Bordeaux erwacht

Eingelullt von Traditionen, Konventionen und Agrochemie, schliefen Bordeaux-Winzer länger als anderswo den Schlaf des Gerechten. Jetzt werden sie aufgeweckt durch Pestizidskandale und Konsumentendruck. Langjährige ökologische Vorzeigebetriebe wie das Delinat-Weingut Château Couronneau weisen den neuen Weg.

Weinbauern, Mitarbeiter, Anwohner und Schulkinder, die unter dem massivem Pestizideinsatz im Rebbau leiden, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln selbst in Weinen, für die mit «ökologischem Mehrwert» geworben wird: Im ruhmreichen Bordelais sorgen handfeste Pestizidskandale seit ein paar Jahren für rote Köpfe. Es sind vor allem Frauen, die den massiven Pestizideinsatz anprangern. Seit Jahren kämpfen die beiden Umweltaktivistinnen Valérie Murat und Marie-Lys Bibeyran an vorderster Front für einen Ausstieg aus der Agrochemie. Beide stammen aus einer Winzerfamilie und haben Familienangehörige durch Pestizidvergiftungen verloren. «Statt als Lokomotive für einen ökologisch nachhaltigen Weinbau zu wirken, werden im prestigereichsten Weinbaugebiet der Welt noch immer im grossen Stil Pestizide gespritzt, darunter auch besonders gefährliche», moniert Valérie Murat.

Klimaausrede gilt nicht mehr

Château Couronneau in Bordeaux

Dass biologischer Weinbau im Bordelais lange ein Tabu war und teilweise leider noch immer ist, hat mehrere Gründe. Einer davon ist das für Rebbau schwierige Klima. Der nahe Atlantik bringt viel Regen, viel Feuchtigkeit, in Kombination mit Sonne und Hitze im Sommer ein idealer Nährboden für Pilzkrankheiten wie Falschen und Echten Mehltau, Grauschimmel oder die Holzkrankheit Esca. Lange Zeit hiess es, bio sei unter diesen Bedingungen nicht möglich, geschweige denn der Anbau nach der Delinat-Methode. Mittlerweile zeigen aber immer mehr Châteaus, darunter auch sehr renommierte, dass es doch funktioniert. «Gab es im Bordelais im Jahr 2000 gerade mal drei biologische Weinberge, werden bis 2022 rund 13‘000 Hektar bio-zertifiziert sein. Das sind immerhin mehr als zehn Prozent der gesamten Rebfläche», sagt Winzer Christophe Piat. Sein Château Couronneau, mit dem Delinat seit 2017 zusammenarbeitet, gehört zu jenen Pionieren, die seit über 20 Jahren auf Chemie im Weinberg verzichten und somit alle Lügen strafen, die behaupten, im Bordelais sei das nicht möglich.

Vom Aussenseiter zum Trendsetter

Winzerfamilie Piat auf Château Couronneau
Familienangelegenheit: Auf Château Couronneau sorgen Christophe Piat und die Nachfolgegeneration für feine Bordeaux-Weine aus artenreichen Rebbergen, die mehrheitlich mit Merlot bestockt sind.

Château Couronneau gehört nicht zu den prestigeträchtigen Weingütern im Médoc, Pomerol oder Saint-Émilion, die mit ihren sündhaft teuren Tropfen den Weltruf der Bordeaux-Weine begründen. Das kleine Märchenschloss aus dem 15. Jahrhundert liegt in Ligueux, einem kleinen Ort in der Appellation Sainte-Foy Côtes de Bordeaux ganz im Osten des Bordelais. Christophe und Bénédicte Piat haben es 1994 erworben und zu einem ökologischen Vorzeige-Château entwickelt, das mit kraftvollen, ehrlichen Weinen zu moderaten Preisen überzeugt. Die 38 Hektar Rebfläche sind zu 90 Prozent mit Merlot bestockt. Hinzu kommen etwas Cabernet Franc sowie weisse Sorten wie Sauvignon Blanc und Sauvignon Gris. Christoph Piat versteht, dass das Klima im Weinbaugebiet Bordeaux ein abschreckendes Element für biologischen Anbau ist. «Auch wir führen einen ständigen Kampf gegen den Falschen Mehltau. Aber der Rest ist unter Kontrolle und bereitet uns keine Sorgen mehr.» Zwar liegt der durchschnittliche Ertrag seit der Umstellung auf bio im Jahre 1999 bei tiefen 37 hl/ha. «Aber unser Weinbau nach Delinat-Richtlinien erlaubt uns doch eine Produktion, von der wir leben können.»

Die Qualität stimmt

Grégoire Piat im Weinkeller
Grégoire Piat an der Arbeit im Chai (Weinkeller), wo neben Stahltanks und Holzfässern auch Betoneier und Tonamphoren Einzug gehalten haben. Die Varianten an Gebinden bieten eine grosse Ausbauvielfalt.

2020 ist Sohn Grégoire in den elterlichen Betrieb eingestiegen und führt nun zusammen mit seinem Vater Château Couronneau. Christophe Piat: «Schon lange ist für uns klar, dass der biologische Weinbau sich nicht nur auf die Natur, sondern auch auf die Qualität der Weine positiv auswirkt. Wir erzeugen kräftige, tiefe Weine mit grosser Haltbarkeit. Mit der Qualität bin ich sehr zufrieden.» Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Mehrfach wurden Couronneau-Weine ausgezeichnet und auch in der Fachpresse sorgen sie immer wieder für Furore. Einziger kleiner Wermutstropfen ist für Christophe Piat der eher hohe Alkoholgehalt seiner Rotweine. «Aber bei der aktuellen Klimaerwärmung ist es schwierig, optimal reife Trauben mit einem niedrigen Alkoholgehalt zu vereinbaren. Wir haben uns bisher für die Qualität entschieden und nehmen dafür etwas mehr Alkohol in Kauf.»

