«Die Natur kennt keine Monokultur»

Die Begrünung ist ein zentrales Element der Biodiversität im Rebberg. Der deutsche Ökoweinbauberater Matthias Wolff gehört zu den gefragtesten Experten für Weinbergbegrünung. Im Interview verrät er, worauf es ankommt und was sie bewirkt.

Matthias Wolff, weshalb soll ein Weinberg begrünt sein?
Matthias Wolff: Weil die Natur keine Monokulturen kennt. Natur bedeutet Vielfalt, Mischkultur. Ein idealer Pflanzenteppich in den Gassen zwischen den Rebzeilen stellt eine Wurzel- und Blütenvielfalt dar. Das ist gut für das Bodenleben und den Insektenreichtum. Beides begünstigt ein natürlich funktionierendes Ökosystem.

Matthias Wolff
Matthias Wolff

Sind Begrünungen auch in heissen und trockenen Südregionen möglich und sinnvoll?
Es gibt Einschränkungen für Regionen mit geringen Niederschlägen. Bei 500 Millimeter oder weniger pro Jahr muss man sich spezielle Lösungen überlegen. Gerade im Weinbau gibt es längere Zeitspannen, wo die Rebe kein Wasser braucht. Ausgeprägt ist das etwa während der Winterruhe der Fall. In solchen Zeiträumen kann man eine Begrünung wachsen lassen, um dann in der niederschlagsarmen Vegetationszeit wenn nötig teilweise darauf zu verzichten. In diesem Fall sollte man den Boden aber mit Stroh oder mit der gemulchten oder gewalzten Winterbegrünung abdecken.

Weshalb wird oftmals nicht der ganze Weinberg begrünt, sondern bloss jede zweite oder dritte Gasse?
Das hängt meist mit dem Wassermanagement zusammen. Wenn ich pro Jahr 700 und mehr Millimeter Niederschlag habe, kann ich alle Gassen ganzjährig begrünen, ohne mir Gedanken über möglichen Trockenstress für die Rebe zu machen. Bezüglich Bodenfruchtbarkeit, Humusaufbau, Biodiversität und Erosionsschutz ist die ganzflächige und ganzjährige Begrünung optimal. Wenn hingegen die Wasserreserven begrenzt sind, kann die sommerliche Begrünung in nur jeder zweiten oder dritten Gasse eine akkurate Lösung sein.

Matthias Wolff ist seit 1991 für den Beratungsdienst ökologischer Weinbau in Freiburg im Breisgau tätig. Dem Verein gehören rund 200 Winzer vorab aus Baden-Württemberg an. Die Beratungen des ausgewiesenen Experten für Bodenfruchtbarkeit, Weinbergbegrünung und Pflanzenschutz im biologischen Weinbau sind auch im Ausland gefragt.

Begrünte Böden brauchen also mehr Wasser als unbegrünte?
Nicht zwingend. Jeder Fall muss individuell beurteilt werden. Offene, nackte Böden erwärmen sich schneller und haben dadurch eine höhere Verdunstung. Ein Boden, der beispielsweise mit einer niedergewalzten Begrünung bedeckt ist, hat vielfach einen wesentlich geringeren Wasserverbrauch. Aber das ist in der Praxis leider noch nicht richtig durchgedrungen und stösst manchmal auch auf Ungläubigkeit.

Mittlerweile sind viele Weinberge begrünt, auch konventionell bewirtschaftete. Ist begrünt immer gut, oder gibt es da Unterschiede?
Da gibt es ganz klare Unterschiede. Ich unterscheide zwischen der Begrasung, die fast nur aus Gräsern besteht, und der Begrünung mit Kräutern, Blumen und Leguminosen wie Klee, Wicken, Ackerbohnen und Erbsen. Gräser haben die Eigenschaft, dass sie für die Reben eine viel grössere Wasser- und Nährstoffkonkurrenz darstellen als eine Begrünung, die mehrheitlich aus Kräutern und Leguminosen besteht.

Ist letztlich nicht jede Begrünung irgendwie auch eine Konkurrenz zur Rebe?
Es gibt genügend Pflanzen wie die erwähnten Leguminosen, die in der Lage sind, aus der Luft Stickstoff zu sammeln und so an die Rebe abzugeben, dass man den Stickstoffdüngersack getrost weglassen kann. In trockenen Regionen ist die Gefahr von Nährstoffkonkurrenz grösser. Aber auch hier lässt sich das Problem mit einer optimalen Pflanzenauswahl und dem gezielt gewählten Zeitraum der Begrünung gut lösen.

Eine Standardbegrünung für alle Weinberge gibt es demnach nicht?
Nein, die gibt es nicht. Die Begrünung muss auf die Region, den Boden und das Klima abgestimmt sein. Überall kann man dabei auf gewisse Erfahrungswerte zurückgreifen. Wegen des herrschenden Klimawandels sind wir aber auch gezwungen, immer wieder auszuprobieren, welche Pflanzen sich eignen und keine Konkurrenz zur Rebe darstellen.

