WeinLese 61: Editorial

Delinat-Winzer sind den meisten anderen Weingütern in Bezug auf die Ökologie meilenweit voraus. Genauso wie in die Weinqualität investieren sie mit der Unterstützung von Delinat ständig in fruchtbare Böden, reiche Biodiversität und erneuerbare Energien. Damit sind sie Vorreiter eines zukunftstauglichen Weinbaus. Am Ziel sind aber auch wir und unsere Winzer noch lange nicht.

«Schöner, als Visionen zu haben, ist,
sie zu verwirklichen.»

Lisz Hirn, Philosophin und Künstlerin

Wie sieht aus heutiger Sicht das ökologisch perfekte Weingut aus? Delinat-Winzerberater Daniel Wyss und die Hamburger Illustratorin Barbara Dziadosz skizzieren es anschaulich in dieser Ausgabe. Lebendige Böden, reiche Biodiversität, robuste Traubensorten, sanfte Vinifikation, erneuerbare Energie, vermeiden von Abfall und CO2-neutrale Transporte sind zentrale Elemente dieser Vision. Teile davon sind auf den rund hundert Weingütern, mit denen wir europaweit zusammenarbeiten, bereits Realität. Voller Elan wird der eingeschlagene Weg gemeinsam weiterverfolgt. Zum Wohle von Natur und nachfolgenden Generationen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und freue mich, wenn Sie uns mit dem Genuss von Delinat-Wein auf dem Weg zum perfekten Weingut begleiten.

WeinLese 61: Kurz & bündig

Weinshops in München und Romanshorn

Weinshop Romanshorn

Nach Hamburg 2019 ist am 5. November 2020 in München der zweite Delinat-Weinshop Deutschlands eröffnet worden. Auch hier können seither rund hundert Bioweine aus reicher Natur entdeckt und im angegliederten Bistro degustiert werden. Zuwachs gab es auch in der Schweiz. In Romanshorn am Bodensee ist am 7. Dezember 2020 im neuen Kornhaus ein weiterer Delinat-Shop mit Bistro eröffnet worden. Das Kornhaus ist in über zweijähriger Bauzeit zum neuen Wahrzeichen am Hafen von Romanshorn umgebaut worden. Neben der Delinat-Weinbar gibt es hier ein Restaurant mit Festsaal und grosszügige Ausstellungsräume.

Pestizide in der Luft

Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland zeigen neue Untersuchungen, dass Pestizide nicht nur über Lebensmittel und Trinkwasser in den menschlichen Körper gelangen, sondern auch über die Luft. Das Umweltinstitut München hat in seiner bisher umfassendsten Studie zur Pestizidbelastung der Luft nachgewiesen, dass sich die Giftstoffe kilometerweit verbreiten und praktisch überall in Deutschland anzutreffen sind. In der Schweiz hat die Umweltorganisation Greenpeace bei Pestizidmessungen an vier verschiedenen Standorten insgesamt 25 verschiedene Pestizide in der Luft festgestellt – darunter sogar ein Abbauprodukt von DDT, einem Pestizid, das in der Schweiz seit 1972 verboten ist. Die höchste Pestizidkonzentration wurde über einem Walliser Weinberg gemessen. Festgestellt wurde in diesem Zusammenhang auch, dass Pestizide nicht nur am Zielort verbleiben, sondern über die Luft auch Nachbarfelder und somit Biowinzer treffen.

In der Schweiz stimmt das Volk in diesem Jahr über die sogenannte Trinkwasser-Initiative ab. Diese verlangt, dass Landwirtschaftsbetriebe, die Pestizide verwenden, keine staatlichen Subventionen und Fördergelder mehr bekommen sollen. Delinat unterstützt diese Volksinitiative.

COVID-19 macht erfinderisch

Nachdem der Pariser Weinsalon pandemiebedingt ausgefallen ist, hat sich der Club des Vignerons Lauréats, eine Vereinigung von 40 Familiengütern aus ganz Frankreich, dem auch das Delinat-Partnerweingut Domaine Lignères angehört, etwas Besonderes einfallen lassen. Anstelle der Weinmesse wurde der Kundschaft in Paris eine gemeinsame Weinlieferung angeboten. Die Kunden hatten die Möglichkeit, Weine ihrer bevorzugten Güter zu einem interessanten Preis zu bestellen und direkt nach Hause liefern zu lassen. Insgesamt kamen so 570 Bestellungen mit fast 16‘000 Flaschen Wein zusammen. «Das ist fast gleich viel, wie jeweils am Weinsalon verkauft wird», freut sich Anne Lignères über die erfolgreiche Aktion. «Das ist ein grossartiger Beweis für die Anpassungsfähigkeit, Dynamik und Solidarität der Winzer dieses Clubs!»

