Man findet ihn manchmal am Flaschenboden oder am Korken: Weinstein! Die kleinen, weissen Kristalle sind gesundheitlich völlig unbedenklich und haben auch keinen Einfluss auf die Qualität und den Geschmack des Weines. Es handelt sich um ein natürliches Produkt aus Mineralien und Säuren im Wein.
Weinstein entsteht, wenn sich die im Wein vorhandenen Mineralien – vor allem Kalium (Kaliumhydrogentartrat und Kaliumbitartrat), aber auch Kalzium (Kalziumtartrat) mit der Weinsäure verbinden. In gelöster und somit unsichtbarer Form kommt Weinstein in jedem Wein vor. Verschiedene Faktoren können jedoch bewirken, dass er sich zu grösseren Kristallen zusammenfügt und ausfällt: so etwa durch die Weinlagerung bei niedrigen Temperaturen. Die Kristallbildung nimmt auch mit steigendem Alkoholgehalt und steigendem pH-Wert (ab 3,2) zu und ist – wie so oft beim Naturprodukt Wein – vom Jahrgang abhängig. Weinstein ist in Wasser schwer löslich und setzt sich daher an Tank- und Fasswänden, am Flaschenboden oder auch am Korken ab.
Kälte fällt Weinstein aus
Weinstein kann leicht vom Wein getrennt werden. Bei jung abgefüllten Weinen wird der Winzer den Wein vor der Abfüllung kaltstabilisieren. Dafür kühlt er den Wein bis zu einer Woche lang auf circa minus 4 °C ab. Die Weinstein-Kristalle fallen dabei rasch aus und sinken zu Boden. Danach wird der Wein filtriert. Bei Weinen, die einen längeren Ausbau erfahren, tut die Zeit diesen Dienst. Es gibt noch andere Verfahren, um Weinstein bei der Weinbereitung zu entfernen oder dessen Bildung in der Flasche zu verhindern. Da diese aber nicht unserer Vorstellung von Wein aus gesunder Natur entsprechen, sind sie gemäss Delinat- Richtlinien nicht zugelassen.
Bloss ein optisches Problem
Weinstein hat also nicht mit Depot zu tun, auf das man zuweilen bei älteren, gehaltvollen und gerbstoffreichen Weinen trifft. Dieser dunkelfarbige, pulverförmige Bodensatz entsteht aus Gerb- und Farbstoffen. Sind diese vorhanden, wird der Wein gerne dekantiert. Ebenfalls nicht zu verwechseln ist Weinstein mit feinen, staubartigen Kristallen, die man manchmal in Süssweinen findet. Hierbei handelt es sich meist um natürliche Kalziumsalze, die wegen höherer Lagertemperaturen ausfallen.
Auch wenn Weinstein keinen Einfluss auf die Weinqualität und den Geschmack hat, möchte man ihn vor allem aus optischen Gründen gleichwohl nicht im Glas haben. Auch kann es unangenehm sein, den sandig wirkenden Weinstein mitzutrinken. Daher sollte man Wein behutsam einschenken. Allein schon das langsame Einschenken verhindert oft, dass mögliche Kristalle von der Flasche ins Glas gelangen.
Tannine sind chemische Substanzen aus der grossen Gruppe der Phenole (Phenolester), die besonders in der Rinde vieler Bäume und Früchte vorkommen. Sie sind auch in den Kernen, Kämmen und in den Schalen von Weintrauben enthalten. Chemisch gesehen handelt es sich um Ester der Gallussäure. Es sind Substanzen, die mit Proteinen reagieren und dabei ihre Molekülgrösse erhöhen können. Diesen Vorgang macht sich die Gerberei zunutze. Nicht von ungefähr werden sie oft als Gerbstoffe bezeichnet, obwohl dies ein Überbegriff ist.
Mehr oder weniger Tannin
Der Gerbstoffgehalt eines Weines wird in Gallussäure ausgedrückt, Weisswein enthält ca. 300 mg/l, Rotwein 1800 mg/l. Die Gerbstoffmenge aus den Trauben ist abhängig von der Hautdicke der Traubensorte und von der Dauer der Maischegärung. Stark tanninhaltig sind Cabernet Sauvignon, Mourvèdre, Carignan, Nebbiolo und Sangiovese. Schwache bis mässige Gerbstoffe weisen Pinot Noir, Gamay und Merlot auf.
Der Tanningehalt eines Weines ist aber nicht nur von der gekelterten Rebsorte, sondern hauptsächlich auch von der Art der Vinifikation abhängig. Je mehr und länger Schalen, Kerne und Stiele mit dem Most bzw. dem Wein in Kontakt sind, desto höher ist der mögliche Gehalt an Tanninen. In Weiss- und Roséweinen, die grösstenteils unter Ausschluss dieser Traubenbestandteile entstehen, ist der Tanningehalt deshalb geringer als in Rotweinen. Beim Barriqueausbau gelangt zusätzlich auch das im Eichenholz der Fässer enthaltene Tannin in den Wein, was aber einen geringen Anteil ausmacht.
Je älter, desto milder
Die Gerbstoffmenge bleibt im Wein nicht konstant. Mit zunehmender Reife vereinigen sich einfache Moleküle zu grösseren (Polymerisation), sinken als Bodensatz ab und verlieren ihre trocknende Wirkung am Gaumen – der Wein wird dadurch milder. Durch Extraktion aus Eichenholz gewonnene Essenzen nennt man önologische Tannine. Diese setzt man ein, um den Tanningehalt zu erhöhen. Oft führt dies zu einem weicheren Gaumenempfinden. Tannin verhindert unter anderem die Oxidation des Weines und macht ihn deshalb haltbar und lagerfähig.
