WeinLese 51: Editorial

Weinreben sind etwas Wunderbares. Doch leider geben sie in der Regel nur Trauben, wenn sie mit chemisch-synthetischen oder biologischen Spritzmitteln vor Krankheiten und Schädlingen geschützt werden.

«Ein wirklich ökologischer Weinbau ist nur mit Reben möglich, die sich selber wehren können», sagt Valentin Blattner. Seit rund 40 Jahren beschäftigt er sich mit der Züchtung von neuen, pilzwiderstandsfähigen Rebsorten. Diese sogenannten PIWI-Reben müssen nicht oder nur minimal behandelt werden.

Blattner gehört zusammen mit Pierre Basler, einem ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst und Weinbau Wädenswil (heute Agroscope), zu den PIWI-Pionieren. Mit Pierre Basler arbeitete Delinat schon 1995 zusammen, als auf Château Duvivier in der Provence ein PIWI-Pilotprojekt gestartet wurde. Und jetzt unterstützen wir Valentin Blattner und Winzer wie Albet i Noya oder Karin und Roland Lenz, damit den PIWIs der Durchbruch gelingt.

Ich wünsche Ihnen spannende Lektüre. Und lassen Sie sich von unseren feinen PIWI-Weinen überraschen.

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WeinLese 51: Kurz & bündig

Château Coulon expandiert

Louis Fabre von Château Coulon sorgt dafür, dass die nach der Delinat-Methode bewirtschaftete Rebfläche im Languedoc weiter zunimmt. Von seiner Cousine konnte er im Minervois, einem der ältesten Weinbaugebiete Frankreichs, einen 20 Hektar grossen Weinberg übernehmen. Sofort hat Louis Fabre hier mit der Umstellung auf biologischen Anbau begonnen. Nach der obligaten Umstellzeit von drei Jahren dürfte der eine oder andere Wein aus diesem Rebberg den Weg ins Delinat-Sortiment finden.

Erste Delinat-Weinbar eröffnet

Ende April 2018 wurde in Bern die erste Delinat-Weinbar eröffnet. In einem umgebauten Kellerlokal werden im Herzen der Altstadt über hundert Weine aus den ökologisch wertvollsten Rebbergen Europas ausgeschenkt. Dazu werden leckere Winzer-Plättli mit verschiedenen Fleisch- und Käsesorten aus der Region oder direkt vom Winzer serviert – alles in bester Bio-Qualität. Bewirtet werden die Gäste von einem Team um Marcel Lanz, der die Hotelfachschule absolviert und in verschiedenen Bars Erfahrungen gesammelt hat. «Der Standort Bern hat für uns Pilotcharakter. Wir können uns vorstellen, ähnliche Lokale in der Schweiz und in Deutschland zu eröffnen», erklärt Projektleiter Michel Fink. Die Delinat-Weinbar an der Spitalgasse 35 ist von Dienstag bis Samstag von 15 bis 22 Uhr geöffnet.

Stimmungsvolle Weinkreuzfahrt

Jedes zweite Jahr wird der stolze Windjammer Sea Cloud II zum Delinat-Weinschiff. Ende April 2018 war es wieder so weit: Nach 2014 und 2016 startete der imposante Dreimaster im Hafen von Barcelona mit rund 60 Gästen an Bord zur Weinkreuzfahrt 2018 Richtung Nizza. Unterwegs wurde in Sète und Marseille Halt gemacht. Landausflüge zu verschiedenen ökologischen Vorzeigeweingütern und ein reiches Kurs- und Degustationsangebot sowie Feierabendgespräche mit den Winzern auf dem Schiff gaben Einblick in die faszinierende Delinat-Weinwelt. Die nächste Delinat-Weinkreuzfahrt mit der Sea Cloud II ist für 2020 von Rom nach Nizza geplant. Mehr dazu ab Ende Oktober 2018 unter www.delinat.com/weinreisen

Weinversand im Wandel

Seit 20 Jahren bewirtschaften externe Dienstleister das Delinat-Lager in Weil am Rhein. Dieses System stösst an seine Grenzen und erfüllt die hohen Anforderungen, Wein sicher, schnell und möglichst ohne Verpackungsabfall auszuliefern, nicht mehr. Deshalb nimmt Delinat die Logistik ab 2019 wieder selber in die Hand. Wichtiger Teil des neuen Konzepts ist die Schaffung eines umfassenden Sammelstellennetzes für die Weinkartons. Erklärtes Ziel ist es, einen zuverlässigen, schnellen und vor allem noch ökologischeren Lieferdienst zu gewährleisten, bei dem Weinkartons im Durchschnitt rund sechs Mal verwendet werden können. Wie das neue Versandkonzept im Detail aussieht, erfahren Sie im Blog-Beitrag «Weinversand im Wandel».

Lenz: Biowinzer des Jahres

Nach 2015 kürte das Weinmagazin «Vinum» das Weingut von Roland und Karin Lenz in Uesslingen auch 2018 zum Schweizer Biowinzer des Jahres. Dieser Titel geht jeweils an jenen Winzer, der im Rahmen des Schweizer Bioweinpreises mit seinem bestklassierten Weiss- und Rotwein die höchste Durchschnittsnote erreicht. Insgesamt beteiligten sich diesmal 36 Winzerinnen und Winzer mit 175 Weinen am Wettbewerb. Die Weine wurden in einem zweistufigen Auswahlverfahren von einer Fachjury blind verkostet und bewertet. Das Weingut Lenz arbeitet eng mit Delinat zusammen. Roland Lenz: «Dass wir zum zweiten Mal zum Schweizer Biowinzer des Jahres gewählt wurden, macht uns doch ein wenig stolz.»

Stärken statt schwächen

In keinem Zweig der Landwirtschaft werden mehr Pestizide gespritzt als im Weinbau. Auch gibt es keine Anzeichen für eine Besserung – im Gegenteil: Schädlinge passen sich erstaunlich schnell an und bilden Resistenzen, sodass immer mehr und neue Gifte notwendig werden. Dabei geraten die gefährlichen Chemikalien nicht nur in die Umwelt und verpesten Luft, Wasser und Boden, sondern sie schwächen auch die Reben zusätzlich, sodass diese noch leichter von Krankheiten befallen werden und zusätzlich geschützt werden müssen. Ein Teufelskreis.

Gärtnern und Bauern stehen grundsätzlich zwei Wege offen: Der erste versucht, Nutzpflanzen vor Feinden und Krankheiten zu schützen, sie zu ernähren, zu hegen und zu pflegen und bei jeder Gefahr zur Seite zu stehen. Das ist, was die moderne, intensive, konventionelle Landwirtschaft in unterschiedlichen Nuancen praktiziert. Der zweite Weg beschreitet das pure Gegenteil: Die Pflanze wird weitestgehend sich selbst überlassen. Auch bei Krankheiten wird nicht eingegriffen, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Kultur sie selbst überwinden kann. Dieses Prinzip entspricht der Delinat-Methode.