Green statt Black Friday

Green Friday bei Delinat

Man stelle sich am Tag eines Black Friday die Schlagzeile vor: Nur heute: Alles 10 % teurer! Genau das hat Delinat am 27. November 2020 gemacht – und anstelle des Black Friday den Green Friday ausgerufen. Dies als Protest gegen die weltweite Rabattschlacht um Schnäppchenjäger, die den Black Friday zu einem rabenschwarzen Tag für die Umwelt macht. Neben gewaltigen Mobilitätsströmen verursacht er riesige Müllberge in Form von Verpackungsmaterial und überflüssiger Ware. Der Aufpreis von zehn Prozent, den die Kunden auf ihre Weineinkäufe bezahlt haben, wurde von Delinat verdoppelt und an zwei Initiativen überwiesen, die sich für eine ökologische Landwirtschaft ohne Pestizide einsetzen. An den Schweizer Verein «Initiative für sauberes Trinkwasser» gingen gut 16‘500 Franken; an die europäische Bürgerinitiative «Bienen und Bauern retten!» 8700 Euro.

Das perfekte Weingut

Weingüter, die das Ökosystem stärken statt zerstören. Dieses ambitionierte Ziel verfolgt Delinat gemeinsam mit seinen rund hundert Partnerwinzern in ganz Europa seit 40 Jahren. In allen relevanten Bereichen sind bereits grosse Fortschritte erzielt worden. Gleichwohl bleibt noch viel zu tun. Unsere Vision: Das perfekte Weingut ist ein buntes Naturparadies als funktionierendes Ökosystem. Es bindet CO2 aus der Luft, lagert es im Boden in Form von Humus ein und produziert keinen Abfall. Alle Verbrauchsmaterialien werden wiederverwendet. Alle pflanzlichen Stoffe gehen zurück in den Weinberg und bauen Humus auf. Die gesamte Energie wird auf dem Hof aus erneuerbaren Quellen (Sonne, Wind, Wasser) produziert und versorgt alle Maschinen und Geräte. Weintransporte sind CO2-neutral, Weinflaschen und Verpackungsmaterial werden wiederverwendet.

Illustrationen: Barbara Dziadosz

Delinat-Winzerberater Daniel Wyss zeigt auf den folgenden Seiten auf, was das perfekte Weingut im Detail ausmacht, und verrät, wie nahe Delinat-Winzer schon dran sind.

Lebendiger Boden

Ein lebendiger, gesunder Boden ist die Grundlage für ein natürlich funktionierendes Ökosystem mit reicher Biodiversität. Unsere Vision: Der Boden wird mithilfe der regenerativen Landwirtschaft und der Permakultur so gepflegt, dass Humus aufgebaut und grosse Mengen von CO2 gebunden werden. Humus und Begrünung erhöhen die Stabilität, die Wasserinfiltration und -speicherfähigkeit des Bodens, verhindern Erosion und verbessern die Fruchtbarkeit. Düngung und Bewässerung werden überflüssig.

Das Bewusstsein für intakte Böden ist auf dem Weingut Harm in der Wachau besonders ausgeprägt. Andreas Harm ist Agronom und Bodenspezialist: «Die Milliarden von Lebewesen in einem gut strukturierten Boden stehen im direkten Austausch mit der Rebe und der Weinbergflora. Wenn das System funktioniert, übernimmt die Begrünungspflanze die Funktion des Nährstofflieferanten», erklärt er. Dank sanfter und behutsamer Bodenbearbeitung und einer vielfältigen Begrünung verfügen alle Delinat-Weingüter schon heute über fruchtbare, lebendige Böden mit reichem Wurzelwerk.

Reiche Biodiversität

Biodiversität im Weinberg

Drei Bereiche machen die Biodiversität aus: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme mit Gewässern, Wiesen, Wäldern, Bergen Steppen und Wüsten. Unsere Vision: Die Reben wachsen in einer Art «Waldgarten», der so vielfältig ist, dass die Rebflächen selber zu ökologischen Ausgleichsflächen werden. Unsere Weinberge sind Naturparadiese mit vielen Bäumen, Sträuchern, Früchten, Beeren, Kräutern und Gemüse. Strukturelemente wie Trockenmauern, Stein- und Holzhaufen oder Biotope bilden Habitate für eine reichhaltige Insekten- und Tierwelt.

