Die Delinat-Methode in Portugal, Deutschland und der Schweiz

Wir haben unsere Delinat-Winzer Anjte Kreikenbaum in Portugal, Roland Lenz in der Schweiz und Timo Dienhart in Deutschland gefragt, wie das Jahr 2023 auf ihren Weingütern verlaufen ist, und wie die Delinat-Methode bei vermehrt wechselhaftem Wetter naturnahen Weinbau ermöglicht.

Durch den Klimawandel bedingte Wetterkapriolen zählen inzwischen europaweit zu den Herausforderungen im Weingarten. Dennoch war 2023 ein gutes Jahr in Deutschland. Timo Dienhart, Delinat-Winzer an der Mosel, berichtet: «Im Frühjahr war es kalt und nass, danach wochenlang sehr heiss und trocken. Im August hat es dann ergiebig geregnet, ehe im September der Hochsommer zurückgekommen ist.»

Resiliente Reben und ein gesundes Ökosystem halten bei Wetterkapriolen dagegen.
Resiliente Reben und ein gesundes Ökosystem halten bei Wetterkapriolen dagegen.

Für sie als Winzer bedeutet das zwar mehr Arbeit bei weniger Ertrag, und doch ist er mit der Qualität der Trauben, die nun in seinem Keller zu eleganten Weinen heranwachsen, hochzufrieden. «Ich erwarte tolle Weine», so Dienhart. Was die Ernte aus den mit robusten Reben bepflanzten Weingärten, inzwischen knapp 19 Prozent bei Dienhart, betrifft, so ist sich der Delinat-Winzer sicher: «Diesen Trauben gehört die Zukunft des Weinbaus. Auch bei extremer Witterung benötigen sie nur einen Bruchteil des Pflanzenschutzes, der bei traditionellen Rebstöcken notwendig ist».

Im Schweizer Iselisberg haben Roland und Karin Lenz und ihr Team im Vorjahr eine grossartige Traubenqualität eingefahren. «Was am 23. August mit Solaris startete, endete am 5. Oktober mit Souvignier gris», heisst es auf dem Delinat-Weingut in der Deutschschweiz. Im Team haben sie 2023 rund 1,7 Millionen Trauben von Hand geerntet. Und diese waren zu 99,9 Prozent reif und gesund. Karin und Roland Lenz sind begeistert: «Dieser Jahrgang zeigt, zu welcher Qualität ein harmonisches Zusammenspiel aller Lebewesen im Weingarten führt.»

Wie die Delinat-Methode naturnahen Weinbau ermöglicht

Nomen est omen, also der Name Programm, das könnte man im Tal der Kamele, dem Weingut Vale de Camelos im südportugiesischen Alentejo, denken. Es ist schon länger bekannt, dass dieser heisse Landstrich zunehmend einer Wüste gleicht. Antje Kreikenbaums Vater nahm sich vor nunmehr 40 Jahren den 1000 Hektar Land im Süden Portugals an. Seit 20 Jahren verwaltet Antje Kreikenbaum zusammen mit Ihrer Familie und einem engagierten Team die Finca in Portugal.

Antje Kreikenbaum und ihr Team von Vale de Camelos im Alentejo haben sich zeitig auf die Herausforderungen des Klimawandels eingestellt.
Antje Kreikenbaum und ihr Team von Vale de Camelos im Alentejo haben sich zeitig auf die Herausforderungen des Klimawandels eingestellt.

Gemeinsam, und mit Agraringenieurin Helena Manuel, sowie Marta Pereira als Önologin, verwaltet Antje die inzwischen 30 Hektar Reben, die fünf Stausseen, Wälder sowie Johannisbrotbäume und Olivenhaine zur Gewinnung von Olivenöl. Seit 13 Jahren arbeitet das Weingut nach den Delinat-Richtlinien. «Der Anspruch, die Welt ein bisschen besser zu machen», das sei der Punkt gewesen, an dem sich Vale de Camelos und Delinat auf Anhieb getroffen haben. «Es ist auch nicht normal, dass sich ein Weinhändler so um seine Winzer kümmert», so Kreikenbaum.

Des einen Zukunft des anderen Gegenwart

«Trockenheit ist bei uns seit jeher ein Problem», so die gebürtige Deutsche, sie hätten sich und ihre Reben aber früh genug an die Gegebenheiten angepasst. «Wir ernten immer nachts, damit die Trauben kühl bleiben, und die Bäume, die wir im und um die Weingärten gepflanzt haben, spenden Schatten. Das vermindert auch den Wasserbedarf der Reben. Seit wir in Absprache mit Delinat die Anzahl der Bäume vergrössert haben, hat sich auch der Humusgehalt im Weingarten erhöht und die Böden können das Wasser besser speichern», so die Winzerin.

All diese Dinge benötigten Geduld und auch finanziell einen langen Atem. Investitionen in Wasser und Wald, die sich mehr als ausgezahlt haben, so Antje. «Wir speichern unser Wasser nicht nur, wir haben auch unsere neuen Weingärten nach Höhenlinien angelegt, so dass die Reben selbst bei Starkregen viel Wasser aufnehmen und so gut wie keine Erosion stattfindet.»

Auch sie hätten dabei eine Menge an Fehlern begangen und Einbussen in Kauf genommen. «2022 haben wir zum Beispiel unsere Art des Rebschnitts umgestellt, damit die Reben noch gesünder werden. Das müssen wir und unsere Mitarbeiter erst richtig lernen. Daher gibt es 2023 alleine deswegen ein wenig Ertragseinbussen», sagt Kreikenbaum.

Wetter und Winzer machen den Wein

Aber man müsse eben mit der Zeit gehen. Nur so sei es möglich, dass ihr Einstiegs-Rotwein beim Decanter World Wine Award, für den 16’500 Weine eingereicht wurden, mit der Platinmedaille ausgezeichnet wurde. Kürzlich kam die Nationale Auszeichnung für Nachhaltige Landwirtschaft hinzu, für die sich in etwa tausend portugiesische Weingüter beworben hatten.

Auch die Umsetzung von gleichen Rechten und Bezahlungen für Frauen und Männer ist wahrgenommen und prämiert worden (Prémio Igualdade Salarial).

Valhe de Camelhos zeigt, wie naturnaher Weinbau in einem trockenen Gebiet funktioniert
Vale de Camelhos zeigt, wie naturnaher Weinbau in einem trockenen Gebiet funktioniert

Der Beweis dürfte unter anderem damit als erbracht gelten, dass in einem sehr trockenen Landstrich naturnaher, fairer Weinbau sowie die Produktion von hochwertigem Wein möglich ist. Auch wenn Länder wie die Schweiz oder Deutschland 2023 von Wetterextremen zum Grossteil verschont geblieben sind, so ist das Weinjahr 2023 dennoch in jeder Beziehung ein herausforderndes gewesen.

Wenig überraschend hatten auch die beiden Delinat-Winzerberater Daniel Wyss und Arina Schefer in diesem Jahr alle Hände voll zu tun und reisten von einem Wetterextrem ins andere: «Die Lage ist ernst, doch gerade unsere Delinat-Winzer verfügen über genügend Wissen und Stücke heiler Natur, um die Herausforderungen des Klimawandels bei weiterer Produktion von gutem Wein zu meistern. Unser Zusammenhelfen in der Hinsicht ist wichtiger denn je.»

Was macht der Winzer im Winter?

Winter im Rebberg: Zeit für den Rebschnitt und andere Arbeiten.

Auch wenn die Reben noch im Winterschlaf sind, bedeutet das nicht, dass sich auch Winzerinnen und Winzer ausruhen können. Die jungen Weine verlangen viel Aufmerksamkeit im Keller. Doch müssen auch die Reben auf die neue Saison vorbereitet werden.

Die wichtigste winterliche Arbeit im Weinberg ist wohl der Rebschnitt. Diese arbeitsintensive Aufgabe ist grundlegend für den Ertrag und die Qualität der kommenden Ernte. Denn jeder Rebstock ist individuell. So muss der Winzer im Rebberg die Stärke der Pflanze, die Verteilung zwischen den Knospen und somit die Wachstumsaussichten für das kommende Jahr beurteilen.

Warum überhaupt ein Rebschnitt?

Ziel des Rebschnitts ist es, ein Gleichgewicht zwischen Wuchskraft und Fruchtbarkeit zu finden. Es ist die Wahl des Schnitt-Typs, mit der dieses Gleichgewicht erzielt wird. Einige Rebsorten bevorzugen auch von sich aus eine bestimmte Art des Rebschnitts. Diese Arbeit sollte bis Ende März abgeschlossen sein. Je nach Erziehungssystem müssen die Triebe gebogen und angebunden werden. Dies geschieht vor dem Austrieb der Reben, wenn das Holz schon im Saft steht.

Wichtiger Bestand der Delinat-Methode

Das abgeschnitte Holz wird mit Maschinen verkleinert und bleibt zwischen den Rebzeilen liegen. Damit erreicht der Winzer eine natürliche Humusanreicherung des Bodens. Auf einigen Weingütern ist es üblich, das Holz aus dem Rebberg zu tragen. Es kompostiert separat und wird später wieder als natürlicher Dünger in den Weinberg zurückgeführt.

Gute Vorbereitung ist die halbe Ernte

Der Winter ist auch die richtige Zeit, um Rebanlagen wieder in Stand zu setzen. Der Winzer ersetzt Pfähle , zieht Drahtrahmen nach. Ist eine Neupflanzung geplant, muss auch der Boden darauf vorbereitet werden.

Um die Böden der Weinberge vor Erosion, biologischer Verarmung und Nährstoffverlusten zu schützen, ist eine möglichst ganzjährige Begrünung mit grosser Artenvielfalt das wirksamste Mittel. Als Grundlage der Begrünung braucht es tiefwurzelnde Pflanzenarten.

