Wie Delinat-Wein dem Mehltau trotzt

Feuchtes Wetter und milde Winter bieten für zwei der grössten Bedrohungen im Weinbau optimale Bedingungen: Der Echte und der Falsche Mehltau, Oidium und Peronospora, machen Winzern das Leben schwer. Die Delinat-Winzer Grégoire Piat aus dem Bordeaux und Natalino Fasoli aus dem Veneto erzählen, wie sie dem Mehltau mit robusten Rebsorten, sogenannten PIWIs, trotzen.

Delinat-Winzer Grégoire Piat lebt und arbeitet im Bordeaux auf Château Couronneau. Sein Vater Christophe war einer der ersten Bio-Winzer in der Region. Seit einiger Zeit führt Grégoire das Weingut gemeinsam mit seinem Vater. 40 Hektar Rebfläche und 60 Hektar Wald und Wiese bilden in ihrer Gesamtheit Château Couronneau, in den oberen Hügeln von Bordeaux nahe Ligueux gelegen.

2023 war ein klimatisch hartes Jahr

Mit Starkregen, hoher Luftfeuchtigkeit und damit extremem Krankheitsdruck geriet Familie Piat im Vorjahr an ihre Grenzen. «Wir haben einen Verlust von über 60 Prozent. Und stehen dabei noch ein wenig besser da als andere Winzer, weil unser Weingut auf einer Anhöhe liegt. Zudem sind unsere Reben rundum von Wäldern geschützt.»

Durch feuchtes Wetter herrschte 2023 ein extrem hoher Krankheitsdruck 2023 im Bordeaux.
Durch feuchtes Wetter herrschte 2023 ein extrem hoher Krankheitsdruck 2023 im Bordeaux. Delinat-Winzer sehen eine wichtige Möglichkeit darin, dem Mehltau mit PIWIs zu trotzen.

Die Biodiversitäts-Hotspots in den Weingärten von Couronneau, wie sie die Delinat-Methode vorsieht, fördern die Nützlinge im Weingarten. Auch das macht die Reben standhafter. Dennoch: Von Merlot, der Hauptrebsorte auf Château Couronneau, hat die Familie eine Einbusse von 82 Prozent hinnehmen müssen. Dabei begann das Jahr ganz gut: milder Frühling, kein Hagel oder Frost. Auch wenn die Feuchtigkeit mit jedem Jahr zunimmt, was ein generelles Problem im Bordeaux darstellt.

Krankheitsdruck in der Blütezeit

Mit der Blüte, einem der kritischsten Momente im Weinjahr, kam auch die Feuchtigkeit und ein Mehltau, der nicht die Blätter, sondern die Trauben direkt befiel. «Es gab nicht wenige Winzer, die das Sprühen von Kupfer vervielfacht haben. Und das wollen wir nicht. Im August und September gab es dafür keinen Regen und starke Stürme», so Grégoire über das durchwachsene Jahr 2023.

Wie Delinat-Winzer dem Mehltau mit PIWIs trotzen

Für Grégoire und seinen Vater Christophe ist klar: Robuste Sorten sind die einzige Lösung, um einem derart hohen Krankheitsdruck von Echtem und Falschem Mehltau zu begegnen. Der Austausch zwischen Delinat, dem Rebenzüchter Valentin Blattner sowie der Rebschule Mercier ist für die Familie dabei besonders wichtig.

Delinat-Winzer Grégoire Piat glaubt an eine Zukunft von Bordeaux mit robusten Rebsorten.
Delinat-Winzer Grégoire Piat glaubt an eine Zukunft von Bordeaux mit robusten Rebsorten.

Das Problem ist nur: «Selbst wenn ich wollte, dürfte ich nicht mehr PIWI-Sorten anpflanzen. Die Maximalgrenze für robuste Rebsorten liegt bei einem Prozent für die gesamte Appellation. Gerade wird diskutiert, ob robuste Sorten auf bestehende Stöcke umgepfropft werden dürfen.» Für Piats steht fest: «Bordeaux, wie es einmal war, wird es bald nicht mehr geben. » Ohne robuste Sorten wird in der immer feuchter werdenden Region, Anbau von Wein ohne viele Spritzungen kaum mehr möglich sein. Für Grégoire Piat war es 2023 denn auch die einzige logische Konsequenz, ein Pflanzrecht für PIWI-Sorten zu beantragen.