Sauerstoff lässt Tannine «reifen»
Gerbstoff im Wein ist in der Nase nicht wahrnehmbar. Aber er bildet mit den Proteinen der Geschmacksknospen auf der Zunge und am Gaumen eine lederartige Struktur, die sich je nach Qualität und Alter des Weines als «feinkörnig» und «gut eingebunden» bis «spröde» oder «sehr bitter» bemerkbar macht. Durch eine stetige moderate Sauerstoffzufuhr bei der Weinbereitung polymerisieren die Tannine schneller und führen daher schon im jungen Alter zu geschmeidigen Weinen.
Der ideale Erntezeitpunkt der Trauben wird übrigens nicht nur durch den Zuckergehalt bestimmt, sondern unter anderem auch durch die Tanninreife. Auch hier bestätigt sich einmal mehr: Wein entsteht bereits im Rebberg.
Nun steht sie bereits vor der Türe oder hat in gewissen Teilen Europas schon angefangen – die Weinlese. Die Früchte eines ganzen Sommers voller Arbeit und Sorge werden nun geerntet. Idealer Erntezeitpunkt ist, wenn die Trauben eine bestmögliche Balance zwischen dem Zuckergehalt, der zurückgehenden Säure und – bei den Rotweinsorten – den Phenolen (genügend Farbe, ausgereifte Tannine) aufweisen. Diese Ausgewogenheit nennt man die physiologische Reife. Nicht alle Sorten werden gleichzeitig gelesen – es gibt früh- bis spätreife Sorten. Der erwünschte Weintyp spielt auch eine entscheidende Rolle. So werden die Trauben für Schaumweine und Rosés viel früher gelesen als für kräftige Rotweine oder Spätlesen. Auch das Wetter muss mitspielen. Regen und Feuchte können zu Fäule oder zu einem hohen Wasseranteil in den Trauben führen.
Aufwendige Handlese
Man unterscheidet bei der Ernte zwischen der Handlese und der maschinellen Lese mit dem Traubenvollernter. Bereits im Weinberg kommt es zur Qualitätstrennung. Bei der Lese von Hand arbeiten die Winzer und Winzerinnen mit einem bis zwei Eimern. So können weniger reife oder faule Trauben entweder auf den Boden geschnitten oder in den zweiten Eimer – für einen Rosé oder einen Wein von geringerer Qualität – gelesen werden. In schwierigen Jahren wird oft auch in mehreren Durchläufen gelesen, um immer den idealen Reifezustand zu erwischen. Man wählt kleine Kisten, damit die Trauben unbeschädigt in die Kellerei gelangen und nicht durch ihr Eigengewicht angequetscht werden. Das «Herbsten» von Hand erfordert viel Zeit. Da die Stiele mit abgeschnitten werden, müssen die Trauben vor dem Keltern erst entrappt werden.
Heikle Maschinenlese
Vielerorts ist auch bei der Lese die Maschine kaum mehr wegzudenken. Immer mehr Winzer beklagen sich, dass sie kein geeignetes Lesepersonal finden, und setzen deshalb einen Traubenvollernter ein, sofern es das Gelände zulässt. Auch kann in südlichen Gebieten kühleres Traubengut dank nächtlicher Ernte eingebracht werden. Ist der ideale Lesezeitpunkt aufgrund der Traubenreife bestimmt, sollte die Lese zügig vorangehen. Die Maschine fährt rechts und links einer Zeile entlang und rüttelt mit gebogenen Schlägern daran. Dadurch fallen die Traubenbeeren vom Stielgerüst auf bewegliche Schuppen am Vollernter. Von den Schuppen rutschen die einzelnen Beeren auf Transportbänder, und von dort werden sie in Behälter befördert. Am Ende einer jeden Rebzeile werden die vollen Behälter in Maischewagen abgekippt und die Trauben abtransportiert. Moderne Maschinen vermögen heute das Lesegut schonend zu ernten, eine qualitative Trennung der Trauben ist jedoch nur bedingt möglich. Eine sehr schnelle Weiterverarbeitung des Traubenguts ist notwendig, denn wenn die Beeren aufplatzen, beginnt der Most rasch zu oxidieren, was zu unerwünschten Aromen im Wein führt. Auch können sich in dieser Zeit unerwünschte Hefen, Bakterien und Pilze vermehren. Abgesehen davon ist die Belastung für den Boden durch diese schweren Maschinen nicht zu vernachlässigen. Hauptargument für die maschinelle Traubenlese sind aber sicher die Kosten. Rechnet man bei der Handlese mit 200 bis 300 Arbeitsstunden pro Hektar (inklusive Abtransport), so sind dies mit dem Traubenvollernter nur zwei bis vier Stunden.
Delinat bevorzugt Handlese
Befürworter der maschinellen Methode sagen, dass die maschinelle Ernte keine negativen Folgen auf die Weinqualität hat. Gegner hingegen sind überzeugt, dass – auch wenn die Trauben alle ideal ausgereift sind – der Wein viel schneller altert als bei einer Handlese. Delinat akzeptiert beide Erntemethoden bis zum Niveau von 2 Schnecken. Der Handlese ist aber der Vorzug zu geben. Der Hauptgrund hierfür ist das enorme Gewicht der Maschinen mitsamt Erntegut, das unvermeidlich Bodenverdichtungen zur Folge hat. Diese führen zu verminderter biologischer Aktivität, schlechter Nährstoffdynamik und geringerer Wasserhaltekapazität.
