Wein und Olivenöl sind seit Jahrhunderten beste Freunde. Kaum ein Weingut im Süden Europas, das nicht auch über ein paar Olivenbäume verfügt. Oftmals sind es gar ganze Olivenhaine, die landschaftlich schöne Kontraste bilden und dem Winzer zu einem willkommenen Zusatzerwerb verhelfen.
Beim Olivenöl gibt es unterschiedliche Güteklassen und riesige Preisunterschiede. Letztere sind umso erstaunlicher, weil die meisten Olivenöle als «nativ extra» oder «Extra Vergine», also Öle der höchsten Güteklasse, angeboten werden. Doch längst nicht alles, was im Verkaufsregal steht, erfüllt diese Ansprüche.
«Öl, Wein und Freunde – je älter, desto besser.»
Sprichwort aus Portugal
Gutes Olivenöl schmeckt frisch, fruchtig, aber auch leicht scharf und bitter. Diese Geschmackskomponenten sind untrügliche Zeichen vorbildlicher Verarbeitung und maximal reiner Inhaltsstoffe. Letztere bestehen vor allem aus einfach ungesättigten Fettsäuren, Polyphenolen und Vitaminen – alles geschmacks- und gesundheitsrelevante Inhaltsstoffe, die Olivenöl so wertvoll machen.
In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen vier Winzer vor, die ihr eigenes Olivenöl anbieten. Die Öle haben ihren Preis, erfüllen in puncto Geschmack und analytischer Prüfung jedoch allerhöchste Ansprüche. Viel Vergnügen beim Eintauchen in die faszinierende Welt von Wein und Olivenöl.
Auf dem Bioweingut von Roland und Karin Lenz in der Ostschweiz kommen schon heute nur geringe Mengen an biologischen Spritzmitteln zum Einsatz. Der Grund: Auf dem Gut dominieren pilzresistente Sorten (PIWIs), die nicht oder nur minimal gegen Krankheiten geschützt werden müssen. Gleichwohl geht Roland Lenz auch in diesem Bereich in die Offensive: Im vergangenen Herbst haben Versuche mit Drohnen stattgefunden. Statt mit Traktor und Spritzgerät durch die Rebgassen zu fahren, wurden Sprühtests aus der Luft gemacht. Für Roland Lenz liegen die Vorteile einer Drohne auf der Hand: «Weniger Traktorfahrten bedeuten weniger Bodenverdichtung und Einsparung von Treibstoff. Die Drohne ist ausserdem schnell und präzis, was nicht nur zu Zeiteinsparungen führt, sondern auch zu weniger Spritzmittelverbrauch.» Derzeit erfolgen erste Ernsteinsätze mit der Drohne. Vier Hektar PIWI-Reben werden mit Pflanzenextrakten, Tees und Backpulver sowie zwei Hektar konventionelle Sorten wie Pinot Noir und Zweigelt mit traditionellen Biospritzlösungen aus der Luft behandelt. Ausserdem hat Roland Lenz damit begonnen, seine Weinberge in Mischkulturen zu verwandeln. Zu den Reben gesellen sich neu Haselnüsse, Mandeln und Weinbergpfirsiche. Bis 2022 entsteht so vorerst auf einer Rebfläche von 0,7 Hektar eine Mischkultur mit verschiedenen Früchten.
Delinat daheim: die virtuelle Variante
Ein paar Freunde zusammentrommeln und den Delinat-Weinexperten buchen: Das ist der beliebte Event «Delinat daheim», bei dem bei Ihnen zu Hause ein spielerischer Einstieg in die Degustiertechnik geboten wird. Weil dies derzeit pandemiebedingt nicht möglich ist, gibt es neu auch die virtuelle Variante «Delinat daheim online». Der Kurs wird ab 10 Personen/Haushalt angeboten, dauert ca. 1,5 Stunden und bietet neben einer professionellen Einführung ins Degustieren einen Einblick in die faszinierende Delinat-Methode. Zur Wahl stehen zwei Weinpakete (Basis oder Barrique), die vor dem Anlass per Post zugestellt werden. Die Kurskosten belaufen sich pauschal auf CHF 120.– / € 100,–. Hinzu kommen die Kosten für die benötigten Weinpakete.
Nach guten Erfahrungen mit den bisher gepflanzten Bäumen, Sträuchern und Kräutern investiert Hirschhof-Winzer Tobias Zimmer in Rheinhessen weiter in die Biodiversität. Diesen Frühling legt er einen neuen biologischen Hotspot mit heimischen Bäumen und Sträuchern wie Mandelbaum, Weinbergpfirsich, Felsenbirne, Schneeball, Blasenstrauch und Hundsrose (Weinrose) an. Ergänzend kommen Stein- und Totholzhaufen hinzu, die Kleintieren Unterschlupf bieten.
Winzerseminare online
Auch in Zeiten der Pandemie finden die jährlichen länderspezifischen Delinat-Winzerseminare statt, und zwar in Form von Online-Konferenzen. Im Dezember vergangenen Jahres haben 25 französisch sprechende Winzer am Seminar zum Thema «Agroforst und Weinbau» teilgenommen. Konkret ging es um den Einfluss von Bäumen im Rebberg auf Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität. Bäume sind Lebensraum für viele verschiedene Vögel und Insekten. Fledermäusen dienen Bäume in den Reben als Orientierungshilfe bei der Jagd nach dem schädlichen Traubenwickler. Im Februar 2021 befassten sich 15 spanisch sprechende Winzer mit dem Thema «Erneuerbare Energie». Es ging darum aufzuzeigen, wo die Winzer im Keller und im Feld am meisten Energie einsparen können und welche Formen der erneuerbaren Energie auf einem Weinbaubetrieb installiert werden können. Weitere Online-Seminare zu Themen wie «Agrarökologie», «Agroforst » und «Schafe im Weinberg» sind in Planung.