Schon recht nahe an diesem Idealbild sind beispielsweise die Azienda La Luna del Rospo im Piemont, Château Duvivier in der Provence oder die Bodega Albet i Noya im Penedès. Aber auch auf allen anderen Delinat-Weingütern wird die Biodiversität grossgeschrieben, denn nur so wird der Weinberg zu einem sich weitgehend selbstregulierenden Ökosystem, das qualitativ hervorragende Weine mit echter Terroirqualität ermöglicht. Wo nötig werden schrittweise Massnahmen ergriffen, um die Biodiversität zu verbessern.

Taubenschwänzchen

Tiere und Mischkulturen

Der Weinberg der Zukunft wird von Schafen beweidet

Der Weinberg als solcher wäre eine Monokultur. Für Jahrzehnte wachsen Reben auf der gleichen Parzelle. Eine Fruchtfolge, durch die sich der Boden regenerieren kann, gibt es nicht. Die Monokultur lässt sich aber durch verschiedene Massnahmen aufbrechen. Unter anderem durch Weidewirtschaft und Integration von Mischkulturen. Unsere Vision: Raufutter verzehrende Tiere wie Schafe und Ziegen veredeln die Gräser und Kräuter, die im Weinberg wachsen, und geben Nährstoffe und Mikroorganismen in den Kreislauf zurück. Mischkulturen in Form von Oliven, Fruchtbäumen, Beeren, Gemüse und Getreide erhöhen die natürliche Vielfalt im und um den Rebberg und stärken den natürlichen Kreislauf.

Ein Paradebeispiel für Weinberge als Mischkulturen ist die Azienda Maggio in Sizilien. Hier wechseln Reben ab mit Olivenhainen, Orangen- und Mandarinenbäumen, Pinien, Akazien sowie Kräuterinseln und Bienenstöcken. Auf der Domaine Lignères in Südfrankreich, der Adega Vale de Camelos im portugiesischen Alentejo und der Bodega Quaderna Via in der Navarra sorgen auch Schafe für Abwechslung und Vielfalt.

Schafe im Weinberg

Resistente Traubensorten

PIWI-Rebe kommen ohne Pflanzenschutzmittel aus

Die Rebe ist keine Maschine, die Dünger in Wein verwandelt. Sie ist ein lebender Organismus, dessen Gesundheit und Kraft stark von lebendigen Böden und biologischer Vielfalt abhängt. Doch im 19. Jahrhundert wurden Krankheiten wie der Echte und der Falsche Mehltau aus Amerika eingeschleppt, gegen die sich traditionelle europäische Reben ohne Hilfe von chemisch-synthetischen oder biologischen Spritzmitteln nicht zu schützen wissen. Unsere Vision: Alte widerstandsfähige oder starke pilztolerante Rebsorten liefern ohne Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hochwertige Trauben, aus denen genussvolle Weine entstehen.

In der jüngeren Vergangenheit gelang es, neue Rebsorten zu züchten, die nicht nur durch gute Mehltau-Resistenz, sondern auch durch geschmackliche Qualität überzeugen. Zu den Vorreitern für den Anbau solcher PIWI-Reben gehören Roland Lenz vom gleichnamigen Weingut in der Ostschweiz, der spanische Biowein-Pionier Josep Maria Albet i Noya und Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen.

PIWI-Reben auf dem Weingut Lenz

Autarke Weinkeller

Autarker Weinkeller

Es gibt viele Kniffe und Tricks, um im Weinkeller mit technischen Hilfsmitteln, Geräten, Enzymen und künstlichen Aromastoffen selbst aus minderwertigem Traubengut trinkbare Weine herzustellen. Unsere Vision: Auch im Weinkeller hat die Natur Vorrang. Hochwertiges Traubengut wird mithilfe von Naturhefen und mit möglichst wenigen Eingriffen vinifiziert. Auf technische Filtration und Schönung der Weine wird verzichtet. In der Kellerei gibt es keine Pumpen und keinen Abfall. Alles Wasser wird biologisch geklärt und zur Bewässerung verwendet. Maische, Rappen und Hefen aus der Vinifikation gehen zurück in den Weinberg. Der Keller wird energieautark mithilfe von erneuerbarer Energie betrieben.

Mehrere Delinat-Winzer sind bereits nahe an einem energieautarken Betrieb. So kann etwa das Weingut zur Römerkelter an der Mosel eine vorbildliche Klimabilanz vorweisen. Winzer Timo Dienhart: «Mit der Nutzung von Sonnenstrom, Erdwärme und Eisspeichern ist unser Betrieb bis dato rechnerisch zu mehr als 100 Prozent energieautark.» Ähnliches gilt für die Azienda Le Contrade im Veneto, wo William Savian praktisch den ganzen Energiebedarf mithilfe der Sonne deckt.

