Temperament, kühle Frische und Kernigkeit – die PIWI-Weine von Albet i Noya im Test

So etwas würde man aus Katalonien nicht unbedingt erwarten! Die Weine, die uns der katalonische Weinbaupionier Josep Maria Albet i Noya in seiner «Aventurer»-Linie präsentiert, überraschen mit kühler Frische, Temperament und einer ehrlichen Kernigkeit. Klassische «Cool Climate»-Gewächse, könnte man denken, dabei reifen sie doch im warmen Hinterland des Mittelmeers, keine 50 Kilometer westlich von Barcelona.

Der Aventurer Classic Penedès Brut Reserva 2020 überzeugt.

«Aventurer» heisst zu Deutsch «Abenteurer» und tatsächlich: So wie die spanischen Konquistadoren im 16. Jahrhundert ins Unbekannte aufgebrochen sind, nämlich mit viel Neugier, Mut und Risikobereitschaft, hat Albet i Noya zu diesen Weinen gefunden. Seefahrer und Weinpioniere sind eben aus dem gleichen Holz geschnitzt. So hat Josep Maria nicht nur das erste Bioweingut in Spanien gegründet (1978), sondern beschäftigt sich darüber hinaus schon seit 1998, also seit genau einem Vierteljahrhundert, mit pilzresistenten Sorten (PIWI), übrigens im engen Austausch mit zwei Schweizern PIWI-Pionieren, zuerst mit dem Rebenforscher Dr. Pierre Basler und später mit dem innovativen Rebenzüchter Valentin Blattner. Heute ist Josep Maria Albet i Noya wohl der einzige Winzer in Spanien, der überaus seltene, von ihm selber mitgezüchtete pilzresistente Sorten wie Marina Rión (weiss) und Belat (rot) in seinen Rebgärten stehen hat. Zwar wird heute in Spanien auf einer Fläche von rund 125’000 Hektar kontrolliert biologisch Wein produziert, doch pilzresistente Sorten, die keinen Pflanzenschutz gegen Mehltau-Erkrankungen benötigen, spielen dabei bis heute kaum eine Rolle. Das ist schade, denn die Weine von Albet i Noya lassen den Rückschluss zu, dass die neuen Sorten auch in Spanien durchaus Potenzial für die Zukunft haben.

Aventurer – die neue PIWI-Linie von Albet i Noya

Lassen Sie sich von der Abenteuerlust unseres spanischen Pionierwinzers Josep Maria Albet i Noya anstecken, und entdecken Sie die neue Genusswelt, die seine drei Aventurer-Weine bieten.
->Zu den Weinen

Klassisches Cava-Feeling mit neuen Sorten

Das beweist ganz besonders sein Schäumer Aventurer Brut. Obwohl nicht aus konventionellen Cava-Sorten wie Macabeo oder Xarel.lo gekeltert, zeigt er eine ganz ähnliche herbale Frische wie die bekannten klassischen Schäumer aus Katalonien. Helles, klares Grüngelb. Reintönige und subtile Aromen von frischen Kräutern wie Rosmarin und Liebstöckel, auch etwas Anis und Fenchel, dazu ein Anflug von Irisch Moos, auch zarte Agrumen und Eisbonbons. Am Gaumen viel Zitrusfrucht. Angepasste Mousse, sehr frisch und knackig. Mittlere Länge. Unkompliziert und trinkig. Dieser Schäumer beschert uns ein klassisches Cava-Feeling!

Temperamentvoller Weisser mit Cool-Climate-Charakter

Der weisse Aventurer blanc ist ein knackig belebender, ja fast schon subtil anmutender Wein. Leuchtendes, helles Gelb. Zarte, reintönige Aromen mit einer Spur von Lychee, dazu edle Noten von Kernobst, besonders Mirabellen, auch etwas Apfel und vornehme, herbale Noten. Am Gaumen im Auftakt fruchtbetont, mit Agrumen. Sehr ausgewogen animierend, getragen von einer knackig präsenten Säure. Temperamentvoller, leicht wirkender Weisswein mit Cool-Climate-Charakter.

Trinkiger Roter mit Grip

Der Albet i Noya Aventurer negre ist ein trinkiger Alltagswein, der 10 Monate im Eichenholz reifte.

Und auch der rote Aventurer negre, der zehn Monate im Eichenholz reift, entpuppt sich als trinkiger Alltagswein mit Grip und kerniger Säure. Dichtes Granatrot. Aromen von roten und dunklen Beeren, besonders Sauerkirschen und Brombeeren. Dazu angepasste Würznoten, auch Unterholz und dezent erdige Noten. Im Gaumen sehr präsent, mit rotbeeriger Frucht, kernigem Gerbstoff und einer fast schon knackig wirkenden Säure. Im guten Sinne ein wenig rustikal. Mit seiner animierenden Art im Gaumen der Prototyp eines unkomplizierten Essensbegleiters.