Es ist nicht so lange her, da war der Barrique-Ausbau ein Qualitätsmerkmal – ohne deutliche Holzaromatik war ein Wein zu einfach. Danach waren Betoneier in Mode. Aber welches ist nun der richtige Ausbaubehälter für einen guten Wein? Das hängt – wie immer – von der Qualität der Trauben ab und vom Wein, den der Winzer daraus keltern möchte.
Unter Weinausbau versteht man alle Arbeitsschritte vom Ende der Gärung bis zur Flaschenreifung. Man unterscheidet zwischen einem oxidativen (mit Sauerstoffkontakt) und einem reduktiven Ausbau (ohne bzw. mit stark reduziertem Sauerstoffkontakt). Das Ziel ist, dem Wein Komplexität und Struktur zu verleihen. Der ganze Prozess kann von mehreren Wochen bis hin zu mehreren Jahren dauern. Für Weinbereitung und Lagerung werden vor allem Gefässe aus Edelstahl, Glas, Holz, Beton, Granit, Keramik (Steingut) oder Kunststoff verwendet.
Heute findet man in fast allen Kellereien Tanks aus Edelstahl. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina, leichte Reinigung, gute Möglichkeit der Temperaturregulierung und völliger Sauerstoffabschluss. Wobei der letzte Punkt gleichzeitig ein Nachteil ist. Denn ein zu stark unter Luftabschluss gehaltener Wein kann zur Bildung des gefürchteten Böckser führen. Edelstahltanks verwendet man also immer dann, wenn Sauerstoff unerwünscht und die Temperaturüberwachung wichtig ist. Dies ist bei der Gärung der Fall. Und bei jung und fruchtig zu trinkenden Weinen, die meist bis zum Frühjahr nach der Ernte abgefüllt werden.
Mit Fassausbau ist die Lagerung in Holz gemeint. In den meisten Fällen verwendet man dafür Eichenholz. Durch das Holz verdunstet das Wasser und im Gegenzug erfolgt eine dosierte Zufuhr von Sauerstoff. Dadurch verketten sich die Polyphenole, also Farb- und Gerbstoffe im Wein. Die Tannine werden weicher, die Farbe wird stabiler und die Haltbarkeit verlängert sich. Die Länge des Ausbaus kann einige Monate bis mehrere Jahre betragen. Verwendet der Kellermeister kleine Fässer mit einem Volumen von weniger als 350 Litern, so möchte er Aromen aus dem Holz in den Wein bringen. Je kleiner das Fass, desto grösser die Kontaktfläche zwischen Wein und Holz und desto mehr Holzaromen treten in den Wein über. Damit ein Wein die Barriquenoten gut einbindet, muss er kraftvoll, aromatisch und komplex sein. Sonst wirkt er «überholzt». Die Nachteile des Holzes sind die schwierige Temperaturregelung und die aufwändige Reinigung.
Die konventionellen Betonbehälter sind innen zumeist mit Glasfliesen oder rostfreien Stahlblechen, seltener auch mit Kunststoff ausgekleidet oder mit Lacken bestrichen. Die Vorteile sind optimale Raumausnutzung, flexible Volumina und geringer Schwund. Der Nachteil ist die schwierige Reinigung. Oft werden Risse in der Verkleidung übersehen, wo sich dann unerwünschte Mikroorganismen ansammeln können. Seit ungefähr 30 Jahren kommen auch eiförmige Betonbehälter zum Einsatz. Bei diesen erfolgt ein geringer Kontakt mit Sauerstoff (ähnlich wie beim Holzfass), wobei aber kein Holzton eingetragen wird. Damit der Wein nicht von der Zementoberfläche beeinträchtigt wird, werden die Behälter im Innern mehrfach mit Weinsteinpaste behandelt. Aufgrund der ungewöhnlichen Form des Betoneis ist der Wein ständig in Zirkulation. Die so ausgebauten Weine sollen intensivere Aromen aufweisen.
Der Kellermeister oder die Önologin kann mit dem biologischen Säureabbau (kurz BSA, Synonym: malolaktische Gärung) die Stilrichtung des Weines lenken. Soll es ein fruchtiger, spritziger Wein werden oder doch eher ein milder, fülliger Wein?
Der biologische Säureabbau passiert im Anschluss an die alkoholische Gärung. Es ist der Vorgang, bei dem im Wein die vorhandene aggressivere Apfelsäure in mildere Milchsäure umgewandelt wird. Es handelt sich nicht um eine eigentliche Gärung. Aber da bei diesem Prozess auch Kohlendioxid frei wird, ging man bis Ende des 19. Jahrhunderts von einer zweiten Gärung aus.