In Weinbaugebieten mit Sommerniederschlägen erfolgt nun auch die Einsaat solcher Pflanzen. In Weinbaugebieten mit extremer Sommertrockenheit erfolgt die Einsaat schon im Herbst. Im späten Frühjahr walzt der Weingartenmitarbeiter diese Begrünung. Das schützt den Boden vor Austrocknung und die Reben im Sommer vor Trockenstress.

In den südlichen Regionen treiben im frühen Frühjahr schon die ersten Reben aus. Jetzt ist es wichtig, dass der Winzer alle nicht benötigten jungen Triebe, Stammaustriebe und Kümmertriebe entfernt. Auch dies entscheidet über den Ertrag und die Qualität. Denn nur so ist sichergestellt, dass eine optimale Anzahl und Verteilung der Triebe am Stock bleiben.

Auf ein Glas mit … Hans Wüst

Über eine Dekade zeichnete der gebürtige Luzerner Hans Wüst für das Delinat-Kundenmagazin WeinLese verantwortlich. Mit Ende 2023 hat er sich in den Ruhestand begeben. In „Auf ein Glas mit Hans Wüst“ erzählt der langjährige Redaktor von Wein auf Papier und verheirateten Reben.

Hans Wüst, wie bist Du zum Wein gekommen?
Hans Wüst: Schon mit Anfang 20, als alle anderen Bier tranken, war mir der Wein lieber. Das Bier ist dann mit 50 dazu gekommen. Bereits als junger Erwachsener habe ich mich sehr für die Natur, gutes Essen und Wein interessiert. Endgültig um mich geschehen war es nach meiner ersten privaten Weinreise ins Piemont und den Kauf meines ersten Bio-Weins von dort. Bis heute ist das Piemont eines meiner liebsten Reiseziele.

Reisen und Wein

Zu dem Du ja gelegentlich auch Delinat-Kunden mitgenommen hast, oder?
Genau, neben meiner Tätigkeit als Redaktor der WeinLese habe ich gemeinsam mit Yvonne Berardi Gruppenreisen mit Delinat-Kunden zu verschiedenen Weingütern in Frankreich und Italien organisiert und geleitet. In den letzten 10 Jahren sind gegen 40 Reisen mit rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusammengekommen. Damit verbunden sind viele wunderbare Begegnungen und Erlebnisse mit wein- und naturbegeisterten Menschen.

Hans Wüst und Nina Wessely
Redaktor Hans Wüst und Redaktorin Nina Wessely bei Winzerin Renate Schütz im Piemont

Die Ruhe nach der WeinLese

Bleibst Du mit einigen Winzern auch im Ruhestand in Kontakt?
Natürlich! Zum Teil haben sich echte Freundschaften entwickelt. Beginnend damit, dass ich es bewundernswert finde, mit welcher Leidenschaft unsere Winzer Weine im Einklang mit der Natur machen. Niemand macht Bio, weil es gerade Trend ist. Ich denke, sie würden ohne Delinat nicht grossartig etwas anders machen. Es ist einfach genial mitanzusehen, wie wir da alle am gleichen Strang für die Natur und gute Weine ziehen. Und natürlich höchst zufriedenstellend, hier tatkräftig mitgeholfen zu haben.

Das wirst Du bestimmt vermissen, nicht?
Was ich an Delinat vermissen werde, weiss ich noch nicht. Noch bin ich ja mit der aktuellen Ausgabe (Anm. die Ausgabe des Kundenmagazins WeinLese73, in der dieses Interview erschien) gut beschäftigt. Reisen in meinem Ruhestand, aber ohne die Deadlines der Druckabgaben im Rücken, werde ich ja weiterhin und Winzer besuchen sowie guten Wein trinken auch. Ich werde vom Redaktor wieder zum Delinat-Kunden.

«Die WeinLese war die Krönung
meiner beruflichen Laufbahn.»

Hans Wüst, Redaktor der WeinLese

Womit sich der Kreis schliesst…
Ja, 2010 wurde ich vom Kunden zum Redaktor. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens, obwohl nicht immer leicht umzusetzen.

Wieso das?
Wie es bei Delinat Tradition ist, habe ich die Stellenausschreibung noch bevor sie veröffentlicht wurde, über den Kundennewsletter erhalten. Von meiner Bewerbung bis zu dem Tag, an dem ich den Vertrag unterschrieben habe, sind sechs Monate vergangen. Dazwischen lagen viele Textproben, Besuche bei Winzern und mehrere Gespräche. Danach kam «Learning by Doing». Damit einher ging die wachsende Begeisterung für nachhaltigen Weinbau.

Auf ein Glas mit Redaktor Hans Wüst in seinem Garten …

Spielst Du damit auf das nächste Kapitel in deinem Leben an?
Meinst Du den Garten oder den Krimi? Ich fange mit dem Garten an. Inspiriert vom Kontakt mit unseren vielen grossartigen Winzern betreibe ich seit zwei Jahren mit meiner Schwester ein eigenes Gartenprojekt, das wir als Permakultur hegen und pflegen. Natürlich habe ich dort auch Wein angepflanzt. Heuer wird es hoffentlich die erste Ernte für die Weinproduktion geben.

Hans Wüst in seinem Weinberg
Auf ein Glas mit Redaktor Hans Wüst in der WeinLese

Wow! Und welche Reben gedeihen bei Dir?
Ich habe mich für Sauvignac entschieden. Eine tolle robuste Rebsorte. Ich spritze weder Kupfer noch Schwefel und möchte sehen, wie weit ich mit der Resistenz dieser feinduftigen Weissweinsorte komme. Die Trauben der letzten beiden Jahre, die ja erst im dritten Jahr zu Wein verarbeitet werden können, haben jedenfalls schon traumhaft geschmeckt. Letztes Jahr mussten die Tafeltrauben, die meinen Zwetschgenbaum emporranken, sogenannte vitae maritate, also verheiratete Reben, pur zum Essen reichen. Reben sind ja im Grunde Kletterpflanzen, auch diesen Trick der verheirateten Reben habe ich mir von einer unserer Winzerinnen, Renate Schütz, im Piemont abgeschaut (mehr Infos zum Thema Vitiforst finden Sie im Beitrag «Reben lieben Bäume»).

Zum Lesen, ein guter Rotwein

Krimi im Garten hattest Du also zum Glück keinen. Dafür im Wein?
2019 habe ich die «Zimmerstunde» geschrieben. Ein Lokalkrimi über einen Kommissar, der natürlich gerne Wein trinkt. Komischerweise am liebsten den gleichen wie ich.

Und das ist?
Alle Weine meines lieben Freundes Alberto Brini vom Weingut Il Conventino in Montepulciano. Den eleganten Vino Nobile liebe ich natürlich sehr, und doch ist der einfache Montepulciano Rosso vielfach der ideale Speisebegleiter aus meinem Keller.

Lieber Hans
Über 13 Jahre hast Du mit viel Beobachtungsgabe, einer Leidenschaft für Wein und Natur sowie spitzer Feder dazu beigetragen, die Delinat-Welt für unsere Kundinnen und Kunden erlebbar zu machen. Als engagierter Reiseleiter hast du zudem viele Delinat-Weinfreunde auf unvergessliche Reisen durch die natürlichsten Weinberge Europas begleitet. Und damit das Gesicht von Delinat gegen aussen massgeblich mitgeprägt. Wir danken dir von Herzen für deine Treue, dein Engagement und natürlich für die unzähligen Geschichten und wünschen dir in deinem neuen Lebensabschnitt viele aufregende Entdeckungen, Momente der Ruhe und vor allem Gesundheit. Merci viu mou!
Deine Kolleginnen und Kollegen

Guter Wein wird dich also auch im Ruhestand begleiten?
Selbstverständlich. Und auch wenn ich mich auf meine neue Freiheit freue, so höre ich nicht auf zu betonen, dass Delinat und darin insbesondere die WeinLese die Krönung meiner beruflichen Laufbahn war. Ich blicke sehr gerne auf diese spannende Zeit zurück und freue mich darauf, das Sortiment und die Weinneuheiten bei Delinat wieder als Kunde zu geniessen.

Weintipp Hans Wüst

Dieser fruchtige Il Conventino, gekeltert aus 90 Prozent Sangiovese und der Ergänzung durch die lokalen Rebsorten Canaiolo und Colorino ist für mich der ideale Pizza- und Pastabegleiter. Die grosse Kunst ist, vermeintlich Einfaches gut zu machen. Winzer Alberto Brini zeigt mit diesem Wein vor, wie das geht.

Il Conventino
Rosso di Montepulciano DOC 2020
www.delinat.com/conventino-rosso-montepulciano

«Im Boden schlummert die Lösung für den Klimawandel»

In vielen Weinregionen Europas hat der Klimawandel eine neue Dimension erreicht. Zu viel Feuchtigkeit oder extreme Trockenheit stellen auch Delinat-Winzer vor immer grössere Herausforderungen. Unser Interviewpartner, der Physische Geograf Stefan Schwarzer ist Experte für eine ressourcenaufbauende Landwirtschaft. Für ihn birgt der Boden die Lösung für den Klimawandel.

Wetterextreme wie Starkregen und Trockenperioden stellen Landwirtschaft und Weinbau vor grosse Herausforderungen. Wie konnte es so weit kommen? Was ist falsch gelaufen?
Stefan Schwarzer: Es gibt zwei Ebenen. Zum einen spielt der menschengemachte Klimawandel durch Treibhausgasemissionen eine wesentliche Rolle. Zum anderen sind es aber auch die Landnutzungsänderungen, denen meiner Meinung nach eine weit grössere Rolle zukommt, als ihnen bisher zugestanden wird.

Meinen Sie damit Fehlentwicklungen in der Agrarwirtschaft?
Genau. Landnutzungsveränderungen, aber eigentlich ja Landzerstörungen für Landwirtschaft und Siedlungen, haben sowohl Einfluss auf das Klima wie auch auf das Wasser und den Wasserhaushalt. Beides hängt eng miteinander zusammen. Wenn wir überall das Wasser mittels Drainagen, Gräben und Kanalisation wegführen, dann sollten wir uns nicht wundern, dass das Land langsam austrocknet.