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Und plötzlich Charme und Fülle

Viele jüngere Weinliebhaber kennen gar keine traditionellen Bordeaux-Gewächse mehr. Und das ist auch nicht weiter schlimm. Denn traditionelle Bordeaux waren in ihrer Jugend früher oft pfeffrig, kernig und reichlich grün. Man legte sie in den Keller in der Hoffnung, dass sie mit den Jahren etwas Altersmilde zeigen würden, aber meistens hoffte man vergebens. Heute ist alles ganz anders. Verbessertes Know-how in Rebberg und Keller, aber auch die Klimaerwärmung haben es möglich gemacht, dass in Bordeaux, speziell auch in den sogenannt kleinen und wenig bekannten Appellationen wie Sainte-Foy Côtes de Bordeaux, heute Gewächse reifen, die mit ihrem vollfruchtigen, fast schon südlich anmutenden Charme zuweilen an «Supertuscans» erinnern oder gar an Prestige-Selektionen aus dem Napa Valley. Somit bedient Bordeaux heute eine Stilistik, die noch vor 20 Jahren undenkbar schien, gegenwärtig aber sehr präzise den Geschmack der Konsumenten trifft. Und natürlich sind es durchaus waschechte Bordeleser, wie das «Grand Vin de Bordeaux» auf dem Etikett garantiert.

Mal eher klassisch – mal modern

Zu dieser vielversprechenden neuen Generation von Crus, die stolz ihre Fruchtfülle zeigen, gehören auch die Gewächse von Château Couronneau. Der vermeintlich einfachere Château Coronneau Sainte-Foy zeigt in der Nase reife Aromen von Waldbeeren und Pflaumen, dazu Lorbeer, Lakritze und Laub. Im Gaumen wirkt er dann aber überraschend kernig. Ja, mit seiner leichten Herbe im Abgang lässt dieser Wein doch immer noch klassische Bordeaux-Eigenschaften erkennen. Der Seigneur de Couronneau 2019 dagegen verkörpert von A bis Z die Eigenschaften des neuen Bordeaux. Fast schwarz in der Farbe, zeigt er eine beeindruckende Fülle von frischer Beerenfrucht. Und auch im Gaumen gibt er mit seiner verschwenderischen Intensität und der gut angepassten Würze den Modernisten. Verblüffend ist, dass es trotzdem ein sehr gut komponierter und letztlich gar ausgesprochen trinkiger Wein ist. Es liesse sich einwenden, dass man in diesem Wein mehr Merlot als Bordeaux findet, aber dies wiederspiegelt sehr genau die Entwicklung bei dieser Sorte, bei der sich im gehobenen Bereich die Stilistik über Länder und Kontinente hinweg immer mehr angenähert hat. Wer nach klassischen Bordeaux-Tugenden sucht, ist mit einem anderen Cru sicher besser bedient. Doch wer sich durch zeitgenössisch verführerisch vollfruchtige Merlot-Stilistik verführen lassen möchte, wird begeistert sein. Zudem: Mit so einem gekonnt komponierten Neo-Bordelesen im Glas wird niemand die Gewächse aus Australien oder Kalifornien vermissen. Denn im Seigneur de Couronneau lässt sich durchaus eine meerwürzige Prise «California Dreamin‘» erkennen, so wie es «The Mamas and the Papas» im gleichnamigen Lied besingen.

WeinLese-Angebot: Probierpaket Château Couronneau

Aus den von Hand gelesenen Trauben erzeugen Christophe und Grégoire Piat authentische Bordeaux-Weine, die an internationalen Wettbewerben immer wieder ausgezeichnet werden. Nur wenige Châteaus schaffen es, im klimatisch schwierigen Bordelais Weine im Einklang mit der Natur zu erzeugen, die mit einem vergleichbaren Preis-Genuss-Verhältnis brillieren. Wir bieten Ihnen ein Probierpaket mit zwei Weinen an, die bereits über eine gute Trinkreife verfügen, aber auch noch einige Jahre gelagert werden können.

-> Zum Probierpaket

Alle Beiträge der WeinLese 66:

Diese «Rebbellion» kann gelingen!

Thomas Vaterlaus ist Chefredaktor von Vinum.

Was trinken wohl die Aktivisten der «Klimajugend», wenn sie nach ihren Aktionen in ihre WGs zurückkehren? Und was trinken ihre Anhänger, die gut situierten und auch klimasensiblen Bildungsbürger, wenn sie abends in ihren grosszügigen Wohnküchen sitzen? Wenn Wein, dann hoffentlich nicht mehr jene konventionell produzierten Tropfen, die unsere Umwelt belasten, sondern eines der fünf neuen «Rebbel»-Gewächse. Vor allem, weil die «Rebbels» zwei Charaktereigenschaften verkörpern, die in der Weinszene lange schlicht als unvereinbar galten, ja gar als so unmöglich wie die Quadratur des Kreises. Sie stehen nämlich gleichermassen für feinfruchtigen, animierenden Genuss, ja für unbeschwerten Trinkspass im besten Sinne, wie für grösstmögliche Nachhaltigkeit und Klimabewusstsein in An- und Ausbau.

Auf zur Genuss-Rebellion

Rebbel-Weine

Schon die Labels der Rebbel-Weine zeigen die Richtung an. Sie spielen mit Agitation, Graffiti-Power und Propaganda-Art. Sie sind Aufrufe zur Genuss-Rebellion. Aber wenn eine Rebellion gelingen soll, braucht sie eine breite Basis. In der Politik genauso wie im Weinbau. Die Basis der fünf Rebbel-Weine sind die Thurgauer Rebberge der Bio-Pioniere Karin und Roland Lenz. Ihre Crus sind Botschafter eines ganzheitlichen Weinbaus im Kontext eines sich selbst regelnden Ökosystems, das ohne Interventionen in Bezug auf Pflanzenschutz auskommt.