Apfelsäure hat zwei Säuregruppen, Milchsäure dagegen nur eine. Durch diese Umwandlung vermindert sich die Gesamtsäure im Wein um rund 1 g/l. Die wichtigen Helfer dabei sind die Milchsäurebakterien (in diesem Fall Oenococcus oeni). Diese kommen meist natürlich im Keller vor, können aber auch als Kulturen dem Most oder dem Wein zugeführt werden. Milchsäurebakterien bevorzugen ein leicht saures Medium mit einem pH-Wert zwischen 3,1 und 4,5 und Temperaturen über 16 °C. Früher setzte der BSA erst im Frühjahr ein, wenn die Temperaturen im Keller durch die erwachende Natur wieder anstiegen. Heute wird dieser Vorgang in temperaturgesteuerten Weinkellern in der Regel gleich im Anschluss an die Gärung eingeleitet. Soll kein biologischer Säureabbau stattfinden, muss der Wein nach der Gärung möglichst rasch vom Hefegeläger abgezogen, geklärt und geschwefelt werden.
Der BSA wird bei Rotweinen fast immer durchgeführt. Der Wein wird dadurch milder, erhält mehr Fülle und zusätzliche Geschmackskomplexität. Weitere Vorteile sind auch ein geringerer Bedarf an Schwefeldioxid und eine bessere mikrobiologische Stabilität. Da durch den BSA die Fruchtigkeit leiden kann, wird bei Weissweinen in der Regel darauf verzichtet – ausgenommen in der Schweiz, wo dieser noch immer üblich ist. Beim Weisswein sind die Spritzigkeit der Säure und die saubere Frucht meist erwünscht. Bei manchen Rebsorten kann der BSA der Verfeinerung dienen. Zum Beispiel beim Chardonnay ist der sogenannte buttrige Ton manchmal erwünscht. Auch einige Produzenten des Chablis führen den BSA durch. Bei fruchtigen Weinen aber, wie zum Beispiel beim Riesling, wird er kaum angewendet. Verständlich ist auch, dass man in warmen Regionen eher darauf verzichtet, da dort die Säuregehalte von Natur aus geringer sind.
Bei guten Bedingungen dauert der BSA zehn bis vierzig Tage. Manchmal wird auch nur ein Teil des Weines dem BSA unterzogen, damit der Säureanteil nicht zu gering wird. Danach werden die zwei Weine wieder vermischt.
Ein unkontrollierter oder übermässiger Säureabbau ist als Säuresturz (Weinfehler) einzustufen. Bei unsachgemässem Ablauf können allergene Stoffe wie Histamin und Thyramin gebildet werden. Weitere Nachteile sind eventuell entstehende schwere Weinfehler wie Bitterton, Essigstich, Geranienton, Lindton, Mannitstich oder Milchsäurestich (Joghurtaroma, Sauerkrautton). Des Weiteren können auch Farbverluste bei farbschwachen Rotweinen auftreten.
Bei der Gärung verwandeln Hefen den Zucker im Traubensaft in Alkohol und Kohlensäure. Die Gärung kann spontan – also durch die in der Natur vorkommenden Hefen – oder durch Zugabe von Trockenreinzuchthefen erfolgen. Was hier in wenigen Worten kurz und einfach dargestellt ist, sorgt unter den Kellermeistern für einen Glaubenskrieg.
Heute sind etwa 700 Hefearten mit 5000 Stämmen bekannt. Die für die Weinbereitung erwünschte Hefe ist die Saccharomyces cerevisiae, eine Zuckerhefe. Diese bringt die reintönigsten und sortentypischsten Weine hervor. Unter all den aus dem Rebberg eingebrachten Hefen und Mikroorganismen macht die Saccharomyces cerevisiae nur zirka 3 Prozent aus, die anderen 97 Prozent sind «wilde Hefen».
Bei einer spontanen Gärung nutzt der Kellermeister die natürlichen Hefen. Diese lassen sich vorerst viel Zeit, und es sind nicht die «guten» Hefen, die sich auf Anhieb durchzusetzen vermögen. Vielmehr sind zuerst unerwünschte Hefen im Vormarsch, die während der Gärung Fehltöne und Essigsäure bilden können. Doch zum Glück vertragen diese Hefen keinen Alkohol. Ab zirka 6 Volumenprozent übernimmt die «gute» Zuckerhefe die Oberhand. Gegen Ende der Gärung ist immer Saccharomyces cerevisiae fast allein im Wein vorhanden. Ein so hergestellter Wein besticht in der Regel durch komplexere Aromen, weil ein bunter Haufen von Hefen und Bakterien im Gärungsprozess mitspielte. Es besteht aber das Risiko, dass sich zu viele der unerwünschten Gärnebenprodukte bilden und der Wein somit ungeniessbar wird.
Um dieses Risiko zu minimieren, setzen viele Kellermeister auf eine kontrollierte oder geführte Gärung. Dafür stehen ihnen vorselektionierte «gute» Hefestämme zur Verfügung, die einen schnellen Gärstart und saubere Aromen versprechen. Auch wenn man so erzeugten Weinen nachsagt, sie seien uniform und eintönig, ist der Einsatz von Reinzuchthefen doch nicht gänzlich zu verurteilen. Denn besonders schwierig und heikel ist die Spontangärung bei kühlen Gärtemperaturen, wie zum Beispiel bei der Weissweinbereitung üblich, bei sehr zuckerreichen Mosten und vor allem bei Mosten aus angefaultem Traubengut. Auch bei der Herstellung von Schaumwein greift man auf Reinzuchthefen zurück. Ein guter Mittelweg, um Weine mit unverfälschtem Terroircharakter zu erzeugen, ist der Einsatz eines Hefestarters (Pied de Cuve). Dafür lassen die Kellermeister eine kleine Menge Traubensaft aus ihrem Rebberg spontan angären. Sobald Zuckerhefe dominiert, impfen sie damit den noch nicht angegorenen Most. So beschleunigen sie den Gärprozess und Minimieren das Risiko von Fehltönen.
