Wie schlimm war der Spätfrost bisher?

Der Weinstock treibt seine ersten zarten Spitzen, die Temperaturen gehen unter null: Der gefürchtete Spätfrost hat dieser Tage einige unserer Delinat-Winzer heimgesucht. Vom österreichischen Burgenland bis an die deutsche Mosel hat der Spätfrost grosse Schäden verursacht. Ein Problem, das mit dem Klimawandel leider verstärkt auftritt.

Die Reben treiben Jahr für Jahr früher aus. Grund dafür sind die milden Temperaturen während der Wintermonate. Der vergangene Winter war in Europa der wärmste seit Messbeginn. Der Austrieb war mancherorts Wochen früher zu beobachten, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Mit dem frühen Austrieb erhöht sich auch die Gefahr von Ernteverlusten durch Spätfrost.

Kerzen in den Weingärten sind eine teure aber effektive Methode gegen Spätfrost.
Kerzen in den Weingärten sind eine teure aber effektive Methode gegen Spätfrost.

Nach Temperaturen von knapp 30 Grad und dem massiven Austreiben der Reben, stellte der erneute Kälteeinbruch nördlichere Weinregionen Europas vor eine grosse Herausforderung. Delinat-Winzer erklären: Die Frostschutzmechanismen in der Rebe sind ab Erscheinen der «Wolle» nahezu nicht mehr aktiv. Das bedeutet somit: Sobald es friert, dehnt sich das Wasser aus und sprengt die Zellen. Der junge Trieb stirbt ab.

Massive Einbussen an der Mosel

Delinat-Winzer Timo Dienhart aus Maring-Noviand kämpft 2024 mit den grössten Frostschäden seiner Winzerlaufbahn: «Aktuell kann ich es noch nicht genau beziffern, aber es ist verdammt viel kaputt», berichtet uns Dienhart. Zwei Drittel seiner Ernte dürften so früh im Weinjahr schon zerstört sein. Auch seine Premium-Steillagen sind betroffen. «Angesichts der vielen Steillagen in unserem Betrieb waren wir historisch gesehen sehr gut gegen Frost geschützt. Das ändert sich aber scheinbar durch den verfrühten Austrieb», so Dienhart. Versuche mit Baldrian und Co. seien bei ihm bisher nicht erfolgreich gewesen: «Eine aktive Frostabwehr ginge nur mit rabiateren Mitteln, also Frostkerzen, Nebel, Helikopter, oder Sprinkleranlagen. Was aber ökologisch und ökonomisch schwierig ist», sagt Timo Dienhart.

Der Winzer Alexander Pflüger in der Pfalz ist dagegen mit einem blauen Auge davon gekommen: «Es war äusserst knapp und es gibt auch hier und da etwas Schaden. Allerdings sind es „nur“ angefrorene Blätter. Das sollte sich auswachsen», teilt er Delinat mit. Spätfrost war auch bei ihm in Bad Dürkheim in den letzten Jahren immer wieder ein Thema. «Die Einflüsse der Umgebung, also Windoffenheit, Hanglage und Biodiversität, können den Unterschied machen», ist er überzeugt.

Zur Prävention setzt Pflüger auf niedrige Begrünungen durch Walzen und verzichtet auf Bodenbearbeitung. Kurz vor potenziellen Frostnächten spritzt er Baldrian in den Gärten aus.

Vernebelter Baldrian beim Weingut Moser
Vernebelter Baldrian beim Weingut Moser

Grosse Spätfrost-Schäden auch in Österreich

Niki Moser vom Delinat-Weingut «Vitikultur Moser» bei Krems blickt ebenfalls auf schwierige Tage zurück: «In den Ortschaften der Nachbarschaft in der Donauregion hat der Frost in den letzten Tagen teils massiv zugeschlagen». Sogar in den Hanglagen habe es grosse Schäden gegeben, ganz zu schweigen von den ebenen Lagen. Manche Winzerkollegen sprächen demnach von 60 bis 80 Prozent Ausfall.

Der Delinat-Winzer hat dieses Jahr an den Vorabenden der Frostereignisse ebenfalls ein Baldrian-Präparat in den ebenen Lagen ausgebracht. «Wir haben den Eindruck, dass das den negativen Einfluss des Frosts mildert. Aber mehr als 1–2°C kann man sicher nicht wettmachen», so Niki Moser. Im Jahr 2016 hatte der Delinat-Winzer als drastische Massnahme gemeinschaftlich mit dem Weinbauverein geräuchert. Das sei recht effektiv gewesen, berichtet der Winzer rückblickend, müsse aber gut organisiert sein.

Frosträuchern beim Weingut Moser

Bei Niki Moser sind zehn Prozent der Kremstaler Flächen in der Ebene betroffen. «Eine 1,5-Hektar-Lage hat es jedoch voll erwischt. Dort sind 90 Prozent der Triebe kaputt». Der Delinat-Winzer hatte in den letzten Jahren viel mit Frösten zu kämpfen. Im Burgenland, wo er ebenfalls Rebflächen bewirtschaftet, gab es im Jahr 2016 etwa 80 Prozent Ausfall, im Jahr 2017 rund 40 Prozent und im Jahr 2021 etwa 50 Prozent Ernteverlust.

Kerzen, Feuer oder Räuchern kann eine effiziente Massnahme sein, um Spätfrost bei Reben zu verhindern.
Kerzen, Feuer oder Räuchern kann eine effiziente Massnahme sein, um Spätfrost bei Reben zu verhindern.