Die Umwelt, ein Kreislauf

Wie hängen denn Wasser- und Energiekreislauf zusammen, und warum ist das wichtig in der Landwirtschaft und in der Diskussion um den Klimawandel?
Der Energiekreislauf in der Atmosphäre ist stark mit dem Wasser gekoppelt. Wenn wir mit Vegetation bedeckte Böden haben, wird der grösste Teil der einfallenden Sonnenenergie genutzt, um flüssiges Wasser in Wasserdampf umzuwandeln, was ein recht energieintensiver Prozess ist. Diese nun als Wasserdampf gebundene Energie transportiert der Wind in höhere Schichten der Atmosphäre und führt dort zur Wolkenbildung.

Hierbei wird die gespeicherte Energie wieder freigesetzt, ein Teil davon kann im Weltall diffundieren. Die entstehenden Wolken führen dazu, dass ein Teil der einfallenden Sonnenenergie reflektiert wird. Alle drei Effekte sind vorteilhaft für eine Klimakühlung. Wenn ich nun aber stattdessen offene Böden habe oder zubetonierte Flächen, dann wird ein grosser Teil der Energie der Sonneneinstrahlung nicht in diese latente Energie umgesetzt, sondern der Boden und die untere atmosphärische Schicht werden stark erwärmt. Da über trockenen und heissen Flächen weniger Wolken entstehen und somit auch weniger Regen fällt, erhitzen sich Boden und Atmosphäre zusätzlich. Wir verstärken also mit unbedeckten und versiegelten Böden den natürlichen und menschengemachten Treibhauseffekt.

Monatelange Dürren und dann plötzlich sintflutartige Regenfälle: Diese zerstörerischen Wetterextreme sind in Spanien schon fast normal geworden. Auch der Delinat-Winzer Carlos Laso hat auf seinem Weingut Pago Casa Gran in der Nähe von Valencia in den letzten Jahren immer stärker die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Gemeinsam mit Delinat hat er sich entschlossen, seine Weinberge gemäss Permakultur-Ansätzen so umzubauen, damit diese Wetterextreme so gut wie möglich abgefedert werden. Das Beispiel von Pago Casa Gran zeigt, wie Weinbau auch in klimatisch schwierigen Regionen funktionieren kann und wie man nachhaltig Wassermanagement betreibt.

Der Weinbau der Zukunft

Fokussieren wir diese Problematik auf den Weinbau, wo die klimabedingten Herausforderungen gerade in den vergangenen drei Jahren stark zugenommen haben. Was passiert mit dem Weinbau in Europa in den nächsten Jahren?
Der Weinbau wird sicherlich zunehmend schwieriger und kostspieliger werden. Die Extreme der Trockenheit und der Niederschläge werden weiter zunehmen. Gerade im Weinbau, oft in heissen und trockenen Gebieten verbreitet, ist es heutzutage ein Problem, wenn der Niederschlag nicht in den Boden eindringen kann und den Reben, vor allem aber auch dem Bodenleben, nicht zur Verfügung steht. Das führt nicht nur zu Trockenstress für die Rebstöcke, sondern automatisch auch zu einer Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit. Der Schlüssel für die Gesundheit der Reben ist ein intakter, lebendiger Boden.

Wie lösen wir das Problem?
Im Boden schlummert die Lösung für den Klimawandel. Der grösste Hebel ist meiner Meinung nach der Humusaufbau. Wir müssen dafür sorgen, dass die Böden wieder lebendig werden und wie ein Schwamm wirken können. Dies geschieht aber nur durch die Förderung der Mikroorganismen im Boden.

Damit sind wir beim Thema «Aufbauende Landwirtschaft», mit dem Sie sich intensiv beschäftigen. Was verstehen Sie genau darunter?
Grundsätzlich geht es darum, die überstrapazierten, verarmten und verdichteten Böden wieder aufzubauen. Es reicht nicht mehr zu bewahren und bloss nachhaltig zu wirtschaften, sondern es geht darum, etwas, das zerstört worden ist, wieder aufzubauen. Das Schöne daran ist, dass die Natur eine sehr starke regenerative Kraft ist, die wieder gesunde und fruchtbare Böden schafft, wenn man die entsprechenden Massnahmen ergreift. Mit der Natur arbeiten und nicht gegen sie, lautet hier das Credo.

Zur Person

Stefan Schwarzer

Stefan Schwarzer

ist Physischer Geograf und Permakultur-Designer. Er arbeitete 21 Jahre lang für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in Genf, wo er sich mit globalen Umweltthemen beschäftigte. Die Verbindung globaler Interessen und Ziele mit lokalen Handlungen, vor allem in Form von einer aufbauenden Landwirtschaft in Anlehnung an die Permakultur, ist eines seiner Hauptanliegen. Er lebt seit Ende 2012 in der Lebensgemeinschaft Schloss Tempelhof in Baden-Württemberg, wo er aufbauende Methoden der Landwirtschaft mitgestaltet. Er ist Co-Autor des Buches «Die Humusrevolution» (2017) und «Aufbäumen gegen die Dürre» (2023).

Welche Massnahmen sind erfolgsversprechend?
Minimale Bodenbearbeitung, Untersaaten, Zwischenfrüchte, Kompostwirtschaft, Integration von Tieren in der Bewirtschaftung: Das alles fördert die so wichtige Biodiversität, insbesondere im Boden, was ganz zentral ist. Agroforst bringt mehr Vielfalt über dem Boden, Windschutz, besseres Kleinklima; Wasserretention und Keyline-Design, also höhenlinienparallele Bewirtschaftung, sind weitere wichtige Massnahmen.

Oft ist auch die Rede von «Regenerativer Landwirtschaft». Ist das dasselbe wie «Aufbauende Landwirtschaft»?
Der Begriff «Regenerative Landwirtschaft» verwenden heute zunehmend von Grosskonzernen, die diese Thematik nur sehr selektiv verstehen und sich bloss auf wenige konkrete Massnahmen beschränken. Mir ist der Begriff «Aufbauende Landwirtschaft» viel lieber, weil er die Problematik wirklich grundlegend und umfassend angeht.

Wo ordnen Sie den Begriff «Permakultur» ein?
Permakultur gehört wie die aufbauende Landwirtschaft zu den Überbegriffen für ganzheitliche Lösungen. Untergeordnet gibt es in beiden Fällen,wie oben erwähnt, Massnahmen und Methoden, die jeder Landwirt angepasst auf seine individuellen Bedürfnisse anwenden kann. Permakultur ist für mich ein Gestaltungskonzept für eine ganzheitliche Landwirtschaft. Die aufbauende Landwirtschaft sieht in der Permakultur ein wichtiges Werkzeug für die Entwicklung von Lösungen.

Wie weit entspricht die Delinat-Methode, welche eine grosse Biodiversität anstrebt und dem Klimawandel mit Massnahmen der Permakultur, Agroforst und der Züchtung neuer, robuster Rebsorten begegnet, der von Ihnen propagierten aufbauenden Landwirtschaft?
Mein Eindruck ist, dass Delinat hier eine super Arbeit macht. Biodiversität und zunehmend eben auch Wasserretention und Agroforstwirtschaft, wie sie jetzt beispielweise auf Château Duvivier vorherrscht, sind neben dem Humusaufbau wichtige Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft der Landwirtschaft und des Weinbaus.

Aufbäumen gegen die Dürre, ein Buch  von Stefan Schwarzer und Ute Scheub

Aufbäumen gegen die Dürre
Stefan Schwarzer, Ute Scheub
oekom verlag 2023, auch als E-Book erhältlich

Wie Delinat-Wein dem Mehltau trotzt

Feuchtes Wetter und milde Winter bieten für zwei der grössten Bedrohungen im Weinbau optimale Bedingungen: Der Echte und der Falsche Mehltau, Oidium und Peronospora, machen Winzern das Leben schwer. Die Delinat-Winzer Grégoire Piat aus dem Bordeaux und Natalino Fasoli aus dem Veneto erzählen, wie sie dem Mehltau mit robusten Rebsorten, sogenannten PIWIs, trotzen.

Delinat-Winzer Grégoire Piat lebt und arbeitet im Bordeaux auf Château Couronneau. Sein Vater Christophe war einer der ersten Bio-Winzer in der Region. Seit einiger Zeit führt Grégoire das Weingut gemeinsam mit seinem Vater. 40 Hektar Rebfläche und 60 Hektar Wald und Wiese bilden in ihrer Gesamtheit Château Couronneau, in den oberen Hügeln von Bordeaux nahe Ligueux gelegen.

2023 war ein klimatisch hartes Jahr

Mit Starkregen, hoher Luftfeuchtigkeit und damit extremem Krankheitsdruck geriet Familie Piat im Vorjahr an ihre Grenzen. «Wir haben einen Verlust von über 60 Prozent. Und stehen dabei noch ein wenig besser da als andere Winzer, weil unser Weingut auf einer Anhöhe liegt. Zudem sind unsere Reben rundum von Wäldern geschützt.»

Durch feuchtes Wetter herrschte 2023 ein extrem hoher Krankheitsdruck 2023 im Bordeaux.
Durch feuchtes Wetter herrschte 2023 ein extrem hoher Krankheitsdruck 2023 im Bordeaux. Delinat-Winzer sehen eine wichtige Möglichkeit darin, dem Mehltau mit PIWIs zu trotzen.

Die Biodiversitäts-Hotspots in den Weingärten von Couronneau, wie sie die Delinat-Methode vorsieht, fördern die Nützlinge im Weingarten. Auch das macht die Reben standhafter. Dennoch: Von Merlot, der Hauptrebsorte auf Château Couronneau, hat die Familie eine Einbusse von 82 Prozent hinnehmen müssen. Dabei begann das Jahr ganz gut: milder Frühling, kein Hagel oder Frost. Auch wenn die Feuchtigkeit mit jedem Jahr zunimmt, was ein generelles Problem im Bordeaux darstellt.