Wider alten Trinkgewohnheiten

Für Verfechter eines nachhaltigen, die Umwelt respektierenden Genusses sind die Rebbel-Gewächse somit die richtigen Weine zur richtigen Zeit. Und eben: Sie machen erst noch Spass! Mit ihrer klaren, eingängigen Primärfrucht, der sanft mitschwingenden Fruchtsüsse, aber auch ihrer Struktur und Finesse treffen sie besonders den Geschmack der Millenials, die in den Jahren vor oder unmittelbar nach der Jahrtausendwende geboren worden sind. Diese junge, selbstbewusste und umweltsensible Generation vertraut ihrem eigenen Urteil glücklicherweise mehr als den Trinkgewohnheiten ihrer Eltern, welche nach wie vor sehr stark vom Charakter der klassischen, aber krankheitsanfälligen Sorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Pinot Noir, Cabernet Sauvignon und Co. bestimmt werden.

PIWIs werden mehrheitsfähig

Man muss ehrlicherweise aber auch zugeben, dass vor 20 Jahren noch längst nicht alle PIWI-Weine wirklich gut waren. Sprüche wie «Was gut für die Natur ist, ist leider nicht zwangsläufig auch gut für den Gaumen» kamen nicht von ungefähr. Doch eben: In den letzten Jahren ist bezüglich der Qualität der PIWI-Gewächse schon fast Revolutionäres geschehen. Karin und Roland Lenz ziehen beim Ausbau der Rebbel-Weine heute alle Register. Und auch die Klimaerwärmung hat mitgeholfen, ihren PIWI-Crus mehr Frucht und Fülle zu verleihen. Was sie so heute in die Flaschen bringen, ist zugänglicher und sinnlicher und somit besser auf den Geschmack der jungen Geniesser zugeschnitten als die Mehrheit der klassischen Gewächse. Damit verwirklicht sich langsam jene Vision, die Roland Lenz vor Jahren formuliert hat: «Wir brauchen zum Wohle der Natur sprichwörtlich mehrheitsfähige PIWI-Weine. Gewächse, die dem Zeitgeist entsprechen. Denn nur, wenn die Nachfrage nach diesen Weinen stark wächst, beginnt das dringendst notwendige Umdenken, sprich das neue, nachhaltige Zeitalter im Weinbau.» Die Rebbel-Kollektion zeigt: Das Ziel ist nicht mehr so fern! Die Rebellion kann gelingen!

Alle Rebbel-Weine finden Sie in unserem Webshop.

Rebsorten sind nicht gottgegeben

Angenommen, jemand trägt als Teenie gerne Knickerbocker-Hosen und läuft als Pensionierter immer noch mit diesen Dingern rum, was würden wir wohl von ihm halten? Vielleicht halten wir ihn im guten Sinne für einen Traditionalisten, vielleicht aber auch für ein klein wenig stur und geistig verpeilt, denn die Mode hat sich doch über 50 Jahre hinweg dynamisch entwickelt und verändert…

Thomas Vaterlaus

Irgendwie ist es beim Wein ganz ähnlich. Viele Weinliebhaber, die schon früh Bordeaux oder das Burgund für sich entdeckt haben, bleiben ihr ganzes Leben lang auf klassische Sorten wie Chardonnay, Pinot Noir oder Cabernet Sauvignon fixiert. Diese Gewächse sind quasi die unverrückbaren Fixpunkte ihrer Weinleidenschaft. Ohne Frage entstehen aus klassischen Sorten ausserordentliche Weine. Aber leider sind es heikle Pflänzchen, die ohne Pflanzenschutz, besonders Kupfer gegen den Mehltau, kaum Ertrag bringen würden. Darum sind in den letzten Jahrzehnten neue pilzwiderstandsfähige Sorten gezüchtet worden, die einen kompromisslosen biologischen Anbau ermöglichen. Viele Weinliebhaber finden es zwar lobenswert, dass es heute diese neuen Sorten gibt, sind aber stur der Meinung, dass es diese PIWIs qualitativ nicht mit Riesling, Chardonnay, Pinot, Cabernet aufnehmen können. Doch das ist aus heutiger Sicht nur mehr ein Vorurteil. Tatsächlich haben die PIWIs in den letzten Jahren enorm an Qualität zugelegt. Weisse Gewächse wie Solaris, Johanniter und Souvignier Gris, aber auch der rote Cabernet Jura ergeben heute Spitzenweine, die Crus aus Chardonnay, Pinot und Co. ebenbürtig sind. Der beste Beweis dafür liefert der Schweizer Bioweinpreis, der die Zeitschrift «Vinum» seit fünf Jahren zusammen mit Bio Suisse organisiert. Für diesen Wettbewerb werden jeweils rund 200 Weine aus kontrolliert biologischem Anbau blind verkostet. Wenn man die Bewertungen analysiert, zeigt es sich, dass die Durchschnittsbewertung aller Weine aus PIWI-Sorten in etwa gleich hoch ist wie jene von Gewächsen aus konventionellen Sorten. Das Qualitätsniveau ist also vergleichbar. Und die PIWIs werden weiter zulegen.