Eine neue Pionierrolle

Château Couronneau aus der Vogelperspektive
Eingebettet zwischen Reben, Gewässern, Bäumen, Sträuchern und Weiden, liegt das märchenhafte Château Couronneau ganz im Osten des Bordelais. Das Weingut gehört zu den Bio-Pionieren im berühmtesten Weinbaugebiet der Welt.

Während andere Betriebe im Bordelais erst allmählich den ökologischen Weinbau entdecken, ist man auf Couronneau stets einen Schritt voraus. Perfekt ist aber auch hier noch nicht alles. Zu den bestehenden Unzulänglichkeiten gehört die kupferlastige Bekämpfung des Falschen Mehltaus, die in schwierigen Jahren viele zusätzliche Traktorfahrten durch die Reben verlangt, was Böden und Biodiversität zusetzt. «Wir sind ständig auf der Suche nach noch besseren Lösungen», sagt Christophe Piat. Neben dem Einsatz von pflanzenstärkenden biodynamischen Präparaten wird auf Anregung von Delinat auch auf neue, robuste Rebsorten gesetzt. Etwas, das in Bordeaux noch weitgehend fremd ist. Laut Christophe Piat gibt es vielleicht noch zwei, drei andere Weinbauern, die damit begonnen haben. Auf Couronneau wird demnächst auf einer Fläche von knapp zwei Hektar die pilzresistente Sorte Sauvignac (VB Cal 6-04) angepflanzt, eine weisse Neuzüchtung des Schweizer Rebenzüchters Valentin Blattner, mit dem Delinat intensiv zusammenarbeitet. Bereits diesen Mai wird dieselbe Sorte auf 3,7 Hektar im französischen Baskenland angebaut, auf einer Rebfläche, die ebenfalls den Piats gehört. Für Jungwinzer Grégoire Piat gehören solche Neuzüchtungen, die weitgehend ohne Pflanzenschutz auskommen, weil sie sich aus eigener Kraft gegen Pilzkrankheiten wehren können, zur Zukunft des biologischen Weinbaus.

Der Anbau nach der Delinat-Methode sorgt auf Château Couronneau für eine reiche Biodiversität.
Der Anbau nach der Delinat-Methode sorgt auf Château Couronneau für eine reiche Biodiversität. In einem artenreichen Umfeld reifen gesunde, hochwertige Trauben, aus denen hervorragende und preiswerte Weine entstehen.

Auch in anderen Bereichen investiert Château Couronneau im Sinne der Delinat-Methode. Seit Anfang Jahr liefern 30 Photovoltaikmodule auf einem landwirtschaftlichen Gebäude Sonnenstrom – ein erster Schritt in die angestrebte Vollversorgung mit erneuerbaren Energien. In den Weinbergen wurden erste Tests mit einem Elektrotraktor durch geführt. Auch liegt ein Massnahmenplan für mehr Biodiversität auf dem Tisch. Dieser soll gemeinsam mit Delinat-Winzerberater Daniel Wyss im Verlaufe dieses Jahres umgesetzt werden. Bereits wurden hundert Nistkästen für Vögel und Fledermäuse installiert. Bis Ende Jahr erfolgt die Pflanzung von Obstbäumen und Hecken. Für Christophe Piat ist klar: «Biologischer Weinbau mit einer reichen Biodiversität ist ein obligatorischer Schritt für alle, die sich nachhaltig mit ihrer Umwelt verbinden wollen.»

WeinLese-Angebot: Probierpaket Château Couronneau

Aus den von Hand gelesenen Trauben erzeugen Christophe und Grégoire Piat authentische Bordeaux-Weine, die an internationalen Wettbewerben immer wieder ausgezeichnet werden. Nur wenige Châteaus schaffen es, im klimatisch schwierigen Bordelais Weine im Einklang mit der Natur zu erzeugen, die mit einem vergleichbaren Preis-Genuss-Verhältnis brillieren. Wir bieten Ihnen ein Probierpaket mit zwei Weinen an, die bereits über eine gute Trinkreife verfügen, aber auch noch einige Jahre gelagert werden können.

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«Wir wollen weg vom Kupfer»

Das Bordeaux-Weingut Château Couronneau war schon beim biologischen Weinbau Pionier. In diese Rolle schlüpft man nun in Frankreich auch beim Anbau von neuen, pilzresistenten Rebsorten. Wir sprachen mit Grégoire Piat darüber, wie es dazu kam und welche Hürden es zu nehmen gilt.

Wann seid ihr bei Château Couronneau zum ersten Mal mit robusten Rebsorten in Berührung gekommen?
Grégoire Piat: Mein Vater wurde bereits in den 2000er-Jahren auf resistente Rebsorten aufmerksam. Zu dieser Zeit wurden die PIWIs in Frankreich jedoch aus regulatorischen Gründen noch sehr vernachlässigt. Im Jahr 2012 entdeckte mein Vater dann die ersten Veröffentlichungen von resistenten französischen Sorten. Er nahm an einigen Verkostungen teil und probierte unter anderem Cabernet Cortis, Cabernet Jura, Pinotin, Muscaris, Souvignier Gris, Monarch und viele andere.

Und dann hat er begonnen, solche robusten Sorten zu pflanzen?
Einige wenige Sorten hatten damals seine Aufmerksamkeit erregt, aber die ersten Annäherungen an die staatlichen Stellen liessen erkennen, dass die administrativen Schritte sehr schwerfällig waren. Die Profile der leichteren Weine, die aus diesen Rebsorten gewonnen wurden, standen im Gegensatz zu denen aus dem Bordelais. Diese Faktoren führten dazu, dass wir den Termin für die ersten Anpflanzungen bei uns damals noch verschoben. Jetzt haben wir das Thema auf Anregung von Delinat wieder aufgegriffen.

