Benvenuti in der Maremma

Ausspannen und Wein aus reicher Natur dort geniessen, wo er entsteht: Ferien auf Delinat-Weingütern sind erholsam und bieten direkten Einblick in einen konsequent ökologischen Weinbau. Unsere Reportage vom Agriturismo der Azienda Salustri in der Toskana zeigt, wie spannend, abwechslungsreich und erhellend eine solche Ferienwoche sein kann.

Samstag/Sonntag: Ausspannen und geniessen

Die wilde Maremma ist wie geschaffen für erholsame Ferien beim Winzer. Im kleinen Weiler Poggio del Sasso, 150 Kilometer von Florenz und 60 Kilometer vom Meer entfernt, sind Nara und Leonardo Salustri sowie Sohn Marco zu Hause. Die Salustris gehören zu den angesehensten Winzerfamilien im noch jungen DOC-Gebiet Montecucco. Die Azienda ist umgeben von jahrhundertealten Steinhäusern, in denen 1995 zehn einfache, aber grosszügige und stilvolle Ferienwohnungen eingerichtet wurden. Il Mandorlo (Mandelbaum) nennen die Salustris ihr Agriturismo. Nara: «Bei uns kann man unbeschwert ausspannen, Einblick in einen biologisch geführten Familienbetrieb mit Reben, Oliven, Getreide und Tieren gewinnen und Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung unternehmen. » Die grosse Terrasse mit Blick auf das reizvolle Val d’Orcia und die mittelalterliche Hügelstadt Montalcino bietet ein grossartiges Ambiente für ein erstes Glas Wein und einen kleinen Schwatz mit dem Winzer. Der Sonntag ist ideal, um auf einem Spaziergang durch die bunt begrünten Weinberge und Olivenhaine der Salustris die nähere Umgebung zu erkunden. Die kleine Wanderung führt durch eine wilde, von Pinien, Zypressen, Reben und Olivenhainen geprägte Hügellandschaft. Irgendwo da draussen stehen auch zwei tausendjährige Olivenbäume. Wer diesen knorrigen Dinosauriern begegnen will, braucht die Unterstützung von Leonardo Salustri, gutes Kartenmaterial oder ein GPS.

Stilvoll eingerichtete Ferienwohnung bei den Salustris.

Am Abend stellt sich die Frage: Selbst kochen oder auswärts essen? «Wenn ich auswärts gut essen will, gehe ich ins Franci nach Montalcino», verrät Leonardo gerne eine seiner Lieblingsadressen. Die Speisekarte ist klein, aber verheissungsvoll. Zur Steinpilzsaison unbedingt den Risotto ai porcini e ricotta probieren. Zur Nachspeise empfiehlt der Kellner gerne die Käseselektion von Il Casale, einer Biokäserei in der Nähe von Pienza, die von «svizzeri» geführt wird und in der ganzen Toskana einen hervorragenden Ruf geniesst.

Montag/Dienstag: Pecorino aus Pienza und Fischessen am Meer

Ein freudiges Wiedersehen mit dem Käse von Il Casale und eine Begegnung mit den «svizzeri», die ihn erzeugen, lassen sich gut mit einem Tagesausflug nach Pienza verbinden. Die rund 60 Kilometer lange Autofahrt ins kleine Hügelstädtchen dauert eine gute Stunde. Hier lässt man das Gefährt für den Rest des Tages am besten ruhen. Pienza, ein architektonisches Schmuckstück aus dem Mittelalter, lockt mit vielen kleinen Delikatessenläden und gemütlichen Cafés.

Ein Wanderweg durch das prachtvolle Val d’Orcia führt in anderthalb Stunden zur Azienda Agricola biologica Il Casale. Vor rund 30 Jahren aus der Schweiz eingewandert, produzieren Sandra Schmidig und Ulisse Brandli hier biologische Schaf- und Ziegenkäse. Bei schönem Wetter kann man diese auf der Gartenterrasse zusammen mit Honig, Marmeladen, Holzofenbrot und anderen Köstlichkeiten geniessen. Wer nicht mehr zurückwandern mag, kann beim Hof campieren oder bestellt für die Rückkehr nach Pienza einfach ein Taxi.