Es ist ganz erstaunlich, wie sehr der konventionelle Weinbau einer Intensivstation im Spital entspricht. Mit Kunstdünger werden die Reben ernährt, wie der Kranke an der Infusion. Mit Fungiziden und Insektiziden werden die Pflanzen vor Parasiten geschützt, wie der Kranke mit Antibiotika. Mit Herbiziden werden «Unkräuter» getötet oder der Boden mit Maschinen «sauber» gehalten, um Nahrungs-, Wasser- und Mineralstoffkonkurrenz auszuschalten – beim Kranken sorgt eine keimfreie, vor Lärm und Gefahren abgeschirmte Umgebung für Sicherheit. Die Parallelen gehen noch weiter, denn sowohl die in Intensivkultur konventionell angebaute Pflanze wie auch der Kranke würden nicht überleben, wenn man Nahrung, Medikamente und Pflege einstellen würde. Allerdings denkt niemand daran, Kranke länger als notwendig intensiv zu pflegen – im Unterschied zur intensiven Landwirtschaft.

Auch Bio-Weinbau kann kritisch sein, wenn er nicht konsequent umgesetzt wird. 12 bis 18 Spritzungen mit Kupfer und Schwefel sind in einigen Regionen notwendig, um sensible Kulturen vor Mehltau und anderen Pilzen zu schützen. Da klingen die Ziele und Vorsätze des Bio-Gedankens fast schon zynisch: Gesunde Produkte aus einer heilen Welt? Weit gefehlt. Mit Kupfer belastete, von schweren Traktoren verdichtete Böden, Abbau statt Aufbau von Humus, dieselbe Monokultur, dieselben anfälligen Pflanzen wie beim konventionellen Nachbarn.

Wer wirklich Biowein herstellen will, der seinen Namen verdient, muss umdenken und mindestens diese drei Faktoren erfüllen:

1. Säen statt düngen
Verzicht auf Dünger. Es muss für eine reiche Begleitflora zwischen den Reben gesorgt werden. Damit wird Mehltau und anderen Pilzerkrankungen vorgebeugt. Die Wurzeln sind nicht «Konkurrenz» für die Reben, sondern die Grundlage für gesunde Mykorrhiza, einer Symbiose von Pflanzenwurzeln und Pilzen, die nicht nur für gute Ernährung, sondern auch für deutlich mehr Vitalität sorgen.

2. Vielfalt statt Einfalt
Da Weinbau eine Dauerkultur ist und daher nicht wie im Gartenbau von Jahr zu Jahr eine Fruchtfolge stattfindet, muss die Umgebung um die Reben möglichst vielfältig gestaltet werden. Es braucht Büsche, Hecken, Biotope, Steinhaufen und auch Bäume in den Reben. Je grösser die Vielfalt, desto stabiler entwickelt sich das ökologische Gleichgewicht. Epidemien von Schädlingen können sich so nicht bilden, für jeden Invasor gibt es Fressfeinde. Auch die Pflanzen kommunizieren untereinander und bilden die unglaublichsten Verbindungen. Es entwickelt sich eine Art kollektive Intelligenz, die praktisch alle Gefahren zu parieren weiss.

3. Stärken statt schwächen
Schon allein die ersten beiden Prinzipien helfen der Pflanze, sich besser behaupten zu können. Wichtig ist aber auch, dass die Rebe robust und für Boden und Klima geeignet ist. Die Genetik spielt dabei eine entscheidende Rolle. Und hier kommen die pilzwiderstandsfähigen neuen Züchtungen ins Spiel, die sogenannten PIWIs.

PIWI – ökologisch und ökonomisch das Beste

Seit im vorletzten Jahrhundert die Reblaus und diverse Pilze aus Amerika importiert wurden, hat sich das Handwerk des Winzers völlig verändert. Pflanzenschutz ist zur Hauptbeschäftigung geworden. Die ganze Sinfonie an chemischen Bekämpfungsmitteln, die ein Jahrhundert lang über die Weinberge gespritzt worden ist, hat nicht geholfen – zu anpassungsfähig sind die Mehltau-Pilze.

Erst seit in den letzten Jahrzehnten Kreuzungen zwischen europäischen Edelreben und amerikanischen Wildreben gelangen, die eine akzeptable Weinqualität zuliessen, keimt Hoffnung für eine nachhaltige Lösung. Inzwischen ist die Züchtung viele Generationen weiter, und die Resultate übertreffen die Erwartungen. In Blinddegustationen machen PIWIs immer öfter das Rennen vor den europäischen Edelsorten.

Was aber noch toller ist: Die meisten haben eine gute Resistenz gegen Mehltau und gegen allerlei andere Übel. Auch ist eine grössere Toleranz bei Trockenheit und Frost erzielt worden. Für den Winzer bedeutet das eine schier unglaubliche Erleichterung – eine Halbierung der Arbeitszeit pro Hektar ist durchaus möglich. Wenn zusätzlich auch die Biodiversität und die Begrünung stimmen, dann ergibt sich ein Weinberg, der kaum mehr einen Traktor sieht. Meistens werden präventiv eine oder zwei Spritzungen mit Backpulver, Tinkturen oder Algenpräparaten gemacht, aber in der Regel ginge es auch ohne.

Was der Verzicht auf Pestizide, Kupfer und Schwefel ökologisch bedeutet, kann kaum in Worte gefasst werden. Es ist wie Tag und Nacht. Lockere Böden, weil die schweren Traktoren sie nicht mehr verdichten. Keine Belastung mit Pestiziden und Schwermetallen. Höherer Humusgehalt, mehr gebundenes CO2, kaum mehr Dieselverbrauch, grössere Vielfalt usw. Die Öko-Bilanz von PIWI-Parzellen ist um ein Vielfaches besser als bei Edelreben.

Nachhaltige Lösung

Für Delinat ist klar: In den meisten Gebieten Europas sind resistente Rebsorten Voraussetzung für konsequent ökologischen Weinbau. Inzwischen ist nicht nur eine grosse Auswahl an guten PIWIs erhältlich, auch die Gesetzeslage hat sich entschärft. In den kommenden Jahren werden daher immer mehr PIWIs das Delinat-Sortiment und die Delinat-Weinabos bereichern.

>Hier gelangen Sie unserem Sortiment an PIWI-Weinen.