Rebstöcke und Olivenbäume sind knorrige Gesellen, die leicht hundert und mehr Jahre alt werden können. Auf vielen Weingütern im Mittelmeerraum sorgen sie für Vielfalt und werden für die Erzeugung hochwertiger, genussvoller Produkte genutzt: Wein und Olivenöl. Zu Besuch bei vier Delinat-Winzern, deren Herz nicht nur für Wein, sondern auch für Olivenöl schlägt.
Salustri und der tausendjährige Olivenbaum
Unweit der Azienda Salustri steht ein Riese in der wilden Landschaft der Maremma: ein über tausendjähriger Olivenbaum. Monumental, vom Wind gewunden und gedreht, eine lebende Skulptur mitten in der Toskana. Leonardo Salustri hätte den uralten, knorrigen Gesellen gerne auf seinem eigenen Terrain, doch ganz so weit reichen seine Weinberge nicht. Sein Wunsch ist verständlich, denn Leonardo gehört zu jenen Winzern, die für ein erstklassiges Olivenöl dieselbe Leidenschaft an den Tag legen wie für guten Wein. Seine Beziehung zu diesem «Mutter-Olivenbaum» ist aber auch so gegeben. In Zusammenarbeit mit der Universität Pisa wurde Pflanzenmaterial dieses Baumes für die Pflanzung neuer Olivenhaine verwendet – auch auf der Azienda Salustri.
Neben neueren Olivenbäumen betreut Leonardo solche, die bereits mehrere hundert Jahre auf dem Buckel haben. Insgesamt wachsen bei Salustri rund 6000 Bäume der Sorten Olivastra, Frantoio, Moraiolo und Leccino auf einer Fläche von etwa 30 Hektar. Die Oliven werden normalerweise von Anfang Oktober bis Anfang Dezember von Hand mithilfe mechanischer Hilfsmittel geerntet. Daraus erzeugt eine Ölmühle in der Region das mehrfach preisgekrönte Salustri-Olivenöl. «Wir haben jetzt ein Projekt für eine eigene, moderne Mühle. Wir hoffen, diese bald bauen zu können», verrät Leonardo Salustri.
Die Azienda ist ein vielfältiger Mischbetrieb mit Tieren und verschiedenen Kulturen. Die Rebberge sind wegen ihrer biologischen Vielfalt optisch eine Augenweide. Und sie sind mit einem hofeigenen Sangiovese-Klon bestockt, der den Rotweinen einen Hauch von Exklusivität verleiht.
Maggio – schöne Symbiose von der Sonneninsel
Auf dem Weingut von Massimo Maggio im Süden Siziliens wachsen rund 700 Olivenbäume auf roter Erde. Zusammen mit Kräutergärten, Orangen-, Mandarinen- und Maulbeerbäumen sorgen sie für Abwechslung und Vielfalt in einer ansonsten von Rebstöcken geprägten Landschaft. Massimo Maggio: «Der Olivenanbau hat auf Sizilien ein lange Tradition. Schon die Phönizier und die Griechen brachten die Früchte, aus denen das flüssige Gold entsteht, vor fast 3000 Jahren an unsere Küsten.»
Massimos Olivenbäume sind im Durchschnitt etwa 50 Jahre alt. Aus den beiden für die Insel typischen Sorten Tonda Iblea und Moresca lässt er seine von Hand geernteten Oliven in einer nahegelegenen Ölmühle durch Kaltextraktion zu einem eher milden Extra Vergine verarbeiten. Das Öl trägt denselben Namen wie der exklusiv für Delinat gekelterte Rotwein Bonarossa. Damit hat Massimo Maggio eine schöne Symbiose von Wein und Olivenöl gefunden. Das Öl zeigt würzige Noten von Tomatenblättern, Gras und frischen Kräutern und verführt mit dezenter, ausgewogener Bitterkeit und Schärfe. Genau wie der Rotwein passt das Öl bestens zu Fisch-, Fleischund Gemüsegrilladen, Suppen, Bruschetta, Salat und rohem Gemüse.
Osoti – Spanien holt auf
Noch heute wird erstklassiges Olivenöl meist mit Italien in Verbindung gebracht. Spanien, mengenmässig weltweiter Spitzenreiter bei der Olivenölproduktion, hinkte da lange Zeit hinterher. Doch in der jüngeren Vergangenheit ist auch hier das Bewusstsein für den Wert des flüssigen Goldes gestiegen.
Francisco Ruíz vom Rioja-Weingut Osoti hat mit der Bewirtschaftung seiner 45 Hektar Reben eigentlich bereits alle Hände voll zu tun. Biologischer Weinbau, wie er ihn betreibt, ist zeitintensiv und aufwendig. Um die Biodiversität in und um seine Rebberge zu fördern, hat er unzählige Oliven- und Mandelbäume sowie fein duftende Kräuter gepflanzt. Francisco nimmt den zusätzlichen Aufwand, der durch die Bewirtschaftung der Olivenbäume anfällt, gerne in Kauf. Zumal er hier auf gute Freunde zählen kann. Mit einem versteht er sich besonders gut: Jesús Catalán Alonso. Jesús ist ein Weggefährte der ersten Biostunde. «Wir sind Seelenverwandte», sagt Francisco. Deshalb falle es ihm leicht, seine Olivenbäume in die Obhut von Jesús zu geben. «Er trägt die gesamte Verantwortung, vom Schnitt der Bäume bis zur Pressung der Oliven.»
Francisco ist vom Resultat begeistert: Sein erstklassiges, naturbelassenes Osoti-Öl erfüllt ihn mit Stolz und Befriedigung. Es wird aus den beiden autochthonen Sorten Arbequina und Royuela hergestellt und besticht durch eine deutliche Bitternote und leicht Schärfe. Die Oliven werden bei den ersten Anzeichen von Farbumschlag von Hand geerntet – sie sind zu diesem Zeitpunkt praktisch noch grün. Die Verarbeitung erfolgt innerhalb weniger Stunden. Das Öl wird in einer modernen Ölmühle im Dekanterverfahren gewonnen, heute die wohl beste und schonendste Methode der Olivenölherstellung.