Krankheitsdruck in der Blütezeit

Mit der Blüte, einem der kritischsten Momente im Weinjahr, kam auch die Feuchtigkeit und ein Mehltau, der nicht die Blätter, sondern die Trauben direkt befiel. «Es gab nicht wenige Winzer, die das Sprühen von Kupfer vervielfacht haben. Und das wollen wir nicht. Im August und September gab es dafür keinen Regen und starke Stürme», so Grégoire über das durchwachsene Jahr 2023.

Wie Delinat-Winzer dem Mehltau mit PIWIs trotzen

Für Grégoire und seinen Vater Christophe ist klar: Robuste Sorten sind die einzige Lösung, um einem derart hohen Krankheitsdruck von Echtem und Falschem Mehltau zu begegnen. Der Austausch zwischen Delinat, dem Rebenzüchter Valentin Blattner sowie der Rebschule Mercier ist für die Familie dabei besonders wichtig.

Delinat-Winzer Grégoire Piat glaubt an eine Zukunft von Bordeaux mit robusten Rebsorten.
Delinat-Winzer Grégoire Piat glaubt an eine Zukunft von Bordeaux mit robusten Rebsorten.

Das Problem ist nur: «Selbst wenn ich wollte, dürfte ich nicht mehr PIWI-Sorten anpflanzen. Die Maximalgrenze für robuste Rebsorten liegt bei einem Prozent für die gesamte Appellation. Gerade wird diskutiert, ob robuste Sorten auf bestehende Stöcke umgepfropft werden dürfen.» Für Piats steht fest: «Bordeaux, wie es einmal war, wird es bald nicht mehr geben. » Ohne robuste Sorten wird in der immer feuchter werdenden Region, Anbau von Wein ohne viele Spritzungen kaum mehr möglich sein. Für Grégoire Piat war es 2023 denn auch die einzige logische Konsequenz, ein Pflanzrecht für PIWI-Sorten zu beantragen.

Weniger Vetos im Veneto

Auch auf dem Weingut La Casetta nahe San Bonifacio im Veneto legen sich die sonst fröhlichen Gesichter in Sorgenfalten, als die Sprache auf das vergangene Weinjahr kommt. Die Weingärten waren 2023 von einer 25-tägigen Regenperiode ohne Unterbrechung und darauffolgenden Starkwinden geprägt. Das nach einem trockenen Jahr 2022. Als biologisch arbeitende Winzer ist man dank der Delinat-Methode zwar mit intakten Ökosystemen gesegnet, und doch wird das Weinjahr durch zunehmende Wetterkapriolen zusehends unberechenbarer. «Obwohl wir im Vorjahr mit einem der nässesten Jahrgänge überhaupt zu kämpfen hatten, stellen wir uns auf Trockenheit im nächsten Jahr ein», so Natalino Fasoli.

Wasser bleib!

Darum nehmen sich Fasolis neben der Konzentration auf robuste Rebsorten nun verstärkt dem Wassermanagement an. Das heisst: Noch mehr Wasser sparen durch die Wiederverwendung von Wasser im Keller sowie verstärkte Regenwasser-Retention.

Zusätzlich haben Fasolis mit Unterstützung von Delinat zwei Parzellen erworben, die vollständig mit robusten Rebsorten bestückt werden sollen. «Wir haben ein EU-Projekt angemeldet, in dem wir PIWIs einmal in der Ebene und einmal in der Höhe anpflanzen, in der Nähe vom Gardasee und hier bei uns in Colognola ai Colli. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse», heisst es von Paolo Zivelonghi, Natalino Fasolis rechter Hand.

«In meiner jahrzehntelangen Winzerkarriere hatte ich nie mit so schnell wechselndem Wetter zu kämpfen», resümiert Natalino die Weinernte 2023. Dabei nimmt der Pilzdruck zu. «Die Winter sind milder, die Kälte kann dem Pilz also nichts mehr anhaben und es wird feuchter. Der Mehltau findet seine perfekten Bedingungen vor», so Natalino.

Delinat-Winzer Natalino Fasoli (re.) im Gespräch über PIWI-Sorten mit Winzerberater Dani Wyss (mi.) und Weingut-Manager Paolo Zivelonghi (li.)
Delinat-Winzer Natalino Fasoli (re.) im Gespräch über PIWI-Sorten mit Winzerberater Daniel Wyss (mi.) und Weingut-Manager Paolo Zivelonghi (li.).

Guten Wein machen und die Natur schützen, das seien sie ihrer Familie und der Region schuldig. «Wir sind für Innovationen offen», so Paolo Zivelonghi. «Motiviert und mit guten Vorzeigebeispielen aus der Delinat-Welt vor Augen, setzen auch wir verstärkt auf robuste Sorten.» Soweit der Tenor eines Produzenten, der Wein und die Menschen darin mit jeder Faser liebt.

Das sieht man in Natalino Fasolis sorgenvollem Gesicht, wenn er über die ausgelaugten Weinbergsarbeiter nach einer intensiven Saison spricht. Und in seiner Freude über seinen Premium-Wein Amarone della Valpolicella, der ihm über den Gaumen ins Gedächtnis ruft, wieso er sich diesen klimatischen Nervenkitzel antut. «Ich bin überzeugt: In ein paar Jahren werden wir diese Top-Qualitäten auch mit robusten Sorten hinkriegen.»

Kulinarischer Genuss von morgen

Wie wir uns in Zukunft ernähren werden, wird vom Klima und vom Zustand der Agrarflächen bestimmt. Eine zukunftsfähige Ernährungspolitik fordert deshalb: weniger Fleisch, mehr pflanzliche Nahrung. Tipps für einen genussvollen Winter.

Noch immer wird ein Grossteil der weltweiten Agrarfläche für den Anbau von Tierfutter verwendet. Diese Flächen werden aber dringend benötigt für den Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln: Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Früchte. Aber auch der Gemüsebauer muss umdenken. Industrielle Monokulturen werfen zwar kurzfristig mehr Gewinn ab, locken aber Schädlinge an und belasten Böden und Grundwasser. Zudem sind Monokulturen genussfeindlich. Wenn Sorten in erster Linie aufgrund von Ertrag und Transportfähigkeit ausgewählt werden, haben schmackhafte und besonders nährstoffreiche Arten das Nachsehen. «Tomaten schmecken nicht mehr wie früher», klagte kürzlich meine Nachbarin.

Preiswert

Es ist bedenklich, dass nur ein Bruchteil der bekannten Gemüse- und Obstsorten für die Ernährung genutzt werden. Biodiversität sähe anders aus. Qualitativ hervorragende Produkte gibt es; sie zu finden ist ähnlich anspruchsvoll wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Eindrücklich schildert Andreas Caminada in seinem Buch «Pure Frische, meine vegetarische Küche» (AT-Verlag), wie er und sein Gärtner solche Sorten suchen und anpflanzen.

Privat ist es allerdings schwierig, Hinweise auf besonders schmackhafte und/oder resistente Sorten zu finden. Ich merke mir aber Sorten, die mir besonders gut munden und achte beim künftigen Einkauf darauf. Beispielsweise bestimmte Ochsenherz- oder Bernerrosen-Tomaten, Bergkartoffeln wie Röseler, Corne de Gatte oder Parli. Von besonders gutem Gemüse kaufen wir Samen. Sie zu ziehen, gelingt schon im kleinen Hochbeet oder in einem grossen Topf.

Eine bessere Qualität muss uns den Preis wert sein. Übrigens: 1970 gaben wir vom Einkommen über 20 Prozent für Lebensmittel aus – heute noch knapp 10 Prozent. Mit einem durchdachten Haushaltsbudget könnten also die meisten von uns qualitativ hochstehendes Gemüse kaufen. Und dank weniger Fleisch werden zusätzlich ein paar Euro oder Franken frei.

Noch nie war die Auswahl an vegetarischen Kochbüchern so gross. Darin finden wir weniger bekannte Gemüse und deren Zubereitung. So liess ich mich in den letzten Jahren inspirieren. Weiter unten finden Sie ein paar Vorschläge, wie wir genussvoll durch die Wintermonate kommen.

Sind wir die Wegweiser?

Bei Diskussionen rund um die Klimaproblematik und deren mögliche Lösungen höre ich immer wieder: «Was kann ich denn dazu beitragen, wenn die grosse Mehrheit nicht mitmacht?» Dazu Carlo Petrini, der Gründer von Slow Food: Unser Handeln auf lokaler Ebene sollte von einem Verantwortungsbewusstsein gegenüber denjenigen gelenkt sein, die gezwungen sind, diese dramatische Situation zu erleben, ohne dafür verantwortlich zu sein.

Bunte Gemüse-Chips aus dem Kochbuch «Gemüse, das Goldene von GU» / Foto © Mona Binner / www.gu.de

Weniger Fleisch – mehr Gemüse ist also ein wichtiger Beitrag zur Ernährungssicherheit. Am Anfang einer Entwicklung folgen immer nur wenige dem neuen Weg. Aber sie sind Wegweiser. Sie beeinflussen die «early adopters», diese wiederum die frühe und späte Mehrheit; zurück bleiben die Nachzügler. Hoffen wir, die Zeit reicht, bis diese neue Ernährungsform zur Norm geworden ist, zur selbstgewählten Gewohnheit. Neue Genusserlebnisse erwarten uns.

Immer einen Platz in meinem Einkaufskorb haben im Winter Petersilienwurzeln, Pastinaken, Randen (Bete), verschiedene Radicchiosorten, Berglinsen, Grün- und Schwarzkohl, Dörrtomaten, Kastanien, getrocknete Hülsenfrüchte wie Feuerbohnen und Kichererbsen. Besonders positiv fallen die Hülsenfrüchte (Leguminosen) auf. Sie versorgen die Böden mit Stickstoff. Zudem bescheren Sie uns pflanzliches Eiweiss (Protein).


Probierpaket «Genuss von morgen»

Zu den verschiedenen Gerichten, mit denen uns Peter Kropf zu einem genussvollen Winter einlädt, haben wir ein Probierpaket mit passenden Delinat-Weinen geschnürt. Zur Erinnerung: Alle Delinat-Weine werden ohne tierische Hilfsmittel erzeugt und sind somit vegan.

