Delinat-Weinwissen
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Rioja – das bekannteste spanische Weinbaugebiet und seine klassischen und modernen Weine

Seit 150 Jahren ist die Rioja das spanische Weinbaugebiet mit der höchsten Reputation. Wann haben Sie das letzte Mal einen Rioja probiert?

Die Rioja ist Spaniens berühmteste Weinbauregion. Sie wird vor allem mit Rotwein aus der Tempranillo-Traube in Verbindung gebracht, die dort als Crianza, Reserva und Gran Reserva entstehen. Mancher dieser Weine haben Weltruhm erlangt und sind über viele Jahrzehnte hinweg alterungsfähig.

Doch die Rioja ist mehr als das. Sie teilt sich in die drei grosse Gebiete mit ganz unterschiedlichen Bodenstrukturen auf, auf denen verschiedene Rebsorten wachsen. Neben den roten Weinen gibt es ausserdem exzellente weisse Rioja. Ab den 1980er Jahren hat sich die Rioja neu erfunden. Die klassischen Weine reifen über Jahrzehnte in grossen Holzgebinden, bevor sie in den Markt gelangen. Heute sind sie eine Seltenheit. Dafür dominieren die fruchtbetonten Rioja-Weine aus französischen und amerikanischen Barriques. Dazu gibt es immer mehr Cru aus einzelnen Lagen.

Geschichte

Wie die meisten Anbaugebiete Spaniens, so hat auch die Rioja eine Weinbaugeschichte, die in die römische Zeit der Antike zurückreicht. Zahlreiche, in Stein gehauene Gärbecken künden von einer damaligen Weintradition. Das Renommee späterer Jahrhunderte erreichten die Weine damals jedoch noch nicht. Zudem kam die Zeit der Mauren, die aber weit weniger lange dauerte als im Süden.

Vielmehr waren es die Klöster, die, wie so oft in Europa, den Weinbau vorantrieben. Dabei kam den Erzeugern zu Gute, dass der Jakobsweg nach Santiago di Compostela durch die Rioja führt. Da die Winzer der Rioja sehr viel von ihren Weinen hielten und diese ab dem 16. Jahrhundert immer bekannter wurden, wurden die Weinfässer der Rioja mit einem einheitlichen Brandzeichen versehen. Dies geschah ab 1560. Aus dem Jahr 1650 stammen schriftliche Hinweise zu Qualitätskontrollen der Rioja-Weine, die für ein einheitlich hohes Mindestniveau der Weine sorgen sollten. 1787 wurde die Real Sociedad Económica de Cosecheros de Rioja, der königliche Wirtschaftsverband der Rioja-Winzer gegründet. Er sollte über die Qualität der Weine wachen und gleichzeitig den Weinhandel fördern.

Weinberg in der Rioja
Tempranillo ist die dominierende Rebsorte in der Rioja.

Die grosse Zeit der Rioja-Weingüter begann ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Winzer erwarben ihr Know-how in Bordeaux und wendeten dieses in neu gegründeten Bodegas an. Etwas später, als die Reblaus zum Ende des 19. Jahrhunderts weite Teile französischer Rebanlagen zerstörte, kamen viele französische Winzer in die Rioja und brachten ihr Wissen mit. Bevor die Reblaus auch die Weinberge der Rioja heimsuchen konnte, waren viele Weingärten bereits auf reblausbeständige Unterlagsreben gepfropft worden. Mit einem 1902 erfolgten königlichen Erlass wurde schliesslich das Gebiet der Rioja klar umrissen, die Herkunft definiert und eine Regel für die Etikettierung erlassen.

Geografie und Klima

Die Region Rioja leitet ihren Namen vom Rio Oja, einem Nebenfluss des Rio Tirón. Doch nicht der Rio Oja ist es, der im Wesentlichen das Gebiet beeinflusst, sondern der Ebro, an dessen Ufern sich die Weinberge über 100 Kilometer hinweg entlang ziehen und rund 40 Kilometer weit in die Hügel des Hinterlandes ragen. Eine geografische Besonderheit: Das Weinbaugebiet Rioja befindet sich mit seinen rund 60’000 Hektar sowohl in der nordostspanischen Provinz La Rioja, als auch in der autonomen Provinz des Baskenlandes und in Navarra. Die Rioja teilt sich in drei Subzonen auf. Die Rioja Alta umfasst rund 24’000 Hektar, die Rioja Alavesa ca. 12’000 Hektar und die Rioja Baja rund 24’000 Hektar.