Am Mittwoch ruft das Meer. Wer Leonardo Salustri nach dem schönsten Ort an der Küste fragt, bekommt eine klare Antwort: Castiglione della Pescaia. Zugegeben, ein Geheimtipp ist das nicht. Das Küstenstädtchen ist vor Bausünden nicht verschont geblieben, der historische Teil aber hat viel Charme. Durch verwinkelte Gässchen steigt man hinauf zur mittelalterlichen Festung Rocca Aragonese. Hier oben öffnet sich ein fantastischer Blick über das Meer und die langgezogenen Sandstrände. Auf einem Stadtbummel laden verschiedene Fischrestaurants zur Einkehr. Eines der besten liegt, abseits vom Rummel, am südlichen Ende des alten Stadtteils. In der Osteria del Mare zelebriert Massimiliano Ciregia eine ebenso frische wie kreative Küche, in der kein einziges Gericht ohne Fisch oder Meeresfrüchte auskommt.

Nach dem Mittagsmahl bleibt Zeit für ein paar gemütliche Stunden am Strand oder einen Ausflug in den nahe gelegenen Parco Naturale della Maremma.

Mittwoch/Donnerstag: Ausgeruht ins Thermalbad

Gastgeberin Nara Salustri im Degustationsraum.

Mittwoch: Zeit für einen entspannenden Ruhetag auf dem Agriturismo. Die grosse Terrasse vor dem gedeckten Schwimmbad ist ein idealer Ort zum Faulenzen oder zum Lesen eines guten Buchs.

Auf Wunsch führen Leonardo oder Marco Salustri auch gerne durch den Weinkeller. Sie gehören zu jenen Winzern, die der Meinung sind, dass guter Wein im Rebberg entsteht. «Die beste Voraussetzung dafür sind starke, gesunde Reben, die in einem möglichst vielfältigen natürlichen Umfeld reifen», sind sich Vater und Sohn einig. Auf ihre Sangiovese-Reben sind sie besonders stolz – ein spezieller Salustri-Klon, der in Zusammenarbeit mit der Universität Pisa aus alten, besonders guten Rebstöcken selektioniert wurde. An diesen Rebstöcken reifen Trauben von hervorragender Qualität. Wichtig ist es aber, diese genau zum richtigen Reifezeitpunkt zu ernten. «Wenn das gelingt, gibt es im Keller fast nichts mehr zu tun. Guter Wein entsteht dann fast wie von selbst», sagt Leonardo. Die Salustri-Weine und alle andern hofeigenen Produkte wie Olivenöl, Schinken und Wurstwaren können im gemütlichen Degustationsraum verkostet werden. Der spätere Nachmittag ist wie geschaffen dafür.

Donnerstag: Zeit für einen weiteren Ausflug. Die Toskana ist bekannt für schöne Thermalbäder. Besonders hübsch und stilvoll ist der kleine, gut 50 Kilometer entfernt gelegene Badeort Bagno Vignoni bei San Quirico d’Orcia. Rund um ein grosses Thermalbecken gruppieren sich Herbergen, Restaurants und Läden in alten Steinhäusern. Besonders mystisch wirkt der Ort im Winter, wenn das warme Thermalwasser Dämpfe aufsteigen lässt und die alten Gemäuer in einen Nebelschleier hüllt. Über kleine, offene Kanäle ergiesst sich das Thermalwasser ins Tal und wird unten in idyllischer Felslandschaft in einem Becken aufgefangen, wo frei gebadet werden kann.

Freitag: Wilde Natur und Kunst am Monte Amiata

Der Monte Amiata, rund eine Autostunde von Poggi del Sasso entfernt, ist mit 1738 Metern über Meer nicht nur der höchste Berg der Toskana, sondern auch ein Wander- und Bikeparadies mit herrlichen Kastanien-, Eichen- und Buchenwäldern.

Zwei Attraktionen machen den Ausflug ebenfalls lohnenswert. Die reiche Fauna und Flora im Wildpark Parco Faunistico del Monte Amiata. Wem Kunst mehr sagt als freilaufende Hirsche, Rehe, Gämsen, Mufflons und Esel, findet unweit des Dorfes Seggiano, im Aufstieg zum Monte Amiata, den Giardino di Daniel Spoerri. Dieser grossartige Skulpturenpark, der sich über 16 Hektar in freiem Gelände erstreckt, zeigt über hundert Installationen und Skulpturen von bekannten Künstlern. Die meisten Werke stammen vom Schweizer Daniel Spoerri, der den Skulpturengarten Anfang der 1990er-Jahre anlegt hat. Zu sehen sind aber auch spektakuläre Werke von Eva Aeppli, Dieter Roth, Jean Tinguely, Meret Oppenheim und Olivier Estoppey. Von Letzterem stammt die Installation «Dies Irae» (Tag des Zorns) mit zwei Trommlern und 160 Gänsen aus Stahlbeton (Bild oben). In diesem Garten der Kunst kann man problemlos ein paar Stunden staunend verweilen.

