Der regenreiche Sommer 2024 stellte die Neuzüchtungen im Sortengarten des Delinat-Winzers Roland Lenz auf eine harte Probe. Von den 600 gepflanzten PIWI-Reben haben sich nur etwa 15 Sorten in Bezug auf Resistenz, Wuchs und Ertrag als vielversprechend erwiesen.
An einem heissen Augusttag inspizierte Roland Lenz die unbehandelten Reben in seinem Sortengarten, um zu sehen, wie sie den anspruchsvollen Sommer überstanden hatten. Diese neuen Sorten stammen vom Züchter Valentin Blattner, der sie vor wenigen Jahren gezüchtet und für weitere Tests an Lenz anvertraut hatte. Obwohl sie genetisch überlegen und mit Mehrfachresistenzen ausgestattet sind, zeigte sich, dass nur wenige Sorten unter extremen Wetterbedingungen wie in diesem Sommer bestehen können.
Strenge Selektion mit Absicht
Die strenge Selektion hat ihren Grund: Roland und Valentin wollen nur die besten Rebsorten für die Zukunft auswählen. Halbresistente PIWI-Sorten gibt es bereits viele, doch besonders ältere Sorten wie Regent werden zunehmend anfälliger für den Mehltau und erfordern immer noch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Da Mehltaupilze im Laufe der Zeit mutieren und Resistenzen umgehen können, wird im Sortengarten nur das Beste behalten.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Sorten auch in zehn oder zwanzig Jahren gegen Pilzinfektionen resistent sind und nur minimaler Pflanzenschutz notwendig bleibt. Den Standort des Sortengartens am Hüttwilersee hat Roland Lenz bewusst gewählt. Das feuchte Mikroklima erhöht den Stress für die Reben, da es optimale Bedingungen für Pilzinfektionen schafft. «Hier herrscht perfektes Pilzwetter», erklärt Lenz. Deshalb bleibt nur ein Bruchteil der gepflanzten Reben gesund – auch wenn sie bereits als resistent gelten. Ältere Sorten wie Regent hätten hier keine Überlebenschance, ist Roland Lenz überzeugt.
Überleben trotz aller Widrigkeiten
Dass einige Reben trotz dieser widrigen Umstände gesund bleiben, ist bemerkenswert. Lenz hält bei einer vielversprechenden Neuzüchtung inne und begutachtet Blätter und Trauben. «Das kräftige Grün und der Blattglanz zeigen die Gesundheit der Pflanze», erklärt er. Kleine Nekrosen – Bereiche, in denen die Rebe einen Pilzbefall abwehren musste – deuten darauf hin, dass die Pflanze effizient reagiert hat, indem sie befallene Zellen isoliert hat, um die Ausbreitung des Pilzes zu stoppen.
Doch nicht nur die Krankheitsresistenz überzeugt Lenz. Auch die Trauben der Rebe sind vielversprechend: «Locker angeordnet, mittelgross und gut belüftet – ideal für den Winzer.» Eine lockere Traubenstruktur hilft, Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden, was besonders in nassen Jahren wichtig ist. Auch der Wuchs der Rebe stimmt Lenz zufrieden: «Wir mussten nur wenige Blätter entfernen, und die offene Struktur spart uns Arbeitsstunden. »
Nun bleibt nur zu hoffen, dass auch der Wein dieser Sorte überzeugt. Um dies herauszufinden, wird Roland Lenz eine detaillierte Most-Analyse durchführen. Sollte das Ergebnis positiv sein, wird er die Reben vermehren und rund 100 davon in einem neuen Weingarten anpflanzen. In den kommenden Jahren soll die Entwicklung der Sorte weiter beobachtet werden. Falls sie weiterhin überzeugt, könnte sie als neue Rebsorte offiziell zugelassen werden. Das würde es anderen Winzern ermöglichen, sie bei Rebschulen zu erwerben und in ihren Weinbergen zu kultivieren. In besonders nassen Jahren wie 2024 wäre eine solche superresistente PIWISorte ein echter Gewinn. Sie könnte den Winzern schlaflose Nächte ersparen und wäre ein bedeutender Schritt in Richtung eines nachhaltigen Weinbaus.