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Winterliche Ofengemüse

Verschiedene Wurzelgemüse in Scheiben schneiden, mit Salz und Olivenöl vermischt im Ofen garen. Dazu mag ich ein Glas Flores de Cerezo aus der spanischen Region Toro. Seine beerige Frucht und das feine Tannin runden das Gericht perfekt ab. Auch gut: Wurzelgemüse hauchdünn gehobelt und im Ofen knusprig gebacken – ein attraktiver Snack zum Apéro mit dem hocharomatischen Saxum Sauvignon blanc aus der nordspanischen Region Rueda – immer wieder ein Genuss.

Zutaten für 4 Personen

  • 600 g Gemüse, z.B. Petersilienwurzeln, Randen (rote Beete), Knollensellerie, Süsskartoffeln
  • Olivenöl, Salz
  • Kräuter und Gewürze: z.B. Thymian für die Süsskartoffeln, Kreuzkümmel für die Randen, Kardamon für Petersilienwurzeln, Korianderkörner für den Sellerie  

Zubereitung

Gemüse in Scheiben schneiden: Süsskartoffeln: ca. 1,5 cm dick, Petersilienwurzeln und Sellerie knapp 1 cm dick, Randen 5 mm dick. Mit Olivenöl und Salz gut mischen, Randen am Schluss (Farbe!). Auf ein leicht geöltes Backblech verteilen, jedes Gemüse einzeln würzen.

Im vorgeheizten Ofen bei 170° Ober- und Unterhitze 20 Min backen. Gemüse nach 10 Minuten evtl. wenden, um das Austrocknen zu vermeiden.

Rüebli-Crêpes

Die grossartige Köchin Tanja Grandits hat die altbekannten Karotten (Rüebli) neu interpretiert: Crêpes gefüllt mit Karotten, Feta und Haselnüssen, überzogen mit einer Haselnusssauce. Welcher Wein passt dazu? Eine vinologische Herausforderung, die, wie ich finde, der vielseitige Château Coulon Sélection spéciale aus Südfrankreich elegant meistert. Wer Weisswein vorzieht, dem sei zum Pflüger Lebensturm aus der Pfalz geraten: blumige Noten mit mineralischen Anklängen.

Zutaten für ca. 6 Personen

SAUCE:

  • 100 g Haselnüsse, geröstet
  • 200 ml Gemüsefond
  • 3 EL Sojasauce
  • 2 EL weisser Balsamicoessig
  • 1 EL Honig
  • 1 Prise Chiliflocken
  • Salz

TEIG:

  • 240 g Kichererbsenmehl
  • 90 ml Milch
  • 160 ml Rüeblisaft (Karottensaft)
  • 6 Eier
  • 180 g Rüebli (Karotten), geschält und sehr fein geraspelt
  • 3 EL Olivenöl
  • ½ TL Fenchelsamen, gemörsert
  • ½ TL Salz
  • Muskatnuss, frisch gerieben
  • 1 EL Olivenöl zum Braten

FÜLLUNG:

  • 5 Rüebli (Karotten; ca. 350 g)
  • 1 unbehandelte Zitrone, Saft
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 EL Honig
  • 100 g Haselnüsse, geröstet und gehackt
  • 250 g Feta
  • Fleur de Sel
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Zubereitung

Alle Zutaten für die Sauce in einem leistungsstarken Mixer fein pürieren und abschmecken.

Alle Zutaten für den Teig gut verrühren und abschmecken. Im Kühlschrank 30 Minuten ziehen lassen.

Eine beschichtete Pfanne oder noch besser eine Crêpe-Pfanne erhitzen und wenig Olivenöl darin mit einem Küchenpapier verteilen. Nach und nach aus dem Teig dünne Crêpes ausbacken und aufeinanderstapeln.

Für die Füllung die Rüebli schälen und raspeln, mit Zitronensaft, Olivenöl und Honig marinieren und abschmecken. 80 g Haselnüsse sowie den fein zerbröselten Feta untermischen. Mit Fleur de Sel und schwarzem Pfeffer abschmecken. Die Crêpes mit dem Rüeblimix füllen und mit der Sauce und den restlichen Haselnüssen servieren. Nach Belieben vor dem Servieren im Ofen erwärmen.

Hinweis: Dieses Rezept stammt aus dem Buch «Einfach Tanja» von Tanja Grandits (AT-Verlag).

Antipasto misto

Mit solchen Gerichten fällt es mir leicht, öfter auf Fleisch zu verzichten. Gerne überrasche ich Freunde mit abgewandelten Fleischgerichten. Beispielsweise ein Antipasto statt mit Schinken und Salami einmal mit geschmortem Cicorino, gebratenen Petersilienwurzelscheiben, einem Püree von weissen Bohnen oder Kichererbsen (Hummus) und Oliven. Dazu passen sowohl ein Weisswein – wiederum der Saxum Sauvignon blanc – oder dann ein junger, fruchtiger Rotwein ohne Holzausbau, wie der Barbera von Cecilia Zucca aus dem Piemont – einer meiner Favoriten aus dem Lager der trinkigen Spassweine.

Zutaten für 4 Personen

  • 2-3 Cicorino Trevisano oder Tardivo
  • Salz, weisser Pfeffer frisch gemahlen
  • Olivenöl
  • Aceto Balsamico
  • 150g Petersilienwurzel
  • Salz, gerösteter, gemörserter Kardamon
  • 150 g weisse Bohnen
  • ½ TL Zitronensaft
  • Salz, Rapsöl
  • Oliven

Zubereitung

Cicorino halbieren oder vierteln, in wenig Olivenöl braten bis er knapp weich ist. Mit Salz, Pfeffer und etwas Aceto Balsamico würzen.

Petersilienwurzel schälen, in 5 mm dicke Scheiben schneiden, salzen und in Olivenöl knapp gar braten. Mit Kardamon würzen.

Bohnen 12 Stunden in kaltes Wasser einlegen, abgiessen und mit ungesalzenem Wasser gar kochen. Zitronensaft zu den Bohnen geben, diese pürieren und mit soviel Rapsöl mischen, bis ein cremiges Püree entsteht.

Für jeden Gast einen Teller anrichten oder alles auf eine grosse Platte legen. Dazu schmeckt eine knusprige Parisette.

Linsen-Bolo

Statt Rindfleisch-Bolognese zur Pasta gibt’s bei uns eine Sauce aus Berglinsen, kleinsten Sellerie- und Karottenwürfelchen, kräftig gewürzt. Dazu ein Rotwein wie der vielschichtige Rita Marques Bou-Bela aus der portugiesischen Region Douro. Seine würzigen Noten und das feine Tannin helfen ihm, dem reichhaltigen Gericht die Stange zu halten.

Zutaten für 4 Personen

  • 100 g Berglinsen
  • Salz und schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen
  • 300 g Karotten, Zwiebeln, Knollensellerie
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 EL Tomatenpüree
  • 2 EL Olivenöl
  • 1 Lorbeerblatt, 1 TL getrocknetes Bohnenkraut
  • 50 ml Rotwein Rita Marques BouBela
  • 1 EL Sojasauce
  • 300 g Pasta nach Belieben

Zubereitung

Linsen mit Wasser spülen, in ungesalzenem Wasser ca. 25 Minuten weich garen; abgiessen.

Gemüse und Zwiebeln in Würfelchen (4-5 mm) schneiden. Zusammen mit dem gepressten Knoblauch und dem Tomatenpüree in Olivenöl leicht rösten, Salz, Lorbeerblatt und Bohnenkraut beigeben und Gemüse bissfest garen; mit Rotwein und Sojasauce abschmecken. Mit den Linsen mischen und warm halten.

Pasta al dente garen, etwas Pastawasser zum Linsenbolo geben, Pasta abgiessen und mit der Linsenbolo mischen. Mit Pfeffer würzen. Schmeckt hervorragend mit und ohne Parmigiano Reggiano.

Gemüse-Chips

Zutaten für 4 Personen

  • 400 g Wurzelgemüse (z. B. Rote Bete, Pastinake, Petersilienwurzel, Möhre)
  • 4 EL Olivenöl (oder Rapsöl)
  • Salz

Zubereitung

Ofen auf 140° vorheizen. Das Gemüse putzen, schälen und mit einem Gemüsehobel oder einem scharfen Messer in dünne Scheiben schneiden. Die Scheiben mit Küchenpapier beidseitig gut trocken tupfen, dann in eine Schüssel geben und mit dem Öl gut vermischen.

Zwei Backbleche mit Backpapier auslegen und darauf die Gemüsescheiben nebeneinander verteilen.

Die Bleche in den heissen Ofen schieben. Einen Holzkochlöffelstiel in die Ofentür klemmen, damit Dampf entweichen kann. Die Chips in 30–40 Minuten knusprig backen, dabei nach der Hälfte der Backzeit einmal wenden.

Fertige Gemüse-Chips aus dem Ofen nehmen und in einer Schüssel vorsichtig mit Salz mischen. Beim Abkühlen werden die Chips noch etwas knuspriger. Zu diesem Rezept empfehlen wir den Saxum Sauvignon Blanc.

Hinweis: Dieser Rezept stammt aus dem Buch «Gemüse, das Goldene von GU».

Anhaltende Trockenheit in Katalonien

Die anhaltende Trockenheit in Katalonien ist auch für Delinat-Winzer in Spanien eine enorme Herausforderung. Wir haben mit Josep Maria Albet i Noya aus dem Penedès über mögliche Lösungswege gesprochen.

Als längjähriger Delinat-Winzer beobachtet Josep Maria die Natur schon lange. Jede Rebe kennt der Katalane quasi beim Namen, das Weingut Albet i Noya leitet der 67-jährige seit er 16 Jahre alt ist.

Kommt das Gespräch auf die anhaltende Trockenheit in Katalonien im Jahr 2023, legt sich das ansonsten von Lachfalten geprägte Gesicht des Winzers in Sorgen. «Wir warten seit drei Jahren auf den Regen.»

Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya im Gespräch mit Weinakademiker David Rodriguez von Delinat
Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya berichtet von der anhaltenden Dürre im Penedès

2020 gab es im Norden Spaniens nahe Barcelona Niederschlag im Überfluss, seitdem sitzt man in Katalonien auf dem Trockenen. «Die Tanks sind leer», so Winzer Albet i Noya, «wir haben uns auf den Regen vorbereitet, sind gewappnet alles aufzufangen, was der Himmel herunterlässt. Es muss nur kommen.»

Landwirte in ihrer Existenz bedroht

Inzwischen ist die anhaltende Trockenheit in Katalonien auch in internationalen Medien gelandet. Bilder von ausgetrockneten Landstrichen gehen um die Welt. So berichtete das Schweizer Fernsehen SRF zuletzt von einer Ausweitung der Beschränkungen im Wasserverbrauch für Privathaushalte und Landwirtschaft. Letztere muss 40 Prozent des Wassers einsparen, heisst es beim SRF. Werden diese Massnahmen verschärft, so seien wohl viele Landwirte in ihrer Existenz bedroht.

Winzer formieren sich

Auch Winzer Josep Maria Albet i Noya und sein Sohn Martí, der inzwischen an der Seite von Josep Maria die Geschicke am Weingut leitet, berichten von einer Versammlung mit 60 Winzern aus Katalonien zum Thema anhaltende Trockenheit. «Wir haben eine solche Trockenheit noch nie erlebt», heisst es auch dort. Das letzte Mal gab es im Jahr 1725 eine derartige Trockenperiode in Katalonien.

Diese hat 25 Jahre angedauert. «Hoffen wir, dass sich das nicht wiederholt», lacht Josep Maria doch etwas gequält. Was die Ernte betrifft, so gibt es Parzellen mit nahezu hundert Prozent Ernteverlust. Der Ertrag ist hitzebedingt sehr gering.

Das Weingut im Mai 2023. Auch tiefer wurzelnde alte Reben hielten der anhaltenden Trockenheit in Katalonien kaum mehr stand.
Das Weingut im Mai 2023. Auch tiefer wurzelnde alte Reben hielten der anhaltenden Trockenheit in Katalonien kaum mehr stand.

Nicht einmal die alten Reben, die der Trockenheit in der Regel durch ihr tieferes Wurzeln besser standhalten, hätten der Hitze heuer getrotzt. «Auch in den unteren Erdschichten ist kein Wasser mehr», so Josep Maria.

Überlebt haben nur die Reben, die bewässert wurden. So wie der Versuchsweingarten mit robusten Sorten. Das bestärkt Josep Maria einmal mehr, diesen Weg zusammen mit Delinat und Valentin Blattner konsequent weiter zu gehen.

Massnahmen gegen Trockenheit

Doch gerade weil Josep Maria und Martí von Albet i Noya nicht zu den Menschen gehören, die ihre Hände in den Schoss legen und sich ihrem Schicksal ergeben, ist bereits eine Maschine für einen neuen Weingarten-Versuch durch Albet i Noyas Weingärten gefahren.

Die Idee: Wasser gleich in tiefere Schichten dringen zu lassen. So, dass kein Wind die Feuchtigkeit verwehen kann. Leitungen am Dach, eine Empfehlung der Delinat-Winzerberater, kanalisieren das Wasser in ein Aufbewahrungsbecken.

Sogar das Wasser, das an den grossen, nackten Felsen hinabrinnt, an denen sich das Weingut schmiegt, wird in Zukunft nicht mehr verloren gehen. Kommen muss es nur, das Wasser, und möge es kein einzelner Tropfen auf den heissen Stein sein.

Dazu Delinat-Winzerberater Daniel Wyss: «Im Süden Europas ist Trockenheit ein immer massiveres Problem. Auch auf unserem Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence erleben wir eine grosse Trockenheit und sinkende Erträge. Wir haben keine Bewässerung dort und versuchen mit Massnahmen der Permakultur, Agroforst, Begrünung und Retentionsmassnahmen dagegen zu halten. Ziel ist es, die Infiltration bei Starkniederschlägen zu verbessern, die Temperatur und die Evaporation zu verringern, die Speicherfähigkeit der Böden zu verbessern und mit Retentionsbecken das Abfliessen von Regenwasser zu verhindern.»

Anhaltende Trockenheit in Katalonien

Ein Blick auf eine Darstellung des LCSC: Climatology and Climate Services Laboratory zeigt die Summe der Regenmenge sowie des verdunsteten Wassers in Spanien. Der Beobachtungszeitraum liegt zwischen November 2021 und November 2023.

Die Trockenheit in Katalonien ist demnach höher als in Andalusien, ein Landstrich, mit traditionell sehr hohen Temperaturen und Regen meist nur während der Wintermonate.

Die Darstellung des LCSC zeigt die Summe der Regenmenge sowie des verdunsteten Wassers in den Jahren 2021 bis 2023. (c)LCSC: Climatology and Climate Services Laboratory
Die Darstellung des LCSC zeigt die Summe der Regenmenge sowie des verdunsteten Wassers in den Jahren 2021 bis 2023. (c)LCSC: Climatology and Climate Services Laboratory

Delinat-Winzer wie Josep Maria Albet i Noya nahe Barcelona verzagen ob der anhaltenden Trockenheit in Katalonien dennoch nicht. Er sagt: «Wir sind bereit. Jeder Tropfen der kommt, bleibt ab jetzt im Weingut.» Dass mit ihm ein Meister der Weinbereitung am Werk ist, zeigen erste Kostproben aus dem Jahr. Die Ernte bringt auch 2023 wieder hervorragende Tropfen, wenn auch bedeutend weniger als in den Jahren zuvor.

Fassgereift

Wein und Eichenholz: Diese Kombination verzückt viele Weinliebhaber. Weshalb werden Fässer für die Weinbereitung verwendet? Wie wirkt sich Holz auf den Wein aus? Wie gehen Delinat-Winzer mit diesem Thema um? Wie entstehen Holzfässer, und was geschieht mit ihnen, wenn sie im Weinkeller ausgedient haben? Begeben Sie sich mit uns auf den Holzweg.

Weinprobe aus dem Barrique

Die Partnerschaft von Wein und Holz ist eine uralte. Ursprünglich war es in der mediterranen Weinwelt üblich, Wein in Amphoren aus Ton reifen zu lassen. Das war vorab im Kaukasus und insbesondere in Georgien der Fall – Gebiete, die als Wiege der Weinbereitung gelten. Doch bereits zu jener Zeit griffen die Römer für die Aufbewahrung von Wein auch auf Holzfässer zurück. Das Holzfass, in dem Wein ausgebaut, gelagert und transportiert wird, hat also eine lange Tradition und liess sich auch durch moderne Errungenschaften wie den Edelstahltank nicht verdrängen.

Gefragt ist Eichenholz

Mit gutem Grund: Während der luftdichte, geschmacksneutrale Stahltank das ideale Ausbaugefäss für fruchtbetonte, jung zu trinkende Weine ist, eignen sich die porösen und damit nicht ganz luftdichten Holzgefässe für den Ausbau und die harmonische Reife gehaltvoller, lagerfähiger Weine. Je nach Grösse des benutzten Fasses und der Dauer der Fassreife wirkt sich das Holz unterschiedlich auf die Aromatik, die Tannine und die Lagerfähigkeit des Weines aus. Bevorzugt werden Fässer aus Eichenholz. Dies deshalb, weil Eichen langsam wachsen und dadurch eine härtere und dichtere Struktur im Vergleich zu den meisten anderen einheimischen Holzarten aufweisen. Gelegentlich kommen aber auch Fässer aus Kastanie, Akazie oder Kiefer zum Zug.

Die Magie des Barriques

Weinprobe aus dem Holzfass

Das wohl bekannteste Holzfass ist das aus dem Bordeaux stammende Barrique mit einem Fassungsvermögen von 225 Litern. Im Burgund wird dieses Format auch als Pièce bezeichnet. Es fasst 228 Liter. Weil beim Barrique relativ wenig Wein von relativ viel Holz umgeben ist, sind die Auswirkungen auf Aromatik und Geschmack viel stärker als beim Einsatz von grossen Holzfässern mit Fassungsvermögen von 3000 und mehr Litern. Welche Aromen das Barrique im Wein hinterlässt und wie stark diese sind, hängt vom sogenannten Toasting (siehe Artikel «Wie ein Holzfass entsteht»), der Anzahl Benutzungen und der Dauer der Fassreife ab. Beim Toasting werden drei Stufen unterschieden: leicht, mittel und stark. Am stärksten wird die Weinaromatik durch neue, stark getoastete Barriques beeinflusst. Im Wein dominieren dann deutlich Holz-, Vanille-, Schokolade-, Rauch- oder Kaffeenoten. Neben dem Toasting spielt auch die Nutzungsdauer eine wichtige Rolle. Je häufiger man ein Fass mit Wein füllt und diesen darin reifen lässt, desto weniger aromatische Komponenten gibt das Holz an den Wein ab. Oft werden Barriques deshalb spätestens nach der dritten Belegung ausgemustert. Je länger ein Wein im Holzfass reift, desto weicher und komplexer wird er. Die Tannine werden milder, und der Säuregehalt geht zurück.

Während Barriques die Fähigkeit haben, intensive Aromen und Geschmacksprofile in relativ kurzer Zeit zu beeinflussen, zielen grosse Holzfässer eher auf eine langsame, nuancierte und harmonische Reifung ohne deutlich erkennbaren Holzeinfluss ab. Die Wahl der Fasstypen hängt von den gewünschten Eigenschaften des Weines, vom bevorzugten Stil des Winzers und von der angestrebten Reifedauer ab. Dadurch wird eine breite Palette von Geschmacksrichtungen und Weinstilen ermöglicht. Kurz: Die Holzfasslagerung ist eine Kunst und erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Wie Delinat-Winzer und -Önologinnen damit umgehen, zeigen sie anhand ausgewählter Weine auf den folgenden Seiten.