Flugs ist die Ferienwoche beim Winzer vorüber. Wem eine Woche zu kurz ist, der hängt einfach eine zweite an. Langweilig wirds nicht, die Auswahl an attraktiven Ausflugszielen und sportlichen Aktivitäten (Wandern, Biken, Reiten) in der Toskana ist noch lange nicht erschöpft. Als schöne Alternative für eine zweite Ferienwoche eignen sich auch Aufenthalte auf andern Toskana-Weingütern wie Il Conventino, Buondonno, Badia a Coltibuono oder San Vito (siehe Artikel «Auftanken auf Delinat-Weingütern»).

Delinat-Team auf Weiterbildung in Italien: Ein Rucksack voller Wissen

Nur wer die Winzer persönlich kennt und vor Ort Einblick in deren Philosophie erhält, kann umfassend und kompetent beraten: Getreu diesem Motto war das Team des Delinat-Kundenservice im vergangenen Mai auf Weiterbildungsreise in Italien. Christina Bertoni, Leiterin des Delinat-Shops in Winterthur, öffnet ihr Reisetagebuch.

Anschauungsunterricht auf der Tenuta San Vito in den Hügeln um Florenz.
Anschauungsunterricht auf der Tenuta San Vito in den Hügeln um Florenz.

Dienstag, 17. Mai

St. Gallen, Dienstagmorgen. In Begleitung von Italien-Einkäuferin Martina Korak und Winzerberater Walter Fromm fahren wir los Richtung Piemont. Gegen Mittag erreichen wir das kleine Hügeldorf Cocconato im Monferrato, wo Cecilia Zucca das Weingut Poggio Ridente betreibt. Die Aussicht auf die umliegenden Hügel begeistert uns sofort. Noch mehr aber staunen wir über die steilen Rebhänge von Cecilia, in denen nicht nur gesunde, starke Rebstöcke der Sorten Barbera, Dolcetto, Albarossa, Ruché, Busanello, Viognier und Riesling prächtig gedeihen, sondern auch Getreide heranreift und Leguminosen blühen. Ein Bild, das uns bestätigt, dass Delinat-Weinberge mit reicher Biodiversität Wirklichkeit sind. Dass dies kein Einzelfall, sondern auf den Delinat-Weingütern die Regel ist, sollten uns die kommenden Besuche bestätigen.

Bunte Pflanzenvielfalt in den Reben von Cecilia Zucca.
Bunte Pflanzenvielfalt in den Reben von Cecilia Zucca.

Mittwoch, 18. Mai

Auf dem Weingut La Luna del Rospo, 50 Kilometer weiter südlich, tauchen wir in einen wilden Garten Eden ein. Wir begreifen sofort, dass Winzerin Renate Schütz die Natur über alles liebt. Ihr Biodiversitätsparadies ist mit sieben Hektar Reben, mehrheitlich Barbera, bestückt. Auf einer zwei Hektar grossen «Ökoinsel » wachsen spontan wilde Rosenarten, Steineichen, Pfirsich-, Kirsch- und Mandelbäume. Die ausgezeichnete Qualität ihrer Weine ist uns durch die regelmässigen Degustationen, die ebenfalls zum Weiterbildungsprogramm des Kundenservice-Teams gehören, bekannt. Die Verkostung der aktuellen Rotweinkollektion direkt vor Ort, begleitet von selbst gemachten Delikatessen, bringt eine eindrückliche Bestätigung.

Winzerin Renate Schütz in ihrem Biodiversitätsparadies.
Winzerin Renate Schütz in ihrem Biodiversitätsparadies.

