Wintergemüse mal anders

Beim Wintergemüse ist die Auswahl kleiner als im Sommer. Wer trotzdem abwechslungsreich kochen will, braucht Fantasie. Abwechslungsreiche Winterküche lebt von verschiedenen Garmethoden, neuen Kombinationen und Gemüsesorten.

Wintergemüse kann sehr abwechslungsreich sein

Es gab eine Zeit, da kochte ich im Winter für 20 bis 25 Personen. Abwechslung war gefragt. Kein Problem, wenn es um Fisch und Fleisch ging. Die haben immer Saison. Auch alle Gemüse konnte man beim Grosshändler rund ums Jahr kaufen. Aber wenn man seinen Gästen Biowein empfiehlt und vom Einklang mit der Natur spricht, dann machen Paprika und Co. im Winter einen schlechten Eindruck. Bei jedem Gemüse kam mir zuerst die gängige Zubereitung in den Sinn: Rosenkohl gekocht, Kürbis als Suppe, Sellerie als Salat. Ich fragte mich: Wie kann ich meine Gäste überraschen? Wie könnte man diese Gemüse anders zubereiten?

Garmethode macht den Unterschied

Gemüse in Salzwasser kochen, schwemmt viele Inhaltsstoffe aus. Klar besser ist der Dämpfer: schonender, zudem verkocht das Gemüse weniger schnell. Aber am Schluss das Würzen nicht vergessen. Gerne schmore ich Gemüse: eine Kombination von Garen und Würzen. Aus «ausgekochten» Rüstabfällen, Kräutern und Gewürzen entsteht eine tolle Brühe. Darin schmoren Karotten, Grünkohl und Co. sanft, bis sie knackig-weich sind. Zum Schluss ein Schuss Wein, Essig oder etwas Honig verleihen Pfiff. Ich nehme nur so viel Flüssigkeit, dass sie am Ende beinahe eingekocht ist. Jetzt gebe ich ein, zwei Esslöffel Olivenöl oder Butter dazu: weckt die Aromen und rundet ab. Empfehlenswert: Ausgelöste Rosenkohlblätter als Risottobegleitung oder Lauchstangen (Porree) in Gemüsebrühe gegart mit Morcheln, dazu ein Glas Soave La Casetta.

Getrocknete Morcheln

Zusätzliche Aromen entstehen beim Braten. Feingeschnittenes Gemüse wird in wenig Fettstoff unter Schwenken kurz gebraten, was auch als sautieren bezeichnet wird. Dadurch bilden sich Röststoffe, Zucker karamellisiert, neue Aromen bereichern das Gemüse. Mir gefällt diese Methode auch, weil gleichzeitig zum Garen ein Bratfond entsteht. Dazu lösche ich das Gemüse am Schluss mit wenig Flüssigkeit ab; beispielsweise gebratene Gemüsewürfelchen wie Karotten und Sellerie, kombiniert mit Linsen, dazu ein Glas Les Hirondelles von Château Duvivier.

Gemütliches Garen im Ofen

Schmoren kann ich Gemüse auch im Ofen, so zum Beispiel Süsskartoffeln, Sellerie oder rote Beete (Randen). Ich verteile die eher grob geschnittenen Teile auf dem Backblech, würze, salze und beträufle das Gemüse mit wenig Öl. Praktisch auch, wenn Besuch kommt. Das fertige Gemüse lasse ich im ausgeschalteten Ofen, jederzeit bereit für den zweiten Service. Sehr dekorativ sind auch Ofenkartoffeln, eingeschnitten und gespickt mit einem halben Lorbeerblatt. Dazu passt ein Lammbraten, begleitet von der Reserva Martí von Albet i Noya. Gemüse grillen ist knifflig. Vertrocknete Zucchinischeiben, angekohlte Paprika und festklebende Auberginen verderben den Grillspass. Mit etwas Übung und Geduld kann dies aber vermieden werden. Im Winter empfehlen sich Kürbis, Chinakohl, Knollensellerie, Pastinake und Lauch fürs Garen in der Grillpfanne, meist vorher kurz gedämpft. Das verkürzt die Grillzeit und verhindert das Austrocknen.

Kreativ kombinieren

Verlassen Sie ausgetretene Pfade, kombinieren Sie Gemüse unkonventionell: Karotten mit Rosinen und Walnüssen; Kartoffeln mit Oliven, Dörrtomaten und Knoblauch; Lauch mit Blauschimmelkäse und Thymian; Rosenkohl mit Kastanien und Honig; Süsskartoffeln mit Sesam und Sojasauce; Pastinaken mit Apfel und Zimt; Wurzelpetersilie mit Haselnüssen.
Welche Weine passen dazu? Richtungsweisend sind Süsse und Herbe der Gemüse, Garmethode und Saucen sowie die Aromen der Gewürze. Zu leicht süsslichen Gerichten mag ich einen vollmundigen Weisswein mit etwas Restsüsse. Gemüse mit leichtem Bitterton (Grilladen) lassen sich gerne von gehaltvollen Barriqueweinen begleiten. Und Gerichte mit üppigen Aromen (Saucen) lassen nur ebensolchen Weinen eine Chance. Ich wünsche Ihnen genussreiche Wintermonate! Das soll nicht nur auf öffentliche Anlässe begrenzt sein. Genauso gut kann es zu Hause Einzug halten.

Rezepte

Lauch (Porree) mit Morcheln

Herbstliche Gaumenfreude: Lauch mit Morcheln, begleitet von einem Glas Soave La Casetta.
Herbstliche Gaumenfreude: Lauch mit Morcheln, begleitet von einem Glas Soave La Casetta.

Zutaten (für 4 Personen)
400 g Lauchstangen
200 ml Gemüsebrühe
20 g getrocknete Morcheln
20 g Schalotten
30 g Butter
1 TL getrocknete Thymianblättchen
2 EL Noilly Prat (oder Weisswein)
Salz und schwarzer Pfeffer frisch gemahlen

Zubereitung
Getrocknete Morcheln in Wasser ca. 1 Std einweichen.

