Weingut Lenz
David Rodriguez von Delinat (links) und Winzer Roland Lenz freuen sich an Piwi-Trauben der Sorte Solaris, die praktisch ohne Pflanzenschutzmittel völlig gesund heranreifen.
Das Winzerpaar Roland und Karin Lenz führt in Iselisberg bei Frauenfeld das grösste biologische Weingut der Deutschschweiz. Auf 15 Hektar wachsen die Reben an günstigen Südlagen mit sandig-lehmigen Böden. Neben den für die Ostschweiz typischen Traubensorten Blauburgunder (rot) und Müller-Thurgau (weiss) sind die Parzellen mit über 20 weiteren Sorten bestockt, darunter viele pilzresistente Sorten (Piwi-Reben). «Wir machen mit diesen Sorten, die keinen oder nur wenig Pflanzenschutz brauchen, sehr gute Erfahrungen. Unsere Weine mit Piwi-Sorten wie Léon Millot, Solaris oder Cabernet Blanc stossen auf Begeisterung», sagt Roland Lenz.
Schwieriger Anfang
Fehlen auf keinem Ostschweizer Weingut: Trauben der Sorte Müller-Thurgau.
Der Anfang 1994 mit acht Hektar Rebland war für den Sohn eines Uesslinger Schreiners alles andere als einfach. «Der Ostschweizer Wein genoss keinen guten Ruf. Der Markt war übersättigt. Die Konsumenten hatten grosse Vorurteile», blickt Roland Lenz zurück. Für ihn war von Anfang an klar, dass er auf Qualität setzen wollte. Der biologische Weinbau erschien ihm dafür die besten Voraussetzungen zu bieten. Doch 1999 kam der Rückschlag: «Wettermässig war das ein so ein schlimmes Jahr, dass wir finanziell nicht überlebt hätten, wenn wir nicht konventionell gespritzt hätten.»
Winzer auf zwei Kontinenten
Der Schock war so gross, dass Roland und Karin Lenz noch im selben Jahr in Chile ein zweites Weingut eröffneten. Ein Land, das die beiden auf Reisen vor ihrer aktiven Winzerzeit kennen und lieben gelernt haben. Hier ist biologischer Weinbau vom Klima her kein Problem. Dieses zweite Standbein, das von ihrem Partner Ruedi Rüesch geführt wird, gab ihnen Mumm, es auch in der Schweiz nochmals zu versuchen. 2006 wurde die schwierigste Parzelle wieder auf Bio umgestellt um zu schauen, ob es funktioniert. Es klappte: Nach und nach wurden alle andern Parzellen ebenfalls umgestellt, so dass das gesamte Weingut Lenz seit 2010 biozertifiziert ist. Roland Lenz: «2010 und 2012 waren in der Ostschweiz ähnlich schwierige Jahre wie 1999. Doch dank zusätzlichem Knowhow und mehr Erfahrung sind wir nie mehr in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.»
Roland und Karin Lenz sind nach einem Rückschlag aus Überzeugung zum biologischen Weinbau zurückgekehrt.
Mit rund 120 000 Flaschen Jahresproduktion gehört das Weingut Lenz zu den grösseren Schweizer Selbstkelterern. Gut die Hälfte der Flaschen geht direkt ab Hof an Private, der Rest an Gastronomie und Fachhandel. 2012 wurden an der Bio-Fachmesse in Nürnberg verschiedene Lenz-Weine mit Medaillen ausgezeichnet. Seither werden die biologischen Gewächse aus der Ostschweiz auch in Deutschland zunehmend beliebter.