Wir verlassen das Piemont und steuern südwärts Richtung Toskana. Unterwegs fachsimpeln wir mit Winzerberater Walter Fromm über Hefen, Klone und Glyphosat –Weiterbildung on the road! Gegen Abend erreichen wir die Tenuta San Vito in den Colli Fiorentini. Das ist nicht nur ein beeindruckendes Weingut, sondern auch eine idyllische Feriendestination mit eigenem Restaurant. Winzer Neri Gazulli empfängt uns beim Abendessen mit passenden Weinen zu jedem Gang. Mit Sangiovese, Cabernet Sauvignon, Merlot und Teroldego bei den Roten sowie Trebbiano, Malvasia, Verdicchio und Chardonnay bei den Weissen ist der Sortenspiegel auf San Vito äusserst abwechslungsreich. Eindrücklich erfahren wir interessante spezifische Einzelheiten über die verschiedenen Traubensorten und die daraus gekelterten Weine. Zu später Stunde begegnen uns auf dem Weg zu den Unterkünften Leuchtkäfer als tanzende Lichtpunkte in finsterer Nacht.

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Hagelsturm und dicke Klostermauern

Die Norditalien-Reise des ganzen Teams bietet uns Kundenberatern nicht nur eine schöne Abwechslung, sondern auch einen vertieften, praxisnahen Einblick in die Philosophie unserer Winzer. Am dritten Tag steht Chianti auf dem Programm:

Nach einer ruhigen Nacht besichtigen wir die Rebberge und die Kellerei von San Vito. Das Weingut liegt in Fior die Selva, etwa 15 km von Florenz, auf einem Hügel. Es ist von  Wald, Wiesen und Seen umgeben. Auch Olivenhaine gibt es dort – sowie ein vorzügliches Olivenöl. Ursprünglich war das Gut ein Jagdsitz. Auch heute gibt es noch viele Hirsche, Rehe und Wildschweine, die gerne von den Reben kosten. Sangiovese, der traditionell in grossen Holzfässern zum Chianti ausgebaut wird, spielt hier – wie überall in der Toskana – die Hauptrolle. Interessant sind aber auch die internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot, die zusammen mit dem Sangiovese zu einem „Super Tuscan“ ausgebaut werden.

Tenuta San Vito
Degustation in der Tenuta San Vito

Nach kurzer Fahrt durchs Chianti Classico erreichen wir die Kellerei von Badia a Coltibuono, wo uns Besitzer Roberto Stucchi in Empfang nimmt. Er zeigt uns die nahen Sangiovese-Lagen und führt uns durch die top-moderne Kellerei. Der Verarbeitungsprozess funktioniert hier lediglich durch Gravitationskraft. So sind die Anlagen auf mehreren Etagen übereinander gebaut. Zuoberst werden die Trauben angeliefert und auf der nächsten Ebene entrappt. Auf dem untersten Stock stehen die riesigen Gärtanks und die Abfüllmaschinen.

Badia a Coltibuono
Die dicken Mauern des Klosters Badia a Coltibuono bieten Schutz

Gelagert werden die Weine aber im Kloster Badia a Coltibuono selbst. Auf dem Weg dorthin überrascht und ein heftiger Hagelsturm, der die Strasse bedeckt und Bäche die Weinberge herunterfliessen lässt. Schliesslich erreichen wir doch noch das Kloster, wo wir uns hinter den dicken Mauern in Sicherheit bringen.

Kochkurs Badia a Coltibuono
Ganz nebenbei erfahren wir die Geheimnisse der Pasta-Herstellung

Bekannt ist  Badia a Coltibuono auch für Restaurant und Kochkurse. Die Chef-Köchin demonstriert die Herstellung von frischer Pasta mit toskanischer Bechamelsauce, was uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Roberto entführt uns dann in den imposanten, Jahrhunderte alten Fasskeller, wo die Chiantis reifen. Alte Chianti Classico Riserva bis zurück zum Jahrgang 1937 sind dort gelagert. Gern würden wir hier einmal durchprobieren, aber diese Weine sind ganz besonderen Gelegenheiten vorbehalten…

Schatzkammer Badia a Coltibuono
Wer würde nicht gern mal einen Abend hier in der Schatzkammer verbringen?

Zum Abschluss des Tages degustieren wir aufmerksam verschiede Jahrgänge der überaus eleganten und authentischen Chianti, den neuen Top-Wein Monte Bello und werden schliesslich erneut mit einem leckeren Nachtessen verwöhnt.

Reisetagebuch des Kundenberatungsteams:

 

Weinreisen in die Toskana

Das lateinische Wort «sapio» bedeutet «Ich schmecke» und auch «Ich verstehe». Genau diesen Zusammenhang von Erleben und Verstehen möchten wir auf den Reisen schaffen. Daher gehen alle unserer inzwischen 17 Reisen in Italien in eine Mikro-Region, auf die wir uns in Ruhe einlassen können. Wir reisen in kleinen Gruppen mit nur sechs bis zwölf Gästen. Durch unsere über Jahre gewachsenen Kontakte vor Ort können wir Zugänge schaffen, die für Alleinreisende nicht möglich sind.