Einwandfreie Ökobilanz

Noch immer ist die Weinwirtschaft stark mit fossilen Brennstoffen und der Erzeugung von Abfallprodukten verbunden. Unsere Vision: Alle Energie, die auf einem Weingut benötigt wird, stammt aus Sonne, Wind, Biomasse oder Wasserkraft. Alle Maschinen und Geräte werden mit eigener, erneuerbarer Energie betrieben. Alle Weintransporte über lange und kurze Strecken erfolgen per Bahn oder mit Wasserstoff- oder Elektrofahrzeugen. Flaschen und Kartons werden wiederverwertet.

Einwandfreie Ökobilanz dank Transport auf der Schiene

Viele Delinat-Weingüter arbeiten bereits intensiv mit erneuerbaren Energien. Weinbergtaugliche Elektrotraktoren haben es aber noch nicht zu Serienreife gebracht. Beim Weintransport vom Winzer zum Konsumenten wird bis Ende Jahrzehnt mit einem Durchbruch von Elektro- und Wasserstoff-LKWs gerechnet (siehe Interview mit Transportunternehmer Hans-Peter Dreier). Bei den Verpackungen hat Delinat ein Rückgabesystem entwickelt. Die Weinkartons können bis zu sechsmal wiederverwendet werden. Derzeit laufen Bestrebungen für eine Mehrfachverwendung von Weinflaschen. Anzustreben ist eine makellose Ökobilanz auf allen Ebenen.

Weinempfehlungen aus den blühenden Naturparadiesen der Delinat-Winzer

Auf dem Weg zum ökologisch perfekten Weingut keltern Delinat-Winzer schon heute genussvolle Weine aus blühenden Weinparadiesen. Entdecken Sie sechs verschiedene Tropfen aus Europas Weinbergen mit reichster Biodiversität.

Château Duvivier Les Hirondelles
Der Rotwein vom Delinat-Forschungsweingut versprüht den Duft der Provence: Garrigue und Waldbeeren prägen die Assemblage von Winzer und Kellermeister Erik Bergmann. Passt gut zu Huhn mit gerösteten Cashewkernen und Oliven, Eintopfgerichten und Hartkäse.

Bonarossa
Umsäumt von Orangen-, Mandarinen- und Olivenbäumen, herrlich duftenden Kräutergärten und blühender Flora in den Rebgassen, verströmen die Weinberge von Massimo Maggio auf Sizilien Natur pur. Der elegante, geschmeidige Nero d‘Avola ist ein perfekter Pasta-Wein.

Vinya Laia
Die Magie dieser Ikone von Biopionier Josep Maria Albet i Noya aus Spanien begeistert mit seinem südlichen Charme Delinat-Weinliebhaber seit über 20 Jahren. Ein Vergnügen zu Hähnchen mit Kartoffelpüree, Linseneintopf und katalanischen Kichererbsen.

La Luna del Rospo Bric Rocche
Die besten Trauben im wilden Naturparadies von Renate Schütz stammen von über 50 Jahre alten Rebstöcken der Spitzenlage Bric Rocche. Daraus entsteht dieser elegante, fruchtige und aromatische Barbera. Harmoniert ausgezeichnet mit Ossobuco, Polenta und Pecorino.

Roches d‘Aric
Möglichst viel der Natur überlassen, lautet die Devise von Jean und Anne Lignères auf ihrer Domaine im Languedoc. Dafür werden sie mit ausdrucksstarken, wuchtigen und finessenreichen Weinen belohnt. Harmoniert bestens mit Lamm, Ratatouille und Cassoulet (Bohneneintopf).

Der Rebschnitt

Im Kampf um Licht klettern wilde Reben in die Höhe, um sich mit ihren Ranken an Bäumen festzuklammern. Die obersten Augen treiben am besten aus, was die Entwicklung der sich dort bildenden Triebe begünstigt, während die Basis langsam verkahlt. Diese Vorherrschaft der Triebspitzen nennt man Apikaldominanz. Gesteuert wird sie durch Hormone. Dieses Verhalten ist unserer Ertragsrebe erhalten geblieben. Möchte ein Winzer einen Weinberg sinnvoll bewirtschaften, muss er durch das Erziehungssystem und den Rebschnitt dieser Apikaldominanz entgegenwirken.

Der Rebschnitt findet im Winter statt, wenn die Rebe noch ruht. Beim Rebschnitt werden die verholzten Triebe des Vorjahrs (einjähriges Holz) je nach Erziehungssystem geschnitten. Bei der Spaliererziehung beispielsweise bleiben eine oder zwei Ruten stehen. Diese werden später gebogen und an einen Draht gebunden. Aus den Winteraugen dieser Ruten wachsen dann im Frühjahr die neuen Triebe, welche die Trauben für die Lese im Herbst tragen.

