Delinat-Weinwissen
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Geringere Erträge und Retentionslandschaften – beim Klimawandel könnte der Norden vom Süden lernen

Der menschengemachte Klimawandel beeinflusst mit Hitze und Trockenheit auch den Weinbau. Ist Bewässerung die einzige Lösung?

Der Klimawandel gehört zu den öffentlich am intensivsten diskutierten Themen der letzten Jahre. Dabei ist der Begriff «Klimawandel» eigentlich gar nicht so glücklich gewählt. Das Klima wandelt sich nämlich permanent, aber eher in langfristigeren Zeiträumen. Unter «Klimawandel» im landläufigen Sinne wird daher in erster Linie der Anstieg der Durchschnittstemperatur seit dem Beginn der Industrialisierung verstanden. Dieser Anstieg hat in den letzten Jahren noch einmal an Dynamik gewonnen. Im letzten Jahrzehnt ist die Durchschnittstemperatur in der erdnahen Atmosphäre weltweit um 1,8 °C gestiegen – mit einer sich weiter beschleunigenden Tendenz

Menschengemachter Klimawandel

Der allergrösste Teil dieser Erderwärmung ist von Menschen verursacht, vor allem durch den Ausstoss von Treibhausgasen. Diese werden durch die Verbrennung fossiler Energien, durch Entwaldung und durch die Land- und Viehwirtschaft freigesetzt. Historische Klimaveränderungen, die auf natürlichem Wege verursacht waren wie z. B. die Eiszeiten, haben mit einer 50–100mal geringeren Geschwindigkeit stattgefunden.

Die Erderwärmung durch den Klimawandel wird allerdings nicht in allen Regionen gleich bewertet, da die Auswirkungen unterschiedlich statt. (Neo-)Winzer in nördlichen Weinbauregionen sehen sich bisweilen sogar als Gewinner des Klimawandels, weil eine höhere Durchschnittstemperatur ein besseres Ausreifen der Trauben ermöglicht.

Jetstream und Witterungslagen

Ein zentrales Element des Klimawandels in den gemässigten Breiten sind neben einer höheren Temperatur vor allem länger anhaltende Witterungsperioden. Neuere Forschungsergebnisse legen die Vermutung nahe, dass dies mit dem Abschwächen des Jetstreams in Zusammenhang steht. Der Jetstream ist ein atmosphärisches Windband, das (im Fall des für Europa wichtigen polar jets) mit starken Höhenwinden aus Richtung Westen fast um den gesamten Globus mäandert. Es handelt sich dabei um eine Ausgleichsbewegung, die durch grosse Temperaturgegensätze und Druckgegensätze entsteht.

Schwächt sich dieses System nun ab, weil beispielsweise die Temperaturgegensätze nicht mehr so gross sind, könnten dadurch auch dynamische und Regen bringende Westwetterlagen seltener bzw. schwächer werden.

In weiten Bereichen Mitteleuropas hat die Trockenheit des Bodens in den letzten Jahren zugenommen. Das betrifft nicht nur den Oberboden, vielmehr den Gesamtboden, weil der Grundwasserspiegel sinkt. Modellrechnungen für Deutschland, die das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung angestellt hat, zeigen bei weiterer künftiger Erwärmung eine besonders hohe Bodentrockenheit im Südwesten Deutschlands, wo die meisten Weinbaugebiete liegen. Wenn dann nach einer längeren Dürreperiode Starkregen fällt, fliesst dieser auf dem ausgetrockneten Oberboden schnell ab, kann also nicht hinreichend gespeichert werden.

Künstliche Bewässerung gegen den Wassermangel

Klimawandel und Dürreperioden machen das Wassermanagement auch in den Weinbauregionen der gemässigten Zonen zu einem zunehmend wichtigen Thema. In weiten Teilen der Neuen Welt wäre ohne künstliche Bewässerung überhaupt kein Weinbau in der heutigen Form möglich. Das gilt für Kalifornien ebenso wie für Chile, Argentinien, Südafrika, Australien und selbst für Neuseeland. In all diesen Gebiete ist es im Sommer überwiegend trocken.

Die Bewässerungsmethoden reichen dabei von Oberflächenbewässerung, wenn wie etwa in Argentinien ein wasserführendes Grabensystem mit Schmelzwasser aus den Anden vorhanden ist, über Berieselung bis hin zu computergesteuerter Tröpfchenbewässerung über Schlauchsysteme im Weinberg.

Bewässerung – oder nicht?

Die wichtigsten Argumente, die für eine Bewässerung sprechen, sind die Weiterführung des Weinbaus bei stark schwankenden Regenmengen wie auch die sichereren Erträge. Dabei gibt es nicht selten Nutzungskonflikte, wenn es um die Frage geht, wem bei allgemeiner Wasserknappheit dieses kostbare Gut am ehesten zusteht. Weniger brisant hingegen ist die Frage, wann Reben zusätzliches Wasser benötigen.

Junganlagen werden auch hierzulande schon seit Längerem bewässert, weil die Reben noch kein in grosse Tiefe reichendes Wurzelsystem besitzen. Sind die Reben aber älter und können mit ihren Wurzeln bis in 20 Meter Tiefe vordringen, treffen sie dort in Mitteleuropa in der Regel auf wasserführende Schichten.

Alte und neue Methoden der Wasserspeicherung

Will man nicht unmittelbar auf Bewässerung setzen, gibt es eine Reihe teilweise althergebrachter Methoden, um die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten. Dazu zählt etwa die Begrünung der Rebzeilen. In bepflanzten Bereichen ist nicht nur die Luftfeuchtigkeit höher, vor allem verhindert Begrünung die Erosion, also das schnelle Abfliessen des Oberflächenwassers, das auch Boden forttragen kann. Ferner zählt das Abdecken der Rebzeilen mit Stroh zu solchen Methoden; denn das Stroh verhindert die Verdunstung. Unter der Strohschicht bleibt der Boden daher wesentlich länger feucht.

Auf Delinat-Betrieben ist Bewässerung nur im Zusammenhang mit Retention zulässig. «Retention» bedeutet das Zurückhalten des Wassers dort, wo es abregnet. So können Teiche und Seen angelegt werden, mäandrierende Kanäle (sogenannte bioswales), Geröllsperren (check dams) oder Terrassen. Auch Keylines (Tiefpfluglinien), Aufforstung, konsequente Humuswirtschaft und ganzheitliches Weidemanagement können dazu dienen, die Wasserspeicherfähigkeit der Böden als auch die Wasserverfügbarkeit für die Reben zu verbessern. Viele dieser Ideen stammen aus Regionen des Südens, die schon seit Jahrhunderten mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, manche wurden von der Permakultur-Bewegung mit ihrem Resilienz-Ansatz aufgenommen und weiterentwickelt.

Tatsächlich also bringen Klimawandel und Bodentrockenheit Herausforderungen mit sich, die beim Weinbau zu ganz neuen Anbaumethoden führen können.

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