Vale de Camelos – tausende Olivenbäume gepflanzt
Die Adega Vale de Camelos im Alentejo ist ein noch junges Weingut. 1981 hatte der deutsche Seefahrer Horst Zeppenfeld im Süden Portugals eine 1000 Hektar grosse Quinta mit Getreidefeldern, Schafweiden und Korkeichenwäldern gekauft. Im Jahr 2000 wurden erste Reben gepflanzt. Seither ist ein biologisches Weingut entstanden, das seinesgleichen sucht: In einer Region, die unter langen Trocken- und Dürreperioden und damit drohender Wüstenbildung leidet, wurde mithilfe von Permakultur-Massnahmen eine grüne, fruchtbare Oase geschaffen. Rund 350‘000 Pflanzen sind in den letzten 35 Jahren gesetzt worden. Neben Stein- und Korkeichen, Johannisbrotbäumen und Reben vor allem auch Olivenbäume.
In den Weinbergen wachsen heute autochthone und internationale Rebsorten wie Touriga Nacional, Alicante Bouschet und Aragonez (in Spanien als Tempranillo bekannt) sowie Syrah. Rund um die Rebberge gedeihen auf über 80 Hektar rund 18‘000 Olivenbäume unterschiedlichen Alters. «Es gibt einige sehr alte, fast hundertjährige Bäume und viele junge, die wir im Verlaufe der letzten 35 Jahre gepflanzt haben», sagt Antje Kreikenbaum, die 2012 gemeinsam mit ihrem Mann die Verantwortung für Vale de Camelos von ihrem Vater übernommen hat. Angepflanzt wurden die bekannteste autochthone portugiesischen Sorte Galega, aber auch Cobrançosa, Arbequina, Hojiblanca, Picual und Azeiteira. «Diese Sorten sowie das unterschiedliche Alter der Olivenbäume machen die Typizität und die Qualität unseres Olivenöls aus», sagt Antje. Wobei das A und O für die Qualität auch hier die Ernte- und Verarbeitungsmethoden sind. Die noch nicht voll ausgereiften Oliven werden sanft von den Bäumen geschüttelt und in grossen Netzen aufgefangen. Danach gelangen sie unverzüglich in eine nahegelegene Bio-Mühle, wo die Oliven in mehreren Schritten gereinigt, gewaschen, zerkleinert werden und das Öl schliesslich kalt aus der Olivenpaste extrahiert wird.
Olivenöle nativ extra sind per Definition des International Olive Council (IOC) Öle, die aus Oliven produziert werden, die ausschliesslich mit mechanischen Verfahren geerntet und verarbeitet wurden. Darüber hinaus dürfen Olivenöle der höchsten Güteklasse keinerlei sensorische Defekte (Fehler) aufweisen, was durch trainierte sensorische Fachpanels sichergestellt wird. Ferner müssen rund 30 chemisch-analytisch definierte Kriterien gewährleistet sein.
Schonende Ernte – rasche Verarbeitung
Die Qualität des Olivenöls hängt zu einem grossen Teil vom Herstellungsverfahren ab. Die Oliven werden entweder schonend von Hand gepflückt oder aber – mehr oder weniger sanft – mittels rein mechanischer Hilfsmittel wie Kämmen und Harken von den Ästen gestreift. Auch sogenannte elektro- oder motorbetriebene Schüttler kommen zum Einsatz, um den Vorgang effizienter zu machen. Ziel des Ernteprozesses ist es in jedem Fall, die Olive so unbeschadet wie möglich für die Weiterverarbeitung zu gewinnen. Die Oliven werden dann innerhalb von 24 Stunden, besser in noch kürzerer Zeit, in die Ölmühle gebracht. Die Zeit drängt, denn es gilt, unerwünschte Veränderungen und Abbau- sowie Fermentationsprozesse der Olivenfrucht und damit Qualitätseinbussen zu vermeiden. Vor der eigentlichen Verarbeitung, werden mittels Sieb- und Gebläsevorrichtungen Zweige und Blätter entfernt und die Oliven mit kaltem Wasser gewaschen.
Kaltgepresst oder kaltextrahiert
Wenn man an die traditionelle Verarbeitung von Oliven denkt, tauchen schnell romantische Vorstellungen von Steinmühlen für die Vorzerkleinerung der Oliven und hydraulische Pressen für die Gewinnung des Öls auf. Das ist sicher hie und da auch heute noch so, aber auch in der Olivenölproduktion hat die Moderne Einzug gehalten – und das aus gutem Grund. Seit einigen Jahren haben sich moderne Schlagmühlen aus Metall etabliert. Mit ihnen werden die Oliven mit möglichst geringem Sauerstoffeintrag zerkleinert, bevor der Olivenbrei in Mischbehältnisse überführt wird. Dort beginnt die sogenannte Malaxation, ein Misch- und Knetvorgang, bei dem wichtige Vorstufen der Olivenölaromen entstehen. Nach der Malaxation gelangt die Olivenpaste in Zwei- oder Dreiphasen-Dekanter, die man sich als horizontale Zentrifugen vorstellen kann. In einem kontinuierlichen Prozess wird dort das Öl vom Fruchtwasser und von Feststoffen getrennt, ohne dass Wärme oder gar Hitze zugeführt wird – zu Ungunsten einer höheren Ölausbeute, dafür aber zugunsten der Inhaltsstoffe und der Aromatik. Sofern die Olivenmasse und später das Olivenöl im Verarbeitungsprozess zu keiner Zeit eine Temperatur über 27 Grad Celsius erreichen, darf das Endprodukt als «kaltgepresst» oder «kaltextrahiert» bezeichnet werden. Selbstredend ist ein Zusatz von chemischen Hilfsmitteln verboten.
Nach dem Extrahieren im Dekanter wird das Öl zentrifugiert, um den Trennprozess zwischen Öl-, Wasser- und Feststoffphase weiter zu verfeinern. Ein abschliessender Filterprozess eliminiert restliche Trubstoffe, was die Haltbarkeit des Endprodukts positiv beeinflusst, wenn auch gegebenenfalls zulasten eines etwas verminderten Geschmacks- und Geruchseindrucks. Alternativ kann das Olivenöl natürlich gefiltert werden, indem es in Stahltanks über einige Wochen oder Monate gelagert wird und sich im Öl befindliche Trubstoffe am Boden des Behälters absetzen.