Nicht zu ernst bitte - eine SAPIO-Reisegruppe in der Südtoskana
Nicht zu ernst bitte – eine SAPIO-Reisegruppe in der Südtoskana

Im Mai und im Oktober fahren wir in die Südtoskana und besuchen den Delinat-Winzer Alberto Brini vom Weingut Il Conventino in Montepulciano. Alberto, der schon vor seinem dreissigsten Geburtstag das Weingut übernahm, habe ich vor vielen Jahren auf der «Anteprima» in Montepulciano kennen gelernt, wo die etwa 40 Winzer des Konsortiums ihre Weine vorstellen. Ich lernte damals in Perugia Italienisch, bevor ich einen Master an der neu gegründeten Slow-Food-Universität begann. Der Wein schmeckte mir schon damals ausgezeichnet und Alberto war interessiert am Austausch, so freundeten wir uns an. Sein Vino Nobile ist heute einer meiner Lieblingsweine aus der Toskana.

Delinat-Winzer Alberto Brini vor seinem Weinkeller
Delinat-Winzer Alberto Brini vor seinem Weinkeller

Neben Alberto besuchen wir auch einen konventionellen und einen biodynamischen Winzer in Montalcino sowie ein Schweizer Paar, das 1993 in die Toskana ausgewandert ist und einen wunderbaren Pecorino di Pienza käst.

Kunst und Kulinarik: Etruskerland Südtoskana

Die Südtoskana ist eine der Gegenden, in der die bis heute nur teilweise erforschten Etrusker beheimatet waren. Sie haben nicht nur steinerne Zeugnisse ihrer Kultur hinterlassen, sondern auch lebendige, die wir noch heute schmecken können. José Vouillamoz, ein Schweizer Biologe, wies 2004 nach, dass die wichtigste toskanische Rebsorte, der Sangiovese, vor etwa 2500 Jahren aus einer  Kreuzung der Sorten Ciliegiolo und Calabrese di Montenuovo entstand. Man geht davon aus, dass die Etrusker diese Kreuzung vornahmen.

Prachtstück – der Schweizer Käser Ulisse lebt seit 1993 in der Toskana
Prachtstück – der Schweizer Käser Ulisse lebt seit 1993 in der Toskana

Zeugnisse der vorrömischen Kultur findet man an vielen Orten in der Toskana, sogar in Albertos Weinkeller: Bei der Reise im Oktober letzten Jahres durften wir wie Höhlenforscher mit Kerzen eine lange Treppe im Weinkeller herabsteigen und dort eine etruskische Grabkammer bestaunen! Sarkophage und andere Kunstwerke der Etrusker sehen wir bei unserem Ausflug nach Siena. Ebenso haben sie die grösste Rinderrasse der Welt, das erhabene weiße Chianina-Rind gezüchtet. Nur von diesem kommt die echte Bistecca Fiorentina, die wir natürlich auch probieren.

Viele fleißige Hände - wir lernen wie man frische Pasta macht!
Viele fleißige Hände – wir lernen wie man frische Pasta macht!

«Appetithäppchen» der überaus reichen Kunstschätze der Region gibt es auf der Reise auch aus anderen Epochen: vom Mittelalter in Siena über die Renaissance in Pienza bis zum Skulpturengarten des Eat-Art-Erfinders Daniel Spoerri in Seggiano. Immer wieder sind wir kurz zu Fuss unterwegs, um die Landschaft zu erleben und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Ihre Reiseleiterin ist die Journalistin Debora Dal Don, die als Italienerin in der deutschsprachigen Schweiz aufwuchs und somit in beiden Kulturen und Sprachen zuhause ist.

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Mai in der Toskana – Blick über grüne Wiesen auf unsere Unterkunft Il Rigo

Die meisten unserer Gäste haben bisher noch nie eine Gruppenreise gemacht. Wir nennen unsere Reisen auch «geführte Individualreisen». Vor Ort gibt es kein eng gestricktes Programm, sondern viel Zeit zum Austausch mit den Winzern, für kulinarische und kulturelle Genüsse sowie Freiraum zum Loslassen. In den kleinen Gruppen kann man sich gut austauschen und beim Essen an einem Tisch sitzen. Das Interesse an gutem Wein und Lebensmitteln schafft schnell einen gemeinsamen Nenner. Nicht selten bleiben die Teilnehmer über die Reise hinaus in Kontakt. Wir übernehmen die gesamte Organisation im Vorfeld und während der Reise, so dass Sie Ihren Urlaub richtig geniessen können. Übrigens: Gegen Vorlage Ihrer Delinat-Kundennummer erhalten Sie einen vergünstigten Reisepreis.