Lauch in ca. 5 cm lange Stücke schneiden, dicke Stangen längs halbieren; allenfalls gut spülen. In Gemüsebrühe knapp weich garen.

Morcheln halbieren und gut spülen. Mit Schalottenstreifen und getrocknetem Thymian in Butter ca. 10 Minuten braten. 2 Prisen Salz und Noilly Prat dazugeben, schwenken. Mit schwarzem Pfeffer abschmecken.

Lauch auf Teller anrichten, halbierte Stangen Schnittfläche nach oben. Morcheln mit Buttersauce darüber verteilen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Soave La Casetta.

Lorbeerkartoffeln

Einfach, aber lecker: im Ofen gebackene Lorbeerkartoffeln mit einem Glas Reserva Martí.
Einfach, aber lecker: im Ofen gebackene Lorbeerkartoffeln mit einem Glas Reserva Martí.

Zutaten (für 4 Personen)
800 g Kartoffeln (klein oder mittelgross)
Lorbeerblätter
Olivenöl
Salz

Zubereitung
Kartoffeln ungeschält 3x längs einschneiden (nicht ganz durchschneiden). Grosse Kartoffeln vorher längs halbieren. In jeden Einschnitt ein längs halbiertes Lorbeerblatt stecken. Backform einfetten. Kartoffeln auf Backform verteilen, mit Olivenöl bepinseln und mit Salz bestreuen. Im Ofen bei 170° (Umluft) 20-30 Minuten je nach Grösse backen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Reserva Martí vom Weingut Albet i Noya.

Linsen mit Gemüse

Unwiderstehlich: Linsen mit Gemüsewürfelchen und einem Glas Château Duvivier Les Hirondelles.
Unwiderstehlich: Linsen mit Gemüsewürfelchen und einem Glas Château Duvivier Les Hirondelles.

Zutaten (für 4 Personen)
150 g Puy-Linsen
Salz
100 g Karotten
100 g Knollensellerie
Rapsöl, Salz, Kreuzkümmel
1 EL weisser Balsamessig

Zubereitung
Grüne Puy-Linsen mit Wasser spülen, in ungesalzenem Wasser ca. 20 Minuten knapp weich garen. 5 Minuten vor Schluss Wasser salzen. Dann abgiessen.

Karotten und Knollensellerie in Würfelchen (4-5 mm) schneiden. In Rapsöl leicht rösten und bissfest garen; mit Salz, Balsamessig und Kreuzkümmel abschmecken. Mit den Linsen mischen. 2 EL Olivenöl zugeben und mischen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Les Hirondelles von Château Duvivier.

Auf ein Glas mit … Rebecca Clopath

Naturköchin Rebecca Clopath (34) kocht auf ihrem abgelegenen Biobauernhof Taratsch im Bündner Bergdorf Lohn mithilfe der Natur auf Sterne-Niveau. Wir unterhielten uns mit ihr bei einem Glas Wein über kulinarische Erlebnisse, die sie ihren Gästen in Form von Esswahrnehmungen anbietet.

Sie kommen gerade von einer Weiterbildung aus Dänemark zurück. Was kann eine gestandene, hochgelobte Schweizer Naturköchin dort noch lernen?
Rebecca Clopath: Man kann immer noch was dazulernen. Ich habe vier Wochen in einem Restaurant eines Freundes mitgearbeitet. Kochtechnisch ist für mich hier nicht gerade die Sonne aufgegangen. Aber ich bin ja nicht nur Köchin, sondern auch Unternehmerin. Neues zu sehen und Einblick in andere Strukturen zu haben, ist immer wertvoll.

Wollten Sie schon immer Köchin werden?
Ich habe immer gerne gut gegessen. Meine Mutter hat super fein gekocht und mir das Kochen beigebracht. Mit 14 hatte ich bereits meine Lehrstelle, sodass ich dann nach der Schule eine Ausbildung zur Köchin beim bekannten «Chrüter-Oski» in der Moospinte in Münchenbuchsee machen konnte.

Biobäuerin und Naturköchin Rebecca Clopath: «Ich finde es immer spannend, Wein mit Essen zu kombinieren.»
Biobäuerin und Naturköchin Rebecca Clopath: «Ich finde es immer spannend, Wein mit Essen zu kombinieren.»

Kochlehre bei Oskar Marti, später Köchin beim «Hexer» Stefan Wiesner im Entlebuch. Wie stark haben Sie diese beiden Spitzenköche, die in der Schweiz für gehobene Naturküche stehen, beeinflusst?
Das Interesse an der Natur wurde bei mir schon als Kind geweckt. Wir hatten keinen Fernseher, ich war viel draussen in der Natur, und meine Mutter hat vor allem mit Produkten vom eigenen Hof und Garten gekocht. Oskar Marti war damals für seine Kräuterküche bekannt. Deshalb habe ich mich beworben und bekam die Lehrstelle. Dort wurde das Interesse, mit saisonalen Produkten aus der Natur zu kochen, noch grösser. Später konnte ich das dann bei Stefan Wiesner in einer ganz neuen Art vertiefen und weiter ausleben.

Wie stark ist Ihre Küche von der Philosophie von Stefan Wiesner geprägt?
Stefan Wiesner ist ein Philosoph, ein Alchemist, ein Künstler. Das Kochen ist für ihn vor allem ein Ventil. Ich bin von ganzem Herzen Köchin. Mich interessiert, was geschmacklich auf dem Teller landet. Ich arbeitete ausschliesslich mit regionalen, biologischen Produkten, auch bei den Gewürzen. Aber natürlich bin ich geprägt von Wiesners Ansichten, weil seine Inputs, wie man die Parfümerie oder die Alchemie in die Küche integrieren kann, sehr spannend sind.

Bio und regional, das ist Ihr Markenzeichen?
Genau. Es geht mir aber nicht darum, die Globalisierung in der Küche zu verteufeln, sondern ich möchte zeigen, dass es bei uns fantastische Produzenten gibt, die viel Biodiversität in die Landschaft und verschiedene Geschmäcker auf den Teller bringen.»