Geschmackliche Faktoren
Die Güte des Herstellungsprozesses ist für die Qualität des Endprodukts höchst relevant. Darüber hinaus ist der Geschmack von Olivenöl von weiteren Faktoren abhängig, zum Beispiel davon, wie reif die Oliven sind (noch grün/unreif oder bereits im Farbwechsel zu Violettschwarz). Grundsätzlich erzeugen unreif geerntete Oliven ein robustes, länger haltbares, von eher grünen Aromen dominiertes Öl. Reifer geerntete Oliven ergeben mildere und reif-fruchtige, aber unter Umständen auch fehleranfälligere Öle. Jede einzelne Olivensorte zeigt dabei ein einzigartiges Aromaprofil. Und je nachdem, ob die Oliven reinsortig oder in Kombination verschiedener Sorten zu Öl verarbeitet werden, enthält das Endprodukt verschiedene, einzigartige und mehr oder weniger ausgewogene sensorische Eindrücke.
Olivenöl – die Fakten
Qualität Olivenöl besteht hauptsächlich aus Glycerin und daran gebundenen Fettsäuren (Triglyceriden). Die höchste Güteklasse trägt die Bezeichnung nativ extra (ital. Extra Vergine; span. Virgen Extra). «Nativ» steht für naturbelassen, «extra» für besonders hohe Qualität. Für die höchste Qualitätsstufe kommen nur frische, noch nicht voll ausgereifte Oliven in Frage, die sofort nach der Ernte unter hygienisch einwandfreien Bedingungen in bewährten mechanischen Verfahren, am besten durch Kaltextraktion, verarbeitet werden. Sein Gehalt an freier Fettsäure muss unter 0.8% liegen und sensorische Fehler wie Mufftöne sind tabu. Delinat bietet ausschliesslich Olivenöl Nativ extra aus biologischem Anbau an.
Gesundheit Olivenöl nativ extra gilt als fester Bestandteil einer gesunden Küche. Der hohe Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren wirken sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus. Es ist auch reich an Polyphenolen und Vitaminen, welche Antioxidantien enthalten, die vor Krankheiten schützen und das Immunsystem stärken.
Erhitzen Gutes Olivenöl kann problemlos bis zirka 170 °C erhitzt und somit zum Braten verwendet werden. Wenn es aber über der Pfanne raucht, ist die Temperatur zu hoch. Durch die Zugabe von Bratgut (Gemüse oder Fleisch) sinkt die Temperatur rasch unter 180 °C. Die geschätzten Röstaromen an Gemüse und Fleisch entstehen bereits ab ca. 140°.
Lagern Olivenöl ist frisch am besten. Aroma und gesundheitsfördernde Stoffe verringern sich mit der Alterung. Bei richtiger Lagerung (verschlossen, dunkel und kühl) ist hochwertiges Olivenöl problemlos 24 Monate haltbar. Bei falscher Lagerung (offen, Licht, Wärme) wird es rasch ranzig.
Gutes Olivenöl ist Gold wert. Die positiven Eigenschaften sind zahlreich, sowohl was unsere Gesundheit als auch den kulinarischen Wert betrifft. Und gutes Olivenöl hat seinen Preis. Doch es lohnt sich, hier nicht zu geizen.
Ich erinnere mich noch gut, als mir ein befreundeter Weinhändler vor vielen Jahren ein Olivenöl als besonders wertvoll empfahl. Es schmeckte bitter und war zudem stechend scharf. Noch am gleichen Tag brachte ich es zurück. Heute weiss ich: Gutes Olivenöl der Qualitätsstufe nativ extra (Extra Vergine) enthält viele Polyphenole, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Eines dieser Polyphenole, das Oleuropein, schmeckt bitter. Ein anderes, das Oleocanthal, ist scharf.
Geniessen wir Olivenöl pur, dann empfinden wir Schärfe und Bitterkeit stark. In einer Suppe oder einem Gemüsegericht nehmen wir scharf und bitter nur noch als angenehmes Grundgeräusch wahr, ergänzt mit der dritten positiven Eigenschaft von gutem Olivenöl: der fruchtigen Note.
Start ins Vergnügen
Zu den vielseitigsten Apéro-Häppchen zählen Tapas. Ich mag besonders getoastete Brotscheiben, belegt mit allem, was die Fantasie hergibt. Die Kräutervariante geht so: Beliebige Kräuter fein hacken, diese mit Olivenöl und Salz mischen und auf die Brotscheiben streichen. Wers mag, streut obendrauf Pinienkerne, getrocknete Tomaten oder Ziegenkäse. Hier verwende ich das Olivenöl Osoti: grasig-fruchtiger Charme und milde Schärfe. Die Bitternote passt gut zum getoasteten Brot. Übrigens: Solche Kräutermischungen können auch prima eingefroren werden. So hat man im Winter frische Kräuter.
Auch grüner Spargel verträgt sich gut mit Olivenöl. Der Abwechslung zuliebe gare ich die knackigen, ungeschälten Stangen mal im Dampf, mal brate ich sie sanft im Olivenöl. Dazu verwende ich ein bezüglich scharf und bitter ausgewogenes Öl, das Vale de Camelos. Bemerkenswert sind seine fruchtig-grasigen Noten, die die feine Herbe des Spargels abrunden. Am Schluss würze ich mit Salz und abgeriebener Zitronenschale.
Confieren ist eine Garmethode, die eher selten zum Einsatz kommt. Ich nutze sie gerne für ein Saiblingsfilet. Knapp bedeckt mit bestem Olivenöl, gare ich es bei 40° Grad während 15 bis 20 Minuten je nach Dicke. Hier sollte es meines Erachtens ein Öl mit eher milder Schärfe sein wie das Bonarossa: bestechend sein Kräuterduft. Es kann weiterverwendet werden, beispielsweise zum Aromatisieren von rotem Camarguereis als Beilage zum Fisch.