«PIWIs haben in den letzten
Jahren enorm an Qualität
zugelegt.»
Thomas Vaterlaus

«Während bei den konventionellen Sorten im Bereich der Neuzüchtungen nicht mehr viel geschieht und die meisten Winzer mit Sorten arbeiten, die schon seit Jahrhunderten bekannt sind, ist die diesbezügliche Dynamik bei den PIWIs immer noch hoch», sagt der Thurgauer Biowinzer Roland Lenz, der im Rahmen des Schweizer Bioweinpreises schon zweimal als «Biowinzer des Jahres » ausgezeichnet worden ist. Lenz ist überzeugt, dass die Zukunft des Weinbaus, der oft nahe an Siedlungsgebieten stattfindet, von den PIWI-Sorten abhängt. «Der Einsatz von chemischen Mitteln und Kupfer wird mittelfristig nicht mehr toleriert werden, allein schon wegen der Trinkwasserproblematik», meint er.

Es ist Zeit, umzudenken. Rebsorten sind nicht von Gott gegeben, sondern einem dynamischen Entwicklungsprozess unterworfen, wie alle anderen Dinge unseres Lebens auch. Und liebe Weinliebhaber, seid doch etwas mutiger! Immer die gleichen Sorten trinken, weil man es halt immer schon so gemacht hat, wird mit der Zeit etwas langweilig. Halt eben ähnlich langweilig, wie wenn man sein ganzes Leben mit Knickerbocker-Hosen rumlaufen würde …

Alle Artikel der WeinLese 51:

Weit wie das Meer! Unterwegs in Kastilien und León

Der Weinbau in Kastilien und León hat in den letzten Jahren immer schärfere Konturen gewonnen. Zu den Wegbereitern dieser nachhaltigen Entwicklung zählen kontrolliert biologisch arbeitende Winzer. Mit individuellen Konzepten verleihen sie Verdejo und Tempranillo mehr Finesse und Eleganz und verhelfen vergessenen Sorten wie dem Rufete in der Sierra de Salamanca zu neuem Glanz.

Irgendwo in Kastilien. Tagsüber war das Thermometer wieder über 30 Grad geklettert, aber nach Sonnenuntergang, auf dem Weg zur Tapas-Bar im Dorfzentrum, zog der Wind so giftig kalt durch die Calle Mayor, dass ich mir einen Pullover überziehen musste. «Sehr gut», sagte Pablo, der Winzer, und quittierte meinen ratlosen Blick mit den Worten: «Nur dort, wo du zur Erntezeit tagsüber schwitzt und nach Sonnenuntergang frierst, entstehen grosse Weine.» Nun: Gemäss dieser Definition zählen fast alle Weinbaugebiete, die auf der kastilischen Hochebene nördlich von Madrid, zwischen 600 und 1000 Meter über Meer gelegen, zu den grossen Terroirs in Spanien.

Brauchen wir die USA, um endlose landschaftliche Weite weitgehendst ohne menschliche Spuren zu erleben? Nein, auch in der Meseta, der kargen spanischen Hochebene, wandert der Blick so weit übers leere Land, dass jeder Reisende für sich die philosophische Frage beantworten muss, ob diese Leere nun befreiend oder beklemmend auf ihn wirkt… Kastilien gilt als Wiege der spanischen Kultur, hier wird das klarste Spanisch gesprochen, die «Castellanos» formen ihre Worte so exakt wie ein Steinmetz den Stein. Doch weinmässig war die Region bis vor 50 Jahren ein riesiger weisser Fleck. Einzig das schon in den 1970er Jahren weltweit renommierte Gut Vega Sicilia deutete an, dass der Tinta del País (auch Tinto Fino oder Tinta de Toro genannt), der hier heimische Klon des Tempranillos, mindestens ebenso gehaltvolle, sicher aber konzentriertere Weine ergeben kann als in der Rioja. Zwar geht der Weinbau in Kastilien bis ins Mittelalter zurück, und der Schatz an «viñas viejas», den alten, bis zu 100-jährigen Buschreben, ist bis heute riesig. Doch über Jahrhunderte hinweg tranken die Bauerfamilien ihren Wein selber oder lieferten ihn an die Tapas-Bars und Tavernas in der Umgebung. So nahm ausserhalb ihrer Region lange Zeit kaum jemand von diesen Weinen Notiz.

Angesichts der unendlichen Fülle an Raum ist es erstaunlich, wie nah die Menschen hier beisammenwohnen. Wer übers Land fährt und abends ein Dorf am Horizont ausmacht, mit einer immer überproportional grossen Kirche, um die sich die Häuser schmiegen, fühlt sich an das Bild einer Schafherde auf einem weiten Feld erinnert, in der sich die Tiere zusammenscharen, um möglichen Gefahren besser trotzen zu können. Und tatsächlich: Auch die Menschen stehen hier abends eng beisammen, freilich nicht draussen, sondern in ihrer Tapas-Bar, wo ein frischfruchtiger roter Joven oder Roble für gute Stimmung sorgt. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit liegt um die Ecke auch noch ein Asador, ein Gasthaus mit Backsteinofen, in dem das «Cordero lechal», das Milchlamm, bei 220 Grad sanft auf einer Eichenholzglut gegart wird. Der Asador, das Lamm und ein füllig-reifer Reserva aus Ribera del Duero oder Toro – das ist seit Generationen die heilige Dreifaltigkeit des Savoir-vivre in Kastilien.