Ist es der bessere Geschmack oder eher die Nachhaltigkeit, die für Bio-Produkte sprechen?
In erster Linie ist es für mich der Respekt vor der Natur, den ein biologischer Anbau mit sich bringen sollte und dies im Normalfall auch tut. Wir dürfen auf diesem Erdball leben und sollten dafür dankbar sein. Diese Überzeugung lebe ich. Gleichzeitig bin ich aber schon auch der Meinung, dass biologische Produkte geschmacklich besser sind.

Persönlich
Rebecca Clopath, Jahrgang 1988, ist auf dem Biohof Taratsch im Bergdorf Lohn in Graubünden aufgewachsen. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zur Naturküche. Nach Lehr- und Wanderjahren bei den bekannten Naturköchen Oskar Marti in Münchenbuchsee und Stefan Wiesner in Escholzmatt kehrte sie in ihre Heimat zurück und übernahm den elterlichen Biohof Taratsch. Hier begann sie, als Biobäuerin und Naturköchin Landwirtschaft und Kulinarik zu kombinieren. Aus regionalen und biologischen Rohstoffen stellt sie viele verschiedene Produkte her und bietet Esswahrnehmungen in Form von Mehrgangmenüs an. In Chur führt sie zusammen mit Romina Crameri den Feinkostladen Cramerei, wo ihre eigenen, aber auch andere Bioprodukte aus der Region angeboten werden.
www.rebecca-clopath.ch

Sie kochen nicht in einem Gourmettempel, sondern bieten auf Ihrem Biohof sogenannte Esswahrnehmungen an. Was ist darunter zu verstehen?
Fast alles, was wir als Biobauern auf unserem Hof produzieren und in der Natur an Essbarem finden, verarbeiten wir in der Küche zu feinen Gerichten. Weil Gourmetküche und Sternerestaurant nicht so mein Ding sind und auch nicht in unsere Umgebung passen würden, habe ich das Konzept der Esswahrnehmung entwickelt. Es geht darum, den Leuten ein kulinarisches Erlebnis mit fein komponierten Kreationen und spannenden Geschichten aus der alpinen Region zu bieten. Die Gäste sollen bewusst wahrnehmen können, wie das, was auf dem Teller präsentiert wird, entsteht, woher es kommt und welche Prozesse dahinterstecken.

Welche Beziehung haben Sie zu Wein?
Wein war für mich als Köchin recht lange Zeit kein sehr grosses Thema. Ich habe zwar immer gerne Wein getrunken und fand es auch immer spannend, Wein mit Essen zu kombinieren. Aber Hintergrundwissen zu Traubensorten oder Anbaumethoden war für mich lange Zeit sekundär. Heute beschäftige ich mich jedoch intensiver damit. Wie beim Essen beschränken wir uns auch beim Wein auf die alpine Region, womöglich aus biologischem Anbau.

Welchen Traum haben Sie, den Sie noch verwirklichen möchten?
Ganz viele, aber alles ist noch sehr vage. Vorerst sind wir am das Stabilisieren, was wir hier auf unserem Biohof in Lohn aufgebaut haben. Das heisst, wir sind zurzeit in einer sehr intensiven Planungsphase.

Weintipp von Rebecca Clopath

Von drei Delinat-Weinen, die ich kürzlich gemeinsam mit Freunden degustiert habe, hat sich der Südfranzose Les Hirondelles vom Château Duvivier als Favorit herauskristallisiert. Mit Luft und Zeit ein wunderbarer Wein zu einem schönen Mittag- oder Abendessen mit Freunden.

Duvivier Les Hirondelles
Pays du Var IGP 2019
www.delinat.com/1050.19

Die neue Art zu leben

Corona hat viel verändert. Einige backen jetzt ihr Brot selber, andere gärtnern auf Terrassen und Balkonen oder verbringen den Urlaub im eigenen Land. Was davon wird bleiben und in den Alltag übernommen?

Seit Corona haben viele von uns das Plus an Zeit genutzt, sich mit sich selbst zu beschäftigen, Neues auszuprobieren und Dinge zu tun, die bisher zu kurz gekommen waren. Diesem Trend treu zu bleiben, lohnt sich. Aus der Gesundheitsforschung wissen wir: Gute Chancen für ein erfülltes Leben bis ins Alter hat, wer sich regelmässig bewegt und mit Freude den Alltag bestreitet. Bewegen umfasst hier körperliches Tun und geistige Herausforderung. Als Weinliebhaber und begeisterter Koch habe ich das auf meine Weise umgesetzt.

Gute Chancen für ein erfülltes Leben bis ins Alter hat, wer sich regelmässig bewegt und mit Freude den Alltag bestreitet.

Sich bewegen

Sitzen sei das neue Rauchen, lese ich. Also mache ich mich auf die Socken. Im Herbst zieht es mich in Weinregionen. Sie befinden sich meist in reizvoller Landschaft. Ich entdecke verschiedene Traubensorten und unterschiedliche Erziehungssysteme, also die Art, Reben festzubinden. In den letzten Jahren wurde es in den Reben auffallend grün. Auch Nicht-Biowinzer lassen Gras wachsen, damit die Erde bei Regen nicht weggespült wird. Weit nachhaltiger wäre aber eine vielfältige Begrünung.

Begeistert bin ich von Ausgleichsflächen in Rebbergen. Ein Zeichen, dass der Winzer oder die Winzerin erkannt hat, dass Pflanzenvielfalt bereichernd wirkt und der Verzicht auf ein paar Reben sich lohnt. Ich sehe Feigenbäume, Kräuterzeilen, Weissdornhecken.

Das Hirn beschäftigen

Bei diesen Rebwanderungen erfahre ich in der Praxis, was ich zuvor in Fachbüchern über Rebbau gelesen habe. Damit sind wir bei der zweiten Art, sich zu bewegen; das Gehirn herausfordern. Statt Sudokus zu lösen, was das Gehirn nur kurzzeitig anregt, lese ich gerne Fachbücher. Schon der englische Dichter Joseph Addison (1672–1719) wusste: «Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist.»

