen. Diesen Austausch zu fördern ist einer der wichtigen Ansätze der Delinat-Methode, nicht zuletzt um die Nährstoffvielfalt und die Mineralisierung des Bodens zu erhöhen. Durch den lebendigen Oberboden entsteht ein weiterer entscheidender Vorteil: Während gedüngte und gespritzte Weinberge durch Mineralsalze ausgelaugt werden und vertrocknen, sodass selbst alte Reben irgendwann über einen Tropf bewässert werden müssen – was auf Dauer wegen Wasserknappheit nicht mehr funktionierend wird –, speichern lebendige Humusböden das Wasser auf natürliche Weise und sind dem Trockenstress in heissen Jahren viel weniger ausgesetzt.

Um das Bodenleben zu erhalten, zu fördern und auszubauen, bedarf es vieler Strategien, denen sich die Delinat-Methode seit Jahrzehnten widmet. Dazu zählen Begrünungen, eine sehr schonende Bodenbearbeitung, die regelmässige Zufuhr organischer Substanzen und – immer entscheidender in Zukunft – das Wassermanagement mit Hilfe von Kanälen, Retentionsbecken und dem Keyline Management. Hinzu kommen Agroforstsysteme, also eine Vermischung der Weinberge mit Hecken, Nutzpflanzen und Bäumen, und schliesslich der Hinwendung zur sogenannten Permakultur, dem aktuell wohl nachhaltigsten Konzept einer regenerativen Landwirtschaft.

Der Weinberg der Zukunft

Der Klimawandel sorgt für grosse Herausforderungen im Weinberg und im Keller. Zur Erzeugung von einem Liter Wein werden je nach Landstrich zwischen 600 und 900 Liter Wasser benötigt, beginnend mit dem Bedarf an Regenwasser bis hin zur permanenten wasserintensiven Reinigung von Weinkellern. Sich wandelnde CO2-Werte und grössere Hitze verändern Wachstumszyklen sowohl bei Pflanzen als auch bei Schädlingen. Wetterextreme setzen Weinbergen immer häufiger mit Spätfrösten, Hagel, Überschwemmungen, Wirbelstürmen usw. zu.

Der Weinberg der Zukunft muss zumindest einen Teil dieser Herausforderungen abfangen, indem er sich in seine Umgebung integriert und ein lebendiges Bodenleben aufweist. Es beginnt sinnvollerweise mit der Wahl gesunder, robuster Rebstöcke, die aus einem alten Gen-Pool stammen sollten und nicht aus einer Klon-Vermehrung. Das geht weiter, indem diese Reben in einem gesunden Boden stehen, der den Reben Halt gibt und sie auf natürliche Weise versorgt. An feuchten Standorten mit viel Pilzdruck werden pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWIs) die Zukunft sein. Klassische Rebsorten wie auch PIWIs sollten immer als Teil eines Ganzen betrachtet werden, in dem jedes Hinzufügen und Entfernen Auswirkungen auf die Umgebung hat. Monokulturen werden in Zukunft seltener sein. Diversität im Weinberg wird zum Mass der Dinge.

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