Weiterführende Informationen zum Thema PIWI finden Sie im Videoblog «Weinbau der Zukunft»

Und dass Weinbauern sich dank PIWIs wieder ihrem eigentlichen Handwerk widmen dürfen und nicht als Seuchenjäger Energie und Zeit verschwenden müssen, steigert die Motivation, aus ihrem Weinberg ein Paradies zu gestalten. Zwischen den Reben blüht es, anstelle von Traktorenlärm singen Vögel. Das allein wäre schon Belohnung genug, doch der Winzer gewinnt nicht nur Frieden und Freizeit, er hat netto deutlich mehr im Portemonnaie. Keine Pestizid-Rechnungen mehr, viel weniger Ausgaben für Maschinen, Treibstoff und Arbeitszeiten.

Grossartig, die Leistung der Züchter. Allen voran Valentin Blattner, der, von Behörden gebremst, von Forschern belächelt und von Winzerkollegen verspottet, konsequent und selbstlos im abgelegenen Schweizer Jura neue Sorten züchtet. Der weder Anerkennung noch finanzielle Entschädigung bekommen hat. Die Weinwirtschaft weltweit schuldet ihm Respekt und Dank.


PIWI-Pionier Pierre Basler

Dr. Pierre Basler, Agronom ETH an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst- und Weinbau Wädenswil (heute Agroscope), setzte sich über Jahrzehnte für einen umweltschonenden Weinbau mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ein. Er gilt zusammen mit Rebzüchter Valentin Blattner als Pionier in der PIWI-Forschung.

Schon 1995 hat Pierre Basler mit dem Aufbau des Sortengartens auf dem Delinat-eigenen Weingut Château Duvivier in der Provence begonnen. Ein schwieriges und waghalsiges Unterfangen, waren PIWI-Reben in Frankreich doch damals verboten. Pierre Basler konnte die Chambre d’Agriculture jedoch für eine Sondergenehmigung gewinnen, um PIWIs grossflächig auf Duvivier zu testen.

Leider wurde der inzwischen international anerkannte PIWI-Spezialist 2003 wegen einer Hirnblutung arbeitsunfähig. Zu seinem Vermächtnis gehört das im selben Jahr erschienene Buch «‹Andere› Rebsorten». Darin werden mitunter PIWI-Sorten, deren Entstehung sowie die Entwicklungstendenzen beschrieben. Das Buch wurde später von Robert Scherz überarbeitet und in einer Neuauflage unter dem Titel «PIWI-Rebsorten» herausgegeben. Es richtet sich sowohl an Fachleute wie auch an interessierte Laien und Hobbywinzer und kann auf der Website von PIWI International bestellt werden: www.piwi-international.de

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«Reben müssen sich selber wehren können»

Für Valentin Blattner sind Pinot Noir, Merlot, Chardonnay & Co. in Europa eigentlich fehl am Platz. Weil sie krankheitsanfällig sind, müssen sie zu oft gespritzt werden. «Reben müssen sich selber wehren können», sagt er. Deshalb züchtet er seit mehr als 30 Jahren resistente Rebsorten.

Valentin Blattner in seinem Wintergarten im Jura, wo er neue, resistente Sorten züchtet.

Valentin Blattner ist ein friedliebender, naturverbundener Mensch. Doch er kann auch ganz schön poltern und polarisieren, besonders, wenn es um die Wahl der richtigen Rebsorten im europäischen Weinbau geht. «All die bekannten europäischen Reben wie Cabernet Sauvignon, Pinot Noir, Merlot und Chardonnay passen eigentlich nicht hierher. Sie vertragen unser Klima nicht und sind deshalb krankheitsanfällig. Trauben geben sie nur, wenn man sie mit chemisch-synthetischen oder biologischen Mitteln spritzt», sagt Blattner und versteht nicht, weshalb noch immer an solchen Sorten festgehalten wird. Umso mehr, weil es Alternativen in Form von neuen, pilzresistenten Rebsorten gibt, die kaum oder nur minim behandelt werden müssen. Bis heute haben solche PIWI-Sorten den grossen Durchbruch nicht geschafft. Aber die Akzeptanz wird immer besser, die Auswahl an resistenten Sorten immer grösser. Das ist insbesondere Valentin Blattner zu verdanken.

In jungen Jahren hat der gebürtige Basler in der Westschweiz im Weinberg gearbeitet. «Hier wurde mir bewusst, dass Reben etwas Tolles sind, das Spritzen aber nicht.» Als Sohn eines Biologielehrers habe er schon damals gewusst, wie das laufe in der Natur. Für ihn war klar: «Es gibt nur eine Lösung – es braucht Reben, die sich gegen drohende Krankheiten selber wehren können.» Der Mensch könne der Rebe dabei behilflich sein, indem er ihr jene genetischen Grundlagen gebe, die sie in ihrem Umfeld überlebensfähig machen: «Das macht man mit Züchtung, was nichts anderes ist, als die Selektion guter Gene.» Genau das tut er seit bald 30 Jahren auf seinem abgelegenen Weingut ausserhalb des jurassischen Dorfes Soyhières. Dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und nie zuvor Weinbau betrieben wurde, hat er 1991 für seine Familie nach eigenen Plänen ein Holzhaus mit grossem Wintergarten, eigener Wasserversorgung und Solarzellen auf dem Dach erstellen lassen. Seither tüftelt er hier an neuen Rebsorten, die ohne Hilfe von chemisch-synthetischen und biologischen Spritzmitteln wie Kupfer und Schwefel schmackhafte Trauben ergeben. Dass er dies in einem Gebiet tut, wo bisher niemand anders auf die Idee kam, Reben anzubauen, erachtet er für sein Vorhaben als ideal: «Reben, die in unserem feuchten Mikroklima ohne Krankheiten gedeihen, schaffen das in den meisten Weingebieten erst recht.»

Wie entsteht eine PIWI-Rebe?

«Ganz einfach», sagt Valentin Blattner. «Man kreuzt zwei Reben. Die eine muss ein Qualitätsgen haben, die andere ein oder mehrere Resistenzgene.» Als Beispiel: Cabernet Sauvignon (Qualitätsgen) wird mit einer amerikanischen oder asiatischen Sorte (Resistenzgen) gekreuzt. «Wichtig ist, dass verschiedene Abwehrmechanismen miteinander kombiniert werden, sonst bleibt die Rebe nicht lange krankheitsresistent», erklärt Blattner. Und ebenso wichtig: Die neue Rebe muss gute, geschmackvolle Trauben liefern. Im Verlaufe der Jahre sind ihm schon etliche erfolgreiche Neuzüchtungen gelungen, die heute von qualitäts- und umweltbewussten Winzern angepflanzt werden. Dazu gehören etwa Cabernet Jura, Pinotin, Cabernet Blanc oder Réselle, andere tragen neben Blattners Kürzel VB erst Zuchtnummern wie 32-7 oder 26-28.

Nach der Bestäubung wird die Traube in einen Papierbeutel «verpackt», um eine weitere spontane Befruchtung zu verhindern.