Wein gehört zu meinen Leidenschaften. Er erzählt mir mehr, je mehr ich über ihn weiss. Das steigert den Genuss. Gleiches gilt natürlich für jedes Steckenpferd: tun und lesen. Joggen und sich informieren, wie man seinen Körper schonend optimal bewegt; klettern und Fachbücher darüber lesen. Und ganz wichtig: Es muss Spass machen. Darauf verweisen Neurologen, wenn sie Bewegung als Stimulans fürs Gehirn empfehlen.

Den Alltag geniessen

Kochen macht glücklich

Seit Corona haben wir plötzlich mehr Zeit. Beispielsweise fürs Kochen. So entschloss ich mich, Brot und Pasta nicht mehr fertig zu kaufen. Selbst gebackenes Brot ist unvergleichlich: Ich kann die Zutaten frei wählen: Roggen- oder Dinkelmehl, Buttermilch, Koriander- oder Anissamen, Sauerteig oder Hefe? Anfänglicher Misserfolg darf nicht entmutigen – durchhalten lohnt sich, ich habe ja jetzt mehr Zeit.

Ähnlich wie beim Brot ist die Vielfalt bei Pasta unbegrenzt. Verschiedene Mehle für Nudeln, fantasievolle Füllungen für Ravioli, Tortellini und Co. Anerkennung bei Familie und Freunden ist garantiert.

Auch kochen und lesen ergänzen sich bestens. Hilfreich für Pasta ist das Geschichten- und Kochbuch von Claudio Del Principe «a mano» (AT-Verlag). Begeistert war ich auch von den zwei saisonbezogenen Gemüsebüchern von Meret Bissegger: «Meine Gemüseküche» (AT-Verlag). Bücher nicht nur mit Rezepten, sondern mit viel Hintergrundwissen.

Neue Weine entdecken

Wir alle haben unsere Lieblingsweine, sollten aber neugierig bleiben für Neues: Warum nicht mal ein Glas Wein von einer neuen, robusten Rebsorte probieren? Sie machen den Einsatz von Kupfer als problematischem Fungizid im biologischen Rebbau überflüssig. Grossartige Vorbilder sind hier die Weingüter Lenz in Iselisberg (CH), Albet i Noya (Penedès), Hirschhof in Westhofen (DE) oder Timo Dienhart in Maring-Noviand (DE). Auch beim Wein lohnt sich ein Blick in die Fachliteratur oder ins Weinlexikon von Delinat: delinat.com/weinlexikon

Seine Zeit anders nutzen heisst, eine neue Art zu leben entdecken.

Hier finden Sie alle Beiträge der WeinLese 63:

Olivenöl in der Küche – Ganz schön scharf

Gutes Olivenöl ist Gold wert. Die positiven Eigenschaften sind zahlreich, sowohl was unsere Gesundheit als auch den kulinarischen Wert betrifft. Und gutes Olivenöl hat seinen Preis. Doch es lohnt sich, hier nicht zu geizen.

Ich erinnere mich noch gut, als mir ein befreundeter Weinhändler vor vielen Jahren ein Olivenöl als besonders wertvoll empfahl. Es schmeckte bitter und war zudem stechend scharf. Noch am gleichen Tag brachte ich es zurück. Heute weiss ich: Gutes Olivenöl der Qualitätsstufe nativ extra (Extra Vergine) enthält viele Polyphenole, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Eines dieser Polyphenole, das Oleuropein, schmeckt bitter. Ein anderes, das Oleocanthal, ist scharf.

Geniessen wir Olivenöl pur, dann empfinden wir Schärfe und Bitterkeit stark. In einer Suppe oder einem Gemüsegericht nehmen wir scharf und bitter nur noch als angenehmes Grundgeräusch wahr, ergänzt mit der dritten positiven Eigenschaft von gutem Olivenöl: der fruchtigen Note.

Start ins Vergnügen

Zu den vielseitigsten Apéro-Häppchen zählen Tapas. Ich mag besonders getoastete Brotscheiben, belegt mit allem, was die Fantasie hergibt. Die Kräutervariante geht so: Beliebige Kräuter fein hacken, diese mit Olivenöl und Salz mischen und auf die Brotscheiben streichen. Wers mag, streut obendrauf Pinienkerne, getrocknete Tomaten oder Ziegenkäse. Hier verwende ich das Olivenöl Osoti: grasig-fruchtiger Charme und milde Schärfe. Die Bitternote passt gut zum getoasteten Brot. Übrigens: Solche Kräutermischungen können auch prima eingefroren werden. So hat man im Winter frische Kräuter.

Getoastete Brotscheiben mit Olivenöl und Kräuter

Auch grüner Spargel verträgt sich gut mit Olivenöl. Der Abwechslung zuliebe gare ich die knackigen, ungeschälten Stangen mal im Dampf, mal brate ich sie sanft im Olivenöl. Dazu verwende ich ein bezüglich scharf und bitter ausgewogenes Öl, das Vale de Camelos. Bemerkenswert sind seine fruchtig-grasigen Noten, die die feine Herbe des Spargels abrunden. Am Schluss würze ich mit Salz und abgeriebener Zitronenschale.

Confieren ist eine Garmethode, die eher selten zum Einsatz kommt. Ich nutze sie gerne für ein Saiblingsfilet. Knapp bedeckt mit bestem Olivenöl, gare ich es bei 40° Grad während 15 bis 20 Minuten je nach Dicke. Hier sollte es meines Erachtens ein Öl mit eher milder Schärfe sein wie das Bonarossa: bestechend sein Kräuterduft. Es kann weiterverwendet werden, beispielsweise zum Aromatisieren von rotem Camarguereis als Beilage zum Fisch.

Köstliche Italianità

Erstklassiges Olivenöl veredelt kulinarische Köstlichkeiten.
Erstklassiges Olivenöl veredelt kulinarische Köstlichkeiten.