Rioja Alta

Die Rioja Alta ist die Sub-Zone, die komplett in der Provinz La Rioja liegt und am stärksten vom Atlantik geprägt wird. Ihr Zentrum ist die Stadt Haro, die heimliche Hauptstadt der Rioja. Dort haben viele berühmte klassische Weingüter ihren Sitz, da Ende des 19. Jahrhundert dort ein Bahnhof eröffnet wurde, von dem aus der Wein in alle Welt befördert werden konnte.

Die Weinberge liegen hoch und kühler als die anderen beiden Regionen. In der Ebene sind es Schwemmland- und Ablagerungsböden, in den Hügeln vor allem eisenhaltige Kalkmergel mit Ton- und Lehmauflage. Der Sommer sind kurz und heiss, der Herbst lang und weitestgehend gemässigt warm und trocken, die Winter kalt.

Wie in den anderen beiden Sub-Zonen dominiert auch hier der Tempranillo. Insgesamt sind in der Rioja allerdings nur rund 60 % mit dieser wichtigsten aller Rioja-Rebsorten bestockt. Die weitern 40 % teilen sich vor allem die roten Mazuelo (Cariñena, Carignan), Graciano, Garnacha sowie weitere weisse Sorten. Die Sorten bilden in der Rioja Alta dickschaligere Trauben aus. Sie verfügen über mehr Phenole, Gerbstoffe und Säuren. Entsprechend reifen die Weine länger. Die Weine der Rioja Alta gelten als die besten der Rioja.

Rioja Alavesa

Die kleinere Rioja Alavese liegt nördlich des Ebro, der dort die Grenze zum Baskenland bildet. Die Alavesa ist also vollständig baskisches Gebiet. Das Klima ist ähnlich wie das der Rioja Alta, wird aber schon ein wenig mehr durch Winde vom Mittelmeer bestimmt und ist tendenziell etwas wärmer. Die Weingärten liegen hoch und sind von Ton-Kalkgemisch bestimmt. Vor allem der Tempranillo erbringt leichtere und fruchtigere Weine mit feiner Würze. Die Weine werden meist als Joven, also jung getrunken oder als Crianza oder Reserva ausgebaut.

Rioja Baja

Die Zone erstreckt sich östlich der Povinz-Hauptstadt Logroño über die Rioja und das angrenzende Navarra. Das Klima ist dort schon deutlich mediterran, also wärmer und trockener als die anderen beiden Zonen. Die Weinberge sind weitgehend von eisenhaltigem Ton dominiert. Auf diesen Böden steht mehr Garnacha Tinta als Tempranillo. Die Weine sind entsprechend weicher, voller und alkoholreicher. Sie werden dort auch häufiger als Rosé ausgebaut. Rioja aus der Rioja Baja gelten als einfacher und jünger konsumierbar.

Rebsorten und Weine

Für viele Weingeniesser steht die Rioja für spanischen Rotwein schlechthin. Natürlich dominieren die Rotweine das Spektrum, doch es sind lediglich 75 % der Gesamtmenge. Dazu kommen 15 % Rosé und 10 % Weisswein mit leicht steigender Tendenz. Die meisten roten Rioja werden vom Tempranillo geprägt. Doch selten ist er die einzige Hauptrebsorte. Meist ist es eine Cuvée mit anderen roten Sorten, wo neben Mazuelo, Graciano und Garnacha auch Maturana Parda und Maturana Tinta zugelassen sind.