Valentin Blattner weist darauf hin, dass auch für eine PIWI-Rebe das Umfeld im Rebberg stimmen muss, damit sie frei von Krankheiten gedeihen kann. So wählt er in seinen Weinbergen beispielsweise eine hohe Erziehungsform, damit Blätter und Trauben möglichst geringer Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Zentral ist auch die Begrünung: «Damit die Rebe in der Balance bleibt, ist ein natürlicher Nährstoffkreislauf nötig, der Auswüchse bezüglich Nährstoffüberschuss oder -knappheit verhindert. Mit einer richtigen Begrünung kann die Ernährungssicherheit für die Rebe gesteuert und gesichert werden.»

Projekt bei Albet i Noya

Valentin Blattner und Josep Maria Albet i Noya setzen gemeinsam ein ambitiöses PIWI-Projekt um.

Zurzeit arbeitet Valentin Blattner auf dem Delinat-Weingut Albet i Noya in Katalonien an einem wegweisenden PIWI-Projekt. Josep Maria Albet i Noya hat auf seiner Bodega seit Längerem mit Belat und Rión zwei alte Rebsorten, die gute Resistenzen gegen Pilzkrankheiten aufweisen. «Wenn du siehst, was für hervorragende Weine aus diesen Sorten möglich sind, willst du keine Reben mehr, die nicht resistent sind», sagt der Schweizer PIWI-Züchter, der regelmässige wochenweise ins Penedès fährt und zusammen mit dem Winzer das Projekt vorantreibt. «Konkret kreuzen wir die bekannten und beliebten spanischen Weissweinsorten Xarello, Macabeu und Parellada mit den resistenten Genen von Belat und Rión», verrät Blattner. Wie die dadurch entstehenden neuen Rebsorten dereinst heissen werden, ist noch nicht klar. «Vielleicht nennen wir sie Pep Macabeo, Pep Xarello und Pep Parellada», schmunzelt Josep Maria Albet i Noya. Pep ist die spanische Kurzform von Josep.

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«Wir setzen voll auf resistente Rebsorten»

Roland und Karin Lenz sind das Schweizer Aushängeschild für hervorragende PIWI-Weine. Auf ihrem Bioweingut im thurgauischen Iselisberg pflanzen sie nur noch resistente Rebsorten an und haben damit grossen Erfolg. Ihre Weine, wovon mehrere bei Delinat erhältlich sind, heimsen immer wieder Auszeichnungen ein.

Roland und Karin Lenz aus der Ostschweiz sind erfolgreiche PIWI-Winzer.

Als Winzer des grössten biologischen Weinguts der Schweiz bist du ein überzeugter Befürworter von PIWI-Reben. Weshalb?
Roland Lenz: Die resistenten Sorten sind neben der Biodiversität das Fundament für den Erfolg auf unserem Weingut. Neue Reben müssen deshalb für uns grundsätzlich pilzresistent sein. Funktionierende Biodiversität, gekoppelt mit PIWI-Anbau, garantiert uns eine weniger stressige Traubenproduktion, weil das System Weinberg biologisch in sich selber funktioniert. Es fällt weniger Arbeit an, wir verwenden noch weniger Hilfsstoffe, die Traubenproduktion wird massiv nachhaltiger.

Welche Erfahrungen hast du mit resistenten Sorten als praktizierender Winzer bisher gemacht?
Als wir 1994 die ersten 7 Hektar Reben kaufen konnten, waren 30 Prozent mit Müller-Thurgau und 70 Prozent mit Pinot Noir bestockt. Als Erstes haben wir damals einen halben Hektar gerodet und mit Regent bepflanzt. Später kamen andere resistente Sorten wie GF 48-12 und Léon Millot dazu. Da diese Reben immer älter werden und wir auch die Vinifikation der verschiedenen Sorten immer besser im Griff haben, entstehen charaktervolle, spannende Weine, die die Weingeniesser überraschen und begeistern. So haben wir mit unseren Kunden jeden Tag Aha-Erlebnisse.

Kommt man bei PIWI-Reben ganz ohne biologische Spritzmittel aus, oder muss man die Reben gleichwohl mit Kupfer und Schwefel behandeln?
Heute haben wir total über 20 verschiedene PIWI-Sorten im Anbau. Viele sind 100 Prozent pilzresistent. Wir behandeln sie nur mit Algen, um damit das Immunsystem zu stärken. Andere Sorten haben nach wenigen Jahren Einbrüche in der Pilzresistenz erlitten. Diese müssen wir zwei- bis viermal mit Tonerde gegen Falschen Mehltau und mit Backpulver gegen Echten Mehltau behandeln. Aber auch bei diesen Sorten können wir ohne Kupfer und Schwefel hochwertiges Traubengut erzeugen.

Du kommst also vollständig ohne die im biologischen Weinbau erlaubten Kupfer- und Schwefelspritzungen aus?
Ja, unsere ganze Traubenproduktion bei den PIWI-Reben funktioniert kupfer- und schwefelfrei. Beim Pinot Noir dagegen müssen wir jedes Jahr 11 bis 17 Behandlungen durchführen, was beim Kupfer einer Menge von 1,5 bis 2,5 kg/ha entspricht.

Die Sorte Solaris gehört zu jenen PIWI-Trauben, aus denen genussvolle Weissweine gekeltert werden können.

Welches sind für dich die erfolgreichsten PIWI-Sorten?
Solaris und Souvignier Gris vom staatlichen deutschen Weinbauinstitut Freiburg haben sehr gute Eigenschaften und liefern tolle Weinqualitäten. Gleich gut oder sogar besser sind die Sorten 32-7 Cabernet Jura, 6-04, 1-28 und 1-29 von Valentin Blattner.

Gibt es auch negative Erfahrungen?
Ja, beispielweise mit dem Regent, der an Resistenz verloren hat.

Welches sind generell die grössten Probleme, mit denen man als PIWI-Winzer kämpft?
Es ist nicht immer einfach, den Kunden etwas Neues, noch Unbekanntes zu verkaufen. Ärgerlich ist auch, dass die Weinbaupolitik den PIWI-Sorten Steine in den Weg legt, indem sie beispielsweise bei der AOC-Klassifizierung nicht zugelassen werden.

Früher war die Aromatik von PIWI-Weinen ein Problem – sie kam bei Weinliebhabern nicht an. Und heute?
Mit der grossen Bandbreite an verschiedenen Sorten und der Erfahrung des Winzers im Umgang mit diesen Sorten stellt sich dieses Problem heute nicht mehr.