Weniger Vetos im Veneto

Auch auf dem Weingut La Casetta nahe San Bonifacio im Veneto legen sich die sonst fröhlichen Gesichter in Sorgenfalten, als die Sprache auf das vergangene Weinjahr kommt. Die Weingärten waren 2023 von einer 25-tägigen Regenperiode ohne Unterbrechung und darauffolgenden Starkwinden geprägt. Das nach einem trockenen Jahr 2022. Als biologisch arbeitende Winzer ist man dank der Delinat-Methode zwar mit intakten Ökosystemen gesegnet, und doch wird das Weinjahr durch zunehmende Wetterkapriolen zusehends unberechenbarer. «Obwohl wir im Vorjahr mit einem der nässesten Jahrgänge überhaupt zu kämpfen hatten, stellen wir uns auf Trockenheit im nächsten Jahr ein», so Natalino Fasoli.

Wasser bleib!

Darum nehmen sich Fasolis neben der Konzentration auf robuste Rebsorten nun verstärkt dem Wassermanagement an. Das heisst: Noch mehr Wasser sparen durch die Wiederverwendung von Wasser im Keller sowie verstärkte Regenwasser-Retention.

Zusätzlich haben Fasolis mit Unterstützung von Delinat zwei Parzellen erworben, die vollständig mit robusten Rebsorten bestückt werden sollen. «Wir haben ein EU-Projekt angemeldet, in dem wir PIWIs einmal in der Ebene und einmal in der Höhe anpflanzen, in der Nähe vom Gardasee und hier bei uns in Colognola ai Colli. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse», heisst es von Paolo Zivelonghi, Natalino Fasolis rechter Hand.

«In meiner jahrzehntelangen Winzerkarriere hatte ich nie mit so schnell wechselndem Wetter zu kämpfen», resümiert Natalino die Weinernte 2023. Dabei nimmt der Pilzdruck zu. «Die Winter sind milder, die Kälte kann dem Pilz also nichts mehr anhaben und es wird feuchter. Der Mehltau findet seine perfekten Bedingungen vor», so Natalino.

Delinat-Winzer Natalino Fasoli (re.) im Gespräch über PIWI-Sorten mit Winzerberater Dani Wyss (mi.) und Weingut-Manager Paolo Zivelonghi (li.)
Delinat-Winzer Natalino Fasoli (re.) im Gespräch über PIWI-Sorten mit Winzerberater Daniel Wyss (mi.) und Weingut-Manager Paolo Zivelonghi (li.).

Guten Wein machen und die Natur schützen, das seien sie ihrer Familie und der Region schuldig. «Wir sind für Innovationen offen», so Paolo Zivelonghi. «Motiviert und mit guten Vorzeigebeispielen aus der Delinat-Welt vor Augen, setzen auch wir verstärkt auf robuste Sorten.» Soweit der Tenor eines Produzenten, der Wein und die Menschen darin mit jeder Faser liebt.

Das sieht man in Natalino Fasolis sorgenvollem Gesicht, wenn er über die ausgelaugten Weinbergsarbeiter nach einer intensiven Saison spricht. Und in seiner Freude über seinen Premium-Wein Amarone della Valpolicella, der ihm über den Gaumen ins Gedächtnis ruft, wieso er sich diesen klimatischen Nervenkitzel antut. «Ich bin überzeugt: In ein paar Jahren werden wir diese Top-Qualitäten auch mit robusten Sorten hinkriegen.»

Nina Wessely
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3 comments

  1. Hallo Frau Wessely und Delinat Team,
    habe gerade Ihren Artikel über den zunehmenden Pilzdruck gelesen.
    In meinem Beruf als Gärtner werde ich immer öfters mit diesem und anderen Problemen in Gärten konfrontiert.
    Letztes Jahr habe ich einen Kurs über Homöopathie für Pflanzen besucht und
    anschließend mit guten bis sehr guten Erfolg in Privatgärten eingesetzt.
    Was will ich sagen, den PIWÌs gehört die Zukunft, und die alten Reben müssen gestärkt werden. Unter http://www.maute-pflanzenhomöopathie.de erfahren Sie mehr.
    Frau Maute arbeitet mit Winzern, Obstbauern und Landwirten zusammen.
    Vielen Dank für Ihre Arbeit und den leckeren Wein.

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