Weitere Informationen finden Sie direkt bei SAPIO.

 

Toskana – Weine aus dem Land der Zypressen

Die Toskana mit ihren bekannten Städten Florenz, Siena und Pisa besitzt eine sehr alte Weintradition. Seit rund 3000 Jahren gedeihen Reben, gesäumt von Zypressen und Olivenbäumen, in einer wunderschönen, sanften Hügellandschaft. Wo guter Wein wächst, sind auch Kultur und feines Essen nicht weit. Die Toskana ist weltweit der Inbegriff für mediterrane Kulinarik. Die vinologische Hauptrolle spielt dabei der Sangiovese. Die autochthone Sorte hat Weine wie Chianti oder Vino Nobile di Montepulciano weltberühmt gemacht.

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Sangiovese ist sehr vielseitig, stellt aber hohe Anforderungen. Er gilt als Diva – ähnlich wie der Pinot Noir im Burgund. Winzer, die mit Sangiovese umzugehen wissen, werden mit nie langweiligen, aussergewöhnlichen Weinen belohnt, die ein grosses Spektrum toskanischer und anderer Tafelfreuden hervorragend begleiten.

In dieser Gilde sind zunehmend kleine Winzer zu finden, welche sich dem biologischen Weinbau verschrieben haben und in ihren Rebbergen auf eine grosse Biodiversität achten. Wir stellen Ihnen hier solche Familienbetriebe und deren charakterstarke Weine vor. Die edlen Tropfen versprechen ein hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis.

Odyssee mit Happy End

Als Walter Fromm, Sprössling einer Bündner Winzerfamilie, Önologie studierte, hatte er mit biologischem Weinbau noch nicht viel am Hut. Auch als er 1999 mit seiner Familie in die Toskana auf die Azienda Vignano zog, war kein biologischer Anbau geplant. Nur weil das Gut schon seit 12 Jahren zertifiziert war und er die bestehende Kundschaft nicht vergraulen wollte, begann er sich widerwillig mit naturgerechtem Weinbau auseinanderzusetzen. Seine Skepsis war nicht von Dauer: «Ich begriff rasch, dass eine optimale Traubenqualität und ausgewogene Weine nur möglich sind, wenn alles im natürlichen Gleichgewicht steht», erzählt Walter Fromm. Heute kann er sich keine andere Anbaumethode mehr vorstellen.

Chianti Vignano Odissea

Dass ihm so wunderbar ausbalancierte Weine gelingen, zeigt sein Chianti mit dem etwas eigenartigen Namen Odissea. Die tiefe Farbe, die reife Frucht, das würzige und weiche Finale – ein Tropfen, der jeden Chianti-Liebhaber im Nu gefangen nimmt. Der Name ist eine Referenz an die italienische Bürokratie: Bis der Schweizer für seinen ersten Jahrgang das obligatorische Chianti-Siegelband erhielt, musste er sich durch ein riesiges Labyrinth von ämtern kämpfen.

Kleines Meisterwerk

Winzer Leonardo Salustri ist als passionierter Wildsaujäger auch ein leidenschaftlicher Erzähler. Wenn er sich in illustrer Gesellschaft an den fein gedeckten Stubentisch setzt, kann es gut vorkommen, dass das Jägerlatein mit ihm durchgeht. Doch am Schluss endet er immer wieder bei seinen Weinen, die er gemeinsam mit Sohn Marco mit Hingabe und grossem Können herstellt.

Wilde Maremma - Leonardo Salustri mit Conterocca

Der Conterocca zählt zu den kleinen Meisterwerken der Salustris. Sie keltern diesen authentischen Toskaner aus den regionstypischen Sorten Sangiovese und Ciliegiolo. Die Trauben reifen auf sandigen, steinigen Böden in Weinbergen mit schönster Biodiversität. Reben, Olivenbäume, Wälder, Weideflächen und wild belassene Hecken bilden in den Hügeln zwischen Grosseto und Siena eine natürliche Einheit.