Lassen sich PIWI-Weine problemlos jedes Jahr verkaufen?
Ja. Wir sind froh, dass nun viele Neuanlagen endlich in den Ertrag kommen und wir so deutlich mehr an PIWI-Trauben erzeugen können. Zum Beispiel werden Solaris, Cabernet Blanc, Souvignier Gris und Cabernet Jura an Menge noch massiv zulegen. Cabernet Jura exportieren wir neu nach Finnland …

PIWI-Reben haben sich andernorts bisher nicht im grossen Stil durchgesetzt. Weshalb?
Weil es den Winzern am Weitblick fehlt!

Wird sich das in Zukunft ändern?
Auf jeden Fall. Die Pestizidproblematik und die Klimaveränderung werden die Winzer zwingen, PIWI-Sorten anzubauen.

Deine Rebflächen sind zurzeit zur Hälfte mit pilzresistenten Sorten und zur Hälfte mit bekannten Europäer-Reben wie Blauburgunder und Müller-Thurgau bestockt. Wohin führt der Weg?
Wir setzen voll auf resistente Sorten. Ziel ist es, uns innerhalb von etwa zehn Jahren vollständig von den Europäer-Reben zu verabschieden.

Seit 2017 hast du eine eigene PIWI-Rebschule. Werden da auch neue Sorten gezüchtet oder einfach bestehende PIWI-Rebsorten hergestellt?
Da wir eine sehr enge Zusammenarbeit mit Valentin Blattner haben, sind wir an sein Züchtungsprogramm angeschlossen. Wir legen neue Muttergärten für ihn an.


Roland Lenz führt zusammen mit seiner Frau Karin in Iselisberg TG das grösste Bioweingut der Schweiz. Die 18,5 Hektar Rebflächen sind heute zur Hälfte mit pilzresistenten Sorten wie Cabernet Jura, Léon Millot, Solaris, Souvignier Gris, Cabernet Blanc usw. bestockt, die andere Hälfte mit bekannten europäischen Sorten wie Blauburgunder und Müller-Thurgau. Seit 2014 ist das Weingut Delinat-zertifiziert (als einziges der Schweiz).

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Rebsorten sind nicht gottgegeben

Angenommen, jemand trägt als Teenie gerne Knickerbocker-Hosen und läuft als Pensionierter immer noch mit diesen Dingern rum, was würden wir wohl von ihm halten? Vielleicht halten wir ihn im guten Sinne für einen Traditionalisten, vielleicht aber auch für ein klein wenig stur und geistig verpeilt, denn die Mode hat sich doch über 50 Jahre hinweg dynamisch entwickelt und verändert…

Thomas Vaterlaus

Irgendwie ist es beim Wein ganz ähnlich. Viele Weinliebhaber, die schon früh Bordeaux oder das Burgund für sich entdeckt haben, bleiben ihr ganzes Leben lang auf klassische Sorten wie Chardonnay, Pinot Noir oder Cabernet Sauvignon fixiert. Diese Gewächse sind quasi die unverrückbaren Fixpunkte ihrer Weinleidenschaft. Ohne Frage entstehen aus klassischen Sorten ausserordentliche Weine. Aber leider sind es heikle Pflänzchen, die ohne Pflanzenschutz, besonders Kupfer gegen den Mehltau, kaum Ertrag bringen würden. Darum sind in den letzten Jahrzehnten neue pilzwiderstandsfähige Sorten gezüchtet worden, die einen kompromisslosen biologischen Anbau ermöglichen. Viele Weinliebhaber finden es zwar lobenswert, dass es heute diese neuen Sorten gibt, sind aber stur der Meinung, dass es diese PIWIs qualitativ nicht mit Riesling, Chardonnay, Pinot, Cabernet aufnehmen können. Doch das ist aus heutiger Sicht nur mehr ein Vorurteil. Tatsächlich haben die PIWIs in den letzten Jahren enorm an Qualität zugelegt. Weisse Gewächse wie Solaris, Johanniter und Souvignier Gris, aber auch der rote Cabernet Jura ergeben heute Spitzenweine, die Crus aus Chardonnay, Pinot und Co. ebenbürtig sind. Der beste Beweis dafür liefert der Schweizer Bioweinpreis, der die Zeitschrift «Vinum» seit fünf Jahren zusammen mit Bio Suisse organisiert. Für diesen Wettbewerb werden jeweils rund 200 Weine aus kontrolliert biologischem Anbau blind verkostet. Wenn man die Bewertungen analysiert, zeigt es sich, dass die Durchschnittsbewertung aller Weine aus PIWI-Sorten in etwa gleich hoch ist wie jene von Gewächsen aus konventionellen Sorten. Das Qualitätsniveau ist also vergleichbar. Und die PIWIs werden weiter zulegen.

«PIWIs haben in den letzten
Jahren enorm an Qualität
zugelegt.»
Thomas Vaterlaus

«Während bei den konventionellen Sorten im Bereich der Neuzüchtungen nicht mehr viel geschieht und die meisten Winzer mit Sorten arbeiten, die schon seit Jahrhunderten bekannt sind, ist die diesbezügliche Dynamik bei den PIWIs immer noch hoch», sagt der Thurgauer Biowinzer Roland Lenz, der im Rahmen des Schweizer Bioweinpreises schon zweimal als «Biowinzer des Jahres » ausgezeichnet worden ist. Lenz ist überzeugt, dass die Zukunft des Weinbaus, der oft nahe an Siedlungsgebieten stattfindet, von den PIWI-Sorten abhängt. «Der Einsatz von chemischen Mitteln und Kupfer wird mittelfristig nicht mehr toleriert werden, allein schon wegen der Trinkwasserproblematik», meint er.

Es ist Zeit, umzudenken. Rebsorten sind nicht von Gott gegeben, sondern einem dynamischen Entwicklungsprozess unterworfen, wie alle anderen Dinge unseres Lebens auch. Und liebe Weinliebhaber, seid doch etwas mutiger! Immer die gleichen Sorten trinken, weil man es halt immer schon so gemacht hat, wird mit der Zeit etwas langweilig. Halt eben ähnlich langweilig, wie wenn man sein ganzes Leben mit Knickerbocker-Hosen rumlaufen würde …

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PIWIs – die Unbekannten

Im 19. Jahrhundert wurden mit Pflanzgut aus Nordamerika auch Pilzkrankheiten eingeschleppt. Seit dieser Zeit müssen Reben mehrmals jährlich gespritzt werden, um den Mehltau in Zaum zu halten. Ein Befall kann zu enormen Ernteausfällen und fehlerhaften Weinen führen. Der Pflanzenschutzmitteleinsatz pro Hektar und Jahr im Weinbau ist mit Abstand der grösste im Vergleich zu allen anderen landwirtschaftlichen Produkten, die in Europa produziert werden. Die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten dagegen sind durch klassische Zuchtmethoden, bei denen natürliche Pilzresistenzen aus Wildreben in die europäischen Rebsorten eingekreuzt werden, auf natürlichem Wege resistent gegen diese Krankheiten. So können die Eigenschaften für hohe Weinqualität mit der Widerstandsfähigkeit aus den Wildreben kombiniert werden. Durch diese gezielte Züchtung entstehen neue Rebsorten, die es ermöglichen, den Weinbau nachhaltiger zu gestalten und die Herausforderungen im Weinberg zu bewältigen. Der Winzer spart dabei zudem Zeit und Geld, weil er die Pflanzenschutzmittel weder kaufen noch ausbringen muss. Und damit wird auch noch der CO2-Ausstoss deutlich reduziert. Also ökologisch wie ökonomisch ein Quantensprung in der Weinproduktion.