Köstliche Italianità
Auch bei Spaghetti denke ich sofort an Olivenöl und wähle dazu ein intensives Öl wie das Salustri Frantoio. Das Rezept ist einfach: Vollkornspaghetti, fein gehackter Rosmarin, ein Hauch Knoblauch und Parmigiano Reggiano, bitte ebenfalls frisch gerieben. Die fruchtigen Noten des Salustri Frantoio passen hier perfekt, und das wuchtige Bitter-Schärfe-Profil des hochwertigen Öles verleiht dem einfachen Gericht Kultstatus – fehlt nur noch ein Glas Conterocca aus der Toskana. Wer Spaghetti lieber nackt mag, schwenke sie zumindest in ebendiesem Öl.
Nochmals zurück zu Olivenöl und Gesundheit: Das Öl eignet sich auch hervorragend zur Hautpflege. Es wirkt regenerierend, insbesondere bei trockener, schlecht durchbluteter Haut. Nach dem Kochen und dem grossen Abwasch reibe ich mir die Hände mit ein paar Tropfen Olivenöl ein. Es zieht rasch ein, und sein fruchtiger Duft erinnert mich an die eben erlebten Gaumenfreuden.
Mit Klären und Schönen von Wein wird das Entfernen von unlöslichen Trub- und Schwebeteilchen bezeichnet. Der Unterschied liegt im Zeitpunkt der Anwendung. Der Traubenmost oder Jungwein wird geklärt, der Wein geschönt. Die unerwünschten Teilchen können Hefezellen, Rückstände von Traubenschalen, Kernen, Stielen und Fruchtfleisch sein, aber auch Weinstein, Pektine, Harze, Proteine und Bakterien. Die Klärung erfolgt meist auf natürlichem Wege, indem man den Most bzw. den Jungwein im Tank ruhen lässt, bis die Teile zu Boden gesunken sind. Bei grösseren Teilchen geht dies relativ schnell. Bei kleineren Teilchen oder wenn es schneller gehen muss, greift der Kellermeister gerne auf technische Hilfsmittel zurück: Filtration, Zentrifugieren oder Flotation. Darüber hinaus gibt es Mittel, die man dem Wein beifügt, die mit den Trubstoffen zusammenklumpen. Somit werden die Teilchen grösser und sinken schneller zu Boden. Vor allem weisse Moste werden vor der Gärung geklärt. Trübe Moste gären stürmisch. Es drohen Gärfehler und Verlust der Sortenfrucht.
Weine, die lange ausgebaut werden, bevor sie in die Flasche kommen, müssen selten geschönt werden, da die Trubstoffe mit der Zeit polymerisieren (sich miteinander verbinden) und ausfällen. Viele Weine werden aber jung getrunken, deshalb schönt sie der Kellermeister vor der Abfüllung. Schon die Römer schönten ihre Weine mit aufgeschlagenem Eiweiss, im Mittelalter dienten Rinderblut oder frisch gemolkene, noch kuhwarme Milch als Schönungsmittel.
Heute sind die gebräuchlichen Schönungsmittel nicht mehr ganz so rustikal. Es werden zwei Gruppen unterschieden: pulverisierte Fest- oder Mineralstoffe wie Bentonit, ein tonhaltiges Gestein, das als Adsorptionsmittel für Proteine (Eiweiss) dient, und komplexe organische Verbindungen wie Milchprodukte, Hühnereiweiss, vegetabile Gelatine oder im konventionellen Weinausbau auch tierische Gelatine und Hausenblase (Fisch). Diese Stoffe verbinden sich mit instabilen Pigmenten und Tanninen und lassen sie ausfällen.
Aktivkohle wird eingesetzt, um Bräunungen sowie störende Nebengerüche zu entfernen. Mit gelbem Blutlaugensalz beseitigt man Spuren von Kupfer, Eisen und Harz. Die Delinat-Richtlinien verbieten den Einsatz der meisten dieser Mittel. So sind auch jegliche Hilfsmittel tierischen Ursprungs verboten, weshalb alle Delinat-Weine als vegan gelten.
Annette Bongartz verfügt über eine feine Nase und einen gut trainierten Gaumen. Wir sprachen mit der Profi-Sensorikerin von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) über die sensorische Beurteilung von Lebensmitteln wie Olivenöl und Wein.
Frau Bongartz, was macht eine Lebensmittel-Sensorikerin? Annette Bongartz: Lebensmittel mit allen Sinnen prüfen, das heisst. beschreiben oder beurteilen. Aber natürlich tut man dies nicht allein, sondern immer, wenn es um objektive Betrachtungen geht, in einem Panel, bestehend aus produktspezifisch geschulten Prüfpersonen. Sobald es um die Konsumentensicht geht, wird eine grosse Zahl Laien benötigt, die Alter, Geschlecht, Konsumgewohnheiten usw. einer spezifisch definierten Zielgruppe repräsentieren.
Stimmt es, dass Frauen Männern in Sachen Sensorik überlegen sind? Ganz pauschal und verallgemeinernd kann man das nicht sagen. Wie so oft steckt aber vielleicht doch ein Kern Wahrheit in der Aussage. In erster Linie sind es aber Ausbildung und regelmässige Trainings unserer Sinnesorgane, die uns zu guten Sensorikerinnen und Sensorikern machen – ganz unabhängig vom Geschlecht. Tatsache ist aber auch, dass rein biologische Grundvoraussetzungen – zumindest was das Riechen angeht – bei Frauen tatsächlich ein bisschen anders sind als bei Männern. Die Anzahl Riechrezeptoren ist bei beiden Geschlechtern etwa gleich, aber Frauen haben nach neueren Erkenntnissen mehr Zellstrukturen/Neuronen, die diese Informationen verarbeiten.
Wie wird man ein guter Weindegustator? Üben, üben, üben … – wie es auch für jede andere Produktgruppe (Schokolade, Olivenöl, Bier, Tee, Kaffee) gilt. Neben dem intensiven Trainieren der individuellen Sinnesempfindungen ist auch der Austausch mit anderen Verkostern wichtig. Als guter Prüfer oder Weinverkoster muss man sich einen Referenzrahmen schaffen, um Produkte objektivanalytisch einordnen sowie Unterschiede erfassen und darstellen zu können. Gute Möglichkeiten, sich entsprechend aus- und weiterzubilden, sind etwa modulare Kursangebote, wie sie zum Beispiel die ZHAW anbietet (Sensorik-Lizenzen). Oder auch die Delinat-Weinkurse.