Beatriz Izquierdo Rodríguez,
Önologin Bodega Osoti, Rioja

Beatriz Izquierdo Rodríguez, Önologin
auf der Bodega Osoti

Für mich ist der Ausbau im Barrique eine Veredelung des Weines. Damit lassen sich Aromen- und Geschmacksspektrum sowohl im Bukett wie am Gaumen erweitern. Der Wein lässt sich so mit würzigen Aromen nach Vanille, Zimt und Nelken, Leder-, Röst- und Schokoladenoten anreichern und gewinnt an Vielschichtigkeit und Komplexität. Dank minimaler Sauerstoffzufuhr (Mikrooxidation) kann sich der Wein im Holzfass auf natürliche Weise entfalten und wirkt am Gaumen weicher und runder. In unserem Keller setzen wir auf klassische 225-Liter-Barriques aus französischer und amerikanischer Eiche. Mein Liebling ist das Barrique aus feinporiger, französischer Eiche. Es sorgt für feine, dezente Holznoten und eine schöne Tanninstruktur, wie beispielsweise beim Osoti Vendimia Seleccionada. Diesen Rotwein lassen wir mindestens 12 Monate vorwiegend in gebrauchten Barriques reifen. Der Holzeintrag bleibt so im Hintergrund und begleitet die Fruchtaromen entsprechend dezent. Für mich besticht dieser Wein durch eine schöne Reife, geschmeidige Tannine und einen harmonischen Gesamteindruck.

Yolanda Martínez,
Önologin Bodegas y Viñedos Quaderna Via, Navarra

Yolanda Martínez, Önologin auf der Bodegas y Viñedos Quaderna Via

Für uns ist der Ausbau im Barrique für Weine im gehobeneren Segment unverzichtbar. Von solchen Weinen erwartet man Aromareichtum, Komplexität und Tiefe. Dafür eignet sich die Reife im kleinen Holzfass bestens. Uns ist jedoch ein moderater Barrique-Einsatz wichtig, da nicht die Eigenschaften des Holzes, sondern diejenigen des Weines dominieren sollen. Wir verwenden Barriques aus französischer und amerikanischer Eiche, wobei Erstere unser Favorit ist, weil sie einen besonders subtilen und finessenreichen Einfluss auf den Wein hat.

Wir verwenden neue und gebrauchte französische Barriques auch für unsere Valdega Reserva, ein voluminöser, extraktreicher Rotwein, der die Voraussetzungen für einen langen Barrique-Ausbau mitbringt. 18 Monate Zeit gönnen wir ihm im kleinen Holzfass. So kommt er zu feinen Vanille- und Röstaromen, einer harmonischen Struktur und feinkörnigen Tanninen.

Niki Moser,
Winzer Weingut Sepp Moser, Kremstal

Niki Moser, Winzer auf dem Weingut Sepp Moser

Wenn wir unsere Weine im Holzfass ausbauen, dann vor allem, um sie atmen zu lassen. Keinesfalls soll der Holzgeschmack dominant sein. Deshalb verwenden wir entweder grosse Fässer oder gebrauchte Barriques. Die grossen Fässer mit 1000 bis 2500 Liter Fassungsvermögen stammen von österreichischen Fassbindern und sind aus einheimischer Eiche gefertigt. Die Wälder für dieses Holz befinden sich 50 bis 70 Kilometer von unserem Weingut entfernt. Die gebrauchten Barriques kaufen wir in Frankreich. Wir verwenden nie neue Barriques, weil wir keine holzbetonten Weine wollen.

Beim Zweigelt vom Holzfass kommen drei Ausbaugefässe zum Einsatz: Ein Teil reift im grossen Holz, ein Teil im gebrauchten Barrique und ein Teil im Stahltank. Der Stahltank-Ausbau unterstreicht die Frucht, das grosse Fass betont die Eleganz, und das Barrique sorgt für Komplexität. Durch die Assemblage der drei Weine entsteht ein harmonisches Ganzes. Aus meiner Sicht bewirkt der Ausbau im Holz bei diesem Wein geschmeidigere Tannine, sodass er trotz seiner Jugend schon gut zugänglich ist und viel Trinkgenuss bietet.

Christophe Piat,
Château Couronneau, Bordeaux

Christophe Piat, Winzer auf Château Couronneau

Wein im Holz reifen zu lassen, das gefällt uns sehr, allerdings nur in einer ganz bestimmten Form. Nie käme es uns in den Sinn, neue Barriques zu gebrauchen. Diese bringen zu viele Tannine in den Wein und verändern die Aromen für unseren Geschmack zu stark. Wir decken uns jeweils beim berühmten Château Ausone mit gebrauchten Barriques ein. Darin bauen wir die Weine während 12 bis 18 Monaten aus. Für uns steht beim Holzeinsatz die Mikrooxidation im Vordergrund, die durch den minimen Sauerstoffeinfluss die Adstringenz der Tannine verringert und die aromatische Komplexität und die Textur des Weines verbessert.

Unser Château Couronneau Sainte- Foy, eine Cuvée aus Merlot und Cabernet Franc, bauen wir in zwei verschiedenen Gefässen aus: den Merlot in gebrauchten Barriques, den Cabernet Franc in Steinzeug-Amphoren, die für diese Sorte besonders geeignet sind. Einmal assembliert, ist der Holzeinsatz bei diesem Wein meiner Meinung nach bloss in der polierten Körnung des Tannins und den Vanille- und Lakritzenoten in der Mitte des Mundes spürbar.

Anne und Jean Lignères,
Domaine Lignères, Languedoc

Anne und Jean Lignères, Winzer auf der
Domaine Lignères

Holzfässer setzen wir nur sehr zurückhaltend ein. Holz hat eine Tendenz, den Wein zu maskieren, ihm eine leichte Unschärfe zu verleihen, vergleichbar mit einem unscharfen Foto, auf dem man zwar das Motiv erkennt, aber nicht präzise. Wir nutzen ein speziell für unsere Bedürfnisse hergestelltes, neutrales Barrique aus französischer Eiche nur, um unerwünschte Tannine zu beseitigen. Wir streben eine gute Tanninstruktur, ja gar eine leichte Bitterkeit an. Das bringt Energie in den Wein.

Seit zwölf Jahren kaufen wir keine Barriques mehr. Wir wollen ganz davon wegkommen. Stattdessen setzen wir auf Ton-Eier und Gefässe aus Terracotta und Steingut. Diese lassen den Wein ebenfalls atmend reifen, nehmen aber keinen Einfluss auf den Geschmack. Den Roches d’Aric 2020 haben wir zu vier Fünfteln in Stahl- und Zementtanks ausgebaut, den Rest im Barrique. Auf diese Weise bleibt die Frucht erhalten, durch den Einsatz von neutralem Holz ist es zudem gelungen, die Tannine des Syrah zu verfeinern.

Natalino Fasoli,
Winzer Azienda La Casetta, Veneto

Natalino Fasoli, Winzer auf der Azienda La Casetta

Wir nutzen das Holzfass, um unsere besonders gehaltvollen und vielschichtigen Weine zu verfeinern. Wenn sie in Ruhe atmend reifen können, gelingt dies am besten. In der Regel verwenden wir kleine und grosse Holzfässer aus französischer Eiche. Sie sind am besten geeignet, um unseren Weinen Eleganz, Komplexität und Harmonie zu verleihen.

Unseren Ripasso La Casetta bauen wir im 500-Liter-Tonneau aus. Dieses Format erlaubt eine raschere Reifung als das Barrique. Wenn man eine rasche Reifung anstrebt, ist es auch von Vorteil, auf neue Fässer zu verzichten, denn diese können störende Röstaromen zum Wein führen. Beim Ripasso wollen wir die Frucht bewahren, das gelingt mit gebrauchten Tonneaux bestens. Nach der ersten Gärung wird der Wein während rund zwei Wochen mit Traubenschalen aus der Amarone-Erzeugung angereichert. So erhält er mehr Farbe, Tiefe und Dichte und findet beim finalen Ausbau im Holz seine schöne Harmonie.

Probierpaket Fassgereift

Mit viel Können und Feingespür setzen unsere Winzer und Önologinnen das Holzfass bei der Weinbereitung ein. Sie spielen mit verschiedenen Formaten und kombinieren Holz auch mit anderen Gefässarten. Unser Probierpaket mit sechs fassgereiften Weinen zeugt von der grossen Vielfalt, welche die Kombination von Wein und Holz bereithält. ->Zum Probierpaket

Couronneau Sainte-Foy 2020
Bei diesem vollmundigen Bordeaux kombinieren Christophe und Grégoire Piat ihre Hauptsorte Merlot mit Cabernet Franc. Ersterer reifte ein Jahr im gebrauchten Barrique, Letzterer ebenso lange in der Steinzeug-Amphore.

Osoti Vendimia Seleccionada 2020
Beatriz Izquierdo Rodríguez‘ zeitgenössischer Spanier für Rioja-Liebhaber und solche, die es werden wollen, reifte 17 Monate in gebrauchten Barriques. Der Holzeintrag bleibt im Hintergrund, dezente Röstaromen machen den Wein zum idealen Begleiter von Grilladen und Käse.

Roches d’Aric 2020
Grossartige Eleganz, gepaart mit Balance und Finesse, zeichnen diese Cuvée von Jean und Anne Lignères aus. Hauptsächlich in Zementtanks gereift, ein kleiner Teil des Weines in gebrauchten französischen Barriques.

Ripasso La Casetta 2020
Im Tal der vielen Keller (Valpolicella) reifen authentische Rotweine, die man jeden Tag mit Freude geniessen kann. Das gilt für den Ripasso La Casetta der Familie Fasoli ganz besonders. Rund 18 Monate im 500-Liter-Tonneau harmonisch gereift.