Die Neuzeit des Weins begann mit der Schaffung der Ursprungsbezeichnungen für Weissweine aus dem Rueda (1980) sowie den roten Crus aus Ribera del Duero (1982) und Toro (1986). Spätestens nach 1990 eroberten die knackig-frischfruchtigen Verdejos aus dem Rueda und die Tempranillos mit vollreifer Beerenfrucht, einer geballten Ladung Eichenholzwürze, fleischiger Fülle und maskulinem Gerbstoff die Welt. Heute zeigt das Weinwunder in Kastilien und León immer feinere Konturen. Der rote Tempranillo-Einheitstyp ist nur mehr eine von vielen Facetten. Selektionen von alten Reben verblüffen mit individuellem Ausdruck und Charakter. Und mit Einzellagen-Abfüllungen entsteht langsam aber sicher ein Cru-Denken nach burgundischem Vorbild. Wiederentdeckte alte Weinbaugebiete wie die Sierra de Salamanca beweisen, dass in Kastilien noch längst nicht alle Weinschätze gehoben sind.

Mit maximal 500 Millimetern Regen pro Jahr und Quadratmeter und einem fast permanent wehenden Wind sind die Vor aussetzungen für den biologischen Anbau ideal. Und die nach der Delinat-Methode erzeugten Weine zeigen je länger, je mehr, dass sie die individuellen Eigenheiten dieser kargen, meist von Kalk, Sand oder Kies geprägten Terroirs am klarsten zum Ausdruck bringen. Mit der Dynamik, die der Weinbau gebracht hat, ist übrigens auch das kulinarische Angebot breiter geworden. Zwar gelten das Milchlamm und der reife Tempranillo noch immer als erste aller Mariagen, doch in den neuen Lokalen von Valladolid oder Salamanca wird zunehmend auch eine vegetarische Haute Cuisine aus regional produzierten Kartoffeln, Paprikas, Linsen oder Pilzen zelebriert, zu der etwa ein kernig-feingliedriger Rufete aus den Granitböden der Sierra de Salamanca hervorragend harmoniert. So bewegt sich der Kastilien-Reisende zwar immer noch in einem archaisch weiten, zeitlos anmutenden Land, das aber in Bezug auf Wein und Kulinarik zu einem höchst vielfältigen und qualitativ hochstehenden und darum faszinierenden Puzzle avanciert ist.

Thomas Vaterlaus ist Chefredaktor des Weinmagazins «Vinum». Zusammen mit Delinat-Einkäufer David Rodriguez und Fotografin Ana García Navarro war er unterwegs in Spanien. Dabei entstand diese Reportage mit den Porträts von vier Delinat-Weingütern aus der Region Kastilien.

Ribera del Duero, Dominio Basconcillos: Wie Phönix aus der Asche

Ein grosser Kräutergarten bereichert die Biodiversität auf dem Weingut Basconcillos.

Früher wachten burgähnlichen Castillos über dem Lauf des Duero-Flusses, heute sind es die neuen Kathedralen des Weines. Rund 150 Kellereien sind in der Ribera del Duero in den letzten 30 Jahren neu entstanden. Die ehrgeizigsten Projekte haben dabei immer höhere Lagen erschlossen. So auch der Industrielle José María Basconcillos, dessen im Jahr 2000 gegründetes Gut sich nicht mehr im Duero-Tal selber befindet, sondern bereits auf der nördlichen Hügelflanke in der Provinz Burgos, 1000 Meter über Meer. «Die alten Männer im Dorf haben uns gesagt, dass die Trauben hier oben nie reif werden würden», sagt der junge Betriebsleiter Francisco Barona, der dieses «State of the Art»-Projekt dynamisch vorantreibt.

Önologe Francisco Barona prüft die Reife der Basconcillos-Weine.

Neu gepflanzte Bäume und Büsche umgeben das nach dem Château-Prinzip angelegte Weingut und bereichern die Biodiversität. Bei der Begrünung ist in dieser Cool-Climate-Grenzlage ein subtiles Vorgehen gefragt. In den von mehr Fruchtbarkeit geprägten Parzellen wird heute jede zweite Rebzeile begrünt, in den kargen und kühlen Lagen weist jede sechste Zeile eine Ganzjahresbegrünung auf, die lediglich gemäht wird. Ähnlich generalstabsmässig verläuft die Ernte. Zuerst werden die kalkbetonten Parzellen gelesen, die frischfruchtig mineralische Weine mit guter Säure ergeben. Dann folgen die lehmhaltigen Plots, die konzentrierte Weine mit schwarzbeeriger Frucht hervorbringen. Den Abschluss bilden schliesslich die sandigen Partien, deren Weine floral und mittelgewichtig ausfallen.

Perfekt komponiert: Basconcillos-Gewächse vereinen Fruchtfülle, Kraft und Eleganz.

Die genauso minuziös verlaufende Vinifikation sorgt dafür, dass sich diese individuellen Charakteristiken bestmöglich im Wein widerspiegeln. Alle Basconcillos-Gewächse sind perfekt komponiert und vereinen Fruchtfülle, Kraft und Eleganz.

–> Alle Weine der Dominio Basconcillos

Rueda, Bodegas Menade: Hipster-Weine made by Sanz

Im alten Natursteinkeller von Menade reifen vor allem Weissweine.