Bekannt sind Ihre «Wolff-Mischungen». Wie viele gibt es davon?
Es gibt eine Grundmischung, die ich seinerzeit für meine rund 200 Winzer zusammengestellt habe, die ich berate. Diese Winzer kommen mehrheitlich aus Baden-Württemberg und arbeiten auf eher alkalischen Böden mit hohem pH-Wert. Zusätzlich habe ich eine zweite Spielart für südliche Regionen kreiert, wo die Böden eher sauer sind. Pflanzen haben ja ganz bestimmte Standortansprüche, insbesondere muss auch der pH-Wert berücksichtigt werden. Ich verstehe meine Mischungen als Grundlage, die man individuell anpassen kann.

Wie wichtig ist die Begrünung als Element der von Delinat zur obersten Maxime erklärten Biodiversität?
Sehr wichtig. Im biologischen Weinbau verträgt es meiner Meinung nach keine Monokultur. Wenn ich mit einer Begrünung zu einer Mischkultur beitrage, ist das eine gute Möglichkeit, die Biodiversität zu verbessern.

begruenung-wolff

Gibt es auch Nachteile einer Begrünung?
Nein, sofern ich keine Fehler mache in der Auswahl der Pflanzen. Aber man kann eben auch Fehler machen. Wenn ich stark zehrende Pflanzen für humusarme Böden wähle, kann die Begrünung zur unnötigen Konkurrenz für die Rebe werden. Oder wenn ich auf gut versorgten Böden stickstofffördernde Pflanzensamen aussähe, kann es zu einer Überversorgung der Rebe mit Stickstoff und somit zu Fäulnis bei Trauben kommen.

Wie kommt der Winzer zum ganz spezifischen Begrünungswissen für seine Böden?
Einfach und wirkungsvoll ist gutes Beobachten. Als Winzer habe ich es nur mit einer Kultur zu tun, das ist die Weinrebe. Diese Pflanze muss ich beobachten, ich bin ihr Hirte, betreue sie. Einer Rebe sieht man sehr genau an, wie es ihr geht. Ob sie Wassermangel hat oder ob Nährstoffmangel vorliegt. Hilfreich sind aber auch Bodenanalysen. Über das Begrünungsmanagement, das auf dem Beobachten und allenfalls auf Bodenanalysen basiert, habe ich als Winzer genügend Möglichkeiten, einzugreifen.

Wirkt sich eine Bodenbegrünung in irgendeiner Art und Weise auch auf den Wein aus?
An eine direkte Auswirkung glaube ich nicht. Aber wenn ich mittels Begrünung die Bodenfruchtbarkeit so verbessere, dass die Wurzeln der Rebe sich vielfältiger und optimaler entwickeln, kann ich Begriffe wie «Terroir» ernst nehmen. Im Sinne von Terroir kann sich die Begrünung also indirekt auf den Weingeschmack auswirken.

Wie definieren Sie Terroir?
Zum Terroir gehören die Eigenschaften des Bodens, das regionale Klima, das Jahresklima, aber auch die Arbeit des Winzers. Meiner Meinung nach ist Terroir nur im biologischen Weinbau möglich. Reben, die mit wasserlöslichem Stickstoff ernährt werden, sind nicht in der Lage, Terroir auf den Wein zu übertragen. Die Rebe muss von sich aus eine Verbindung zum Boden und zum Bodenleben aufbauen. Nur so können die Böden einen konkreten und spürbaren Einfluss auf den Wein haben. Aber auch das Tun und Lassen des Winzers darf man diesbezüglich nicht unterschätzen.

Winzerseminar zur Begrünung

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Zur Förderung der Biodiversität und eines funktionierenden ökologischen Kreislaufs im Rebberg verlangen die strengen Delinat-Richtlinien eine gezielte, möglichst ganzflächige und ganzjährige Begrünung der Weinbergböden. Die optimale Begrünungsstrategie stellt für jeden Winzer eine grosse Herausforderung dar, weil sie sich von Region zu Region unterscheidet und von vielen Faktoren abhängig ist.

Am diesjährigen Delinat-Seminar für deutschsprachige Winzer auf dem Weingut Zur Römerkelter an der Mosel stand das Thema Begrünung im Fokus. Hauptreferent war der deutsche Ökoweinbauberater Matthias Wolff, der europaweit als Koryphäe für die Spezialgebiete Bodenfruchtbarkeit, Weinbergbegrünung und biologischer Pflanzenschutz gilt.

Auf ein Glas mit… Simone Niggli

Simone Niggli gilt nicht nur als weltbeste Orientierungsläuferin aller Zeiten, sie ist auch eine überzeugte Botschafterin für biologische Produkte und gesunde Ernährung. Die Biologin und ehemalige Spitzensportlerin war im Delinat-Weindepot Bern auf ein Interview bei einem Glas Wein zu Gast.

Wie erklären Sie jemandem, der keine Ahnung hat, in zwei Sätzen, was Orientierungslauf ist?
Simone Niggli: Es geht darum, draussen in der Natur auf einem vorgegebenen Parcours per Karte mehrere Posten anzulaufen. Das Wichtigste dabei ist, die Balance zwischen schnellem Rennen und Kartenlesen zu finden.

