Weniger Trockenstress dank Agroforst

Nach dem nassen Jahrgang 2021 war der Sommer 2022 das komplette Gegenteil: Die andauernde Trockenheit und flächendeckende Dürren stellten den Weinbau in ganz Europa vor grosse Herausforderungen. Das Beispiel des Ostschweizer Delinat-Winzers Roland Lenz zeigt, wie Agroforst bei Trockenheit wirkt.

Bäume und Sträucher auf dem Weingut Lenz.

Roland und Karin Lenz haben bereits vor Jahren begonnen, ihre Weinberge mit dem Pflanzen von Bäumen und Hecken im Sinne von Agroforst auf trockene Perioden vorzubereiten. «Nebst einer reichen Begrünung haben die gepflanzten Bäume und Hecken entscheidend mitgeholfen, den Wasserhaushalt in meinen Weingärten zu verbessern», sagt Roland Lenz. Insbesondere die Bäume seien bei Trockenheit in der Lage, tief im Boden an Wasser heranzukommen und es auch den Reben verfügbar zu machen.

Qualität und Quantität

Dies hat sich im trockenen Sommer 2022 ausgezahlt: Im Herbst waren seine robusten PIWI-Reben noch kerngesund und zeigten keine Anzeichen von Trockenstress. Auch die Begrünung zwischen den Rebzeilen präsentierte sich noch saftig grün. So konnte er eine erfreuliche Menge an qualitativ einwandfreien Trauben ernten, denn auch der Krankheitsdruck war aufgrund des trockenen Wetters nicht sehr gross. Andere Schweizer Weingüter waren da weniger gut gerüstet. Dort, wo das Wasserrückhaltevermögen des Bodens geringer und die Niederschläge noch kleiner waren, hatten die Reben ihr Wachstum und den Reifeprozess der Trauben eingestellt. Wenn die Reben über mehrere Wochen hinweg zu wenig Wasser haben, reifen die Trauben nicht optimal. Sie bilden zwar noch Zucker, aber die Phenole und die Säure können nicht bei der Reifung mithalten. Dies führte da und dort zu grösseren Ertrags- und teilweise auch zu Qualitätseinbussen.

Agroforst wird laufend ausgebaut

Bezüglich des Pflanzens von Bäumen ist Roland Lenz noch nicht am Ende angelangt: Derzeit macht er Versuche, die in Richtung Mischkultur gehen. Der Winzer aus Iselisberg hat in die Rebzeilen Haselnusssträucher gepflanzt. Aber auch Fruchtbäume wie Pfirsiche, Mandeln oder Maulbeeren erachtet er als geeignete Ergänzungen in seinen Weingärten. «Wichtig ist, dass Bäume gepflanzt werden, die nicht zu massig sind und sich gut mit den Reben vertragen.» Dass sein zukunftsweisendes Anbausystem (noch) nicht ganz gesetzeskonform ist, nimmt er in Kauf. Leider hinkt die Schweizer Gesetzgebung einem fortschrittlichen Weinbau noch immer hinterher, denn streng genommen dürfen gemäss Rebbau-Kataster im Weinberg nur Reben und nichts anderes gepflanzt werden. Roland Lenz hat den zuständigen Bundesrat Guy Parmelin und das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf diese Problematik hingewiesen. Bleibt zu hoffen, dass die veraltete Gesetzgebung bald korrigiert wird.

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Olivier Geissbühler
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7 comments

  1. Auf unserem Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence, wo es immer wieder mal so trocken ist wie in den trockensten Gebieten in Spanien, haben wir sehr gute Erfahrungen mit Bäumen und Sträuchern in den Reben. Wichtig ist natürlich die Auswahl der richtigen Bäume. Die Wurzeln der Reben, welche die Hauptversorgung übernehmen, sind meist nur auf 60-80 cm tief, wobei einzelne Wurzeln natürlich auch tiefer gehen. Wir pflanzen vor allem Bäume die tiefer wurzeln als Reben und solche, welche mit den gleichen Mykorrhizapilzen eine Symbiose eingehen wie Reben. Mit Bäumen wie Quitte, Mehlbeere, Speierling, französischer Ahorn, Holzapfel, Holzbirne, Blumenesche und anderen machen wir sehr gute Erfahrungen und die Reben zeigen keine Ertragseinbussen. Interessanterweise stellen wir sogar fest, dass es den Reben im Umkreis von 15m um Maulbeeren sogar besser geht, als ohne Baum. Und dies obwohl Maulbeeren eher flach als tief wurzeln. Weitere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt „Agroforst im Weinbau“: https://www.delinat.com/delinat-methode/agroforst.html

  2. Das ganze Funktioniert in der Praxis in Gegenden mit Böden mit schlechterer Wasseraufnahmekapazität und ohne ausreichend Niederschläge leider überhaupt nicht. Entweder vertrocknen die Bäume, da sie nicht so tief wie die Reben Wurzeln, oder die Reben wachsen nicht richtig und bekommen früher Trockenstress. Ein Baum braucht mehr Wasser als eine Rebe !!!

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