Josep Maria Albet i Noya beim Rebschnitt.
Josep Maria Albet i Noya beim Rebschnitt.

Durch die beim Rebschnitt festgelegte Anzahl Winteraugen entscheidet der Winzer schon vor der Vegetationsperiode über die Zahl der sich bildenden Triebe und somit über den Ertrag. Triebe, die aus dem mehrjährigen Holz austreiben, nennt man Wasserschosse. Diese tragen keine Frucht, können aber dazu dienen, den Rebstock für kommende Jahre zurückzuschneiden und wieder in Form zu bringen.

Wenn es zu keinen Beschädigungen durch äussere Einflüsse kommt (wie z.B. Frost), kann man davon ausgehen, dass 80 bis 95 Prozent der Winteraugen austreiben. Die Zahl und die Grösse der Gescheine eines solchen Triebes sind vielfältigen Einflüssen unterworfen. So spielen beispielsweise die erbliche Veranlagung der Rebe sowie die Temperatur- und Belichtungsverhältnisse vom Vorjahr eine wichtige Rolle.

Natürlich muss der Winzer darauf achten, dass die Anzahl der belassenen Winteraugen der Wuchskraft des Stockes angepasst ist. Nur eine Rebe, die im Gleichgewicht ist, bringt auch die Trauben zur Reife. Ist die Zahl der Augen zu hoch, bilden sich viele Triebe und somit Trauben, was zu einer Überforderung und somit zu einer nachlassenden Wuchskraft führen kann. Ein Rebstock kann aber auch unterfordert sein. Die Triebe werden zu mastig, das Zellgewebe zu weich. Dadurch können Pilze leichter eindringen. Ausserdem kann das Mostgewicht in den Trauben zu hoch werden, während die physiologische Reife noch nicht erreicht ist, was zu unharmonischen Weinen führt.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Faktoren sollte der Weinbauer beim Rebschnitt schon den «fertigen» Wein im Kopf haben. Soll ein einfacher, leicht zu trinkender Wein entstehen, so ist mehr Ertrag erwünscht als bei einem komplexen, kräftigen Wein. Ein guter Wein verlangt nach viel Fingerspitzengefühl – und das schon beim Rebschnitt.

Auf ein Glas mit Hans-Peter Dreier

Delinat legt nicht nur im Weinberg, sondern auch beim Transport grossen Wert auf Ökologie und Nachhaltigkeit. Für die Weintransporte aus den wichtigsten Weinländern Europas besteht eine Zusammenarbeit mit der Dreier AG. Bei einem Glas Wein am Firmensitz in Suhr verriet CEO Hans-Peter Dreier seine Vision von einem nachhaltigen Transport.

Hans-Peter Dreier, welche Beziehung haben Sie zum Wein?
Hans-Peter Dreier: Bei uns hiess es immer: Wer trinkt, fährt nicht! Und weil ich schon in jungen Jahren viel gefahren bin, habe ich zwar schon früh Wein transportiert, aber nicht getrunken. Das hat mir einst bei den französischen und spanischen Fahrern den Spitznamen «Mister Seven Up» eingetragen. Erst etwa mit 40 Jahren habe ich dann angefangen, gelegentlich Wein zu trinken. Heute schätze ich ein Glas guten Wein. Etwas Alltägliches ist es für mich aber auch heute nicht.

Als grosser Transport- und Logistikunternehmer sind Sie wohl oft mit dem Image eines Umweltverpesters konfrontiert. Wie gehen Sie damit um?
Der umweltfreundlichste Transport ist der Nichttransport. Nur hat in diesem Fall der Konsument nichts auf dem Tisch. Wir transportieren ja nur, was verlangt wird, und das möglichst ökologisch. Bereits 1988 haben wir mit dem kombinierten Verkehr Strasse/Schiene begonnen, deshalb trifft uns kein negatives Image.

Dreier AG: Transport auf der Schiene

Sie betonen, Dreier sei ökologisch unterwegs. Was heisst das konkret?
Wir verwenden gerne das Wort «ökologistisch». Wir arbeiten nach dem Grundsatz: kurze Strecken auf der Strasse, lange Strecken auf der Schiene! Wo immer möglich und machbar setzen wir auf die Bahn. Das gilt auch auf relativ kurzen Strecken innerhalb der Schweiz. Gleichzeitig achten wir bei unseren Fahrzeugen auf neuste Technologie. Da sind in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte gemacht worden. Ökologie ist für uns kein Marketing-Gag, wir haben sie seit 1988 in unserer DNA.

«Bis 2025 dürften in der Schweiz über
1000 Wasserstoff-LKWs unterwegs sein.»