Simone Niggli
Beim OL-Wettkampf im Wald.

Als x-fache Welt- und Europameisterin haben Sie haufenweise Goldmedaillen gewonnen. Da gibt es eine Gemeinsamkeit mit Delinat- Weinen, die auch immer wieder Gold holen. Was bedeuten Ihnen solche Medaillen?
Sie sind eine schöne Belohnung für etwas, auf das man intensiv hingearbeitet hat. Jede meiner Medaille hat ihre Geschichte, die mit einer unvergesslichen Erinnerung verbunden ist. Deshalb liegen sie auch nicht in einem Tresor, sondern sind bei uns im Büro an der Wand aufgehängt. Und sie sind ein beliebtes Spielzeug für unsere Kinder.

Persönlich

Simone Niggli-Luder, 1978 in Burgdorf geboren, gilt als beste Orientierungsläuferin aller Zeiten. Bis zu ihrem Rücktritt 2013 gewann sie 23 Weltmeister- und zehn Europameistertitel sowie neunmal den Gesamtweltcup. In den Jahren 2003, 2005 und 2007 wurde sie zur Schweizer Sportlerin des Jahres gewählt. Sie lebt zusammen mit ihrem Mann Matthias Niggli und ihren drei Kindern in Münsingen bei Bern.

Der OL-Sport liegt ihr weiterhin am Herzen. Nach Lust und Laune ist sie weiterhin aktiv an Wettkämpfen mit Kompass und Karte unterwegs. Sie betreut verschiedene Athletinnen und wirkt als Event Director bei der Organisation der OL-Junioren-Weltmeisterschaften 2016 im Engadin mit. Darüber hinaus engagiert sie sich als Botschafterin für verschiedene gemeinnützige Organisationen. So etwa für Biovision, eine Stiftung für ökologische Entwicklung.

Worauf führen Sie Ihre grosse Überlegenheit während Ihrer aktiven OL-Karriere zurück?
Da kann ich keine abschliessende Antwort geben. Sicherlich hat bei mir das Zusammenspiel von Kartenlesen und Rennen sehr gut gepasst, und ich konnte mich immer sehr schnell auf verschiedene Geländetypen einstellen. Ein ganz grosses Plus bei mir waren aber sicher meine Freude und die Motivation für den OL-Sport, die bis heute geblieben sind.

«Ich finde es gut, dass es biologische
Weine wie jene von Delinat gibt.»

Welche Rolle spielte die Ernährung?
Die Ernährung ist ein Puzzleteil vom Ganzen. Ich musste allerdings nicht gross umstellen, als ich auf Spitzensport gesetzt habe, denn ich hatte das Glück, schon von meinen Eltern eine gesunde, ausgewogene Ernährung mitbekommen zu haben.

Sport und Wein – verträgt sich das?
Wie bei allen Genussmitteln ist es eine Frage des Masses. Es heisst ja, ein Glas Wein soll gesund sein. Auch während meiner Sportkarriere hatten ein Schluck Wein oder ein paar Süssigkeiten Platz. Vielleicht nicht am Vorabend eines Wettkampfs, obwohl das vielleicht gar nichts ausgemacht hätte. Das war halt Einstellungssache.

Simone Niggli degustiert im Weindepot Bern ein paar Delinat-Weine.
Simone Niggli degustiert im Weindepot Bern ein paar Delinat-Weine.

Worauf achten Sie beim Kauf von Lebensmitteln?
Ich schaue vor allem auf saisongerechte, regionale Produkte. Biologische sind mir auch wichtig, ich kaufe aber nicht ausschliesslich solche. Wenn ich etwa zwischen biologischen Äpfeln aus Argentinien oder nicht biologischen aus der Region entscheiden muss, hat das Regionale eher Vorrang.

Was kommt bei Ihnen auf den Familientisch?
Beim Essen sparen wir in unserer Familie nicht. Hier ist Vielfalt Trumpf, auch wenn das den Kindern nicht immer gefällt. Ich finde es aber wichtig, sie mit einer möglichst vielfältigen, gesunden Kost vertraut zu machen. Fleisch gibt es eher wenig, Vegetarier sind wir aber nicht. Wichtig ist, dass beste Produkte auf den Tisch kommen. Vor allem bei Gemüse, Fleisch, Eiern und Milch aus der Region achte ich auf Bio. Ich finde es auch gut, dass es biologische Weine wie jene von Delinat gibt, damit Weinliebhaber die Wahl haben.

Bei welcher Gelegenheit trinken Sie ein Glas Wein?
Mein Mann und ich öffnen selten eine Flasche Wein. Aber zu einem schönen Essen mit Freunden finde ich Wein etwas sehr Feines.

«Auch während meiner Sportkarriere hatten ein
Schluck Wein und ein paar Süssigkeiten Platz.»

Wo liegen Ihre Vorlieben?
Bei eher leichten, etwas süsslichen Rotweinen.

Kannten Sie Delinat, bevor wir Sie für dieses Interview angefragt haben?
Ehrlich gesagt, nein. Erstens bin ich keine Weinkennerin, und zweitens haben wir in unserem sehr kleinen Weinkeller viele geschenkte Weine. Zudem habe ich ein Umfeld, das sich beim Wein besser auskennt als ich.