Die Trauben werden von Hand geerntet und von Sohn Marco sanft vinifiziert. So entsteht dieser frische, fruchtige und gut strukturierte Wein aus dem noch jungen und wenig bekannten DOC-Gebiet Montecucco.

Noble Gewächse aus dem Herzen der Toskana

Es gibt nur etwa 40 Winzer, die in der Toskana die «Lizenz» zur Erzeugung des berühmten Vino Nobile di Montepulciano haben. Alberto Brini ist einer davon. Auf dem Weingut Il Conventino am Fusse des Hügeldorfs Montepulciano erzeugt er aussergewöhnliche Weine. Dem Quereinsteiger aus einer Pisaner Anwaltsfamilie ist es wichtig, dass seine Weine ihre Herkunft verraten. «Ein guter Vino Nobile ist für mich ein Glas voll Toskana pur», sagt er. Das viel beschworene Terroir lässt sich aus seiner Sicht nur mit streng an der Natur orientiertem Weinbau optimal in die Flasche bringen.

Il Conventino . Rosso di Montepulciano

Auch die Wahl der Rebsorten spielt dabei eine Rolle. Alberto Brini setzt auf autochthone, einheimische Trauben. «Viele Montepulciano-Winzer ergänzen den Sangiovese mit internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot. Ich bin Traditionalist und ziehe klassische Assemblagen vor.» Das gilt für den Vino Nobile di Montepulciano genauso wie für den kleinen Bruder, den Rosso di Montepulciano. Die typische Sangiovese-Varietät Prugnolo Gentile wird mit den Sorten Canaiolo und Mammolo zu feinen Cuvées vermählt. Während für den gereiften, finessenreichen und edlen Vino Nobile nur Trauben von alten Rebstöcken an besten Lagen verwendet werden, stammen die Trauben für den früh trinkreifen, fruchtig-würzigen Rosso von Reben, die für den «grossen Bruder» noch zu jung sind.

Feiner Chianti für italienische Tafelfreuden

Es gibt Weingüter, die sind in eine derart reiche natürliche Vielfalt eingebettet, dass sich selbst ein naturverbundener Winzer nicht um die Aufwertung der Biodiversität kümmern muss. San Vito, in hügeliger Landschaft über der Stadt Florenz gelegen, gehört dazu: Weinber- ge, Olivenhaine, Pinien, Zypressen, blühende Wiesen und Büsche wechseln sich ab und bilden zusammen mit alten, schön renovierten Steinhäusern ein einzigartiges Wein- und Ferienparadies. Hier oben kann Neri Gazulli aus der geballten Kraft der Natur schöpfen und sich voll und ganz auf die Erzeugung seiner Chiantis konzentrieren. Die Sangiovese-Rebe ergibt in den Colli Fiorentini fruchtigere, weichere Weine als etwa im Chianti-Classico-Gebiet. Das kommt sowohl im San Vito wie im Massonero sehr schön zum Ausdruck.

Chianti San Vito

Der feine, fruchtbetonte San Vito ist ein reinsortiger Sangiovese. Statt im Edelstahltank ruht der Wein ein halbes Jahr im Betontank, was die feinen Fruchtaromen besonders schön ausreifen lässt. Der noch etwas gehaltvollere Massonero enthält neben Sangiovese etwas Canaiolo. Seine ausgeprägten, eleganten Fruchtaromen werden von einer dezenten Holznote begleitet, die durch eine neunmonatige Reife im grossen Holzfass entstehen. Beide Weine begleiten aufs Schönste italienische Tafelfreuden wie Pizza, Pasta, Ofengemüse und geschmortes Fleisch.

Unvergleichliche Koch- und Weinkunst

Die Kochkurse in der gut ausgestatteten Küche der fast tausendjährigen Klosteranlage von Badia a Coltibuono unweit von Siena sind legendär. Gemüse, Früchte, Käse, Sardellen, frische Pasta und jede Menge Kräuter: Das Buffet mit den frischen, regionalen Rohprodukten lässt erahnen, was für toskanische Tafelfreuden hier das halbe Dutzend Kursteilnehmer unter der Regie von Chef Andrea Gagnesi in den nächsten zwei Stunden auf die Teller zaubern wird. Qualität und Authentizität gelten auf Badia a Coltibuono in allen Bereichen als oberste Maxime. Das Ganze ist eine Angelegenheit der Familie Stucchi-Prinetti: Emanuela ist für die Kochkurse zuständig, Paolo für das Restaurant und Roberto für das Weingut. Mit unglaublicher Leidenschaft keltert Letzterer im Gebiet Monti in einer modernen Kellerei aussergewöhnliche Chiantis und IGT-Weine (toskanische Landweine). In den Weinbergen herrscht ein ganz spezielles Mikroklima mit heissen Tagen und kühlen Nächten. «Das ermöglicht strukturreiche, harmonische und lagerfähige Weine», sagt Roberto, der sich immer mehr auch von der Biodynamie inspirieren lässt.