Grégoire Piat von Château Couronneau
Mit Grégoire Piat ist die neue Generation auf Château Couronneau aktiv. Zusammen mit Vater Christophe sucht er nach Lösungen, um auf biologische Spritzmittel zu verzichten. Neue, pilzresistente Rebsorten stehen im Vordergrund.

Warum sind robuste Rebsorten auch im Bordeaux ein wichtiges Thema?
Aus mehreren Gründen. Der erste ist, dass wir seit 30 Jahren versuchen, von Kupfer unabhängig zu werden. Wir wollen weg vom Kupfer; trotz aller Versuche gelang uns das bislang nicht. Die einzige Lösung, auf kupferbasierte biologische Pflanzenschutzmittel zu verzichten, ist momentan die Anpflanzung resistenter Rebsorten. Man muss nun den ersten Schritt machen, um gewisse Dinge in Bewegung zu bringen.

«Seit 30 Jahren versuchen wir,
von Kupfer unabhängig zu werden.»

Grégoire Piat

Welche Schwierigkeiten gibt es bei der Anpflanzung resistenter Rebsorten in Frankreich?
Die neuen Rebsorten werden von den Appellationen leider nicht anerkannt. Die Toleranz liegt bei fünf Prozent resistenter Rebsorten, die für einen AOP-Wein verwendet werden dürfen. Auf Couronneau dürften wir demnach bloss 15 Are anpflanzen, es sei denn, wir erzeugen einen spezifischen Wein ausserhalb der Appellation. Das werden wir auch tun.

Und die administrativen Hürden?
Bevor die Rebschule Mercier den Weinbauern Hilfe anbot, war es ein enormer Aufwand, ein Dossier für die Anpflanzung resistenter Rebsorten zu erstellen. Ich selbst habe vor zwei Jahren versucht, einen Antrag für die neuen Rebsorten 3184-1-9 N und 3160-11-3 N zu stellen. Die Rebsorten befanden sich in einer vorläufigen Klassifizierung, und ich fuhr wochenlang die Ellenbogen aus, um mit der Person in Kontakt zu kommen, die für die Entwicklung des Antrags zuständig war, bis sich schliesslich herausstellte, dass diese beiden Sorten fallengelassen werden.

Ihr habt den katalanischen Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya besucht, um einige neue Rebsorten zu probieren. Kannst du uns etwas von euren Erfahrungen dort erzählen?
Diese Erfahrung war für uns eine Offenbarung. Zunächst haben wir dank der Arbeit auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier neue Hoffnung für resistente Rebsorten geschöpft. Das Treffen mit Valentin Blattner und die Entdeckung seiner Arbeit bei Albet i Noya haben uns endgültig überzeugt. Dies ist ein echter Durchbruch für die Welt des Weinbaus. Jahrelange akribische Arbeit hat zu resistenten Rebsorten ohne Behandlungen sowie zu Weinen mit sehr interessanten Profilen geführt.

Sauvignac
Dank resistenten Rebsorten wie z.B. Sauvignac kann der Verbrauch von Kupfer enorm gesenkt werden.

Habt ihr auf Couronneau bereits resistente Rebsorten gepflanzt?
Wir haben 6000 Sauvignac-Setzlinge bestellt, eine resistente Neuzüchtung von Valentin Blattner. Diese können aber erst 2024 gepflanzt werden. Auf unserem zweiten Weingut im französischen Baskenland hingegen setzen wir dieses Jahr auf gut zwei Hektar Sauvignac-Reben. Das ist ein ganz besonderes Projekt. Dieser neue Weinberg liegt mitten in den Bergen in einer wunderschönen Umgebung. Der Krankheitsdruck ist jedoch sehr hoch, und wir haben entschieden, das gesamte Weingut mit resistenten Rebsorten zu bepflanzen.

Ab wann gibt es von Château Couronneau Wein aus robusten Rebsorten?
Die ersten Weine mit den neuen Sorten möchten wir im Jahr 2024 produzieren.


Robuste Rebsorten
Nach jahrzehntelangem Nischendasein bricht nun das Zeitalter der robusten Rebsorten an. In unserem Videoblog www.weinbau-der-zukunft.com erfahren Sie alles über diese neuen Rebsorten: Von der langjährigen Züchtung, über die Vinifikation bis hin zu Best-Practice-Beispielen von innovativen Winzern.

WeinLese-Angebot: Probierpaket Château Couronneau

Aus den von Hand gelesenen Trauben erzeugen Christophe und Grégoire Piat authentische Bordeaux-Weine, die an internationalen Wettbewerben immer wieder ausgezeichnet werden. Nur wenige Châteaus schaffen es, im klimatisch schwierigen Bordelais Weine im Einklang mit der Natur zu erzeugen, die mit einem vergleichbaren Preis-Genuss-Verhältnis brillieren. Wir bieten Ihnen ein Probierpaket mit zwei Weinen an, die bereits über eine gute Trinkreife verfügen, aber auch noch einige Jahre gelagert werden können.

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Bordeaux – Nabel der Weinwelt

Das Weinbaugebiet Bordeaux, in Frankreich als Bordelais bezeichnet, ist mit seinen 120‘000 Hektar weltweit das grösste zusammenhängende Anbaugebiet für Qualitätswein. Zusammen mit dem Burgund ist das Bordelais auch die bekannteste Weinregion Frankreichs und wohl der ganzen Welt. Rund 3000 Châteaus erzeugen Rot-, Weiss- und Süssweine. Das Spektrum reicht vom einfachen, preiswerten Tropfen bis zu prestigereichen Gewächsen, die zu den teuersten der Welt zählen. Die Weingüter liegen weit verstreut um die Stadt Bordeaux entlang der Flüsse Garonne, Dordogne und Gironde. Über das ganze Weinbaugebiet existiert ein stark differenziertes System von über 50 geschützten Appellationen (AOP = Appellation d‘Origine Protégée).