Gleichwohl haben Sie für die WeinLese zugesagt, obwohl Sie sicher noch immer jede Menge Interviewanfragen erhalten. Weshalb?
Weil ich mich gerne für biologische Produkte und eine gesunde Ernährung einsetze. Ich versuche das auch an meine Kinder weiterzugeben.

Weintipp Simone Niggli

2874.09Die aromatische Fruchtsüsse und die schöne Ausgewogenheit gefallen mir beim Vale de Camelos Reserva besonders gut. Ein sehr feiner Tropfen, der Erinnerungen an eine Region weckt, die ich aus meiner Sportkarriere kenne. Das Alentejo habe ich mehrmals im Frühling als schöne und ideale Gegend für den OL-Sport erlebt.

Vale de Camelos Reserva
Vinho Regional Alentejano 2013
www.delinat.com/2874.13

 

Riesling trifft Asien

Einen Riesling kann man solo geniessen, auch schon zum frühen Aperitif. Man kann ihn als Begleiter zu Fisch kredenzen, je nach Art des Rieslings und der Zubereitung des Fisches. Käse ist eine Variante – am besten zu gereiftem Hartkäse. Den grössten Spannungsbogen zum Riesling schlägt aber die asiatische Küche. Dort, wo viele zum Bier greifen, empfehle ich gerne einen Riesling.

riesling-asien

Riesling! Für mich die weisse Rebsorte schlechthin. Warum? Ganz einfach: Es gibt kaum eine andere Traubensorte, die eine so klare Typizität ins Glas bringt und doch so vielfältig ist. Ihre Aromatik erinnert an Pfirsich sowie grünen Apfel und Zitrusaromen. Und dann diese Säure: frisch, knackig und vor allen Dingen viel – da kommen schon mal 10 g/l Säure zusammen. Besonders die Äpfelsäure explodiert im Gaumen und hinterlässt einen nicht enden wollenden Speichelfluss, der mit dem nächsten Schluck gestillt werden möchte. Suchtfaktor! Etwas Restzucker darf es in diesem Fall auch sein, und schon ist die Balance im Gaumen perfekt.

Vielschichtiger Wein zu facettenreicher Küche

Riesling wächst auf unterschiedlichen Böden und spiegelt diese perfekt wider. Durch gekonnten Ausbau entstehen Weine mit Charakter, Finesse und unterschiedlicher Stilistik. All das macht den Riesling für mich auch zu einem perfekten Essensbegleiter zu verschiedenen asiatischen Gerichten, die längst fester Bestandteil in europäischen Küchen sind. Auch hier herrschen Leichtigkeit, Frische und Aromenvielfalt. Die Zutaten sind immens und variabel zu kombinieren: Austernsauce, Chili, Curry, Ingwer, Limetten, Kokosmilch, Koriander, Minze, Sesamöl, Sichuan-Pfeffer, Sojasauce, Wasabi, Zitronengras und vieles mehr.

Spielraum bei der asiatischen Küche

Beim Wine and Food Pairing, im konkreten Fall also bei der Kombination von Riesling und asiatischer Küche, sollte man Folgendes beachten: Der Wein ist ein fertiges Produkt, das sich nur durch Lagerung und Reifung verändert. Die Speisen hingegen können durch die Anpassung der Rezeptur bzw. der Inhaltsstoffe verändert werden. So kann man mit den oben genannten, geschmacksprägenden Komponenten der asiatischen Küche spielen und diese variabel einsetzen. Letztlich ist die Vermählung von Wein und Speisen aber Geschmackssache. Jeder von uns hat bestimmte Vorlieben, die in der frühen Kindheit und Jugend geprägt werden. Zum Geschmack kommt mit den Jahren noch die Leidenschaft. Es gibt Menschen, denen geht die Leidenschaft unter die Haut, und sie lassen sich zum Beispiel die Namen ihrer Liebsten auf verschiedene Körperteile tätowieren. An der Mosel traf ich einst einen Weinverkäufer, auf dessen Unterarm der Schriftzug RIESLING prangte. So weit geht meine Liebe allerdings nicht, mir reicht ein guter Riesling im Glas!

Die Säure machts aus

Riesling ist einer der edelsten Weissweine – oder der sauersten? Ja, die Säure ist ein wichtiges Merkmal, oder genauer: die Säuren. Weinsäure, Apfelsäure, Milchsäure und andere. Ob ein Riesling sauer ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab: vom Klima im Sommer, von der Qualität der Trauben sowie von der Weinbereitung.

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Am Anfang eines grossen Rieslings stehen ein beschränkter Ertrag und gut gereifte Trauben: Qualität statt Quantität. Erfrischende Säure, allfällige Restsüsse, bereichernde Aromen und Alkohol bilden die Weinstruktur, deutlich spürbar am Gaumen. Wein- und Apfelsäure machen rund 90 Prozent der Säuren im Wein aus. Je wärmer Sommer und Herbst, umso mehr dominiert die eher milde Weinsäure. Die frische Apfelsäure fällt dann weniger auf – ja, Riesling verliert in warmen Weinregionen an Charme und Charakter. Deshalb schätzen wir Riesling aus den eher nördlichen Gebieten, vor allem Süddeutschland, Österreich und Elsass. Hier unterstützt eine gesunde Portion Apfelsäure das Geschmacksprofil.