So sieht sie also aus, die Neue Welt im alten Rueda. Da ist der Winery-Hangar, dessen Frontfassade sie durch das Anbringen rostbrauner Metallpanelen, die Buschreben symbolisieren, zum Kunstwerk gemacht haben. Davor parken die staubigen Pick-ups der Sanz-Brüder. Daneben der Versuchsgarten mit heimischen Kräutern, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Universität von Valladolid, das Aufschluss darüber geben soll, welche autochthonen Kräuter zu einer möglichst nachhaltigen Biodiversität im Rebberg beitragen können. Und dann sind da noch diese «verrückten» Anhänger, auf deren Ladeflächen ganze Bäume und Büsche wurzeln – mobile Hotspots, die sie in ihren Rebbergen platzieren, als Anreiz für Nützlinge, um das Ökosystem zu stärken.

Mobile Hotspots: die «verrückten» Anhänger der Geschwister Sanz.

2005 haben die Geschwister Alejandra, Marco und Richard Sanz ihr Projekt Menade gegründet, nachdem ein Streit mit ihrem Vater die Übernahme des Familienweinguts verhindert hatte. «Keine Sorge: Streit ist in unserer Familie etwas völlig Normales. Vor 30 Jahren hat schon unser Vater mit seinem Vater gestritten. Ja, Streit setzt die nötigen Energien frei, um Neues zu schaffen», sagt Alejandra Sanz. Und Energie haben die drei. «Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!», der Refrain dieses Liedes aus der Zeit der Neuen Deutschen Welle, trifft den Esprit dieses Weinguts recht gut.

Winzer Richard Sanz im alten Natursteinkeller der Bodegas Menade.

Von weit über 100-jährigen Stöcken haben sie kürzlich Pflanzmaterial gezogen, um sanddominierte Parzellen neu mit wurzelechten Reben zu bestocken. Zudem haben sie 300 Oliven- und Laubbäume angepflanzt. Die monumentale Kreidetafel in ihrer Vinothek, auf der sie mit kräftig-farbigen Kreidestrichen ihren Menade-Weinkosmos illustrieren, würde sich auch in einer Weinbar in New York gut machen. Vor allem aber versprechen ihre Crus Rueda-Feeling pur. Subtile Frucht, geradlinige Frische, was braucht der Mensch mehr?

–> Alle Weine der Bodegas Menade

Toro, Finca Volvoreta: María bändigt die Tinta de Toro

Viel wilde Natur drängt die Reben fast in den Hintergrund.

Mit seinen feinen Gesichtszügen erinnert der 69-jährige Antonio Alfonso Fincias an einen Professor, nur die Ray-Ban-Brille passt nicht ganz in dieses Bild. Aber wer den Mann zu seinem Rebberg am breiten Hügelrücken von Sanzoles, am südöstlichen Rand der D.O. Toro, begleitet, merkt schnell, dass er wirklich ein Professor ist, nämlich in der eigenen «Universität» seines Rebbergs. «Die Natur hat alle Werkzeuge, um Ungleichgewichte auszubalancieren», sagt er. So macht es bei ihm den Anschein, dass die Begrünung nicht den Rebberg ergänzt, sondern die Reben die Begrünung. Fast zwischen den Reben wachsen alte Oliven- und Mandelbäume, einst Teil der alten Mischkultur, die hier auf Terrassen gepflegt wurde. Auch Thymian, Rosmarin, Lavendel und Johanniskraut rücken den Reben an den Stamm. Selbst gegen die Wölfe und Bären, die hier ab und zu rumstreichen sollen, hat er nichts.

Weinbauer Antonio Alfonso (links) mit David Rodriguez von Delinat.

Im Keller schafft es seine 31-jährige Tochter María, aus den Trauben ihres Vaters höchst elegante Weine zu keltern, die nichts mit jenen rustikalen Toro-Weinen mit horrendem Gerbstoff und spitzer Säure zu tun haben, die den Markt überfluten. Die Weine von María überzeugen mit sanfter Fruchtfülle. Eine vorsichtige Vinifikation mit teilweisem Ausbau in Amphoren und eine minimale Schwefelung tragen dazu bei.

Marias Spiegelbild in einer mit Wein gefüllten Ton-Amphore.

Bei der Verkostung der Weine tischt Antonio ein Plättchen mit Jamón Ibérico Bellota auf mit dem Hinweis, dass eine Universität in den USA herausgefunden habe, dass dieser Schinken gut gegen Depressionen sei. Das Dumme sei nur, dass die Depression immer dann einsetze, wenn das letzte Stück gegessen sei.

–> Alle Weine der Bodega Volvoreta

Sierra de Salamanca, Viñas del Cámbrico: Der Retter des Rufete

Fernando Maillo (rechts) sorgt für frischen Wind in der Sierra de Salamanca.

Morgens um neun Uhr trinkt Fernando Maillo einen Kaffee in der Posada del Hidalgo, der Dorfkneipe von Villanueva del Conde, und schwatzt mit Waldarbeitern und Mechanikern. Das ist wichtig, denn hier ist der Begriff Dorfgemeinschaft noch keine leere Worthülse. «Wenn hier einer ein Haus baut, helfen ihm die andern », sagt der 47-jährige Winzer. Er gilt als Hoffnungsträger in diesem von Abwanderung bedrohten Ort, seit seine Weine nicht nur in Spanien, sondern auch in den USA, Deutschland und der Schweiz für Furore sorgen.