Auch bei Spaghetti denke ich sofort an Olivenöl und wähle dazu ein intensives Öl wie das Salustri Frantoio. Das Rezept ist einfach: Vollkornspaghetti, fein gehackter Rosmarin, ein Hauch Knoblauch und Parmigiano Reggiano, bitte ebenfalls frisch gerieben. Die fruchtigen Noten des Salustri Frantoio passen hier perfekt, und das wuchtige Bitter-Schärfe-Profil des hochwertigen Öles verleiht dem einfachen Gericht Kultstatus – fehlt nur noch ein Glas Conterocca aus der Toskana. Wer Spaghetti lieber nackt mag, schwenke sie zumindest in ebendiesem Öl.

Nochmals zurück zu Olivenöl und Gesundheit: Das Öl eignet sich auch hervorragend zur Hautpflege. Es wirkt regenerierend, insbesondere bei trockener, schlecht durchbluteter Haut. Nach dem Kochen und dem grossen Abwasch reibe ich mir die Hände mit ein paar Tropfen Olivenöl ein. Es zieht rasch ein, und sein fruchtiger Duft erinnert mich an die eben erlebten Gaumenfreuden.

Hier finden Sie alle Beiträge der WeinLese 62:

Leicht schräg

Beim Kombinieren von Speisen und Wein gibt es den sicheren Weg. Oder das Wagnis, mit möglichem Lustgewinn oder Totalabsturz. Wir kennen die jahrzehntealten Grundregeln wie Weisswein zu Fisch, Chianti zu Spaghetti, Chasselas (Fendant) zu Fondue. Meist richtig, aber oft langweilig. Genuss-Autor Peter Kropf präsentiert unkonventionelle Kombinationen von Wein und Speisen.

Vielfalt an Gemüse

Wein und Speise zu kombinieren, heisst nicht unbedingt, dass wir beides gleichzeitig in den Mund nehmen sollen. In Fachwerken wird zwar gelegentlich dazu geraten. Beispielsweise soll Schokolade oder Käse vor dem Schlucken mit etwas Wein vermischt werden. Für mich ist das ähnlich abwegig wie sprechen mit vollem Mund.

Einen bekannten Weinprofi fragte ich einmal, was er von mehrgängigen Menüs mit einem neuen Wein pro Gang halte. Er wähle jeweils eine einzige Flasche Wein aus, nach der ihn besonders gelüstet, und geniesse ihn dann – mit seiner Frau – jeweils zwischen den servierten Gängen. Wie sagte schon der preussische König Friedrich II.: «… hier mus ein jeder nach Seiner Faßon Selich werden.»

Wir schätzen, was wir gewohnt sind – viele mögen keine Experimente. Dabei entgehen uns neue Erfahrungen, spannende Erlebnisse: Urlaub in einer unbekannten Region, beispielsweise im eigenen Land. Oder einen neuen Schriftsteller entdecken. Auch schräge, ungewohnte Speise-Wein-Kombinationen können begeistern. Warum nicht einmal Lebensmittel wählen, die wir sonst nie kaufen? Gerade in Corona-Zeiten stellen wir fest: Neues bringt Schwung in den monotonen Alltag. Plötzlich beginnen wir, selber Brot zu backen, Pasta herzustellen, schwierige, zeitraubende Rezepte auszuprobieren. So vergeht die Zeit, und wenn ein Gericht gelingt, sind Freude und Stolz garantiert: Glücksgefühle pur. Ungewohntes kann sich also lohnen. Hier vier Beispiele zum Ausprobieren.

Gemüsereis mit Chili

Gemüsereis mit Chili und Rotwein

Eine besondere Herausforderung für Wein bieten scharfe Gerichte. Wasser oder Bier sind hier oft gehörte Empfehlungen. Ein Freund bestellte zum scharfen thailändischen Rindfleisch einen kräftigen roten Bordeaux: der Totalflop. Der Wein brannte am Gaumen. Ich probierte später zu einem Gemüsereis mit Chili einen Nero d’Avola aus Sizilien. Die milde, reife Frucht des Bonarossa von Massimo Maggio wirkte tatsächlich besänftigend. Auf sicher gehen wir aber mit einem restsüssen Riesling wie dem Terra Rossa Riesling vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen.

Zander, auf der Haut gebraten

Zander mit Rotwein

Wer die Säure mancher Weissweine nicht verträgt, denkt bei Fisch oft an Rotwein, traut sich aber nicht, diese Kombination auszuprobieren. Dabei kommt es auf die Zubereitung und die Beilagen an. Kürzlich wartete im Kühlschrank ein schönes Zanderfilet. Mir war aber nach Rotwein zumute. Also briet ich den Fisch auf der Haut, legte ein paar Zucchini- und Auberginenscheiben in die Grillpfanne und servierte dazu Bratkartoffeln. Jetzt harmonierte ein roter Toskaner, ein Sangiovese mit reifem Tannin, prächtig. Zum Beispiel der fruchtigelegante Conterocca aus dem Hause Salustri in der wilden Maremma.

Sushi mit rohem Fisch

Sushi mit Rotwein

Rotwein zu Sushi? Gerade zu dunkelfleischigem Fisch kann ein eher leichter Rotwein mit wenig Säure und Tannin eine Alternative sein. Auch mit der obligaten Sojasauce verträgt sich dieser Wein prima. Weniger Mutige halten sich einfach an einen mineralischen, gehaltvollen Weisswein. Unser Tipp für die Mutigen: der fruchtbetonte, alkoholarme Tres de Azul y Garanza aus der spanischen Navarra.

Salat von Wassermelone und Schafskäse

Wassermelonensalt mit Schafskäse und Roséwein

Wein zu Salat mag ich eigentlich nicht. Der Essig stört hier gewaltig. Eine Kollegin schlug vor: Salat aus Wassermelone mit roten Zwiebeln, Schafskäse, Basilikum, Öl, Salz und Pfeffer – also ohne Essig. Hierzu zaubert ein Rosé mit etwas Restsüsse aus dem Mittelmeerraum sofort Ferienstimmung herbei. Der fruchtig-verspielte Cantarana rosat von Albet i Noya aus dem Penedès tut genau das.