Für welche Art der Gärung sich ein Winzer entscheidet, ist letztlich eine Frage der Philosophie, die er vertritt. Will er der Natur auch im Keller den Vortritt lassen, wird er sich für die Spontangärung entscheiden. Ist er dagegen auf Sicherheit bedacht, setzt er Reinzuchthefe ein. Ich lausche jeweils sehr gespannt der Überzeugung des jeweiligen Winzers und freue mich über die Vielzahl unterschiedlicher Weine, die es deswegen zu entdecken gibt.
Zwei Rebsorten sind untrennbar mit Apulien verbunden: Primitivo und Negroamaro. Die Weine, die daraus entstehen, haben eine wundersame Wandlung vollzogen. Vom billigen Massenwein zum preiswerten Qualitätstropfen. Ein Spiegelbild dieser Entwicklung ist die Azienda Felline im Anbaugebiet Manduria im Stiefelabsatz von Italien.
Gregory Perrucci gehört zu jenen Winzern und Önologen, die den Wandel des Weinbaus in Apulien nicht nur hautnah miterlebt, sondern auch entscheidend mitgeprägt haben. Sein Grossvater hat nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Weinbau im Kleinen begonnen. Später drückte der Vater kräftig aufs Gaspedal. Er kaufte von 2000 Bauern Primitivo-Trauben zusammen und kelterte daraus im grossen Stil schwere, tiefdunkle Tropfen. Es war die Zeit der Massenweine in Apulien. Diese wurden mehrheitlich fassweise in den Norden, insbesondere nach Frankreich, exportiert, wo sie als Verschnittweine wenig gehaltvolle Tropfen aufmöbelten.
Bewegung im Süden
Diese Zeiten sind längst vorbei. Gregory Perrucci hat tatkräftig mitgeholfen, den Umschwung einzuleiten. 1996 gründete er mit einer Gruppe von innovativen Winzern in Manduria auf der Halbinsel Salento die Accademia dei Racemi. Ziel dieser Wein-Denkfabrik war es, in Apulien einen Qualitätsweinbau anzustossen und autochthonen Sorten wie Primitivo und Negroamaro zu internationalem Ansehen zu verhelfen. «Es gelang uns, Aufbruchstimmung zu verbreiten. In Apulien entwickelten sich ab der Jahrtausendwende viele Betriebe vom reinen Traubenproduzenten zum Selbstkelterer mit moderner Kellerei und bestens ausgebildeten Önologen», blickt Perrucci ein Vierteljahrhundert zurück. Er selber tat sich in den 1990er-Jahren mit seinem Jugendfreund Salvatore Mero und weiteren Gleichgesinnten zusammen und baute das heutige Bioweingut Felline auf. «Für uns war schon damals klar: Wer sich selber respektiert, muss auch die Natur respektieren. Denn ich möchte Lebensmittel konsumieren ohne Stoffe, die mir oder der Natur schaden», sagt Gregory Perrucci.
«Auf unsere traditionellen Albarello- Buschreben sind wir besonders stolz.» Gregory Perrucci, Önologe
Die Azienda Felline umfasst heute 103 Hektar Reben in Manduria und Umgebung – eingebettet in jahrhundertalte Olivenbäume. Die traditionellen Albarello-Buschreben sowie neuere, im Spaliersystem angelegte Weinberge werden streng biologisch bewirtschaftet. Die Zusammenarbeit mit Delinat begann 2004. Seither wird vermehrt auf eine reiche Biodiversität geachtet. Die Begrünung zwischen den Rebzeilen wird ständig optimiert, was wegen der grossen Trockenheit im Sommer nicht ganz einfach ist. Zusätzlich wurden ökologische Hotspots in Form von Hecken, Büschen und Einzelbäumen angelegt, um die Lebensräume für Fauna und Flora besser zu vernetzen. Einheimische Traubensorten wie Primitivo, Negroamaro und Malvasia Nera fühlen sich in diesem Umfeld pudelwohl und ergeben dank gezielter Ertragsbeschränkungen grossartige, kraftvolle Weine, die durch die Sorgfalt in der Kellerei modern, schlank und elegant wirken. Vorreiter ist Felline auch bei den erneuerbaren Energien. Die neue, leistungsstarke Fotovoltaikanlage auf dem Dach hat in der Gegend bereits für mehr Aufsehen gesorgt als der biologische Anbau in den vergangenen gut zwanzig Jahren. Das Pandemie-Jahr hat bei Gregory Perrucci und Salvatore Mero den Respekt und die Demut gegenüber der Natur noch verstärkt. «Zu viele Menschen sorgen sich noch immer in erster Linie um den Profit. Klar, müssen auch wir Geld verdienen, aber das funktioniert auch, wenn man ethische Faktoren berücksichtigt und im Einklang mit Natur arbeitet.» Diese Haltung scheint sich allmählich durchzusetzen. Heute werden in Apulien etwa 20 Prozent der Rebberge biologisch bewirtschaftet. Bei der Verarbeitung ist der Anteil kleiner. Das heisst nichts anderes, als dass biologische Trauben mitunter auch zusammen mit nicht biologischen zu konventionellen Weinen verarbeitet werden.