Dr. Ruth Fleuchaus
Dr. Ruth Fleuchaus

Das Problem ist nur: Kaum jemand kennt die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten – kurz PIWIs genannt. Ihre Namen sind Cabernet Blanc, Souvignier Gris, Solaris, Monarch, Reberger, Regent und Pinotin – um nur einige zu nennen, und sie stehen bei Weinpreisverleihungen oft ganz oben auf dem Treppchen. Warum aber finden diese Rebsorten nur so schwerfällig ihren Weg in die Weinregale des Handels und in die Einkaufswagen der Verbraucher? Die Gründe sind vielschichtig: Zum einen ist da die Angst der Branche, die klassischen, nicht widerstandsfähigen Rebsorten in Verruf zu bringen wegen der hohen Pflanzenschutzaufkommen. Zum anderen sehen die Winzer grosse Schwierigkeiten in der Vermarktung, denn wie sollen sie dem Kunden die Vorteile dieser Rebsorten näherbringen, ohne deren besondere Eigenschaften zu erwähnen? Ganz einfach – mit Mut zum Neuen! Und indem sie über den Geschmack und die individuelle Geschichte der Rebsorten erzählen und das Produkt für sich sprechen lassen.

Es ist nicht ganz einfach, die richtigen Worte zu finden für die PIWIs, denn das Aromenspiel zumindest mancher PIWIs ist durchaus neu – oder zumindest ungewohnt. Vielleicht erklärt das, warum die Weine es am Markt noch immer schwer haben. Denn konservativer als ein Winzer, der nicht auf PIWIs setzen will, ist eigentlich nur noch der Weinkonsument.

Schön wäre es aber, wenn die Neuzüchtungen ihr Nischendasein endlich verlassen würden. So sind beispielsweise nur drei Prozent der deutschen Rebfläche mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten bepflanzt, und international sieht es nicht anders aus. Das muss sich ändern, denn im Zuge des Klimawandels und der nicht vorhersehbaren Klimaeinflüsse haben diese Rebsorten einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Zukunftssicherung des Weinbaus.

Wir an der Hochschule in Heilbronn im Studiengang Internationales Weinmanagement forschen deshalb in einem Verbundprojekt mit anderen Institutionen aus Weinbau und Züchtung daran, PIWIs marktfähig zu machen, um auch so die Produzenten vom Anbau dieser Rebsorten zu überzeugen. Unter www.zukunft-weinbau.de finden Sie alles, was Sie über PIWIs wissen sollten. Versuchen Sie es beim nächsten Weineinkauf mal mit PIWIs, und überzeugen Sie sich selbst! Angebot und Nachfrage regulieren den Markt; nicht selten kann die Nachfrage das Angebot beeinflussen.

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Bekannte PIWI-Rebsorten

Delinat-Winzer setzen zunehmend auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten, weil diese im Vergleich zu bekannten Sorten deutlich weniger gespritzt werden müssen. Einige der vielversprechendsten PIWI-Rebsorten stellen wir Ihnen in diesem Artikel vor.

Cabernet Blanc

In den 1990er-Jahren gelang dem Schweizer Rebzüchter Valentin Blattner eine Kreuzung aus Cabernet Sauvignon und Resistenzpartnern. Cabernet Blanc fand einen «zweiten Vater» in Volker Freytag, der die Sorte in der Pfalz selektionierte und nach einigen Jahren des Versuchsanbaus 1994 zum Sortenschutz und 2010 zur Klassifizierung angemeldet hat. Seit 2014 ist Cabernet Blanc offiziell in die deutsche und in die europäische Sortenliste eingetragen. Sie hat eine gute Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau und eine sehr gute gegen Graufäule (Botrytis). Der Wein erinnert im Duft an einen eleganten Sauvignon Blanc. Im Geschmack lässt er sich ebenfalls mit Sauvignon Blanc vergleichen.

Souvignier Gris

Neuzüchtung aus dem Jahre 1983 durch das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg i.Br. PIWI aus den Sorten Cabernet Sauvignon und Bronner. Sehr hohe Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau sowie Botrytis. Souvignier Gris ist mit einem neutralen bis leicht fruchtigen Burgunder-Typ vergleichbar. Im Duft dezente Fruchtaromen nach Honigmelone, Aprikose und Quitte. Im Geschmack zeigen sich eine fruchtige Säure und eine zarte Tanninstruktur.

Cabernet Jura (VB 5-02)


Gezüchtet im Westschweizer Kanton Jura von Rebzüchter Valentin Blattner. Cabernet Jura ist eine Kreuzung aus Cabernet Sauvignon und Resistenzpartnern. Sie ist resistent gegen Echten und Falschen Mehltau sowie gegen Graufäule (Botrytis) und verfügt über eine sehr gute Härte gegenüber Winterfrösten. Der Wein zeichnet sich durch eine dunkle, rubinrote Farbe und einen aromatischen Geschmack aus.

Solaris

Neuzüchtung aus dem Jahre 1975 durch das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg i.Br. aus den Sorten Merzling und Gm 6493. Sehr hohe Resistenz gegen Echten und Falschen Mehltau. Solaris ergibt kräftige, fruchtige, gehaltvolle Weissweine mit guter Säurestruktur.

Pinotin

Diese Rebsorte ist der Burgunder-Typ unter den PIWI-Neuzüchtungen von Valentin Blattner. Sie ist eine Kreuzung von Blauem Spätburgunder mit Resistenzpartnern. Pinotin hat eine gute Resistenz gegen Falschen Mehltau und Grauschimmelfäule und eine sehr gute gegen Echten Mehltau. Wie der Name, so der Wein: Pinotin erinnert an den Spätburgunder mit klarer, dichter Waldfruchtaromatik und weicher Tanninstruktur. Die Weine haben sich als Allrounder bewiesen und sind für ein breites Weingeniesserpublikum gut zugänglich.