Grosse Pflanzenvielt in den Rebbergen von Cámbrico.

Im Jahr 2000 hat er hier, im paradiesisch hügeligen «Niemandsland» an der Grenze zu Portugal, sein Projekt Viñas del Cámbrico gegründet und seither 130 Rebparzellen von 130 verschiedenen Besitzern erworben, und diese so weit wie möglich zusammengelegt. Alle seine Rebberge liegen eingewachsen in einer vielfältigen, stark wuchernden Vegetation aus Korkeichen, Erdbeer- und Olivenbäumen, Heidekraut, Zistrosen, Ginster, wildem Fenchel und vielem anderen. Vor allem aber hat Fernando Maillo die alteingesessene Sorte Rufete, verwandt mit dem Pinot Noir, gerettet. Er hat 40 verschiedene Klone dieser Sorte aufgespürt, die nur kleine Trauben produzieren, und in einem Versuchsrebberg vermehrt.

Rufete-Buschreben an felsigen Steillagen.

In einem zweiten Schritt legt er nun sein Augenmerk auf die 12 qualitativ besten dieser Rufete-Klone. Gleichzeitig sind seine Weine immer eleganter, geradliniger und frischer geworden. Eine «Weniger ist mehr»-Strategie mit früherer Ernte und einer reduzierten Extraktion ist der Schlüssel zu seinen heute ganz und gar burgundisch anmutenden Weinen, die ihr von Granit geprägtes Terroir exemplarisch zum Ausdruck bringen.

–> Alle Weine des Weinguts Viñas del Cámbrico

Tempranillo, Almagro, Almodóvar…

Dieser Artikel des Weinjournalisten Thomas Vaterlaus erschien im Mai 2009 in der Weinlese Nr.14. Anlässlich des 5-jährigen Jubiläums des Pasión Delinat haben wir ihn wieder ausgegraben. Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Am Anfang war die Vision eines Tempranillos mit südlichem Temperament, Sinnlichkeit und würzigem Charme. Es folgten sechs Jahre hartnäckige Weinentwicklungsarbeit in der Mancha. Gefunden hat David Rodriguez dabei nicht nur den erwünschten Wein, sondern auch Juan, den Dorfpoeten aus Almagro, «Emoción» in ländlichen Flamencokneipen und wind-böige Geister im endlosen Steppenland. Das Resultat von alldem heisst Pasión Delinat und ist mehr als ein Wein.

In nur fünf Jahren zu einem der beliebtesten Delinat-Weine: Pasión Delinat
In nur fünf Jahren zu einem der beliebtesten Delinat-Weine: Pasión Delinat

Beinahe hätte ich es Jorge, dem jungen Kellermeister, damals geglaubt. «Ein sinnlich fruchtiger La-Mancha-Wein braucht kein Holz …», sagte er mir bei meinem ersten Besuch im Frühling 2003 immer wieder. Dann, beim Rundgang durch den Keller, sah ich ein Dutzend einsame Barrique-Fässer verloren in einer dunklen Ecke stehen. Ich musste Jorge beinahe mit Gewalt zwingen, von diesem Wein kosten zu dürfen. Als ich den Tempranillo im Gaumen hatte, konnte ich seine Vorbehalte verstehen. Das war in der Tat kein wirklich geglückter Barrique-Wein. Und doch spürte ich ein «Kribbeln» in mir. Ich hatte plötzlich eine klare Vision eines La-Mancha-Weins, der südliches Temperament mit samtiger Würzigkeit vereint, auf völlig natürliche Weise, ohne dass man dabei an Barrique-Ausbau denkt.

In den stimmungsvollen Gassen Madrids findet sich immer eine einladende Taverne für eine Tapa mit Wein.
In den stimmungsvollen Gassen Madrids findet sich immer eine einladende Taverne für eine Tapa mit Wein.

Wie aber kann man so eine «Emoción», eine sinnliche Schwingung, in einen konkreten Wein umsetzen? Je mehr ich meine Vision analysierte und präzisierte, umso mehr verschwand das ursprüngliche Bild. Und es wurde noch schwächer, als ich es Jorge, dem Kellermeister, vermitteln wollte, der zusammen mit mir diesen neuen Wein komponieren sollte. Sicher, wir machten uns an die Arbeit, experimentierten mit verschiedenen Traubenqualitäten und Holztypen. Doch beim Degustieren der Fassmuster herrschte schnell jene nüchterne Routine («Wenn wir die Frucht von Muster Nr. 2 mit der Würzigkeit von Nr. 6 und der saftigen Säure von Nr. 8 kombinieren, sind wir ein Stück weiter …»), die ich zwar von vielen Kellereibesuchen schon kannte, aber hier unbedingt vermeiden wollte.