Beim Rotwein spielen die Traubensorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc die Hauptrollen. Untergeordnete Rollen spielen Petit Verdot und Malbec. Bordeaux-Weine sind typischerweise Assemblagen aus mindestens zwei dieser Rebsorten. Die berühmtesten Rotweine kommen aus dem Médoc am linken Ufer der Gironde sowie aus den Appellationen Pomerol und Saint-Émilion am rechten Ufer der Dordogne. Weit verteilt sind die verschiedenen Côtes-de-Bordeaux-Lagen, zu denen auch Château Couronneau ganz im Osten des Bordelais nahe der Stadt Bergerac gehört.

Trockene Weissweine stammen hauptsächlich aus den Weinbaugebieten Graves und Entre-Deux-Mers (zwischen Garonne und Dordogne gelegen). Sie werden vorwiegend aus Sauvignon Blanc gekeltert. Die zweite verbreitete Weissweinsorte ist Sémillon. Sie spielt bei den berühmten Süssweinen aus Sauternes die Hauptrolle. Untergeordnete weisse Sorten sind Muscadelle, Ugni Blanc und Colombard.

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Und plötzlich Charme und Fülle

Viele jüngere Weinliebhaber kennen gar keine traditionellen Bordeaux-Gewächse mehr. Und das ist auch nicht weiter schlimm. Denn traditionelle Bordeaux waren in ihrer Jugend früher oft pfeffrig, kernig und reichlich grün. Man legte sie in den Keller in der Hoffnung, dass sie mit den Jahren etwas Altersmilde zeigen würden, aber meistens hoffte man vergebens. Heute ist alles ganz anders. Verbessertes Know-how in Rebberg und Keller, aber auch die Klimaerwärmung haben es möglich gemacht, dass in Bordeaux, speziell auch in den sogenannt kleinen und wenig bekannten Appellationen wie Sainte-Foy Côtes de Bordeaux, heute Gewächse reifen, die mit ihrem vollfruchtigen, fast schon südlich anmutenden Charme zuweilen an «Supertuscans» erinnern oder gar an Prestige-Selektionen aus dem Napa Valley. Somit bedient Bordeaux heute eine Stilistik, die noch vor 20 Jahren undenkbar schien, gegenwärtig aber sehr präzise den Geschmack der Konsumenten trifft. Und natürlich sind es durchaus waschechte Bordeleser, wie das «Grand Vin de Bordeaux» auf dem Etikett garantiert.

Mal eher klassisch – mal modern

Zu dieser vielversprechenden neuen Generation von Crus, die stolz ihre Fruchtfülle zeigen, gehören auch die Gewächse von Château Couronneau. Der vermeintlich einfachere Château Coronneau Sainte-Foy zeigt in der Nase reife Aromen von Waldbeeren und Pflaumen, dazu Lorbeer, Lakritze und Laub. Im Gaumen wirkt er dann aber überraschend kernig. Ja, mit seiner leichten Herbe im Abgang lässt dieser Wein doch immer noch klassische Bordeaux-Eigenschaften erkennen. Der Seigneur de Couronneau 2019 dagegen verkörpert von A bis Z die Eigenschaften des neuen Bordeaux. Fast schwarz in der Farbe, zeigt er eine beeindruckende Fülle von frischer Beerenfrucht. Und auch im Gaumen gibt er mit seiner verschwenderischen Intensität und der gut angepassten Würze den Modernisten. Verblüffend ist, dass es trotzdem ein sehr gut komponierter und letztlich gar ausgesprochen trinkiger Wein ist. Es liesse sich einwenden, dass man in diesem Wein mehr Merlot als Bordeaux findet, aber dies wiederspiegelt sehr genau die Entwicklung bei dieser Sorte, bei der sich im gehobenen Bereich die Stilistik über Länder und Kontinente hinweg immer mehr angenähert hat. Wer nach klassischen Bordeaux-Tugenden sucht, ist mit einem anderen Cru sicher besser bedient. Doch wer sich durch zeitgenössisch verführerisch vollfruchtige Merlot-Stilistik verführen lassen möchte, wird begeistert sein. Zudem: Mit so einem gekonnt komponierten Neo-Bordelesen im Glas wird niemand die Gewächse aus Australien oder Kalifornien vermissen. Denn im Seigneur de Couronneau lässt sich durchaus eine meerwürzige Prise «California Dreamin‘» erkennen, so wie es «The Mamas and the Papas» im gleichnamigen Lied besingen.

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Gekröntes Essvergnügen

Bordeaux, das sind zwei Welten: die berühmten Châteaus mit meist hyperteuren Lagerweinen, die erst nach 10 Jahren trinkreif sind, und dann gerne nochmals 10 bis 20 Jahre halten. Und dann die «normalen» Bordeaux, für alle erschwinglich, die sich von den Grossen in ihrer Charakteristik gar nicht so gewaltig unterscheiden, kommen doch die gleichen Trauben und ähnliche Kelterungsmethoden zum Einsatz.

Bordeaux-Weine eigenen sich gut als Speisebegleiter

Der Seigneur von Château Couronneau ähnelt einem Pomerol; klar, ist er doch aus Merlot gekeltert. Was bedeutet das fürs Kombinieren mit Speisen? Sicher einmal, dass viel mehr Gerichte zu einem merlotbasierten Bordeaux passen als zu einem solchen aus mehrheitlich Cabernet Sauvignon. Denn Letzterer verfügt meistens über eine gehörige Portion Tannine, welche die Wahl eines passenden Gerichts erschwert. Der Merlot hingegen ist anpassungsfähiger.