VB Cal. 6-04

Als Vorreiter der sogenannten Cal.-Serie von Valentin Blattner entstand die Sorte aus einer Kreuzung von Sauvignon Blanc × Riesling × Resistenzpartnern. Sie vertritt ebenfalls die neue Generation von PIWIs. Zum einen konnte durch Mehrfachkreuzungen mit unterschiedlichen Resistenzpartnern die Robustheit gegen Pilzkrankheiten nachhaltig verbessert werden, zum anderen verleihen Vinifera-Elternanteile der Sorte eine komplexe Aromatik. Die Sorte zeigt im Wein, je nach Reifegrad, Ausbaustil und Hefeeinsatz, ein weites Aromenspektrum. Im klassischen Riesling-Stil ausgebaute Weine duften nach Aprikose, reifem Apfel und Grapefruit. Reduktive Weinbereitung erzeugt an Scheurebe erinnernde Weine mit Aromen von Limone und dezenter schwarzer Johannisbeere. Typisch ist eine stabile Säure, die sowohl über die Traubenreife am Stock als auch während der Flaschenreife präsent bleibt.

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Kulinarisches Abenteuer

Wie kombiniert man Wein mit veganem Essen? Und wie mit Rohkost? In Bern fand die erste «Tavolata cruda» statt, an der sich 16 Gäste, zwei Sommeliers und zwei Caterer auf das kulinarische Abenteuer einliessen.

«Danke für euren Mut», so begrüsste uns Pirmin Muoth bei der ersten Ausführung von «Tavolata cruda» im Delinat-Weindepot am Berner Stadtrand. Mut deshalb, weil der Fünfgänger nicht nur vegan, sondern vegane Rohkost war, zubereitet und erfunden von Miranda Külling und Cédric Wüthrich von der Berner Ölmühle rohrohroh. Mut brauchten nicht nur wir Gäste, sondern auch die Initianten des Anlasses, für sie war es ebenfalls eine Premiere. «Unser Sensoriker Dirk Wasilewski hat die Kombinationen aber abgesegnet», sagte Pirmin Muoth und erntete einige Lacher von seinen Gästen. Am Tisch sassen primär Delinat-Kunden, und man merkte: Niemand zweifelte, dass dieser Abend ein Erfolg werden würde.

Aperitivo

Wir starteten beim Aperitivo mit dem Schaumwein Albet i Noya Saumo Brut Reserva (2015, Chardonnay und Parellada) und kulinarisch mit Tapas. Jamón Serrano, Chorizo oder Salchicha – normalerweise ist die spanische Küche für ihre Fleischspezialitäten bekannt. Miranda Külling nahm die Herausforderung an: Auf dem Teller fanden wir Leinsamen-Cracker mit fermentierter Paste und Tomate, tolle Oliven, süsse Birnen mit Curry-Federkohl-Chips und panierte Zwiebelringe. Für den Umami-Moment sorgten die in Olivenöl getränkten Champignons. Die Chardonnay-Traube ist für Schaumwein aus dem Penedès noch untypisch, aber durch die Cremigkeit und das Aromatische passte er prächtig. Ausserdem brachte er nur wenig Süsse mit, die stören könnte. Eine derart breite Palette mit einem Schaumwein zu kombinieren, ist ein guter Trick. Und gerade der Saumo meisterte den Spagat zwischen all den Tapas sehr gut.

Sopa

Die Sopa musste die Köchin Miranda Külling nicht einmal anpassen, denn es war ein Gazpacho Andaluz, das wohl bekannteste Rohkostmenü Spaniens. Im Glas bekamen wir gleich zwei Weine, beide mit Verdejo-Trauben. Der Saxum (2016) schmeckte nach Grapefruit und forderte die Suppe heraus, ohne aber ein adstringentes Gefühl auf der Zunge zu hinterlassen. Besser gefiel den meisten am Tisch der Nosso Verdejo Natural (2016), der im Eichenfass ausgebaut worden war und in der Nase eine laktische Note hatte. Er rundete die Suppe mit einem Honigabgang harmonisch ab und milderte ausserdem die Säure der Tomate.

Entrada

Die Entrada trug den klingenden Namen Endibias al Romero: Chicorée auf einem Apfelmusbeet und Spargeln in einer Salsa, in die auch der Rosé integriert worden war, den wir im Glas hatten. Dazu gab es einen Apfel-Heidelbeer-Salat. Chicorée und Spargel mit Wein? Vielen Weinliebhabern dürften die Haare zu Berge stehen, doch die Spargeln waren in Randensaft eingelegt worden, was den Spargelgeschmack zügelte. Auch der Chicorée wurde mit einer Marinade aus Rosmarin und Olivenöl gezähmt. Diese herbe Note nahm Depot-Leiter Pirmin Muoth auf: Er servierte einen Pago Casa Gran Monastrell rosado (2016, Monastrell). Da das Gericht nicht überwürzt war, passten das Herbe der Monastrell-Traube und der tiefe Tanningehalt gut.

Plato Principal

Der Plato Principal war Tortilla con Ensalada. Bei der Salatsauce war die Küchencrew vorsichtig, und man fand weder Zitrusnoten noch viel Essig darin vor. Dennoch rümpften einige die Nase, als dazu Rotwein ausgeschenkt wurde: der Núria, wiederum von Albet i Noya (2015, Merlot). Zum Salat gab es zwei Tortillas auf Basis von Flohsamenschalen und Kokosnussmus. Eingefärbt waren sie mit Kurkuma und mit Paprika, um die spanischen Nationalfarben ins Menü aufzunehmen. Ein Schluck Merlot nach einem Bissen Tortilla, gefüllt mit allerlei Gemüsestückchen und Cashew-Frischkäse, war überraschenderweise eine solide Kombination.

Postre

Die Menge an Essen, die wir verzehrten, war beachtlich. Doch auch nach dem Hauptgang fühlten wir uns noch nicht überessen. Von den ebenfalls beachtlichen Dezilitern Wein war die Lautstärke gestiegen, und die Tavolata machte dem Namen alle Ehre. Als Postre gab es eine Crema Catalana Suiza, die im Originalrezept primär aus Rahm, Milch und Eiern besteht. Kein Problem für die Caterer: Anstatt mit Ersatzprodukten die Crema zu kopieren, erfanden sie ein neues Dessert. Aus Chiasamen, Mandelmilch und Datteln kreierten sie eine Crema Catalana Suiza. Dazu wurde ein Süsswein vom Château Dudon (2015, Sémillon und Sauvignon Blanc) aus dem Sauternes-Gebiet mit 114 Gramm Restzucker und 6 Gramm pro Liter Gesamtsäure kredenzt. Die Honignoten im Mund begleiteten das Dessert wunderbar, zudem belebte die angenehme Säure des Weines die Süsse des Desserts.

Nach all der Rohkost ging es uns prächtig, und als Abschluss beantworteten uns die Köche noch die letzte brennende Frage: Ja, auch Wein ist Rohkost.