Merkt man als Profi-Sensorikerin einen Unterschied zwischen biologischem und konventionellem Wein? Das ist eine «nette» Frage. Diplomatisch gesagt: Sofern die Weine qualitativ unterschiedlich, das heisst in ihrer geschmacklichen und aromatischen Ausprägung variieren, kann man als ausgebildeter Prüfer sicherlich Unterschiede feststellen und beschreiben. Es ist aber selten so, dass bio anders schmeckt als konventionell. Mögliche Unterschiede liegen wohl eher ausserhalb der Sensorik, das heisst in den Anforderungen an Anbau- und Verarbeitungsprozesse, verborgen.
Persönlich Annette Bongartz wurde 1968 in Flein bei Heilbronn (Baden-Württemberg) unterhalb eines Weingartens geboren. Nach dem Studium der Ökotrophologie (Haushalts- und Ernährungswissenschaften) an der Technischen Universität München war sie im Bereich Qualitätsmanagement und Produktentwicklung in Deutschland und der Schweiz in Betrieben der Fleischindustrie tätig. 2001 übernahm sie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil den Aufbau der Forschungsgruppe Lebensmittel-Sensorik innerhalb des Studiengangs Lebensmitteltechnologie. Ihre produktbezogenen Schwerpunkte als Leiterin Fachstelle Sensorik am Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation (ILGI) sind Olivenöl und Bier, darüber hinaus auch Schokolade, Kaffee, Tee, Wein. Sie ist verheiratet, wohnt in der Zürcher Weinbaugemeinde Freienstein und verbringt ihre Freizeit gerne mit Hund, Garten, Wandern und Golf.
Macht es einen Unterschied, ob man Wein oder andere Produkte sehend oder blind degustiert? Oh ja, das Auge isst (und trinkt) mit. Wir kennen alle das Beispiel vom Rot- oder Weisswein, der in schwarzen Verkostungsgläsern gar nicht mehr so einfach unterscheidbar ist. Aber es ist nicht nur die Farbe, die einen Verkoster in seiner Wahrnehmung beeinflussen kann. Da gehören auch Aspekte wie die Form des Glases, die Flaschenform und die Gestaltung einer Etikette dazu, die ja vor allem Informationen zur Güte und zum Qualitätslevel eines Weines liefern und dadurch auch irritieren können. Weitere Aspekte sind Angaben zur Rebsorte, zum Ursprung usw. Eine absolut objektive Verkostung ist sowohl beim Wein wie auch beim Olivenöl nur ohne Information und blind möglich.
Worauf kommt es bei der Degustation von Olivenöl besonders an? Wie beim Wein sind Ausbildung und regelmässiges Training auch hier das A und O! In der Regel wird bei der Verkostung von Olivenöl zunächst die Güteklasse eruiert. Dies erfolgt mittels eines sogenannten Paneltests (gemäss Vorgaben der EU). Dabei beurteilen mindestens acht ausgebildete Prüfer ein Öl und stellen zunächst fest, ob es fehlerfrei ist. Weiter wird eruiert, wie intensiv die drei Hauptattribute «Fruchtigkeit», «Bitterkeit » und «Schärfe» ausgeprägt sind. Liegt kein Fehler vor und weist ein Öl eine gewisse Fruchtigkeit auf, so ist dieses der höchsten Güteklasse «nativ extra» zuzuordnen. Gleichwohl sind noch grosse Qualitätsunterschiede möglich. Um diese deutlich zu machen, wenden wir an der ZHAW und beim Einsatz des Schweizer Olivenölpanels (SOP) die sogenannte Harmonie-Bewertung an. Dabei handelt es sich um eine validierte Methodik, um die Ausgewogenheit und die Komplexität der Geschmacks- und Aromaausprägung von Olivenölen zu bewerten.
Sind noch immer viele fehlerhafte Olivenöle auf dem Markt? Das Schweizer Olivenölpanel (SOP), das ich leite, führt regelmässig sensorische Prüfungen von Marktölen durch. Leider können wir aus unserer Erfahrung nicht zu 100 Prozent bestätigen, dass sich keine fehlerhaften Öle auf dem Markt befinden.
Liegt man mit biologischen Olivenölen immer richtig? Es ist wie beim Wein – es gibt qualitativ hochstehende Bio-Olivenöle ebenso wie schlechte, und es gibt qualitativ hochstehende konventionell hergestellte Olivenöle ebenso wie schlechte. Leider trennt sich aus Sicht der Sensorik die Spreu vom Weizen an anderer Stelle.
Ich bin ein Rotweinfan, mag kräftige Tropfen mit feinen Röstaromen. Ich empfehle den würzig-eleganten Valdega Reserva von der Bodega Quaderna Via aus der spanischen Navarra. Probieren Sie ihn doch mal in Kombination mit einem zartschmelzenden Weichkäse wie Brie de Meaux oder Bresse bleu.
In der Wachau und im angrenzenden Kremstal gehen Andreas und Maria Harm selbstbewusst und unbeirrt ihren Weg. Ihrem Ziel, in grösstmöglicher Harmonie mit der Natur Wein zu keltern, ordnen sie viel unter – nicht aber die Weinqualität. Dafür gebührt ihnen die Auszeichnung als Biodiversitätswinzer 2021.