Delinat hat die Dreier AG als Transporteur ausgewählt, weil das Unternehmen für die wichtigsten Weinländer auf den kombinierten Verkehr setzt. Heute funktioniert diese Art des Transports international nur noch mit Italien und Deutschland. Weshalb mit Spanien und Frankreich nicht mehr?
Früher hatten wir Bahnverbindungen über Frankreich nach Spanien. Das ist seit Jahren leider nicht mehr der Fall. Es begann mit einem Lokführer- oder Lokmangel in Frankreich. Dann brachen mit der Finanzkrise 2009 Volumen weg. Es hat aber auch mit dem geänderten Warenfluss zu tun. Von der Schweiz wird nur noch wenig Ware nach Spanien exportiert, was dazu geführt hat, dass der kombinierte Verkehr plötzlich nicht mehr angeboten wurde. In Deutschland und Italien ist dieses Angebot viel besser ausgebaut und die Qualität stimmt.

Hans-Peter Dreier, CEO Dreier AG
Transportunternehmer Hans-Peter Dreier setzt auf den kombinierten Verkehr Strasse/Schiene. Für lange Transporte auf der Strasse sieht er die Zukunft bei Wasserstofffahrzeugen.

Persönlich
Hans-Peter Dreier (Jahrgang 1960) ist in Suhr AG geboren und aufgewachsen. Nach einer kaufmännischen Lehre und mehreren Auslandaufenthalten hat er in Olten Betriebswirtschaft studiert.

1985 ist er ins Familienunternehmen eingestiegen. Seit 1994 führt er die Dreier AG. Für das ökologisch ausgerichtete Transport- und Logistikunternehmen aus Suhr sind an verschiedenen Standorten in Europa und Nordafrika über 600 Mitarbeitende sowie 290 LKW und 650 Wechselbrücken im Einsatz. Für Delinat transportiert das Unternehmen Weine von Winzern in Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland via Schiene und Strasse ins Zentrallager in Grenzach.

Hans-Peter Dreier ist mit seiner langjährigen Partnerin verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn. In seiner Freizeit unternimmt er gerne Reisen in unterschiedliche Länder oder ist in den Schweizer Bergen unterwegs.

Die Ansprüche von Delinat an Logistik und Transport wachsen ständig. Wohin geht die Reise in diesen Bereichen?
Die Motorentechnologie für den Strassentransport ist schon weit fortgeschritten, geht aber noch weiter. Die zulässigen Schadstoffwerte werden immer stärker gesenkt, aber irgendwann ist das Potenzial bei Verbrennungsmotoren ausgeschöpft. Als Alternativen gibt es heute zwei Tendenzen. Zum einen kommen Elektrofahrzeuge auf den Markt. Die Herausforderung sind hier die derzeit eher bescheidenen Reichweiten. Elektro-LKWs werden sich in den nächsten Jahren vor allem im Bereich der Citylogistik mit Tagesdistanzen bis zu 300 Kilometern durchsetzen. Im Langstreckenbereich sehe ich einen Durchbruch bis Ende Jahrzehnt eher bei der Wasserstofftechnologie. Diese erlaubt einen CO2-neutralen Transport. Der Start in der Schweiz ist mit ersten immatrikulierten LKWs gelungen. Bis 2025 dürften über 1000 Wasserstoff-LKWs unterwegs sein.

Ist ein Umstieg der ganzen Fahrzeugflotte auf diese neuen Technologien für eine Transport- und Logistikfirma überhaupt verkraftbar?
Bei uns ist es so, dass wir jedes Jahr mindestens 30 Fahrzeuge ersetzen müssen. Das geschieht immer durch Fahrzeuge, die ökologische Bestwerte erzielen. Eine Flottenerneuerung geschieht nicht von einem Tag auf den andern, sondern ist ein ständiger Prozess. Wichtig ist aber auch, dass zum Beispiel Wasserstofffahrzeuge, deren Technologie heute noch sehr teuer ist, vorderhand von Schwerverkehrsabgaben befreit bleiben, damit sich ein Umstieg finanzieren lässt, bis es Standardfahrzeuge sind.

Eine Vision, wie die Delinat-Weine im Jahr 2030 von den Winzern zu den Konsumenten gelangen könnten?
Persönlich hoffe ich, dass der kombinierte Verkehr zu einem adäquaten Preis so vielfältig ist, dass alle Länder Europas miteinander verbunden sind. Sollte diese Vision nicht klappen, streben wir mit Wasserstofffahrzeugen einen CO2-neutralen Transport an.

Bei welchen Gelegenheiten öffnen Sie eine gute Flasche?
Im Freundeskreis, in genussvollen Momenten, bei einem schönen Essen im privaten Kreis.