«Ein Riesling ohne Säure ist wie ein ‹Tatort› ohne Täter.»
Peter Kropf

Apfelsäure gehört beim Riesling zum guten Ton. Ein Riesling ohne prägnante Säure ist wie ein «Tatort» ohne Täter: schlapp und langweilig. Klar, könnte der Kellermeister den biologischen Säureabbau, also die automatische Umwandlung der Apfel- in milde Milchsäure, zulassen. Dies geschieht meist bei Rotwein und gerade in der Schweiz häufig auch bei Weisswein, beispielsweise beim Riesling×Sylvaner (Müller-Thurgau/Rivaner). Ein guter Riesling aber definiert sich zu einem guten Teil über seine Säuren. Wollen wir also diesen grossen Wein kennen und schätzen lernen, müssen wir uns auch mit seinen Säuren auseinandersetzen; idealerweise vor, während und nach dem Essen.

Vielseitig …

Weisswein mit Crossini und Oliven

Riesling ist ein grossartiger Apérowein; ebenso ein idealer Essensbegleiter. Riesling verleiht Speisen Rasse, beispielsweise einem gedünsteten Bachsaibling oder einer Broccoli-Quiche. Und als restsüsse Spätlese, vor dem Einschlafen, ist Riesling ein Gedicht.

… und langlebig

Die angebrochene Flasche kommt in den Kühlschrank. Ein Glas am nächsten Tag, nach drei, vier Tagen, nach einer Woche. Erstaunlich: Ein guter Riesling hat ein bemerkenswertes Lagerpotenzial, sowohl in der angebrochenen Flasche als auch im Weinkeller über fünf oder auch zehn Jahre hinweg. Riesling altert prächtig; die Säure integriert sich ins Geschmacksgefüge. Neue, spannende Aromen treten hinzu: Honig, reife Ananas und andere exotische Früchte. Ein guter Riesling ist ein Erlebnis, heute und morgen – eine lohnende Investition.

–> Hier gelangen Sie zu einer Übersicht aller verfügbaren Riesling-Weine.

Wachablösung

Fast 20 Jahre wachte Antoine Kaufmann als Winzer und Kellermeister über Château Duvivier in der Provence. Anfang Jahr ist er in die Schweiz zurückgekehrt und hat das Zepter auf dem Delinat-Forschungsweingut an den jungen französischen Winzer und Önologen Erik Bergmann übergeben.

Erik Bergmann (links) löst Antoine Kaufmann als Winzer auf dem Delinat- Modellweingut in der Provence ab.
Erik Bergmann (links) löst Antoine Kaufmann als Winzer auf dem Delinat- Modellweingut in der Provence ab.

«Ab und zu muss man eine neue Türe aufstossen im Leben», sagt Antoine Kaufmann. Er hat dies jetzt gemeinsam mit seiner Frau Irene getan. Nach 18 intensiven Jahren in Südfrankreich ist das Paar in die Schweiz zurückgekehrt und hat sich im Raum Basel, der alten Heimat, niedergelassen. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei, wenn Antoine Kaufmann auf seine Zeit in der Provence zurückblickt, aber auch Stolz: «Als ich am 1. April 1998 auf Château Duvivier anfing, fragte ich mich mehr als einmal, ob ich da nicht auf einen Aprilscherz her eingefallen war. Die Weinberge waren wirklich in einem desolaten Zustand. » Doch mithilfe von Delinat, die das heruntergekommene Château 1990 gekauft und vor dem Verfall gerettet hatte, gelang es im Laufe der Jahre, Château Duvivier zu einem ökologischen Vorzeigeweingut zu machen. «Für mich war es eine Freude, zu sehen, wie es allmählich aufwärtsging. Die Weinqualität entwickelte sich, erfreulich und dank umfangreicher Versuche im Rebberg wurde Duvivier immer mehr zu einem anerkannten Leuchtturm des biologischen Weinbaus und zu einer Inspirationsquelle für andere Biowinzer in ganz Europa», blickt der scheidende Winzer zurück.

Erik und Lolita

Das neue Winzerpaar auf Duvivier: Erik Bergmann und Lolita Roche.
Das neue Winzerpaar auf Duvivier: Erik Bergmann und Lolita Roche.