Die Wachau ist eine berühmte, aber konservative, in alten Traditionen verhaftete österreichische Weinregion. «Im Vergleich zur gesamtösterreichischen Fläche ist der Bioanteil hier gering», sagt Andreas Harm, einer der wenigen überzeugten Wachauer Biowinzer. Doch der Wind dreht in seinem Sinn: «Es gibt auch hier immer mehr Rebbergbesitzer, die sich ökologische Vielfalt wünschen. Unserem Betrieb werden deshalb immer wieder Rebflächen zum Kauf oder zur Bewirtschaftung angeboten.» Kein Wunder, ist die Rebfläche der Familie Harm zwischen 2008 und 2020 von drei auf zwölf Hektar angewachsen. Das ermöglichte Andreas Harm vor ein paar Jahren, das elterliche Weingut mit Heurigen seinem Bruder David zu überlassen und zusammen mit seiner Frau Maria einen eigenen Betrieb aufzubauen. Beflügelt wurde diese erfreuliche Entwicklung auch durch die Zusammenarbeit mit Delinat, die mit dem Weinjahrgang 2010 begann. Andreas Harm: «Für uns ist Delinat ein äusserst bereichernder und verlässlicher Partner, der ebenso hohe ökologische Ansprüche stellt wie wir an uns selber.»
Lebendiger Boden als Basis
Andreas Harm ist promovierter Agronom, Rebbauberater und Rebbauforscher. Als ausgewiesener Bodenspezialist weiss er um die Bedeutung einer reichen Biodiversität im Rebberg. Die Basis dafür ist ein gut strukturierter, lebendiger Boden. Er ist Heimat für Milliarden unterschiedlicher Organismen. Diese Lebewesen stehen im direkten Austausch mit der Rebe und dem vielfältigen Pflanzenteppich in den Rebgassen. Wenn das System funktioniert, übernehmen Begrünungspflanzen (Leguminosen) die Funktion des Nährstofflieferanten. Mithilfe der Bodenlebewesen werden alle für die Entwicklung der Rebe notwendigen Substanzen weitergeleitet und verfügbar gemacht. «Dank dieser Interaktionen kann sich die Rebe optimal selber ernähren», erklärt Andreas Harm. So kommt es weder zu einer Überversorgung, die Krankheiten und Schädlinge fördert, noch zu einer Unterversorgung, die den Ertrag reduziert und die Qualität des Weines beeinträchtigt. «Befindet sich die Rebe in dieser Harmonie, so können sich die Trauben optimal entwickeln und reifen. Gleichzeitig werden sie widerstandsfähiger und robuster gegenüber Schädlingen und Krankheiten», so Andreas Harm.
Entscheidend für das harmonische Zusammenspiel zwischen Boden, Begrünung und Mikroorganismen ist eine dem jeweiligen Standort angepasste Vielfalt an verschiedenen Pflanzenarten. Andreas und Maria Harm gehen aber noch einen Schritt weiter: Den Platz zwischen den Reben nutzen sie da und dort auch für den Anbau von Gemüse, Kräutern und Früchten. «Ein Teil unserer Rebanlagen wird so wieder zu einem Garten der Vielfalt und des Genusses», freut sich Maria. Wer bei den Harms einmal getafelt hat, der weiss wieder, wie gut Gemüse schmecken kann.
Weisswein-Klassiker
Genauso authentisch sind auch die Weine: Das naturverbundene Winzerpaar konzentriert sich dabei auf die einheimischen Paradesorten Riesling und Grüner Veltliner, aus denen Gewächse mit typischer Frucht und feiner Mineralität gekeltert werden. Was bedeutet Andreas Harm die Auszeichnung als Biodiversitätswinzer des Jahres 2021? «Das Thema Biodiversität spielte in unserem Betrieb von Beginn an eine wichtige Rolle. Da wir selbst viel Zeit in unseren Rebbergen verbringen, erfüllt es mich immer wieder mit Freude, wenn ich dort neue Pflanzen oder Tierarten entdecken kann. Für uns ist die Auszeichnung daher eine grosse Anerkennung von Leistungen an der Natur, die normalerweise kaum beachtet werden.»
Der Wein zum Tag der biologischen Vielfalt
Jedes Jahr zum Tag der Biodiversität, für den die UNO im Jahr 2000 den 22. Mai festgelegt hat, kürt Delinat einen Biodiversitätswinzer des Jahres, der sich im Bereich der biologischen Vielfalt besonders verdient macht. Der ausgezeichnete Winzer seinerseits keltert aus diesem Anlass eine spezielle Abfüllung.
Andreas Harm hat sich für einen Grünen Veltliner entschieden. Die Trauben stammen aus der Lage Goldbühel in der Ortschaft Kruststetten im Kremstal. Sie wurden am 6. und 7. Oktober 2020 von Hand bei wunderschönem, sonnigem Wetter von einer Truppe aus Familienmitgliedern, Freunden und weiteren Helfern gelesen. Nach der Lese wurden die Trauben schonend gepresst. Der Most wurde im Stahltank spontan während zirka drei Wochen vergoren. Danach reifte der Wein bis im Januar auf der Feinhefe, ehe er Ende März auf die Flasche gezogen wurde.
So entstand ein sortentypischer Grüner Veltliner. Er zeigt eine animierende Würze nach wilden Kräutern, duftender Blütenwiese und saftigen Früchten. Am Gaumen gefällt die Balance aus delikatem Schmelz und animierender Fruchtsäure. Andreas Harm empfiehlt seinen Biodiversitätswein speziell zum klassischen Wiener Schnitzel, zu gekochtem Schulterscherzel (Rindfleisch) vom Bioweiderind mit sautiertem Gemüse, zu Gemüseflan mit Ratatouille oder zu gekochten Spargeln.
Delinat-Gründer Karl Schefer über die Trinkwasserinitiative
Während die Schattenseiten der industriellen Entwicklung bis Mitte des letzten Jahrhunderts noch kaum sicht- und spürbar waren, so offensichtlich und beängstigend wurden sie es danach. Die Ausrede, es nicht besser gewusst zu haben, gilt seit Langem nicht mehr. Wenn unsere Enkel dereinst Bilanz über die «Errungenschaften» unserer Generation ziehen werden, dann dürfte diese wenig schmeichelhaft ausfallen.