«Mit unserer Beratung konnten wir erreichen, dass stärker auf reiche Biodiversität geachtet wird.» Daniel Wyss, Winzerberater
Reben im Gleichgewicht
Auf Felline aber dominiert konsequentes Öko- und Qualitätsdenken. Und bei der Weinstilistik wurde ein grosser Wandel vollzogen. Bis zur Jahrtausendwende waren Weine aus Süditalien oft geprägt von oxidativen Noten und viel Tannin. Dann wurden sie, befördert durch den berühmten Weinkritiker Robert Parker, zu marmeladigen, geschmeidigen und alkoholstarken Fruchtbomben. «In Apulien trinkt man gerne süssliche Weine. Aber alles hat seine Grenzen», sagt Gregory Perrucci. «Ein vernünftiges Mass an Restsüsse ist gut. Aber zu süsse Weine hemmen den Trinkfluss und sind nicht ideale Begleiter der süditalienischen Küche.» Gregory Perrucci und Salvatore Mero konzentrieren sich beim Rotwein auf zwei Stile: Einerseits werden mittels kurzer Mazeration im Stahltank fruchtbetonte, jugendlich zu trinkende Weine ohne zu viel Restsüsse ausgebaut. Auf der anderen Seite stehen die lagerfähigen, gehaltvollen Weine aus voll ausgereiften Trauben, die länger auf der Maische bleiben. Diese Weine werden im grossen oder kleinen Holzfass ausgebaut. Für Salvatore Mero ist klar: «Egal, für welchen Stil man sich entscheidet. Ein guter Primitivo bedingt zwei Dinge: Reben, die im Gleichgewicht stehen, und strenge Ertragsbeschränkungen.»
Genussoase «Spazio Primitivo»
«Ein guter Primitivo bedingt zwei Dinge: Reben, die im Gleichgewicht stehen und strenge Ertragsbeschränkungen.» Salvatore Mero, Winzer
Aus der einstigen unterirdischen Weinfabrik von Felline, wo riesige Tank- und Industrieanlagen in den 70er- und 80er- Jahren es ermöglichten, Millionen von Hektolitern Wein in grossen Fässern nach Frankreich zu exportieren, ist heute ein Ort mit einzigartigem Charme geworden. Im Degustations- und Partyraum «Spazio Primitivo» wird zusammenführt, was zusammengehört: Wein, Essen und Kultur. «Für uns steht Wein immer in Verbindung mit gutem Essen. Unsere Tradition, unser Land, der Duft des Weines und der Geschmack der Speisen, das alles muss sich harmonisch miteinander verbinden, damit man den perfekten Genuss hat», sagt Gregory Perrucci. Im «Spazio Primitivo» wird deshalb viel und ausgezeichnet gekocht. Auf den Teller der Gäste kommen raffinierte Fisch- und Fleischgerichte, eine grosse Pastavielfalt aus lokalem Weizen, aromatisches Gemüse und Obst sowie erstklassiges, fruchtiges Olivenöl extra vergine, für das Apulien ebenfalls bekannt ist.
Weine aus Apulien
Der Name der Azienda Felline erinnert an eine archäologische Fundstätte unweit der Strände von Manduria, wo Überreste der antiken Stadt Felline gefunden wurden. Der Hang zur Tradition manifestiert sich auch in den autochthonen Rotweinreben Primitivo und Negroamaro, die auf dem Weingut dominieren. Bei der Weinstilistik setzen die Winzer Gregory Perrucci und Salvatore Mero dagegen auf Innovation und Moderne. Ihre fruchtbetonten und doch kraftvollen Weine sind hervorragende Speisenbegleiter.
Primitivo Primitivo, Puglia IGP Aus gehaltvollen Primitivo-Trauben entsteht dieser herrlich geschmeidige, reiffruchtige Tropfen. Schluck für Schluck ein Stück Italien, wie wir es lieben. www.delinat.com/primitivo-puglia
Primitivo di Manduria, Primitivo di Manduria Dieser typische Primitivo mit schöner Frucht und feinen Röstaromen reifte sechs Monate im Barrique aus französischer Eiche. Ein vielseitiger, smarter Speisenbegleiter. www.delinat.com/primitivo-manduria
Nemaro, Salento Negroamaro Der süffige Tropfen ist wie eine Postkarte aus Apulien. Der herrlich fruchtige, füllige und doch nicht schwere Wein passt zu fast allem, was im Sommer auf den Tisch kommt. www.delinat.com/nemaro
Mieru Mia, Salento Negroamaro Gehaltvollere Variante mit angenehmen Holznoten. Sechs Monate Reife im Barrique aus französischer Eiche verleihen ihm dezente Rauchnoten und schöne Kaffee- und Vanillearomen. Harmonisches Spiel von Schmelz und Frische. www.delinat.com/negroamaro-salento
Rezept-Tipps aus Apulien
ORECCHIETTE AL POMODORO Zutaten (für 4 Personen): -400 g Hartweizenmehl -200 ml Wasser -600 g Kirschtomaten -Olivenöl extra vergine -nach Bedarf Salz -nach Bedarf 8 Blätter Basilikum -250 g Cacioricotta gerieben
Zubereitung: Das Mehl mit Wasser kneten und Orecchiette formen. Für 6-7 Stunden trocknen lassen. Einen Topf mit Wasser und Salz aufkochen, die Orecchiette 10 Minuten darin kochen. In der Zwischenzeit in einer Pfanne das Olivenöl erhitzen, die Kirschtomaten zugeben mit einer Prise Salz. Alles ein paar Minuten schwenken, dann die Orecchiette beigeben. Auf Teller anrichten, mit Calcioricotta und Basilikumblatt garnieren.