Die Stimme von Almagro

An einem warmen Herbstabend, als wir wieder einmal nicht weiterkamen, nahm mich Jorge mit nach Almagro. Ich erwartete ein schlichtes Strassendorf mit weissen Häusern und geschlossenen Läden, durch das nachts der ruppige La-Mancha-Wind pfeift. Doch Almagro entpuppte sich als mittelalterliches Juwel von vollkommener Schönheit. Da war es plötzlich wieder, dieses Kribbeln. Vor allem, als wir in der Calle Jerónimo Ceballos zufällig auf Juan Vicente Guzmann trafen. Der alte Mann mit dem mächtigen, grauen Schnurrbart war einst Maultierscherer und Lastwagenfahrer. Heute ist er Schauspieler, Dichter und die lyrische Stimme von Almagro. Er erzählte uns vom spanischen Kultfilmemacher Pedro Almodóvar, der hier etliche Schlüsselszenen seines Filmes «Volver» mit Penélope Cruz in der Hauptrolle gedreht habe. Dann flüsterte er mir ins Ohr: «Was dieser Film erzählt, nämlich dass in Almagro die Toten lebendiger sind als die Lebenden, ist keine Fiktion, sondern durch und durch wahr.»

Pasión Delinat mit Tapas: eine gelungene Kombination
Pasión Delinat trifft «Gran Cocina en Miniatura», Spaniens moderne Tapasküche – eine gelungene Vermählung.

Während wir später im Restaurant El Corregidor eine lokale Spezialität namens «Perdiz de Casa en Escabeche Suave» (eine Suppe mit Wildgeflügel, Eiern, Pepperoni und Pilzen) assen und dazu einen frischfruchtigen Joven aus der Gegend genossen, erzählte uns der Wirt, dass in der Bar um die Ecke eine hiesige Band ein «Nuovo Flamenco»-Konzert gebe.

Spanische Gitarrenklänge

Die Bar war schon proppenvoll, als wir ankamen. Zwei Gitarristen, eine Sängerin, ergänzt durch Elektrobass und Perkussion, entfachten ein südliches Feuerwerk. Über warm dahinfedernden Bassläufen kreisten, wie Bussarde in luftiger Höhe, die schnellen Sololäufe einer Akustikgitarre. Der Sound wirkte international und urspanisch zugleich. Auf der rappelvollen Tanzfläche entdeckten wir plötzlich die junge Frau, die uns vorhin im Restaurant bedient hatte. Mit schlängelnden Armbewegungen, fliegendem Haar und lasziven Hüftbewegungen wiegte sie sich im Takt dieses Neo-Sevillanas. Und um sie kreiste mit zackigen Fussbewegungen und typisch südlicher Machismo-Gestik ein älterer Mann.

So temperamentvoll wie der Pasión Delinat ist Spaniens Lebensfreude.
So temperamentvoll wie der Pasión Delinat ist Spaniens Lebensfreude.

Was die beiden hier aufführten, ohne sich freilich auch nur einmal zufällig zu berühren, liess einem den Atem stocken. Doch nach ein paar Stücken kehrten sie beide für sich allein in jene Ecke zurück, wo ihre Freunde sassen, und nahmen fortan keine Notiz mehr voneinander. «So ist das eben hier in der Mancha», sagte Jorge und lachte. Als wir morgens um zwei Uhr durch die leeren Strassen zu unserem Auto zurückspazierten, hatte ich zum ersten Mal ein richtig gutes Gefühl. Ich wusste, dass uns dieser Abend helfen würde, unser Weinprojekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

Die Seele des Weines

So war es denn auch. Natürlich: Es sollten noch unzählige Diskussionen über Säure, Eichenholzwürze, Alkohol und Frucht folgen. Mit den Winzern arbeiteten wir parallel dazu intensiv an der Verbesserung im biologischen Anbau. So experimentierten wir etwa mit verschiedenen Konzepten in Bezug auf eine Begrünung der Rebberge in einer so trockenen Gegend wie der Mancha. Doch immer, wenn es um die Identität, um die Seele dieses Weines ging, um Werte wie Sinnlichkeit, Temperament, Emotion und Leidenschaft, half uns die gemeinsame Erinnerung an den Abend in Almagro. Es sollte übrigens nicht der einzige bleiben. Bei meinen Besuchen in der Mancha bin ich seither immer wieder nach Almagro zurückgekehrt.

Jorge Martinez, Kellermeister
Kellermeister Jorge Martinez prüft den neuen Pasión Delinat.

Wenn ich heute den Pasión Delinat im Glas habe und dazu die CD höre, die wir speziell für diesen Wein aufgenommen und produziert haben, dann sehe ich alles vor mir: die wunderschöne Plaza Mayor von Almagro, Juan, den alten Poeten, Penélope Cruz im Film «Volver», den Wind, der nachts ausgetrocknete Zweige durch die Strassen wirbelt, die knisternde Erotik eines Flamencotanzes und vieles mehr. Vor allem aber denke ich an jenen ersten Besuch in der Kellerei von Jorge im Frühling 2003 und die verlorenen Barriques in jener dunklen Ecke. Heute reift unser Wein in ungleich mehr Barriques. Und weil es ein durch und durch gelungener Wein ist, versteckt Jorge diese Barriques auch nicht mehr. Sie thronen gut ausgeleuchtet in der Mitte des imposanten Kellers. Jorge ist auf diesen Wein längst ebenso stolz wie ich.


Fünf Jahre Pasión Delinat: Der Tempranillo mit dem würzig-fruchtigen Charme ist in nur fünf Jahren zu einem der beliebtesten Delinat-Weine geworden.

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(gültig vom 17. bis zum 21. Mai 2014)