Wo liegen Ihre Präferenzen?
Ich mag vor allem gehaltvolle spanische Rotweine.

Wie gut kennen Sie die Delinat-Weine und wie gefallen sie Ihnen?
Mein Vater ist mehr Weinkenner als ich. Er kennt das Delinat-Sortiment gut und nutzt es auch gerne für Kundengeschenke. Die Feedbacks sind immer sehr positiv. Also greifen wir selber ebenfalls gerne auf solche Tropfen zurück.

Weintipp von Hans-Peter Dreier

Albet i Noya Reserva Marti

Durch meine früheren LKW-Fahrten nach Spanien ist eine spezielle Beziehung zu diesem Land und seinen Weinen geblieben. Der Reserva Martí ist samtig weich und überzeugt durch schöne Fruchtnoten. Dieser Wein harmoniert für mich auch gut mit einem Stück Schweizer Schokolade. Eine wunderbare Symbiose Spanien/Schweiz. Was will man mehr?

Albet i Noya Reserva Martí
Penedès DO 2015
www.delinat.com/albet-i-noya-reserva-marti

Weise würzen

Hier fehlt Salz. Zu wenig rassig. Überwürzt. Zahlreich sind die Fehlgriffe in der Küche. Zwar gut gemeint: Mit Gewürzen bereichern wir Speisen. Doch mit welchen und wie viel?

Unser Geschmackssinn reagiert auf süss, sauer, bitter, salzig und umami. Doch unser Gaumen empfindet noch mehr: Reize des Trigeminusnervs wie kalt, heiss, scharf; oder weich, hart, samtig, rau – beispielsweise durch die Textur einer Speise. Allein mit diesem Gaumengefühl kann eine Speise ganz schön beeindrucken. Eindrücke, die wir mögen, fördern wir beim Zubereiten einer Speise; andere vermeiden wir. Doch obendrauf kommt noch ein Strauss von Aromen, die den Riechkolben in unserer Nase umwehen mit direktem Draht zum Riechhirn. Gerüche sprechen direkt unser Gefühlszentrum an und lösen Reaktionen aus: Speichelfluss, Appetit, aber auch Erinnerungen an frühere Dufterlebnisse.

Genuss vom Baum

Möglichst viel ist beim Würzen ebenso verkehrt wie sonst im Leben. Ich mag Lebensmittel von höchster Qualität mit so viel Eigengeschmack, dass würzen gar nicht nötig ist. Ich beisse in einen Apfel, es kracht. Wohl kaum käme ich auf die Idee, den Apfel mit Zimt zu bestreuen. Ich geniesse die Aromen des Fruchtfleisches, den herben Geschmack der Schale. Und doch hat Würzen einen Sinn.

Aromenträger

Olivenöl ist ein wichtiger Aromenträger

Alkohol, Öl, Fett und Essig binden Aromen im Gericht, sodass sie beim Kochen nicht verduften. Zudem bereichern sie die Gerichte oft auch durch ihre eigenen Aromen: Wein bringt als Würze vor allem Säure und eventuell Süsse ins Gericht, dazu einen Strauss von Aromen.

Harmonie oder Kontrast

Beim Würzen muss ich mir überlegen: Will ich den Eigengeruch einer Speise unterstreichen – oder mit einem Gewürz einen Kontrapunkt setzen. Im Buch «aroma essenziell» von Vierich/Vilgis wird das als Food Pairing und Food Completing bezeichnet. Der Physiker Thomas Vilgis befasst sich mit molekularer Lebensmittelwissenschaft. Er unterscheidet acht Aromagruppen. Duftstoffe der gleichen Gruppe harmonieren miteinander, das typische Aroma dieser Gruppe wird verstärkt. Düfte verschiedener Gruppen erweitern den Geruchseindruck, ja sie können gar Spannung erzeugen.

Gewürze googeln

Rosmarin

Wie erkennen wir, zu welcher Aromagruppe ein Gewürz gehört? Am einfachsten googelt man die Inhaltsstoffe. Mit der Zeit vergrössert sich unser Aromawissen. So lernen wir, dass der Aromastoff Estragol nicht nur in Estragon vorkommt, sondern auch in Kerbel, Basilikum, Anis und Fenchel. Viele Kombinationen haben sich auch in Jahrzehnten etabliert und sind fester Bestandteil der klassischen Küche: Anis im Weihnachtsgebäck, Dill und Gurke, Orange und Ente, Steinpilz und Risotto. Der beste Lehrmeister ist die Praxis; einfach probieren: Verstärkt das Gewürz den Eigengeschmack beziehungsweise den Eigengeruch der Speise? Oder setzt es einen neuen Akzent? Nicht jeder Gaumen und jeder Riechkolben reagiert gleich. Auf diesen Seiten finden Sie vier Beispiele zum Ausprobieren – mit einer Weinempfehlung dazu. Weise kombinierte Gewürze sowie neue Geruchseindrücke sind immer spannend. Und: Neues erhält jung, macht neugierig auf mehr.