Der Seigneur ist jetzt am Anfang seiner Trinkreife; das heisst, ein passendes Gericht zähmt sein jugendliches Ungestüm. Er freut sich auf Gerichte mit feiner Würze, so beispielsweise eine im Rotwein geschmorte Lammschulter mit Pastinaken oder Karotten. Das süssliche Gemüse harmoniert gut mit dem jugendlichen Tannin. Ebenfalls eine gute Wahl sind gebratene Kartoffeln oder im Olivenöl geschmorte Paprika.

Der Zweitwein von Château Couronneau, der Sainte Foy, besteht aus 60% Merlot und 40% Cabernet Franc. Letzterer bringt mehr vegetabile Noten ins Spiel sowie präsente Tannine. Dazu rosa gebratenes Rind mit Sauce bordelaise (Rotwein, Schalotten, Gewürze, Butter) ist ein Klassiker. Oder im Ofen gegartes Wurzelgemüse. Ein, zwei Prisen schwarzer Pfeffer unterstreichen den Körper des Sainte Foy.

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Auf ein Glas mit … Valérie Murat

Seit mehr als zehn Jahren führt die Winzertochter Valérie Murat einen erbitterten Kampf gegen den ausgiebigen Pestizideinsatz im Weinbau von Bordeaux. Ihr Ziel «Null Pestizide im Bordeaux» ist noch in weiter Ferne. Trotzdem kämpft sie weiter, auch gegen juristische Hürden, die ihr in den Weg gelegt werden.

Valérie Murat, seit zehn Jahren führen Sie einen Kampf gegen den Pestizideinsatz im wohl berühmtesten Weinbaugebiet der Welt. Wie kam es dazu?
Valérie Murat: Ich bin die Tochter eines Winzers, der 2012 mit 70 Jahren an den Folgen eines krebserregenden Pestizids, das bis 2001 gegen die Rebholzkrankheit Esca eingesetzt wurde, gestorben ist. Nach der Krebsdiagnose meines Vaters begannen wir mit Nachforschungen über die Agrochemie, die mit der Effizienz ihrer Produkte gegen Rebkrankheiten warb, aber die gesundheitlichen Gefahren für den Menschen verheimlichte. Rasch stellten wir fest, welche Unmengen von gesundheitsschädigender Chemie im sogenannt konventionellen Weinbau von Bordeaux eingesetzt wurden. Mein Vater begann, dagegen juristisch vorzugehen, um andere Familien vor dem Schicksal zu schützen, das ihn getroffen hatte. Als seine Kräfte nachliessen, habe ich ihm versprochen, seinen Kampf weiterzuführen.

Valérie Murat kämpft im Bordeaux gegen den Pestizidverbrauch
Die Umweltaktivistin und Winzertochter Valérie Murat hat eine Mission: «Null Pestizide im Bordeaux.»

Sie führen diesen Kampf nicht alleine, sondern haben die Bürgerinitiative Alertes aux Toxiques (Giftalarm) gegründet …
Ja, nach dem Tod meines Vaters bin ich meiner Gefährtin Marie-Lys Bibeyran begegnet, die ihren Bruder unter ähnlichen Umständen verloren hat und ebenfalls einen juristischen Kampf gegen die Agrochemie führte. Gemeinsam haben wir weiter recherchiert und im Bordelais verschiedene Aktionen lanciert, um den Leuten die Augen zu öffnen, welche Pestizidskandale sich in den Rebbergen abspielen. Damals sprach hier kein Mensch darüber. Das wollten wir mit einer grossen Manifestation ändern. 2016 fand diese in Bordeaux bei eisiger Kälte und stürmischem Wetter mit einer Beteiligung von 1500 Personen statt. Für uns war das ein grosser Erfolg. Danach habe ich mit Gleichgesinnten die Bürgerinitiative Alertes aux Toxiques gegründet.

«Wenn es um Pestizide im Weinbau ging, herrschte im Bordeaux lange eine mafiöse Omertà – ein Gesetz des Schweigens.»

Was haben Sie bisher erreicht?
Unser grösster Erfolg ist, dass es uns gelungen ist, das Thema Pestizid aufs Tapet zu bringen. Wenn es um Pestizide im Weinbau ging, herrschte im Bordeaux lange eine mafiöse Omertà – ein Gesetz des Schweigens. Das haben wir geändert. Heute wissen die Konsumenten, wie der Wein mehrheitlich erzeugt wird und welche Gefahren und Konsequenzen damit verbunden sind.

Aber der Weinbau im Bordelais ist doch in den letzten Jahren deutlich ökologischer geworden. Nicht zufrieden damit?
Zwar hat der Präsident des CIVB, des Fachverbands für Bordeaux-Weine, 2016 angekündigt, das Bordelais werde aus den Pestiziden aussteigen. Doch davon ist noch zu wenig zu spüren. Es werden noch immer Substanzen eingesetzt, die zu den gefährlichsten gehören, die es auf dem Markt gibt. Seit 2018 lassen wir regelmässig Weine analysieren, insbesondere auch solche, die mit dem Slogan «hoher ökologischer Wert» werben. Bisher hatten wir keine einzige Flasche, die keine Pestizidrückstände aufwies.