Auf ein Glas mit … Christoph Raffelt

Das Kochen stand am Anfang seiner Weinleidenschaft. Dann wurde der gebürtige Rheinländer Christoph Raffelt Weinblogger und etablierte in Hamburg sein Büro für Wein & Kommunikation. Wir trafen den bioaffinen Autor und Geniesser auf ein Glas Wein zum Interview.

Du beschäftigst dich schon lange mit dem Thema Wein, warst einer der ersten Weinblogger. Wie kam es dazu?
Christoph Raffelt: Die Ursache dafür war, dass ich mir eine Datenbank mit Notizen zerschossen hatte. Da damals Blogs insgesamt populär wurden und ein Freund von mir, mit dem ich heute den Live- Podcast WRINT Flaschen herausgebe, auch damit angefangen hatte, dachte ich, ich probiere das mal aus.

Christoph Raffel, Weinblogger
Christoph Raffelt: «Für mich findet Genuss im Kleinen statt. Zum Beispiel, wenn ich mit meinen Kindern Pasta selber produziere aus Eiern von glücklichen Hühnern.»

Welchen Weinblogger liest du gern, wen kannst du den Delinat-Kundinnen und -Kunden empfehlen?
Ich glaube, dass sich das Thema Blog weitestgehend überholt hat. Oft sind Blogs einfach noch Deckmantel für sogenannte Influencer. In Deutschland lese ich eigentlich nur noch professionelle Blogger wie Schnutentunker oder Chezmatze, in UK Jamie Goodes The Wineanorak.

In diesen Tagen ist viel die Rede von virtuellen Weinproben, da man sich nicht zu echten Degustationen treffen und auch keine Weinkurse besuchen kann. Was hältst du davon?
Ich finde das eine gute Möglichkeit, Menschen zusammenzubringen, wenn sie für ein Thema schwärmen oder zumindest daran interessiert sind. Es gibt viele verschiedene Formen, wie man so etwas machen kann. Tatsächlich bieten wir mit dem angesprochenen Podcast WRINT Flaschen genau so etwas an. Allerdings schon seit 2012. Das läuft bei uns nicht über Video, sondern über Audio und Chat, aber alle können sich daran beteiligen und im Vorfeld die Weine beim jeweiligen Händler oder Winzer kaufen.

Weine von Delinat waren aber noch nicht dabei, oder?
Nein, tatsächlich nicht, aber was nicht ist, sollte vielleicht noch werden.

Persönlich
Christoph Raffelt arbeitet und lebt mit seiner Familie seit 2012 in Hamburg. Bereits 2007 begann er mit Bloggen. Sein Blog originalverkorkt.de gehört zu den frühen Wein-Blogs und ist einer der wenigen, die auch heute noch existieren. Allerdings ist er in den letzten Jahren viel mehr eine Plattform für Podcasts geworden, während sich Raffelt mittlerweile mit seinem Büro für Wein & Kommunikation als Journalist, Autor und Texter etabliert hat. Mit seiner Frau, die an der Hochschule für Künste im Sozialen in Ottersberg lehrt, seinem Sohn und seiner Tochter trifft er sich oft und gerne in der Küche, wo gemeinsam gekocht und gegessen wird.

Von Anfang an war für dich nachhaltige und/oder biologische Erzeugung wichtig. Warum?
Weil ich so aufgewachsen bin. Zu Hause gab es schon in meiner Kindheit im Wesentlichen Produkte vom Biostand auf dem Wochenmarkt, vom Bioladen und aus dem Reformhaus. Dann will man sich auch beim Wein eigentlich nichts anderes auf den Tisch stellen. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich kein Dogmatiker bin. Aber ich würde sagen, zu 97 Prozent kaufe ich ausschliesslich Bioweine, die auch so deklariert sind. Das hat allerdings auch damit zu tun, dass viele der wirklich guten Betriebe längst biologisch arbeiten, weil für sie klar ist, dass der Wein einfach besser wird.

Was bedeutet Genuss für dich?
Genuss ist für mich ein Teil der Kultur. Genussfähigkeit haben wir uns errungen, und ich bin ein grosser Verfechter davon, dass wir Genuss intensiv leben. Und das meine ich überhaupt nicht snobistisch. Für mich ist Genuss nicht Kaviar mit ultrararem Champagner. Für mich findet Genuss vor allem im Kleinen statt. Zum Beispiel, wenn ich mit meinen Kindern Pasta selber produziere aus sehr gutem Mehl und vielen Eiern von glücklichen Hühnern, diese nur in Butter und gereiftem Parmesan schwenke und dazu einen Barbera d’Asti aufmache. Das kann vollendeter Genuss sein. Wer nur konsumieren will, sollte zum Discounter gehen. Wer aber geniessen will, sollte sich bewusst sein, was er zu sich nimmt und wie es entstanden ist. So kann Genussfähigkeit meiner Ansicht nach auch zu mehr Nachhaltigkeit führen.

Für welche Weine schlägt dein Herz besonders, und hat sich das im Laufe der Zeit verändert?
Oh ja, das hat es. Der erste Wein, den ich mir im Alter von 19 Jahren gekauft habe, war ein Zinfandel aus Kalifornien mit viel Frucht und viel Holz. Dann gab es viel Wein aus Spanien und dem Süden Frankreichs, irgendwann dann aus Bordeaux. Schliesslich wurden es immer mehr Weissweine, Schaumweine und Burgunder. Seit langer Zeit schlägt mein Herz besonders für Weine von der Loire, doch ansonsten, so glaube ich, bin ich sehr offen und probiere bis heute ständig Neues wie beispielsweise PIWIs bzw. Altes, was wiederentdeckt wurde. Denn auch das gehört ja zum modernen Weinbau dazu: die Gegenbewegung vieler kleiner Winzer, die der üblichen Handvoll Rebsorten alte Sorten entgegenstellen, die wieder neu kultiviert werden.