Chianti Coltibuono

Der würzig-fruchtige Coltibuono Rosso machte übrigens zu den feinen Gerichten aus der Kochkurs-Küche selbst neben den noblen Chianti Classico-Gewächsen des Hauses eine ausgezeichnete Figur.

 

Die Königin der Toskana stimmt versöhnlich

Beim Stichwort «Sangiovese» kommt mir immer jene Reise in den Sinn, bei der wir auf Reportage in der Toskana unterwegs waren. Sie begann mit einem Albtraum: Als ich in Florenz aus dem Zug stieg und in die Innentasche meines Jacketts langte, fehlten Brieftasche mit allen Ausweisen, Karten und Bargeld ebenso wie das Handy. Ich fühlte mich von einer Sekunde auf die andere völlig nackt – entblösst von raffinierten Trickdieben, von denen ich im Zugsabteil keinerlei Notiz genommen hatte. Sangiovese und Toskana – das war mir in diesem Moment so etwas von egal – am liebsten wäre ich gleich wieder umgekehrt.

Essen mit den Salustris
Versöhnung mit der Toskana in entspannter Atmosphäre beim Abendessen: v.l. Nara Salustri (begnadete Köchin), der Autor, Leonardo Salustri (Wildsaujäger und Winzer), Martina Korak (Delinat)

Doch ich hatte mit unserer Önologin Martina Korak und Fotografin Yvonne Berardi einen Treffpunkt abgemacht – schliesslich galt es Eindrücke, Bilder und Informationen für die geplante Toskana-Reportage zu sammeln. Also zogen wir von Florenz aus los Richtung Süden. Als wir zu später Abendstunde auf dem Weingut Salustri zwischen Grosseto und Siena eintrafen, war die Welt schon wieder halbwegs in Ordnung. Die Familie Salustri hatte uns längst erwartet und bat sofort zu Tisch. Zwar wussten wir um die begnadete Kochkunst von Nara und um die Erzählleidenschaft von Winzer und Wildsaujäger Leonardo. Doch was wir dann bei mehr als einem Glas Conterocca bis weit nach Mitternacht erlebten, liess für den Rest der Woche nur noch an das Schöne und Gute auf dieser Welt denken.

Sangiovese-Traube
Sangiovese ist Italiens meistangebaute Rotweinsorte und kommt hauptsächlich in Mittelitalien vor.

Am nächsten Tag weihte uns Leonardo in die Geheimnisse der Sangiovese-Traube ein. Diese widerspenstige und für jeden Winzer höchst anspruchsvolle Diva offenbart ihr Potenzial dann am schönsten, wenn ihr die Hauptrolle zugestanden wird. Sie lässt sich aber immer gerne auf einen Flirt mit anderen Traubensorten ein. In klarer Hierarchie friedlich vereint entstehen wunderbare Toskaner Weine. Einen kleinen Glaubenskrieg gibt es höchstens bei der Frage, ob eine typische Toskaner Cuvée neben Sangiovese auch internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot enthalten darf, oder ob die Nebenrolle ausschliesslich andern autochthonen (einheimischen) Trauben wie Ciliegiolo, Canaiolo oder Mammolo gebührt. Leonardo Salustri und andere Delinat-Winzer wie Alberto Brini von Il Conventino und Roberto Stucchi von Badia a Coltibuono sind sich in dieser Frage einig: Sie alle setzen entweder auf reinsortige Sangiovese-Weine oder klassische Assemblagen mit einheimischen Sorten. Neri Gazulli von San Vito dagegen hat mit seinem Madiere einen Toskaner im Sortiment, der zeigt wie gut sich Sangiovese auch mit Cabernet & Co. verträgt. Wo liegen Ihre Vorlieben? Wir freuen uns über Ihren Kommentar, den Sie gleich unten eintragen können.

PS: Die Toskana-Reportage ist unter dem versöhnlichen Titel «La vita è bella» in der WeinLese 27 (PDF) erschienen.