Sein Nachfolger Erik Bergmann will nahtlos anknüpfen und mit frischem Wind dafür sorgen, dass sich Weine und Weingut im bisherigen Sinne weiterentwickeln. «Das Nest ist gemacht. Nun ist es an uns, dieses weiter auszubauen», sagt der in der Nähe von Nizza geborene Neo-Winzer mit leicht französischem Akzent. Dass er fast perfekt Deutsch spricht, verdankt er übrigens seinem deutschen Vater. Erik Bergmann führt Château Duvivier künftig zusammen mit seiner Partnerin Lolita Roche. «Ich bin für Weinberge und Keller zuständig. Lolita wird sich hauptsächlich um Kommunikation, Verkauf und Administration kümmern, aber ebenfalls im Rebberg und im Keller Hand anlegen», erklärt er. Antoine Kaufmann ist überzeugt, dass Erik und Lolita die Chance packen und Duvivier im angestrebten Sinne weiterbringen werden: «Die beiden bilden eine gute Mischung und haben als Franzosen noch etwas Heimvorteil. Als kleiner Schweizer hatte ich es hier am Anfang nicht einfach.»

Mit Elan ins erste Jahr

duvivier-biodiversitaetErik Bergmann hat trotz jugendlichem Alter von 31 Jahren als Winzer und Önologe bereits einen beachtlichen Rucksack. Dazu gehören ein vierjähriges Agrarstudium in Avignon, ein Master in Önologie und ökologischem Weinbau an der Universität Bordeaux, ein Praktikum auf dem berühmten Château Margaux sowie diverse Winzeraufenthalte in Neuseeland und Australien. Was hat ihn gereizt, auf Château Duvivier einzusteigen? «Die Pionier- und Vorreiterrolle von Duvivier für einen biologischen Weinbau, der diesen Namen auch verdient, fasziniert mich. Ausserdem gefällt mir die Region, in der ich aufgewachsen bin, sehr gut. Und schliesslich ist es für mich eine grosse Herausforderung, erstmals als Betriebsleiter ein Weingut eigenverantwortlich zu führen.»

Während Erik Bergmann und Lolita Roche mit viel Elan in ihr erstes, selbständiges Winzerjahr auf Château Duvivier eingestiegen sind, gönnt sich Antoine Kaufmann etwas Zeit zum Durchatmen. «Selbstverständlich stehe ich Erik und Lolita bei Bedarf noch zur Seite.» Ansonsten konzentriert sich Antoine Kaufmann jetzt vorerst auf seine neue Teilzeittätigkeit als Delinat-Winzerberater in Frankreich. «Und wenn ich in der Schweiz oder der näheren Umgebung einen Weinberg finde, der mich inspiriert, werde ich auch in Zukunft noch ein paar Reben bewirtschaften und wieder selber Wein machen.»

Passion für Wein und Natur

Die Winzer Jean und Paul Lignères hegen und pflegen die natürliche Vielfalt ihrer Weinberge im Languedoc seit Jahren und bereichern sie mit Hecken und Nisthilfen für Vögel. Für ihr leidenschaftliches Engagement zugunsten der Natur sind sie von Delinat zu den Biodiversitätswinzern 2016 gekürt worden.

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Die Weinberge der Domaine Lignères liegen traumhaft eingebettet in der kargen und wilden Natur Südfrankreichs. Seit über 50 Jahren pflegt die Winzer- und Ärztefamilie die natürliche Vielfalt am Fusse des Montagne d‘Alaric. Doch damit nicht genug. Jean und Paul Lignères investieren neben ihrer Tätigkeit als Winzer und Mediziner auch noch viel Zeit in zusätzliche Massnahmen zugunsten einer reichen Biodiversität in und um ihre Weinberge. Unermüdlich pflanzen sie Sträucher, Bäume und Hecken. Zwei Wasserrückhaltebecken wurden als Feuchtbiotope angelegt. In den Wintermonaten verweilen wandernde Schafherden in den begrünten Rebflächen. Die Bodenbearbeitung erfolgt zweimal jährlich äusserst sanft, und im Keller wird auf eine schwefelarme oder gar schwefelfreie Vinifikation Wert gelegt.

Nisthilfen für Vögel

Familie Lignères mit Ornithologe Dominique Clément (mit Bart) beim Beobachten der Vogelpopulation
Familie Lignères mit Ornithologe Dominique Clément (mit Bart) beim Beobachten der Vogelpopulation.

Ausserordentlich ist das Vogelprojekt auf der Domaine Lignères. Mithilfe des Ornithologen Dominique Clément wurde in der näheren Region rund um das Weingut die Vogelpopulation erhoben. Gestützt darauf installierten die beiden Winzer-Brüder rund 350 Nisthilfen für Meisen, Fliegenschnäpper, Steinkauze, Zwergohreulen und Fledermäuse. Zusätzlich sind Insekten- und Wildbienenhotels geplant. Wie viel Wert die Familie Lignères auf die Biodiversität legt, zeigt eine neu bepflanzte, rund acht Hektar grosse Parzelle. Gleichzeitig mit den Reben wurden hier Büsche und Bäume gepflanzt, sodass auch diese Parzelle bald auf Topniveau sein wird. Das Beste aber ist, dass aus dieser Passion für die Natur grossartige Weine resultieren. Immer wieder heimsen sie an Prämierungen Goldmedaillen ein. Der La Colle des Lignères 2012 wurde an der internationalen Weinprämierung Expovina 2015 in Zürich von einer 150-köpfigen internationalen Fachjury sogar zum besten Wein unter 2200 bewerteten Tropfen aus aller Welt gekürt.