Als Sie 2020 die Pestizidbelastung von 18 Bordeaux-Weinen publik machten, die mit einem Ökolabel gekennzeichnet waren, wurden Sie vom Gericht wegen Verunglimpfung zu 125’000 Euro Straf- und Schadenersatzzahlung verurteilt …
Ja, und dieser juristische Streit ist noch nicht zu Ende. Wir wollten gegen ein Urteil, das uns die Publikation von Laboranalysen über Pestizide in Bordeaux-Weinen untersagt, Berufung einlegen. Das Berufungsgericht in Bordeaux hat aber entschieden, dass wir zuerst eine Busse und Schadenersatz von 125‘000 Euro bezahlen müssen, zu der wir im Frühling 2021 von einem Gericht in Libourne verurteilt wurden. 125’000 Euro sind für uns eine astronomische Summe. Wir versuchen nun, das Geld über ein Crowdfunding aufzutreiben. Bereits ist mehr als die Hälfte der Summe zusammengekommen.

Persönlich
Valérie Murat (48) ist auf einem kleinen Weinbaubetrieb im Gebiet Entre-Deux-Mers südwestlich von Bordeaux zwischen Dordogne und Garonne aufgewachsen. Nachdem ihr Vater im Alter von 70 Jahren 2012 an den Folgen einer Pestizidvergiftung an Krebs gestorben ist, begann sie einen schwierigen Kampf gegen den intensiven Pestizideinsatz im wohl prestigeträchtigsten Weinbaugebiet der Welt.

2016 gründete sie die Bürgerinitiative «Altertes aux Toxiques» (Giftalarm) und deckt seither immer wieder Pestizidskandale auf. Gegen ein Urteil, das ihr die Veröffentlichung von Laboranalysen über Pestizidrückstände in Bordeaux-Weinen untersagt, kann die Umweltaktivistin erst Berufung einlegen, wenn sie die 125‘000 Euro Busse und Schadenersatz bezahlt hat, zu denen sie im Frühling 2021 von einem Gericht in Libourne verurteilt worden war. Mithilfe von Crowdfunding versucht sie diesen Betrag aufzubringen. Wer Valérie Murat bei ihrem Kampf gegen den Pestizideinsatz unterstützen möchte, kann das mit einer Spende tun: Mehr Infos finden Sie unter www.alerteauxtoxiques.com

Oft hört man, konsequent biologischer Weinbau ohne Chemie sei im feuchtwarmen Klima von Bordeaux gar nicht möglich …
Es gibt auch im Bordelais Weingüter, die biologisch oder biodynamisch arbeiten. Diese zeigen, dass es auch hier geht. Allerdings hinken wir beim ökologischen Anbau anderen Weinregionen Frankreichs noch immer stark hinterher. Dabei müssten wir doch als grösste und weltweit prestigereichste Weinregion Frankreichs als Lokomotive wirken.

Was braucht es, dass es so weit kommt?
Zuallererst muss es in den Köpfen der Leute Klick machen. Man muss sich bewusst werden, dass ein Weinbau, der auf Chemie basiert, nicht nachhaltig ist, weil er die Böden und die Gesundheit der Menschen tötet. Zukunft hat einzig ein Weinbau, der die Gesundheit der Menschen und die Vielfalt der Natur respektiert. Das kann biologischer oder biodynamischer Weinbau sein.

Ihre Mission lautet: Null Pestizide im Bordeaux. Wann ist es so weit?
Ich bin nicht sehr optimistisch. Aber in meinen verrücktesten Träumen wird es manchmal Realität. Allerdings nicht schon morgen.

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Donna Quichotte aus dem Piemont

Delinat-Weingüter sind eigentliche Naturparadiese. Aber nur wenige kommen so wild und vielfältig daher wie die Azienda La Luna del Rospo von Renate Schütz im Piemont. Damit macht sich die deutsche Winzer-Quereinsteigerin das Leben im konservativen Barbera-Land allerdings nicht gerade leicht. Doch für Delinat ist sie die Biodiversitätswinzerin des Jahres 2022.

Renate Schütz ist die Biodiversitätswinzerin 2022

Andere hätten längst resigniert und aufgegeben: Seit 1994 kämpft Renate Schütz auf ihrer kleinen Azienda La Luna del Rospo im Astigiano für einen Weinbau, bei dem die Natur freien Lauf hat. Ihre Rebberge gleichen einem wilden Naturparadies. Bunte Blumenpracht gedeiht. Schmetterlinge, Vögel, Insekten und Reptilien tummeln sich zwischen Reben, die man im Dickicht von üppiger Begrünung, Bäumen und Sträuchern zuweilen geradezu suchen muss. Die Traubenerträge sind klein, die Qualität dafür entsprechend hoch. Die besten Trauben stammen von über 60 Jahre alten Rebstöcken, etwa von der Kammlage Bric Rocche. Es ist die Spitzenlage der nur sieben Hektar Rebfläche umfassenden Azienda.

Zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai 2022 beliefert uns Biodiversitätswinzerin Renate Schütz mit der Spezialabfüllung Biodiversità. Es handelt sich um einen unkomplizierten, leicht zu trinkenden Barbera, der fröhlich kündet von Sonne und Wind, Zwitschern und Summen, Flügelschlag und Krabbelbein. Weil Renate möchte, dass alle ihre pflanzlichen Mitarbeiter mitjubeln dürfen, sind Trauben von jeder Lage dabei. Wie immer vertraut die Winzerin dabei ganz auf das Können ihrer jungen und alten Rebstöcke. Und die önologische Kunst beschränkte sich darauf, die einzelnen Gebinde gekonnt zu assemblieren.

->Zum Wein

Zermürbende Anfeindungen

Was für Renate Schütz das Paradies, ist für ihre Nachbarn ein Ärgernis. Diese monieren, der wilde Dschungel von La Luna del Rospo beeinträchtige ihre Reben. «Man wirft mir vor, ich vernachlässige die Weinberge und ziehe so Schädlinge und Krankheiten an. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Meine Rebberge sind ein weitgehend funktionierendes Ökosystem, in dem sich Fauna und Flora in vollstem Reichtum entwickeln können und qualitativ hochwertige Trauben reifen», erklärt Renate Schütz. Doch die Nachbarn haben sie bis vor den Richter gezerrt. Und weil das kommunale Recht einen absurden Grenzabstand verlangt, musste sie tatsächlich Bäume fällen und ganze Böschungen zurückschneiden.