Weintipp von Christoph Raffelt

La Luna del Rospo Bric Rocche

Barbera ist eine sehr komplette Rebsorte mit viel Kraft und viel seidiger Eleganz, vor allem aber mit satter dunkler Frucht und zudem mit einer Erdigkeit, die wohl allen roten Piemonteser Rebsorten zu eigen ist. Barbera Superiore Bric Rocche vom Weingut La Luna del Rospo stammt aus einem 50 Jahre alten Rebberg bei Monferrato und bringt eine ganz eigene Würze mit.

La Luna del Rospo Bric Rocche
Barbera Superiore DOCG 2017
www.delinat.com/luna-del-rospo-bric-rocche-barbera-asti

Kulinarisches Abenteuer

Wie kombiniert man Wein mit veganem Essen? Und wie mit Rohkost? In Bern fand die erste «Tavolata cruda» statt, an der sich 16 Gäste, zwei Sommeliers und zwei Caterer auf das kulinarische Abenteuer einliessen.

«Danke für euren Mut», so begrüsste uns Pirmin Muoth bei der ersten Ausführung von «Tavolata cruda» im Delinat-Weindepot am Berner Stadtrand. Mut deshalb, weil der Fünfgänger nicht nur vegan, sondern vegane Rohkost war, zubereitet und erfunden von Miranda Külling und Cédric Wüthrich von der Berner Ölmühle rohrohroh. Mut brauchten nicht nur wir Gäste, sondern auch die Initianten des Anlasses, für sie war es ebenfalls eine Premiere. «Unser Sensoriker Dirk Wasilewski hat die Kombinationen aber abgesegnet», sagte Pirmin Muoth und erntete einige Lacher von seinen Gästen. Am Tisch sassen primär Delinat-Kunden, und man merkte: Niemand zweifelte, dass dieser Abend ein Erfolg werden würde.

Aperitivo

Wir starteten beim Aperitivo mit dem Schaumwein Albet i Noya Saumo Brut Reserva (2015, Chardonnay und Parellada) und kulinarisch mit Tapas. Jamón Serrano, Chorizo oder Salchicha – normalerweise ist die spanische Küche für ihre Fleischspezialitäten bekannt. Miranda Külling nahm die Herausforderung an: Auf dem Teller fanden wir Leinsamen-Cracker mit fermentierter Paste und Tomate, tolle Oliven, süsse Birnen mit Curry-Federkohl-Chips und panierte Zwiebelringe. Für den Umami-Moment sorgten die in Olivenöl getränkten Champignons. Die Chardonnay-Traube ist für Schaumwein aus dem Penedès noch untypisch, aber durch die Cremigkeit und das Aromatische passte er prächtig. Ausserdem brachte er nur wenig Süsse mit, die stören könnte. Eine derart breite Palette mit einem Schaumwein zu kombinieren, ist ein guter Trick. Und gerade der Saumo meisterte den Spagat zwischen all den Tapas sehr gut.

Sopa

Die Sopa musste die Köchin Miranda Külling nicht einmal anpassen, denn es war ein Gazpacho Andaluz, das wohl bekannteste Rohkostmenü Spaniens. Im Glas bekamen wir gleich zwei Weine, beide mit Verdejo-Trauben. Der Saxum (2016) schmeckte nach Grapefruit und forderte die Suppe heraus, ohne aber ein adstringentes Gefühl auf der Zunge zu hinterlassen. Besser gefiel den meisten am Tisch der Nosso Verdejo Natural (2016), der im Eichenfass ausgebaut worden war und in der Nase eine laktische Note hatte. Er rundete die Suppe mit einem Honigabgang harmonisch ab und milderte ausserdem die Säure der Tomate.

Entrada

Die Entrada trug den klingenden Namen Endibias al Romero: Chicorée auf einem Apfelmusbeet und Spargeln in einer Salsa, in die auch der Rosé integriert worden war, den wir im Glas hatten. Dazu gab es einen Apfel-Heidelbeer-Salat. Chicorée und Spargel mit Wein? Vielen Weinliebhabern dürften die Haare zu Berge stehen, doch die Spargeln waren in Randensaft eingelegt worden, was den Spargelgeschmack zügelte. Auch der Chicorée wurde mit einer Marinade aus Rosmarin und Olivenöl gezähmt. Diese herbe Note nahm Depot-Leiter Pirmin Muoth auf: Er servierte einen Pago Casa Gran Monastrell rosado (2016, Monastrell). Da das Gericht nicht überwürzt war, passten das Herbe der Monastrell-Traube und der tiefe Tanningehalt gut.

Plato Principal

Der Plato Principal war Tortilla con Ensalada. Bei der Salatsauce war die Küchencrew vorsichtig, und man fand weder Zitrusnoten noch viel Essig darin vor. Dennoch rümpften einige die Nase, als dazu Rotwein ausgeschenkt wurde: der Núria, wiederum von Albet i Noya (2015, Merlot). Zum Salat gab es zwei Tortillas auf Basis von Flohsamenschalen und Kokosnussmus. Eingefärbt waren sie mit Kurkuma und mit Paprika, um die spanischen Nationalfarben ins Menü aufzunehmen. Ein Schluck Merlot nach einem Bissen Tortilla, gefüllt mit allerlei Gemüsestückchen und Cashew-Frischkäse, war überraschenderweise eine solide Kombination.