Jean Lignères und Schreiner François Veyssière bauen Nistkästen.
Jean Lignères und Schreiner François Veyssière bauen Nistkästen.

Merci an die Denkfabrik Delinat

Das Notizbuch des Ornithologen: Jedes Detail wird festgehalten.
Das Notizbuch des Ornithologen: Jedes Detail wird festgehalten.

Jean und Paul Lignères freuen sich nicht nur über diese renommierte Auszeichnung, sondern auch über die Wahl zu den Delinat-Biodiversitätswinzern 2016. Jean Lignères: «Sie erfüllt uns mit Stolz und macht Mut, auf dem eingeschlagenen Weg fortzufahren.» Weinbau sei oft eine interne Angelegenheit. «Aussenansichten sind für uns wertvoll, auch wenn sie die Sache zuweilen etwas komplizieren. Manchmal helfen sie aber mit, wieder einen Schritt vorwärtszukommen. In diesem Sinne ein Merci an die Denkfabrik Delinat.»

–> Alle Weine der Gebrüder Lignères finden Sie in im Webshop.

Die Magie des Terroirs

Riesling schafft es wie keine andere Weissweintraube, im Wein seine Herkunft zu verraten. Vorausgesetzt, der Winzer pfuscht der Natur nicht ins Handwerk. Nabel der Riesling-Welt ist Deutschland. Fünf Delinat-Winzer erzählen, wie sie die Magie des Terroirs ins Glas bringen.

riesling-terroir

Viele sprechen von Terroir, ohne zu wissen, was es ist», sagt Hansjörg Rebholz vom Weingut Ökonomierat Rebholz in Siebeldingen in der Pfalz. Er gehört zu den renommiertesten deutschen Riesling-Erzeugern und setzt sich intensiv mit den Themen Terroir und Mineralität auseinander. Das zeigt sich schon im Verkostungsraum, wo er seine Gäste empfängt. Hier hängen die verschiedenen Bodenprofile seiner Rebberge als Kunstwerke an der Wand: Muschelkalk, Buntsandstein, roter Schiefer, Löss und Lehm. «Terroir ist wissenschaftlich betrachtet nicht schmeckbar. Aber der Boden, die Mikrobiologie, die Hefen, die Lage und das Klima haben einen grossen Einfluss auf den Wein», erklärt Rebholz. Ebenso gross ist jedoch der Einfluss des Winzers. Je stärker er der Natur den Vorrang lässt, desto ausgeprägter kommt das Terroir im Wein zum Ausdruck. Hansjörg Rebholz hat deshalb klare Prinzipien: Das Wichtigste für authentische Terroir-Weine sind für ihn Trauben mit perfekter physiologischer Reife. Die erreicht man gemäss seinen Erfahrungen am besten mit biodynamischer Bewirtschaftung. Je trockener ein Riesling ausgebaut wird, desto purer ist er in der Nase und umso besser lassen sich Terroir und Mineralität abbilden. Ein schönes Beispiel dafür ist sein Spitzengewächs Ökonomierat Rebholz Riesling Ganz Horn. Die Reben gedeihen auf kargen Verwitterungsböden aus Buntsandstein und etwas Muschelkalk. Sie ergeben nur wenig Ertrag, was die Ausprägung der Aromen begünstigt. Der Wein hat einen ausgesprochen individuellen Charakter mit den für Buntsandstein typischen Fruchtaromen von Pfirsich, Aprikose und Apfel.

Böden mit Muschelkalk enthalten Spuren, die über Millionen Jahre zurückreichen.
Böden mit Muschelkalk enthalten Spuren, die über Millionen Jahre zurückreichen.

Perfekte Traubenreife

Alex Pflüger
Alex Pflüger, Weingut Pflüger, Pfalz.

Ebenfalls in der Pfalz, etwas weiter nördlich in Bad Dürkheim, ist Alex Pflüger zu Hause. Seine Riesling-Reben gedeihen auf ähnlichen Böden: Neben Buntsandstein dominieren im Wechselspiel rote und weisse Kalksteinböden. «Mit gutem, präzisem Handwerk nach biodynamischen Richtlinien versuchen wir, das gesamte natürliche Umfeld im Wein einzufangen», beschreibt er seine Arbeitsweise. Das A und O sind auch für Pflüger perfekt gereifte Trauben aus ökologisch intaktem Umfeld: «Hat man fantastisches Traubengut, besteht die grösste Kunst des Kellermeisters darin, es nicht kaputtzuverarbeiten.» Pflüger-Rieslinge sind fast immer trocken ausgebaut. So wirkt sein Riesling Herrenberg Terrassen puristisch und präzise, dank milder Säure und exotischen Duftnoten gleichzeitig elegant und blumig.

Der nackte Wahnsinn

Timo Dienhart
Timo Dienhart, Weingut zur Römerkelter, Mosel.