Schon in den 1950ern war klar, dass das weit verbreitete Insektizid DDT verheerende Umweltschäden verursacht, Tiere und Menschen vergiftet. Und trotzdem wurde es in der Schweiz erst 1972 verboten, danach in Entwicklungsländern aber noch ein halbes Jahrhundert munter weiter gesprüht. Ebenfalls in den 1970ern wurde klar, dass der gigantische CO₂-Ausstoss nicht ohne Folgen bleiben wird. Auch der exponentiell ansteigende Schwund der Arten wurde vor mehr als einem halben Jahrhundert wahrgenommen. Und seit drei Jahrzehnten ist bekannt, wie gefährlich Kunststoffabfall und Mikroplastik in der Natur sind. All das hat aber nicht etwa zu einem Kurswechsel geführt. Obwohl Ursachen und Alternativen schon früh bekannt waren.
Wir sind die erste Generation von Menschen, die nicht nur all diese Zusammenhänge kennt, sondern auch Lösungen für sämtliche der anstehenden Probleme hätte. Und die trotzdem offenen Auges ihren zerstörerischen Weg weitergeht. Gleichzeitig sind wir die letzte Generation, die einen globalen Kollaps vielleicht noch verhindern kann. Wie verrückt sind wir eigentlich? Warum tun wir so, als ob es kein Morgen gäbe? Oder ist uns tatsächlich egal, dass die Natur unheilbar zerstört wird und ob unsere Enkel noch überleben können?
Exemplarisch: die Landwirtschaft
Ein gutes Beispiel für diesen Irrsinn zeigt die Landwirtschaft. Es gibt mehr Kühe, Schweine und Hühner in der Schweiz als Menschen. Obwohl wir diese gar nicht ernähren können. Das Futter wird zum grossen Teil importiert. Die Zahl von 1,2 Millionen Tonnen kann sich niemand vorstellen. Das entspricht einem Konvoi von 48’000 der grössten 40-Tonnen- LKWs. Auch das unvorstellbar. Vielleicht aber so: Stossstange an Stossstange aneinandergereiht, würden sie die Strecke von St. Gallen nach Genf vier Mal belegen, alle vier Autobahnspuren voll. 1200 km Laster an Laster. Natürlich wird all dieses Futter verdaut und dabei jede Menge Dreck produziert. Das Treibhausgas Methan, 25 Mal schädlicher als CO₂, wird von den Kühen in grosser Menge gerülpst. Von der Gülle gibt es so viel, dass die Wiesen überdüngt und die Nitratwerte in Grundwasser und Bächen so hoch sind, dass mehrere Seen künstlich belüftet werden müssen, sonst würden sie kippen. Der Stickstoffüberschuss sorgt ausserdem dafür, dass Ammoniak und Stickoxide mit Wind und Wetter auch in entlegenste Regionen gelangen und Moore, Wälder, Weiden und Bergseen belasten. Resultat: Verarmung der Arten, die mit so viel Stickstoff nicht klarkommen. Wir zerstören systematisch unsere Lebensgrundlagen.
Die Zerstörung wird subventioniert
Doch der absolute Wahnsinn ist, dass die Vergiftung unserer schönen Natur von uns Steuerzahlern finanziert wird! 3’000’000’000 Franken fliessen jährlich in dieses falsche Anreizsystem. Und weil vier von fünf Steuerfranken in die Tierproduktion fliessen, darf man sich nicht wundern, dass die Ställe aus allen Nähten platzen. Das ist fatal, denn ausgerechnet Nutztiere sind bezüglich Umweltbelastung der schädlichste Sektor der Landwirtschaft. Wir können den Bauern aber keinen Vorwurf machen, denn die meisten haben gar keine Wahl. Die Politik hingegen hat sträflich versagt. Hat sich von der Agrarindustrie kaufen lassen. Immer wieder. Kein einziges Ziel der Landwirtschaft wird erreicht. Zu viel Pestizide, zu viel Nitrat, zu viel Antibiotika, zu wenig Biodiversität. Es ist ein Trauerspiel und ein veritabler Skandal. Und es wird höchste Zeit, dass die Bevölkerung dem Treiben Einhalt gebietet.
Am 13. Juni wird über die Trinkwasserinitiative abgestimmt. Und die Agrarindustrie wird mit Behauptungen und Falschmeldungen dafür sorgen, dass die Unsicherheit wächst. Umso wichtiger werden Stimmen von Menschen sein, die sich durch Fehlinformationen nicht beirren lassen und offen ihre Meinung kundtun.
Mächtige Gegner haben viel zu verlieren
Eine der Fehlinformationen zeigt schon grosse Wirkung: Gegner behaupten, dass bei Annahme der Initiative alle Lebensmittel teurer würden. Was für ein Blödsinn. Wir beweisen seit 40 Jahren, dass guter Wein, ökologisch und in Biodiversität gewachsen, kein bisschen teurer ist als konventioneller. Unsere Preisvergleiche in unabhängigen Weinwettbewerben zeigen eher das Gegenteil. Es fallen keine Kosten für teure Pestizide an, und wenn die richtigen Sorten gepflanzt werden, dann braucht es weniger Traktorfahrten. Ausserdem sind Ernteausfälle seltener. Insgesamt verdienen Delinat-Winzer deutlich mehr als ihre konventionellen Kollegen. Und das ausgerechnet in dem Landwirtschaftsbereich, in dem weltweit mit Abstand die meisten Pestizide eingesetzt werden! Nein, die Annahme der Initiative führt nicht zu Preisanstiegen. Und die Bauern brauchen auch keine Angst vor Preisverfall zu haben. Diese Ängste sind unbegründet und basieren auf gezielten Fehlinformationen.
Das Initiativkomitee hat die Argumente akribisch und wissenschaftlich zusammengetragen. Wenn Sie Fragen oder die leisesten Zweifel haben, dann informieren Sie sich bitte direkt bei: www.initiative-sauberes-trinkwasser.ch.
Allen Mitdenkern und Mithelfern gehört mein aufrichtiger Dank. Packen wir es an: Der 13. Juni 2021 wird als historisch wichtiger Tag in Erinnerung bleiben. Sorgen wir dafür, dass dieser positiv wird. Nein zur subventionierten Umweltverschmutzung, ja zu nachhaltiger Landwirtschaft. Ja zu sauberem Trinkwasser!