Moser Zweigelt vom Holzfass 2021
Niki Moser mit einem authentischen Zweigelt, der trotz feiner Holznote ungeschminkt das Terroir zum Ausdruck bringt. Gereift im grossen Holzfass, ein kleiner Teil im Stahltank und im gebrauchten Barrique. Macht Lust auf Pilzgerichte.

Valdega Reserva 2016
Am spanischen Jakobsweg keltert Önologin Yolanda Martínez vom Navarra-Weingut Quaderna Via Weine wie diese feingliedrige Reserva. Der diskrete Charme feinster Barrique-Aromen ist das Resultat von 18 Monaten Reife in neuen und gebrauchten Barriques.

Wie ein Weinfass entsteht

Es gibt nicht mehr viele Küfer, die Fässer traditionell von Hand anfertigen. Einer davon ist Martin Thurnheer aus dem kleinen Winzerdorf Berneck im St. Galler Rheintal. In fünfter Generation führt er das jahrhundertealte Handwerk weiter. Delinat-Winzer Roland Lenz setzt auf die Qualität der Küferei Thurnheer.

Wenn man in Berneck vor der Küferei Thurnheer steht, fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Die Werkstatt befindet sich in einem traditionellen Haus mit Holzschindeln, vor dem Gebäude steht ein riesiges, drei Meter hohes Fass von zwei Metern Durchmesser, vor der Tür steht ein Amboss. In der Werkstatt ist lautes Hämmern zu hören, und es ist sofort klar, dass hier noch ein traditionelles Handwerk ausgeübt wird. Küfer Martin Thurnheer stellt seine Fässer immer noch weitgehend nach derselben Methode her, wie es einst sein Urgrossvater getan hat. Denn bereits seit 1854 werden hier Lagerfässer, Barriques, Gärstanden, Holzbadewannen und weitere Fassgebinde hergestellt.

Altehrwürdige Eichen

Martin Thurnheer versteht sein Handwerk

Dasselbe Alter wie die Küferei können die Eichen haben, die für die Herstellung eines Fasses verwendet werden: Meistens sind sie zwischen 50 und 150 Jahre alt. Damit sämtliche Qualitätskriterien erfüllt werden, geht Martin Thurnheer gemeinsam mit dem Forstwart in die Wälder der Region, um das beste Eichenholz eigenhändig auszuwählen. Stammdurchmesser, Stammlänge und gerader Wuchs sind wichtige Faktoren, um später ein Fass in Top-Qualität herstellen zu können. Das Eichenholz muss feinporig und dicht gewachsen sein. Es wird anschliessend zur Küferei gebracht, zugeschnitten und gespalten. Danach wird es für drei Jahre gelagert, bis es bereit ist für die Fassproduktion: zwei Jahre draussen bei Wind und Wetter, ein Jahr im Trockenen.

Wasser und Feuer

Wenn Martin Thurnheer mit dem Bau eines Fasses beginnt, muss er zuerst die Fassdauben (Längshölzer) millimetergenau in die richtige Form hobeln. Hier ist Präzision entscheidend: Wenn eine Daube nicht perfekt im richtigen Winkel gehobelt wird, ist das Fass später undicht. Anschliessend werden die Dauben innerhalb eines Metallreifes zu einem Fass zusammengefügt. Um die typische Rundung eines Fasses zu bekommen, wird innerhalb des halb fertigen Fasses ein Feuer entzündet und dann während rund einer Stunde immer wieder Wasser an die Innen- und Aussenseite des Fasses gespritzt. So können die Fassdauben mit dem sogenannten Dampfbiegeverfahren und einem Stahlseil in die gewölbte Form gebracht werden. Damit das Fass anschliessend in dieser Form bleibt, werden weitere Metallreife um das Fass herum angebracht.

Das Barrique – ein Tageswerk

Die in der Weinwelt omnipräsenten Holzaromen im Wein werden durch das Toasten, also durch die Röstung der Innenseite des Fasses, erreicht: Dazu wird wiederum in der Mitte des Fasses ein Feuer entfacht, bis die gewünschte Röstung erreicht ist. Dies bringt die unverkennbaren Schokoladen-, Vanille- und Kokosaromen in den Wein, die bei manchen Weinfreunden sehr beliebt sind. Nachdem auch Boden und Deckel eingefügt sind und das ganze Fass noch einmal sauber abgeschliffen ist, wird getestet, ob es komplett dicht ist. Falls das eingefüllte Wasser nicht irgendwo ausläuft, ist das Fass bereit für den Winzer. Für das Zusammenbauen eines klassischen Barrique-Fasses benötigt Martin Thurnheer ungefähr einen Tag, ein grosses Fass kann schon mal gut drei Wochen Arbeit benötigen. Das grösste Fass, das Martin Thurnheer je hergestellt hat, fasste 18’000 Liter.

Das Gute liegt so nah

Einer, der auf die Qualität der Thurnheer- Fässer baut, ist Delinat-Winzer Roland Lenz aus der Ostschweiz. Ein grosser Pluspunkt ist für ihn die lokale Herkunft der Eiche: «Wir wählten in den letzten Jahren den Weg, möglichst viel Eiche aus der Region zu verwenden, denn Eichen wachsen ja hier bei uns im Thurgau.» Während der Delinat-Winzer nur bei wenigen Weissweinen auf einen Ausbau im Holz setzt, kommen fast sämtliche Rotweine während ein paar Monaten ins Holzfass. Das Ziel ist nicht, möglichst präsente Holzaromen in den Wein zu bringen, sondern den Wein in Ruhe atmend reifen zu lassen.

Probierpaket Fassgereift

Mit viel Können und Feingespür setzen unsere Winzer und Önologinnen das Holzfass bei der Weinbereitung ein. Sie spielen mit verschiedenen Formaten und kombinieren Holz auch mit anderen Gefässarten. Unser Probierpaket mit sechs fassgereiften Weinen zeugt von der grossen Vielfalt, welche die Kombination von Wein und Holz bereithält. ->Zum Probierpaket

Was geschieht mit alten Barrique-Fässern?

Weinkeller mit Barriquefässern

Rund 1000 Euro kostet ein neues Barrique. Es gibt Weingüter, die nutzen es bloss einmal für die Weinbereitung, andere immerhin zwei- bis dreimal. Der Einfluss des Holzes auf den Wein endet nämlich spätestens nach der dritten Belegung. Unter den Delinat-Winzerinnen und -Winzern gibt es aber viele, die das kleine Holzfass viel länger als Reife- und Lagerbehältnis nutzen. Doch irgendwann hat für jedes Barrique die letzte Weinstunde geschlagen. Was passiert dann mit den ausgemusterten Fässern? Für viele gibt es erfreulicherweise ein zweites Leben. Häufig werden sie für die Lagerung von Whisky, Gin oder anderen Spirituosen verwendet. Es gibt aber auch viele kreative Recycling-Möglichkeiten.

Barrique-Brillen

In der deutschen Pfalz gibt es einen innovativen Jungwinzer, der aus seinen alten Barrique-Fässern Brillen herstellt. Jürgen Graf hat im Jahr 2014 das Start-up Mybarrique gegründet. Die Idee sei aus einer Wein-Laune heraus entstanden: «Ich teilte mir damals beim Weihnachtsmarkt in Bochum einen Stand mit einem Optiker. Nach ein paar Gläsern Wein und guter Laune auf dem Weihnachtsmarkt kam uns die Idee, aus alten Barrique-Fässern Brillen herzustellen», erzählt er mit einem Schmunzeln. Gesagt, getan: Nach verschiedenen Abklärungen hat er sich entschieden, aus seinen alten Fässern in Italien Brillen herstellen zu lassen. «Das war damals eine Weltneuheit», sagt Jürgen Graf. Aus einem Barrique entstehen zirka 150 Brillen. «Wir lassen jährlich vier bis fünf alte Barriques aus unserem Weingut verarbeiten.» Angeboten werden verschiedene Brillen-Modelle: Pinot, Merlot, Shiraz und Cabernet. Mit nur 23 Gramm gehören die Brillen zu den leichtesten Holzgestellen auf dem Markt.

Möbel und Dekorationsobjekte

Barrique von Château Duvivier

Auch Küfer Martin Thurnheer (siehe Artikel «Wie ein Weinfass entsteht») befasst sich nicht nur mit dem Bau von Fässern, sondern auch mit deren Recycling. Auf Anfrage stellt er aus Holzfässern Bars oder Sitzbänke her. Alte Fässer finden auch Verwendung als Blumentöpfe oder Regenfässer. Sogar sogenannte Fassdauben-Skis hat der Rheintaler Küfer schon aus alten Fässern hergestellt. Delinat-Winzerinnen und -Winzern ist es ebenfalls ein Anliegen, dass die alten Barriques nicht im Müll landen. «Wir verkaufen sie an eine Privatperson, die daraus Möbel und Dekorationsgegenstände herstellt», sagt Grégoire Piat von Château Couronneau. Ebenfalls für solche Zwecke finden Anne und Jean Lignères sowie Raúl Ripa von der Bodegas Quaderna Via Abnehmer. Winzer Niki Moser verrät: «Wir nutzen unsere Barriques fünf bis sechs Jahre lang. Danach sind sie als Stehtische oder Regentonnen recht beliebt. Es gibt immer ein reges Interesse an alten Barriques.» Francisco Ruiz vom Weingut Osoti nutzt sie zum Teil für die Herstellung von biodynamischen Präparaten, als Bartische oder als Grillholz. Natalino Fasoli von der Azienda La Casetta gibt seine alten Fässer an einen befreundeten Schreiner weiter, der daraus Garderobenständer, Schneidebretter und andere nützliche Gegenstände fertigt. Auch unser langjähriger Delinat-Kundenberater Kevin Benz hat sich schon kreativ mit alten Barrique-Fässern beschäftigt: Für ein Restaurant hat er kunstvolle Weinregale aus alten Fassdauben hergestellt.

Falls Sie Interesse an einem gebrauchten Eichenholz-Barrique haben: Bei Delinat können Sie ausgemusterte Fässer vom firmeneigenen Weingut Château Duvivier bestellen: www.delinat.com/9731.00

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