Biodiversitätswinzerin 2022

Natur- und Weinfreunde erkennen die Absurdität der Situation beim Spaziergang durch die Reben rasch, zumal auf La Luna del Rospo elegante, harmonische und authentische Weine erzeugt werden, die bei Degustationen auf dem Hof stets auf Begeisterung stossen. Solche Momente sind es, die Renate Schütz aufbauen und trotz feindlich gestimmtem Umfeld motivieren, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Sie macht es seit bald 30 Jahren. Angefangen hat alles 1994, als sich die Philosophin aus Deutschland in die kleine, damals heruntergekommene Azienda verliebte, daraus das Weingut La Luna del Rospo schuf und hier sesshaft wurde. «Als studierte Philosophin mit Schwerpunkt Ethik und Natur hat mich schon damals die Frage umgetrieben, wie man mit der Natur anders umgehen kann. Seither lebe ich das als Winzerin im Piemont.» Seit 2004 arbeitet sie mit Delinat zusammen. Nun ist sie für ihren unermüdlichen Einsatz für einen artenreichen Weinbau als Biodiversitätswinzerin 2022 ausgezeichnet worden. Renate Schütz: «Das freut mich enorm! Nicht nur, weil ich Delinat, ganz früher als Kundin und Konsumentin, inzwischen als Produzentin, enorm bewundere für das konsequente Engagement, sondern auch, weil sich hier eine ganze Gruppe von Menschen, Mitarbeitenden, Kunden und Winzern treffen, die verstanden haben, dass ökologisches Bewusstsein und Achtsamkeit sehr wohl zusammengehen mit grosser Qualität, ja dass gerade diese andere Form des Landwirtschaftens Garant ist für Geschmacksvielfalt und wirklichen Genuss.»

Wer direkt vor Ort mit dem Naturparadies und den feinen Weinen von La Luna del Rospo Bekanntschaft machen möchte, kann das im Rahmen unserer Wein- und Genussreisen ins Piemont tun. Mehr dazu unter: www.delinat.com/weinreisen

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Kulinarische Gratwanderung

Ein Glas Wein zum Essen? Gerne. Eine liebgewordene Gewohnheit, die wir kaum hinterfragen. Die meisten Weine sind als Essensbegleiter gut geeignet. Die dezente Säure, der süsslich wirkende Alkohol, die angenehme Herbe der Tannine, die fruchtigen Aromen bereichern viele Gerichte. Doch umgekehrt können manche Speisen einem Wein ganz schön zusetzen.

Wein zu einem süsslichen Gericht ist schwierig, ein trockener Wein wirkt säuerlich-herb. Ein scharfes Curry legt beinahe jeden Wein flach. Und zu Käse schmeckt ein aromatischer Klassewein meist wie abgestandener Tee. Je einfacher der Wein, umso eher übersteht er solche Torturen, weil er von Beginn weg wenig zu verteidigen hat. Frischfruchtige oder harmonisch gereifte Weine und erst recht grosse Gewächse haben bei einer unglücklichen Kombination mit Speisen viel zu verlieren.

Welche Weine passen zu welchen Speisen?

Immer wieder fällt mir auf, wie rasch ein fruchtiger Wein zu stark gewürzten Speisen seine Frucht verliert. Die Harmonie eines perfekt ausgebauten Weines kann durch Süsse, Säure, Fett und üppige Aromen aus dem Gleichgewicht gebracht werden.

Der erste Schluck

Deshalb beschäftigen Gourmetrestaurants einen Sommelier, der weiss, welcher Wein zu welchem Gericht passt. Hoffentlich. Zuhause muss ich selber entscheiden. Und weil ich experimentierfreudig bin, kommt es immer wieder zu missglückten Kombinationen. Beim ersten Schluck vor dem Essen bin ich vom Wein begeistert, doch zum Essen verliert er an Charme. Je perfekter und ausbalancierter der Wein, umso grösser die Gefahr. Einfacher haben es Weine mit Ecken und Kanten.

Zu früh geöffnet

Typisches Beispiel: Der zu jung geöffnete Lagerwein mit noch kantigem Gerbstoff. Ich öffne oft einen Wein zu früh, weil ich wissen will, wie er in seiner Jugend schmeckt. Mir ist klar, dass sein Tannin noch ungestüm ist. Ein Stück Brot mildert diesen Eindruck. Oder ich koche dazu einen Risotto. Am Gaumen wandeln sich die Kohlenhydrate in Zucker um, und dieser lässt die Gerbstoffe des Weines milder erscheinen. Wichtig auch die Trinktemperatur: Hier sollte sie 18, 19 Grad betragen, etwas wärmer als üblich. Je kühler der Wein, desto stärker greifen die Tannine an.

Säure gehört zum Wein. Zu manchen Speisen suche ich einen säurebetonten Wein: Ein Antipasto mit marinierten Auberginen und Zucchini, Gemüse-Crostata und Salami; da bringt die Säure des Weines Frische ins Spiel. Alkoholreiche Weine trinke ich, wenn überhaupt, gerne zu fetten Speisen, sie werden bekömmlicher.