Rezepte

Bulgur

Bulgur mit Weisswein
Bulgur
Unterstützend: Pinienkerne, Salz
Kontrapunkt: getrocknete Aprikosen, Kardamom
Ein vielseitiges Gericht, kalt oder warm, als Beilage zu Gemüse, Fisch und Fleisch
Der Wein dazu: Saxum Verdejo, eine Geruchsexplosion, dazu der würzig-mineralische Geschmack, perfekt.

Zutaten (für 4 Personen):
200 g Bulgur (grob für Salat oder als Beilage, fein für Bratlinge)
400 ml Wasser
½ TL Salz
1 EL Pinienkerne, geröstet
2 EL getrocknete Aprikosen, fein gewürfelt
½ TL Kardamom, fein gemahlen

Zubereitung (gemäss Hinweis auf der Verpackung, oder):
Bulgur in Sieb geben und kalt abspülen. In eine Schüssel geben und mit kochendem Wasser übergiessen. Salz und Aprikosen beifügen und zugedeckt ausquellen lassen, bis alles Wasser aufgesogen wurde. Pinienkerne und Kardamom untermischen.

Tipp: Mit einem Glas Saxum Verdejo geniessen.

Pastasauce aus getrockneten Tomaten

getrocknete Tomaten mit Rotwein
Tomaten, getrocknet
Unterstützend: Kapern, Tomatenpüree, Salz
Kontrapunkt: Orangenschale
Eine ungemein würzige Sauce zu Pasta.
Der Wein dazu: Coltibuono, ein reiner Sangiovese, leicht pfeffrig, ideal zur Pasta.

Zutaten (für 4 Personen):
10 halbe, getrocknete Tomaten, in feine Streifen geschnitten
1 EL Kapern
2 EL Tomatenpüree verdünnt mit 50 ml Wasser
Salz
Schalenabrieb einer halben Orange

Zubereitung:
Tomaten, Tomatenpüree und Salz 10 Minuten köcheln. Kapern daruntermischen. Mit Pasta nach Wahl mischen und in heissen, tiefen Tellern anrichten. Mit Orangenschalenabrieb bestreuen.

Tipp:
Mit einem Glas Coltibuono geniessen.

Püree von weissen Bohnen

Püree von weissen Bohnen mit Rotwein
Püree von weissen Bohnen
Unterstützend: Olivenöl, Parmesan
Kontrapunkt: Lorbeer
Als Dip, Crostini-Aufstrich oder Beilage zu Kaninchenbraten
Der Wein dazu: Pastoret, ein typischer Spanier mit einem Hauch Süsse, dazu Beeren und Gewürzduft.

Zutaten (für 4 Personen):
200 g getrocknete weisse, grosse Bohnen
50 ml Olivenöl
50 g sehr fein geriebener Parmesan Reggiano
1 Lorbeerblatt
½ TL Salz

Zubereitung:
Bohnen 12 Std. in kaltem Wasser einweichen, abgiessen. In einer Pfanne die Bohnen mit 600 ml Wasser und dem Lorbeerblatt (ohne Salz!) langsam garköcheln. Abgiessen und ohne Lorbeerblatt in die Pfanne zurückgeben. Salz, Parmesan und Olivenöl dazugeben und mit dem Stabmixer fein pürieren.

Tipp:
Mit einem Glas Pastoret geniessen.

Huhn mit Cashewkernen und Oliven

Huhhn mit Cashew, Oliven und Rotwein
Huhn
Unterstützend: Cashew, Oliven
Kontrapunkt: Zitronenschale, Estragon
Geschnetzeltes vom Huhn, dazu passt ein roter Vollreis.
Der Wein dazu: Duvivier Les Hirondelles, der Duft der Provence: Garrigue und Waldbeeren

Zutaten (für 4 Personen):
600 g Hühnerbrust, in kleine Würfel geschnitten
50 g Cashewkerne, geröstet
16 grüne Oliven
Schalenabrieb einer halben Zitrone
1 TL getrockneter Estragon, leicht zerrieben
Salz
3 EL Olivenöl

Zubereitung:
Huhn in einer beschichteten Pfanne mit 1 EL Olivenöl braten. Salz, Oliven, Cashewkerne und Estragon beifügen, gut mischen und in heissen Tellern servieren. Zitronenschalenabrieb darüberstreuen.

Tipp:
Mit einem Glas Duvivier Les Hirondelles geniessen.