Postre

Die Menge an Essen, die wir verzehrten, war beachtlich. Doch auch nach dem Hauptgang fühlten wir uns noch nicht überessen. Von den ebenfalls beachtlichen Dezilitern Wein war die Lautstärke gestiegen, und die Tavolata machte dem Namen alle Ehre. Als Postre gab es eine Crema Catalana Suiza, die im Originalrezept primär aus Rahm, Milch und Eiern besteht. Kein Problem für die Caterer: Anstatt mit Ersatzprodukten die Crema zu kopieren, erfanden sie ein neues Dessert. Aus Chiasamen, Mandelmilch und Datteln kreierten sie eine Crema Catalana Suiza. Dazu wurde ein Süsswein vom Château Dudon (2015, Sémillon und Sauvignon Blanc) aus dem Sauternes-Gebiet mit 114 Gramm Restzucker und 6 Gramm pro Liter Gesamtsäure kredenzt. Die Honignoten im Mund begleiteten das Dessert wunderbar, zudem belebte die angenehme Säure des Weines die Süsse des Desserts.

Nach all der Rohkost ging es uns prächtig, und als Abschluss beantworteten uns die Köche noch die letzte brennende Frage: Ja, auch Wein ist Rohkost.

Tavolata cruda No. 2

Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet statt am:
Samstag, 10. November 2018 ab 18.30 Uhr im Delinat-Weindepot Bern.

Kosten CHF 100.– pro Person (max. 30 Teilnehmer)

Mehr Informationen und Anmeldung:
www.delinat.com/tavolata

Alle Artikel der WeinLese 51:

Lara und Marco

Marco isst gerne gut, das ist nicht immer gesund – aber oft. Lara isst gerne gesund, das ist nicht immer gut – aber oft. Die Schnittmenge der Speisen ist also beträchtlich.

Marco kauft gerne auf dem Markt ein: frisches Gemüse, Obst und natürlich auch ein Stück gutes Fleisch. Das bereitet er selber zu, einfach, ohne Firlefanz. Dazu verwendet er bestes Öl und verschiedene Gewürze. Er isst langsam, aufmerksam, geniesserisch. Dazu trinkt er ein Glas Wein – nicht den billigsten.

Lara kauft gerne im Biogeschäft ein. Oft auch auf dem Markt: frisches Gemüse, Obst, nur selten Fleisch. Das bereitet sie selber zu, einfach ohne Firlefanz. Dazu verwendet sie bestes Öl und verschiedene Gewürze. Sie isst langsam und kaut die Speisen gut. Dazu trinkt sie ab und zu ein Glas Wein – nicht den billigsten, einen aus biologischem Anbau.

Lara und Marco brauchen fürs Einkaufen, Kochen und Essen viel Zeit. Aber das ist es ihnen Wert. Sie haben sich viel Wissen übers Essen angeeignet. Meret Bissegger, Naturköchin aus dem Tessin, sagt in der Reportage in dieser Ausgabe der WeinLese: «Je mehr man weiss, desto besser versteht man, was gutes Essen ausmacht.»

Marco weiss, ein vielfältig bestückter Einkaufskorb verspricht mehr Genuss als immer die gleichen Speisen. Lara weiss, ein vielfältig bestückter Einkaufskorb verspricht mehr Gesundheit als immer die gleichen Speisen, denn: je mehr verschiedene Nährstoffe, umso gesünder die Speisen. Und je schonender die Zubereitung, umso bekömmlicher. Es lohnt sich also doppelt, Neues auszuprobieren: Produkte wie den bei uns eher unbekannten Palmkohl (Cavolo nero) oder Stängelkohl (Cima di Rapa), neue Gerichte und Zubereitungsmethoden wie beispielsweise das Sanftgaren bei Temperaturen zwischen 60 und 100 Grad, oft auch im Vakuumbeutel.

Geniessen mit Freunden

Gesund und gut liegen also nahe beisammen. Zum Glück, denn eine gesunde Mahlzeit wirkt sich erst dann positiv auf unseren Körper aus, wenn wir das Essen geniessen und danach glücklich satt sind. Übrigens: Essen in guter Gesellschaft macht glücklich; geteilte Freude ist doppelte Freude.

Marco weiss, eine genussvolle Speisekomposition besteht aus unterschiedlichen Aromen, vielfältigem Geschmack und abwechslungsreicher Textur. Beispiel: Grünkernburger mit Brokkoli und Shiitake-Pilzen an leichter Weissweinsahnesauce. Das Aromenspektrum reicht vom speckig-nussigen Grünkern (ohne wirklich Speck zu enthalten!) über grüngemüsige Noten des Brokkoli bis zu Eindrücken von Waldboden der Shiitakepilze. Geschmacklich fällt das leicht süssliche Getreide auf, die leichte Herbe des Brokkoli, die feine Säure des Weissweins in der Pilzsauce, alles verstärkt durch mildes Salzen der Speisen. Dazu kommen der feine Schmelz der Sahne in der Pilzsauce und die knackige Kruste des Grünkernburgers. Eine gelungene Speisekomposition.

Mit dem Wissen, wie ein Menü komponiert wird, steigt also der Genuss. Und mit der Wahl von gesunden Produkten fördern wir unser Wohlbefinden. Brokkoli enthält viel Vitamin C, Folsäure, Beta-Karotin, Kalzium, Kalium, Magnesium und Eisen. Shiitake-Pilze überzeugen mit wertvollen Aminosäuren und Vitaminen. Grünkern (getrockneter Dinkel) enthält B-Vitamine und ebenfalls verschiedene Mineralstoffe.

Wein bereichert das Essvergnügen

Lara und Marco geniessen zum Essen gerne ein Glas Wein. Er kommt dann gut zur Geltung, wenn die Speisen geschmacklich nicht zu einseitig sind: zu sauer, zu süss, zu herb. Dieser Eindruck kann durch den Wein noch verstärkt werden. Die Aromen der Speisen sind meistens weniger problematisch. Allenfalls überdecken überwürzte Gerichte die Aromen des Weines, beispielsweise feine Zitrus- oder Blütendüfte. Interessant sind dagegen harmonische Duftkombinationen wie Peperoni und Cabernet Franc oder Buttersauce und Barrique-Chardonnay. Aber auch Gegensätze können sich anziehen: herbwürziges Wild und fruchtiger Pinot Noir.

Lara und Marco wissen: Gutes und gesundes Essen braucht Zeit, beim Einkaufen, bei der Zubereitung und beim Geniessen – es lohnt sich.