Tavolata cruda No. 2

Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet statt am:
Samstag, 10. November 2018 ab 18.30 Uhr im Delinat-Weindepot Bern.

Kosten CHF 100.– pro Person (max. 30 Teilnehmer)

Mehr Informationen und Anmeldung:
www.delinat.com/tavolata

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Auf ein Glas mit … Claudio Del Principe

Seine Lehrer trauten Claudio Del Principe nicht viel zu. Doch heute ist der gebürtige Italiener aus Basel ein begnadeter Texter und Kochbuchautor, der auch leidenschaftlich gerne in den Kochtöpfen rührt. Bei einem Glas Wein im Delinat-Weindepot Basel unterhielten wir uns mit ihm über gute Küche und feine Tropfen.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag im Leben des Claudio Del Principe aus?
Claudio Del Principe: Ich arbeite zu Hause, bin also sehr privilegiert. Mein erster Gedanke nach dem Aufstehen: Was koche ich heute? Und dann mischt sich alles und fliesst ineinander: Texten, Einkaufen, Kochen, Telefonieren und wieder zurück in die Küche.

Sie schreiben also nicht nur, sondern kochen auch oft?
Wir kochen in unserer Familie zweimal pro Tag. Meine Frau und ich teilen uns das auf. Unsere beiden 15- und 18-jährigen Söhne freuen sich immer, zu Hause einen gedeckten Tisch vorzufinden. Auch alles, was in meinen Kochbüchern vorkommt, rezeptiere, koche und fotografiere ich selber. Meine Bücher sind von A bis Z aus eigener Hand.

Claudio Del Principe – Kochen und Schreiben sind seine beiden Leidenschaften, die er zum Beruf gemacht hat.

Woher kommt denn diese Passion für das Kochen?
Als Italiener wurde mir das irgendwie in die Wiege gelegt. Später hat sich das stark entwickelt und auch aufs Schreiben übertragen. Als Partner in einer Werbeagentur habe ich zusammen mit einem befreundeten Grafiker den Blog «Anonyme Köche» gegründet, so quasi als Pendant zur Gruppe «Anonyme Alkoholiker ». Das hat sofort riesigen Anklang gefunden.

Wodurch unterscheiden sich Ihre Kochbücher von anderen?
Einerseits durch das sehr Persönliche, andererseits durch die textliche Qualität. Es steckt sehr viel von mir selber drin, es sind eigentliche Lesebücher. Ich erzähle gerne kleine Anekdoten, versuche, humorvoll zu schreiben, aber auch nachdenklich, befasse mich mit Gesellschaft, Kultur und Trends. Das sind alles Sachen, die ich in meine Bücher reinpacke.

Irgendwo haben wir gelesen, Sie seien ein schlechter Schüler gewesen. Woher kommt denn Ihre Schreibkunst?
Vielleicht wollte ich einfach beweisen, dass ich es trotzdem kann. Ich hatte meist Lehrer, die nicht an mich geglaubt haben. Zum Texten bin ich allerdings erst relativ spät als Quereinsteiger gekommen. Mein Ziel war es immer, frei schreiben zu können. Diesbezüglich kam mir der Blog sehr entgegen, da er einem viel Narrenfreiheit lässt.

Was macht für Sie eine gute Küche aus?
Die Sorgfalt. Das beginnt schon beim Einkaufen. Wenn ich bewusst ein gutes Produkt kaufe, habe ich bereits sehr viel richtig gemacht. Und wenn ich es dann noch sorgfältig, mit dem nötigen Knowhow und handwerklich gekonnt zubereite, stimmt vieles.

Ihr neustes Kochbuch «A Casa» verstehen Sie als Gegenentwurf zur schnellen Küche. Was haben Sie gegen die schnelle Küche?
Sie lügt uns an. Ich empfinde es als Beschiss, wenn uns Medien und TV-Sendungen sagen, kochen sei total easy, und man könne ganz schnell etwas Gutes herbeizaubern. Kochen ist Handwerk, bei dem Zeit die wichtigste Zutat ist. Wo Zeit gespart wird, bleibt der Geschmack auf der Strecke.

Ist ein gutes Essen ohne Wein für Sie vorstellbar?
Ja. Tagsüber trinke ich eher selten Wein. Aber grundsätzlich ist es natürlich ideal, wenn man ein feines Essen mit einem guten Wein kombinieren kann.

Beim Backen kommt der Maestro in Schwung.

Welche Ansprüche haben Sie an Wein?
Ich lasse mich gerne überraschen von der Geschichte, die hinter einem Wein steckt, und bevorzuge Wein von kleinen Gütern, die handwerklich nach biologischen oder biodynamischen Kriterien arbeiten. Wie beim Essen versuche ich auch hier, die Massenprodukte zu meiden.

Wo liegen Ihre Vorlieben?
Sicherlich Italien, weil diese Weine halt ausgezeichnet zu dem passen, was ich koche. Weisswein mag ich zum Aperitif, aber beim Essen schreit es dann bei mir nach Rotwein.

Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen Delinat-Wein und der Küche, die Sie propagieren?
Wir teilen das Credo, Sorge zu tragen zum Boden, zu den Pflanzen, zu jedem einzelnen Schritt. Auch bei Delinat versucht man ja nicht, irgendwelche Abkürzungen zu nehmen, um den Wein billiger und schneller zu produzieren.

Wohin geht die nächste kulinarische Reise des Claudio Del Principe?
Im Herbst erscheint bereits wieder ein neues Kochbuch. Es heisst «Al Forno». Alles tolle Gerichte aus dem Ofen. Angefangen von kleinen Snacks über Gemüse, Fisch, Fleisch bis hin zu süssen Gebäcken. Für mich ist der Ofen etwas Magisches. Alles, was aus dem Ofen kommt, ist irgendwie immer gut. In der Pfanne ist die Chance, dass auch mal was misslingt, grösser.

Was steht sonst noch auf Ihrer Löffelliste?
Ich möchte den Anteil an freien Schreibarbeiten, der jetzt etwa 50 Prozent ausmacht, noch erhöhen. Ich träume davon, eines Tages als Schriftsteller spannende Romane zu schreiben. Ein schönes Vorbild ist Martin Suter, der ja wie ich ursprünglich auch Werbetexter war.

Weintipp Claudio Del Principe
Eine Rebsorte, die ich besonders mag, ist die Nero d’Avola aus Sizilien. Mit Sorgfalt gekeltert entstehen aus ihr gleichzeitig kraftvolle wie elegante Tropfen von bezaubernder Fruchtfülle. Bestes Beispiel ist der Mignechi von Massimo Maggio. Der im Barrique ausgebaute Wein passt vorzüglich zu herzhafter Pasta, rotem Fleisch und würzigen Saucen.

Mignechi Nero d’Avola
Sicilia IGT 2015
www.delinat.com/3308.15

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