«Die Aura des Terroirs ins Weinglas zu bringen, gehört für mich zu den schönsten Herausforderungen eines Winzers», sagt Timo Dienhart vom Weingut zur Römerkelter an der Mosel. Wie geht das? «Indem ich die natürlichen Kräfte nutze», sagt er auf dem Weg zum Honigberg, wo uns gewahr wird, dass sich seine Weingärten von jenen des konventionell wirtschaftenden Nachbarn wie Tag und Nacht unterscheiden. «Bei meinem Nachbarn sieht man zwar eindrucksvoll die typischen Schiefersteine. Aber das ist der nackte Wahnsinn. Die stark abfallenden, unbegrünten Böden sind schutzlos der Witterung und damit der Erosion ausgesetzt. Humus und Nährstoffe werden einfach weggebrannt, ausgewaschen und weggeschwemmt.» In den Weinbergen von Timo Dienhart dagegen ist vom Schiefer wenig zu sehen. Er verbirgt sich unter einem üppigen Pflanzenteppich. Die selbstkreierte Kräuterbegrünung mit rund 20 verschiedenen Pflanzen reguliert den Wasserhaushalt, schützt die Reben vor Erosion und versorgt sie mit wertvollen natürlichen Nährstoffen. «Auch der Einbezug biodynamischer Kriterien ist mir sehr wichtig. Nur so gelingen Weine mit bestem Trinkfluss und vollendetem Genuss», sagt Timo Dienhart. So kommt etwa bei seinem Riesling vom Schiefer, einem leichtfüssigen Gaumentänzer, das Terroir unter anderem in Form von ausgeprägter Mineralität zur Geltung.

Biodiversität stärkt Terroir

Tobias Zimmer, Weingut Hirschhof, Rheinhessen.
Tobias Zimmer, Weingut Hirschhof, Rheinhessen.

Auf dem Weingut Hirschhof in Rheinhessen erzeugt das Winzerpaar Ellen und Tobias Zimmer nach den aktuellsten Erkenntnissen des biologischen Weinbaus authentische Weine. Einer davon ist der exklusiv für Delinat gekelterte Riesling Terra Rossa. Mit einem Anteil von gut einem Drittel ist Riesling auf dem Hirschhof die wichtigste Traubensorte. «Die Sorte reagiert stark auf verschiedene Böden. Der Riesling ist deshalb gut geeignet, um das Terroir herauszuarbeiten», ist Tobias Zimmer überzeugt. Als ideal für Riesling bezeichnet er Böden mit hohem Gesteinsanteil. «Löss und Sand sind weniger geeignet, da in diesen kaum Mineralien stecken.» Einen wichtigen Einfluss auf das Terroir hat für Tobias Zimmer die Biodiversität innerhalb eines Weinbergs. «Wenn sich die Reben gegen andere Pflanzen behaupten müssen, sind sie stärker und widerstandsfähiger. Sie wurzeln tiefer und kommen so besser an die verschiedenen Mineralien heran.» Wie vielerorts in Rheinhessen sind die Hirschhof-Böden von Kalkstein geprägt. «Riesling aus Rheinhessen und aus der Pfalz unterscheiden sich relativ wenig – ganz im Gegensatz etwa zum Mosel-Riesling von Schieferböden», so Tobias Zimmer.

Zwei Güter – zwei Terroirs

Schieferboden prägt die erstklassige Hanglage Pettenthal in Rheinhessen.
Schieferboden prägt die erstklassige Hanglage Pettenthal in Rheinhessen.

Wie stark sich der Riesling vom Boden beeinflussen lässt, weiss kaum jemand besser als Oliver Spanier und Carolin Spanier-Gillot. 2006 haben die beiden geheiratet und je ein Weingut mit in die Ehe gebracht: Carolin den von ihren Eltern übernommenen Betrieb Kühling- Gillot in Bodenheim unweit von Mainz und Hans-Oliver Spanier sein Gut Battenfeld- Spanier in Hohen-Sülzen bei Worms. Beide Weingüter gehören zu den renommiertesten in Rheinhessen. Die Reben wachsen auf völlig verschiedenen Böden und Lagen: jene von Kühling- Gillot auf steilen Hängen mit Rotschiefer direkt über dem Rhein, die von Battenfeld-Spanier auf hügeligen Kalksteinböden.

Oliver Spanier, Weingut Battenfeld-Spanier, Rheinhessen.
Oliver Spanier, Weingut Battenfeld-Spanier, Rheinhessen.

Hans-Oliver Spanier ist für die Produktion beider Weinlinien zuständig. Nichts bereitet dem bekennenden Biodynamiker mehr Freude, als die Eigenheiten des Terroirs auf die Weine zu übertragen. «Wir machen eigentlich Naturweine, verzichten auf Eingriffe und Schönung», sagt er. Die Unterschiede der beiden Weinlinien sind terroirbedingt markant. Der auf Kalkstein reifende Battenfeld Riesling Salamander ist geprägt von fruchtigen Aromen (Limetten und Grapefruit), feiner Mineralität und kräftigem Körper. Beim Grossen Gewächs Kühling-Gillot Riesling Pettenthal sorgen der steinige Schieferboden, die steile Lage, die optimale Sonneneinstrahlung und das vom Rhein beeinflusste Klima für ganz andere Aromen: Mandeln, Tabak und Würze harmonieren mit fein ziselierter Säure und Mineralität.