BRACIOLETTE vom Kalb Zutaten (für 4 Personen): -4 Kalbsschnitzel -100 g Pecorinokäse -Ein paar Blätter Sellerie -Salz nach Bedarf -Pfeffer nach Bedarf -500 g Passata di pomodoro -Olivenöl extra vergine nach Bedarf -1/2 Zwiebel
Zubereitung: Nehmen Sie die dünnen Schnitzel, legen Sie sie auf den Tisch, mit Salz und Pfeffer würzen, Käse drauf und ein Sellerieblatt. Einrollen und mit einem Zahnstocher fixieren. In einer Pfanne die Zwiebeln im Olivenöl dünsten, die Rouladen dazu geben, die Hitze reduzieren und nach 15 Minuten die Passata zufügen. Alles zusammen für 20 Minuten köcheln lassen.
POLPETTE FRITTE Zutaten (für 4 Personen): -400 g Hackfleisch vom Kalb -2 Eier -100 g Käse -100 g Paniermehl -Salz nach Bedarf -Pfeffer nach Bedarf -Petersilie (ein paar gehackte Blätter) -Öl zum Anbraten nach Bedarf
Zubereitung: Mischen Sie das Hackfleisch in einer grossen Schüssel mit den Eiern, dem Käse, den Semmelbröseln (Paniermehl), der Petersilie, Salz und Pfeffer. Die Frikadellen formen und in heissem Öl braten. Noch heiss auf einem Teller servieren und geniessen.
Apulien ist schon seit den Phöniziern und Griechen als Stätte des Weinbaus bekannt. Die Region verfügt über eine grosse Auswahl an Rebsorten, darunter viele alteingesessene, andernorts fast unbekannte oder ausgestorbene Sorten. Die Rotweine machen in dieser Region rund 80 Prozent aus. Die besten Weine kommen von der Halbinsel Salento, dem Stiefelabsatz Italiens. Für eigenständige und charaktervolle Rotweine sorgen vorab zwei Sorten: Primitivo und Negroamaro.
Die ursprünglich aus Kroatien stammende Sorte Primitivo wird vor allem in Apulien angebaut. In Kalifornien ist sie unter dem Namen Zinfandel bekannt. Sie ergibt dunkle, kräftige und alkoholreiche Weine mit Aromen, die an dunkle Waldfrüchte, Zimt, Nelken und schwarzen Pfeffer erinnern. Primitivo wird sowohl reinsortig wie auch als Assemblage mit andern Sorten ausgebaut. Der Name leitet sich nicht etwa von «primitiv» ab, sondern vermutlich vom lateinischen «primativus» oder dem italienischen «prima». Beides deutet auf ein besonderes Wesensmerkmal der Rebsorte hin: Die Trauben reifen früh im Jahr.
Salvatore Meros Primitivo-Weine stehen für eine neue Qualität aus Apulien.
Ebenfalls als autochthone Sorte Apuliens gilt Negroamaro. Vermutlich haben die Griechen die Sorte bereits vor mehreren tausend Jahren nach Süditalien mitgebracht, belegt werden konnte das bisher freilich nicht. Negroamaro wird sortenrein oder als Assemblage in Kombination mit anderen Sorten ausgebaut. In der Regel sind Negroamaro farbkräftige, fruchtbetonte Weine, die jung getrunken werden. Es gibt aber auch im Holzfass gereifte Negroamaros, die einige Jahre gut reifen.
Weitere in Apulien verbreitete Rotweinsorten sind Malvasia Nera und Uva di Troia. Zu den beliebtesten Weissweinsorten zählen Bombino Bianco, Fiano, Falanghina und Verdeca. Gregory Perrucci und Salvatore Mero von der Azienda Felline sind auch vernarrt in zwei Raritäten: Ottavianello, die süditalienische Variante der französischen Sorte Cinsault, ist in Apulien bereits seit 200 Jahren bekannt. «Daraus einen spannenden Wein zu keltern, ist eine grosse Herausforderung», sagt Gregory Perrucci. Und die Rotweinrebe Susumaniello war praktisch ausgestorben, ehe sie neu entdeckt wurde. Beide Sorten werden auf Felline gefördert.
Der ideale Erntezeitpunkt für Weintrauben hängt von vielen Faktoren ab. Etwa vom gewünschten Wein, der daraus gekeltert werden soll. Aber auch vom Gesundheitszustand der Trauben und vom Wetter. Gehen wir von idealen Bedingungen aus, ist die physiologische Reife der Trauben ausschlaggebend für den optimalen Lesezeitpunkt.
Der Begriff der physiologischen Reife entstand in den 1990er-Jahren. Bis dahin ermittelte man den idealen Erntezeitpunkt aufgrund des gebildeten Zuckers, manchmal auch im Zusammenhang mit dem Säuregehalt der Trauben. Vor allem bei Rotweinen galt der Alkohol als Qualitätsmerkmal – je mehr, desto besser! Die physiologische Reife umfasst aber mehr Kriterien als das Mostgewicht (Öchslegrade), den pH-Wert und den Säuregehalt der Trauben. Es geht auch um die aromatische und – bei Rotweinen – um die phenolische Reife. Dabei werden Zustand bzw. Färbung der Beerenhaut, Elastizität des Fruchtfleischs, Reife der Traubenkerne und Beerengeschmack berücksichtigt. Der ideale Zeitpunkt ist dann gegeben, wenn möglichst viele dieser Kriterien den optimalen Zustand erreicht haben, was sich dann im Gesamtextrakt eines Weines widerspiegelt.
