In der WeinLese Nummer 61 haben wir im Februar 2021 die Vision vom ökologisch perfekten Weingut skizziert. Reiche Biodiversität, lebendige Böden, robuste Rebsorten und grüne Energie sind zentrale Elemente. Unser Video-Blogger Olivier Geissbühler hat jetzt mit seiner Kamera sechs Delinat-Winzer besucht, die in einzelnen Bereichen bereits nahe am perfekten Weingut sind. In den Video-Interviews erzählen die Winzer, in welchen Bereichen sie die Nase vorn haben.
Reiche Biodiversität
Josep Maria Albet i Noya, Penedès, Spanien
«Biodiversität bedeutet biologische Vielfalt. Es ist unser Ziel, möglichst viele verschiedene Pflanzen und Kleinlebewesen in unseren Rebbergen zu haben, um so einen natürlichen Kreislauf aufzubauen, bei dem Nützlinge Schädlinge in Schach halten. Das funktioniert schon ganz gut. Ein wichtiges Element sind die über acht Kilometer Trockensteinmauern, welche die Terrassen unserer Steillagen stützen. Sie bieten ein Habitat für vielerlei Lebewesen, die wir nicht alle kennen. Wir haben schon bis zu 60 Zentimeter lange Echsen beobachtet. Zwischen den Steinen hausen sogar kleine Frösche, die nachts zu singen beginnen.»
Lebendige Böden
Timo Dienhart, Mosel, Deutschland
«Wir legen grössten Wert auf natürliche Vielfalt und funktionierende Kreisläufe. Grundlage dafür ist ein lebendiger Boden. Wir säen gezielt unsere standortgerechte, artenreiche Begrünung mit 20 verschiedenen Komponenten, darunter zahlreiche Leguminosen. So erhalten und steigern wir den Humusaufbau, die Bodenfruchtbarkeit und schützen unsere Steillagen vor Erosion. Es entsteht ein lebendiger, blühender Teppich, der vielen Insekten und Vögeln Heimat bietet. Biodynamische Präparate und unser wertvoller Trester-Rebholz-Kompost helfen mit, die Bodenorganismen mit Futter zu versorgen, sodass diese ständig aktiv sind und ihrerseits die Reben mit Energie versorgen können.»
Biologische Hotspots
Alexander Pflüger, Pfalz, Deutschland
«Leider ist auch bei uns in der Pfalz die biologische Vielfalt im Weinbau generell verarmt und einer Monokultur gewichen. Die Schaffung von biologischen Hotspots trägt dazu bei, die Artenvielfalt zu fördern und unsere Weinberge zu einem funktionierenden Ökosystem zu entwickeln. Einer unserer auffälligsten Bio-Hotspots ist der vier Meter hohe Lebensturms am Dürkheimer Herrenberg. Der Aufbau aus den verschiedensten Materialien wie Reisig, Hölzern, Steinen sowie das Anbringen von Nistkästen lockt Wildbienen, Wespen und unsere heimischen Singvögel an. Die Vitalität und die Balance dieses Systems spiegeln sich auch in unseren Weinen wider.»
Permakultur
Erik Bergmann, Provence, Frankreich
«Auf Château Duvivier haben wir uns intensiv mit Lösungen für einen zukunftsgerichteten Weinbau in Zeiten des Klimawandels auseinandergesetzt. Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit, Starkregen, Sturmwinde und Überschwemmungen stellen uns vor grosse Herausforderungen. Um diese zu meistern, bietet die Permakultur gute Ansätze. Dadurch können Ökosysteme gestärkt und die Bodenfruchtbarkeit erhöht werden. Durch das Anlegen von Teichen und Sickergruben konnten wir erreichen, dass Regenwasser nicht ungenutzt abgeschwemmt, sondern gesammelt und den Reben in Trockenperioden zugänglich gemacht wird.»
Grüne Energie
William Savian, Veneto, Italien
«Unsere Azienda Le Contrade ist klimaneutral. Mittels Solaranlage erzeugen wir weit mehr Strom, als wir brauchen. Wir produzieren zwar noch nicht alle Energie selbst, denn für die Erzeugung von Dampf für die Sterilisation der Abfüllanlage sowie für den Traktor sind wir nach wie vor auf fossile Brennstoffe angewiesen. Diese kompensieren wir aber mit unserer überschüssigen Solarenergie. So gesehen sind wir energieautark. Aber klar: Unser Ziel ist es, nur noch erneuerbare Energien zu nutzen. Wir haben auch bereits einen Versuch mit einem Elektrotraktor gemacht. Allerdings fehlt den heutigen Modellen noch die Marktreife.»
Robuste Sorten
Roland Lenz, Thurgau, Schweiz
«Eine zukunftsorientierte Bioweinproduktion ist in unserem Klima nachhaltig nur mit pilzresistenten Traubensorten (PIWI) zu realisieren. Weil wir zu dieser Einsicht gekommen sind, setzen wir seit einiger Zeit vollständig auf robuste Sorten, die nicht oder nur minimal gespritzt werden müssen. Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht. Es braucht viel weniger Hilfsstoffe und Traktorfahrten, was den Boden schont und auch zu weniger Abfall durch Fäulnis führt. Zudem finden unsere Weine aus den neuen, noch wenig bekannten Sorten grossen Anklang.»