Aus historischen Gründen dürfen manche Weingüter seit dem 9. Jahrhundert kleinere Mengen Cabernet Sauvignon und Merlot verwenden. Diese Rotweine werden so gut wie ausschliesslich trocken ausgebaut. Lediglich Rosé gibt es auch in restsüssen Varianten. Die weissen Rioja werden ebenfalls trocken ausgebaut. Klassisch ist die Verwendung von Viura (Macabeo), Malvasía, Riojana und Garnacha blanca. Seit 2007 dürfen auch moderne weisse Rioja mit Chardonnay und Sauvignon blanc entstehen, die zusammen aber nie mehr als 50 % ausmachen. Lokal werden auch Maturana blanca, Tempranillo blanco, Verdejo und Torrontés verwendet.

Der klassische Ausbau weisser und roter Weine umfasste eine teils Jahrzehnte lange Lagerung in amerikanischen Eichenfässern unterschiedlicher Grösse. Moderner Rioja wird weiss entweder im Edelstahl ausgebaut oder im französischen Barrique. Moderner roter Rioja wird sehr reif geerntet und stark extrahiert, so dass sich ein dunkler und betont dunkelfruchtiger Wein ergibt, der für wenige Jahre vor allem im neuen französischen Holz ausgebaut wird. Er ähnelt in der Stilistik modernen Bordeaux.

Barrique-Weinkeller in der Rioja
Eichenfass und Wein aus der Rioja – für viele Weingeniesser gehört das zusammen.

Der klassische Rioja dagegen wird erst auf den Markt gebracht, wenn er nach Ansicht der Erzeuger trinkfertig ist. Dann erhält der Wein schon eine bräunliche Tönung und ist nicht mehr von der Frucht, sondern von balsamischen Noten wie Leder, Gewürzen, Liebstöckel, Unterholz, Kräuter, Erde und Nüssen geprägt.

Reifegrad

Joven: Ein junger Wein, der bereits im Jahr nach der Ernte verkauft wird. Der Wein wird oft im Edelstahl ausgebaut. Wenn er im Holzfass ausgebaut wird, dann höchstens für sechs Monate.
Crianza: Ein Wein, der mindestens 24 Monate Reife im Weingut hatte, sechs davon im Fass, 18 Monate auf der Flasche.
Reserva: Dieser Wein muss mindestens 36 Monate gereift sein, davon mindestens zwölf Monate im Fass.
Gran Reserva: Die Gran Reserva ist mindestens 60 Monate alt und hat davon mindestens 18 Monate im Fass verbracht.
Village, Region: Diese Bezeichnungen gibt es erst seit 2017. Es kann der Ort oder die Sub-Region auf dem Etikett vermerkt werden
Vino de Autor: Diese Bezeichnung ist nicht offiziell. Man erkennt diese Weine, wenn sie von kleinen Weingütern besonders bezeichnet werden und man häufig auch bestimmte Weinbergsnamen auf den Etiketten findet. Bei manchen berühmten Weingütern findet man die Bezeichnung Rioja dagegen mittlerweile vergeblich. Sie wollen sich nicht mehr an die Statuten des Verbandes halten und vinifizieren Weine ohne klassische Herkunftsangabe.

Fazit

Auch wenn die Konkurrenz im eigenen Land gerade durch den Aufstieg der Ribera del Duero gewachsen ist, ist die Rioja immer noch die Nummer 1 unter den Weinbauregionen Spaniens. Sie musste sich dafür immer wieder neu erfinden. Zuletzt durch einen generellen Stilwechsel als Antwort auf die moderner wirkenden Weine aus Ribera del Duero und auch aus dem Priorat.

Heute gibt es noch eine klassische Schule der Rioja, deren Weinen in bestimmten Kreisen immer begehrter werden, und die grosse Menge an modernen Rioja, deren Verbindung aus Frucht, Holz, Würze und Frische sehr attraktiv wirkt. Die Weissweine des Gebiets können stilistisch ebenso unterschiedlich ausfallen wie die roten. Sie geraten aber immer mehr in den Fokus. Es wird offensichtlich, dass Spanien auch Weisswein kann. Ökologischer Landbau ist in der Rioja bis heute nur ein Randthema. Doch das besetzen einige sehr interessante Weingüter, von denen einige auch nach der strengen Delinat-Methode arbeiten.

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