Bis es so weit ist, dauert es ab der Blüte der Rebe rund 100 Tage. Die Hauptbestandteile der Traubenbeere sind Glucose, Fructose sowie Wein- und Apfelsäure. Die Konzentration der Säuren steigt mit Beginn des Beerenwachstums zunächst stetig an, bis ein von der Sorte abhängiges Maximum erreicht ist. Dieses Maximum bleibt eine kurze Zeit konstant, dann beginnen etwa gleichzeitig die Synthese des Zuckers und die Abnahme des Säuregehalts. Diesen Zeitpunkt nennt man Reifebeginn. Jetzt setzt auch die Färbung der Rotweintrauben ein (Farbumschlag). Der Zucker wird durch Photosynthese in den Weinblättern gebildet und in die Trauben transportiert. Solange die Pflanze Photosynthese betreiben kann, ist sie in der Lage, Zucker zu bilden. In der Reifephase im Herbst beginnt die Rebe, mit der Energie aus dem Zucker die sortentypischen Inhaltsstoffe (Aroma- und Farbstoffe) in der Beere zu synthetisieren. So kann es sein, dass der Zuckergehalt nicht mehr steigt, aber die Entwicklung der Aroma-, Farb- und Gerbstoffe noch andauert. Wird zu früh geerntet, so können die Tannine in einem Rotwein grün und unreif wirken, auch wenn die Trauben bei maximaler Zuckerreife geerntet wurden.
Der Winzer ermittelt die physiologische Reife der Trauben wie folgt:
Optische Prüfung: Gleichmässige Verfärbungen der Trauben sind ein Zeichen der Reife; grüne Beeren deuten auf Unreife hin. Zerdrücken der Beeren: In unreifen Trauben kleben die Kerne am Fruchtfleisch, bei reifen Trauben sind die Kerne braun, verholzt und lassen sich leicht vom Fruchtfleisch trennen. Gustatorische Prüfung: Riechen und Kauen der Trauben geben dem Winzer wichtige Anhaltspunkte für die optimale physiologische Reife. Stielgerüst: Ein braunes, verholztes Stielgerüst ist bei Rotweinsorten ein Anzeichen für eine gute Reife.
Mit Klären und Schönen von Wein wird das Entfernen von unlöslichen Trub- und Schwebeteilchen bezeichnet. Der Unterschied liegt im Zeitpunkt der Anwendung. Der Traubenmost oder Jungwein wird geklärt, der Wein geschönt. Die unerwünschten Teilchen können Hefezellen, Rückstände von Traubenschalen, Kernen, Stielen und Fruchtfleisch sein, aber auch Weinstein, Pektine, Harze, Proteine und Bakterien. Die Klärung erfolgt meist auf natürlichem Wege, indem man den Most bzw. den Jungwein im Tank ruhen lässt, bis die Teile zu Boden gesunken sind. Bei grösseren Teilchen geht dies relativ schnell. Bei kleineren Teilchen oder wenn es schneller gehen muss, greift der Kellermeister gerne auf technische Hilfsmittel zurück: Filtration, Zentrifugieren oder Flotation. Darüber hinaus gibt es Mittel, die man dem Wein beifügt, die mit den Trubstoffen zusammenklumpen. Somit werden die Teilchen grösser und sinken schneller zu Boden. Vor allem weisse Moste werden vor der Gärung geklärt. Trübe Moste gären stürmisch. Es drohen Gärfehler und Verlust der Sortenfrucht.
Weine, die lange ausgebaut werden, bevor sie in die Flasche kommen, müssen selten geschönt werden, da die Trubstoffe mit der Zeit polymerisieren (sich miteinander verbinden) und ausfällen. Viele Weine werden aber jung getrunken, deshalb schönt sie der Kellermeister vor der Abfüllung. Schon die Römer schönten ihre Weine mit aufgeschlagenem Eiweiss, im Mittelalter dienten Rinderblut oder frisch gemolkene, noch kuhwarme Milch als Schönungsmittel.
Heute sind die gebräuchlichen Schönungsmittel nicht mehr ganz so rustikal. Es werden zwei Gruppen unterschieden: pulverisierte Fest- oder Mineralstoffe wie Bentonit, ein tonhaltiges Gestein, das als Adsorptionsmittel für Proteine (Eiweiss) dient, und komplexe organische Verbindungen wie Milchprodukte, Hühnereiweiss, vegetabile Gelatine oder im konventionellen Weinausbau auch tierische Gelatine und Hausenblase (Fisch). Diese Stoffe verbinden sich mit instabilen Pigmenten und Tanninen und lassen sie ausfällen.
Aktivkohle wird eingesetzt, um Bräunungen sowie störende Nebengerüche zu entfernen. Mit gelbem Blutlaugensalz beseitigt man Spuren von Kupfer, Eisen und Harz. Die Delinat-Richtlinien verbieten den Einsatz der meisten dieser Mittel. So sind auch jegliche Hilfsmittel tierischen Ursprungs verboten, weshalb alle Delinat-Weine als vegan gelten.