Der Solist braucht keine Begleitung

Was esse ich aber zu einem harmonischen, gut gereiften Wein? Am liebsten ein einfaches Gericht. Warum? Einfache, dezente Gerichte lassen dem harmonischen Wein Platz, um seine Stärken zu zeigen. Gut passt immer ein Roggenbrot, Pasta mit Olivenöl oder Polenta, gerne mit einem geschmorten Kaninchen. Die Ausgewogenheit eines solchen Weines macht ihn aber zum Solisten. Er gefällt auch ohne Essen. Beispielsweise ein junger, einfacher Blauburgunder eines bewährten Weinguts. Ich freue mich an seiner Frucht und Frische. Oder ein gut gereifter Lagerwein: Da schwebe ich auf Wolke sieben, auch ohne Essen. Die Harmonie eines solchen Weines ist umwerfend: die Säure gut eingebunden, die Tannine weich und rund. Die Aromen haben sich entwickelt, Tertiäraromen sind dazugekommen, also Aromen der Reifung wie Trockenfrüchte oder Schokolade. Schade, dass die meisten dieser Weine zu jung getrunken werden.

Missratene Verbindung

Zu einem gut gereiften Lagerwein ein passendes Gericht zu wählen, ist anspruchsvoll. Selten verläuft die Heirat harmonisch. Aromen, Säure, Süsse, Herbe und Fett im Gericht beeinflussen den Wein. Er wirkt plötzlich unharmonisch, seine Säure und Herbe werden eventuell verstärkt, die Aromen von üppigen Speisen überlagert. Der Wein muss sich unter seinem Wert verkaufen.

Ich freue mich immer, wenn ich schon vor dem Öffnen eines Weines vermute: Da erwartet mich eine Symphonie. Und die will ich geniessen, auch ohne dazu etwas zu essen. Also genehmige ich mir schon vor dem Essen ein Glas und ein zweites nach dem Essen. So erlebe ich das ganze Spektrum des Weines: Die Aromen gleich nach dem Öffnen, seine Geschmacksvielfalt, die Harmonie. Ich registriere, wie sich die Aromen mit der Zeit entfalten, geniesse den langen Abgang und schliesslich den herrlichen Duft im leeren Glas. Harmonie pur.

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Weinausbau in unterschiedlichen Gefässen

Es ist nicht so lange her, da war der Barrique-Ausbau ein Qualitätsmerkmal – ohne deutliche Holzaromatik war ein Wein zu einfach. Danach waren Betoneier in Mode. Aber welches ist nun der richtige Ausbaubehälter für einen guten Wein? Das hängt – wie immer – von der Qualität der Trauben ab und vom Wein, den der Winzer daraus keltern möchte.

Unter Weinausbau versteht man alle Arbeitsschritte vom Ende der Gärung bis zur Flaschenreifung. Man unterscheidet zwischen einem oxidativen (mit Sauerstoffkontakt) und einem reduktiven Ausbau (ohne bzw. mit stark reduziertem Sauerstoffkontakt). Das Ziel ist, dem Wein Komplexität und Struktur zu verleihen. Der ganze Prozess kann von mehreren Wochen bis hin zu mehreren Jahren dauern. Für Weinbereitung und Lagerung werden vor allem Gefässe aus Edelstahl, Glas, Holz, Beton, Granit, Keramik (Steingut) oder Kunststoff verwendet.

Ausbau im Holzfass

Heute findet man in fast allen Kellereien Tanks aus Edelstahl. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina, leichte Reinigung, gute Möglichkeit der Temperaturregulierung und völliger Sauerstoffabschluss. Wobei der letzte Punkt gleichzeitig ein Nachteil ist. Denn ein zu stark unter Luftabschluss gehaltener Wein kann zur Bildung des gefürchteten Böckser führen. Edelstahltanks verwendet man also immer dann, wenn Sauerstoff unerwünscht und die Temperaturüberwachung wichtig ist. Dies ist bei der Gärung der Fall. Und bei jung und fruchtig zu trinkenden Weinen, die meist bis zum Frühjahr nach der Ernte abgefüllt werden.

Mit Fassausbau ist die Lagerung in Holz gemeint. In den meisten Fällen verwendet man dafür Eichenholz. Durch das Holz verdunstet das Wasser und im Gegenzug erfolgt eine dosierte Zufuhr von Sauerstoff. Dadurch verketten sich die Polyphenole, also Farb- und Gerbstoffe im Wein. Die Tannine werden weicher, die Farbe wird stabiler und die Haltbarkeit verlängert sich. Die Länge des Ausbaus kann einige Monate bis mehrere Jahre betragen. Verwendet der Kellermeister kleine Fässer mit einem Volumen von weniger als 350 Litern, so möchte er Aromen aus dem Holz in den Wein bringen. Je kleiner das Fass, desto grösser die Kontaktfläche zwischen Wein und Holz und desto mehr Holzaromen treten in den Wein über. Damit ein Wein die Barriquenoten gut einbindet, muss er kraftvoll, aromatisch und komplex sein. Sonst wirkt er «überholzt». Die Nachteile des Holzes sind die schwierige Temperaturregelung und die aufwändige Reinigung.

Die konventionellen Betonbehälter sind innen zumeist mit Glasfliesen oder rostfreien Stahlblechen, seltener auch mit Kunststoff ausgekleidet oder mit Lacken bestrichen. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina und geringer Schwund. Der Nachteil ist die schwierige Reinigung. Oft werden Risse in der Verkleidung übersehen, wo sich dann unerwünschte Mikroorganismen ansammeln können. Seit ungefähr 30 Jahren kommen auch eiförmige Betonbehälter zum Einsatz. Bei diesen erfolgt ein geringer Kontakt mit Sauerstoff (ähnlich wie beim Holzfass), wobei aber kein Holzton eingetragen wird. Damit der Wein nicht von der Zementoberfläche beeinträchtigt wird, werden die Behälter im Innern mehrfach mit Weinsteinpaste behandelt. Aufgrund der ungewöhnlichen Form des Betoneis ist der Wein ständig in Zirkulation. Die so ausgebauten Weine sollen intensivere Aromen aufweisen.

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