Delinat-Winzerkollege Andreas Harm aus Krustetten (ebenfalls in der Nähe von Krems) verzeichnete bis jetzt noch keine grösseren Schäden an seinen Reben. Doch die Gefahr ist dort noch nicht gebannt. In der Region ist weiterhin mit Minusgraden zu rechnen. Stärkere Ausfälle durch Spätfrost hatte Andreas Harm in den Jahren 2012 und 2016: «Das Problem bei Spätfrösten ist der Stress für die Pflanzen und die steigende Anfälligkeit gegenüber Falschem Mehltau». Daher sind laut Delinat-Winzer Harm Spätfrostschäden auch weit schlimmer als Hagelschäden. Diese kämen jedes Jahr kleinräumig vor.

Schweiz: Frostschäden im Wallis, Thurgau hatte Glück

In der Schweiz war vor allem das Wallis von Spätfrost betroffen. Der Thurgauer Delinat-Winzer Roland Lenz verzeichnete ebenfalls mehrere Nächte um den Gefrierpunkt. Bis jetzt haben seine Reben die Kälteperiode gut überstanden. Vorbeugend setzt Roland Lenz ebenfalls auf Hilfsmittel: «Baldrian kann helfen, Zuckerlösungen ebenfalls. Hat die Rebe genügend Reservestoffe in den Vorjahren aufbauen können, hilft das auch. Bei trockenen Verhältnissen können da auch -5°C überstanden werden. Sehr effektiv ist auch ein später Winterschnitt und Frostreserven», erklärt der Delinat-Winzer. Eine Frostreserve, wie sie Delinat-Winzer Lenz in der Regel stehen lässt, bezeichnet eine zusätzliche Rute, die gewöhnlicherweise später austreibt. Sie kann bei spätem Frost daher als Rettung für einen gewissen Ertrag dienen. Falls kein Spätfrost eintritt, wird sie Ende Mai einfach abgeschnitten.

Zwischen den verschiedenen PIWI-Sorten, also den robusten Rebsorten, die der Delinat-Winzer im Anbau hat, beobachtet er eine grosse Bandbreite: «Regent, Cabertin, Satin Noir treiben eher später aus. Auch Souvignier gris. Generell kann man sagen, je mehr Zuckerlösungen, also Glyzerin, in den grünen Teilen ist, umso frostbeständiger sind die Zellen.»

Einen grossen Vorteil bei Frostereignissen sieht der Delinat-Winzer auch in Sorten, die ein weiteres Mal austreiben können: «Da die PIWI-Sorten meist in den Nebenaugen fruchtbar sind, gibt es bei einem Neuaustrieb oft trotzdem noch einen Ertrag». Durch das Wegbrechen geschädigter Triebe könne man bei manchen robusten Rebsorten den Austrieb der Beiaugen forcieren. Das bringe je nach Sorte zwischen 50 und 60 Prozent einer Normalernte.

Die Gefahr von Spätfrost ist leider noch nicht ganz gebannt. Die gefürchteten «Eisheiligen», so werden im Bauernkalender die Tage von 11. bis 15. Mai bezeichnet, bahnen sich noch an. Währenddessen und bis dahin kann es noch (zu) kalt werden. Doch ob diese Regel angesichts des Klimawandels noch Bestand hat, bleibt auch abzuwarten.

Unser Kartonkreislauf am World Earth Day

Heute, am 22. April, ist World Earth Day, der Tag an dem wir uns seit 1970 die Erde ins Gedächtnis rufen und uns noch mehr als sonst überlegen sollten, wie wir den Planeten vor Vermüllung schützen können. Während vielerorts in der Politik noch diskutiert wird, handelt Delinat schon längst. Zum Beispiel mit dem Kartonkreislauf, zu dem wir hier einen exklusiven Blick hinter die Kulissen bieten. Auch als Vorschau zur Komplettierung dieses Kreislaufs: Denn bald führen wir die wiederverwendbare Mehrwegflasche ein.

Delinats Philosophie ist es, die Natur zu schützen und die Erde so zu behandeln, dass auch künftig Schmetterlinge im Weingarten fliegen. Wir wollen mit unseren anspruchsvollen Bio-Richtlinien, die von unseren Winzern mit Bravour umgesetzt werden, gute Weine schaffen, die wir mit gutem Gewissen – auch dem Planeten gegenüber – geniessen können. Mit der Mehrwegflasche schliesst sich bald auch der Kreis der Verpackungen.

Seit jeher setzen wir, wo auch immer möglich, auf Alternativen zu Plastik. So werden im Zentrallager in Grenzach Paletten schon lange mit Naturgarn anstelle von Plastik verschnürt. Jedes Detail, das es uns ermöglicht Plastik und Ressourcen zu sparen, planen wir in unsere Weinkreisläufe mit ein. Der Kartonkreislauf ist dabei ein wesentliches Puzzleteil.

Es war auch ein ganzes Stück Arbeit, den Weg der Kartons, der bis zu sechs Mal vom Kunden zurück ins Lager führt, zu organisieren. Das zeigt die Geschichte von Projektleiter Camill Hadorn eindrücklich. Er ist die Wege des Kartonkreislaufs für die aktuelle Printausgabe unserer WeinLese nachgefahren. Mit dem E-Bike, versteht sich.

Wenn Kartons im Kreis reisen

Man mag es kaum glauben, aber der Verpackungskreislauf ist eine durchaus emotionale Angelegenheit. Und eine komplizierte. Denn das Delinat-Mehrwegsystem ist wegweisend. Noch können unsere Logistikpartner nicht auf etablierte Prozesse und Wege zurückblicken. Das macht das Ganze zur Herausforderung. Und so kann ein vor der Haustüre sorgfältig bereitgestellter Karton-Stapel, der vom Kurier nicht mitgenommen wird, die Contenance schon einmal ins Wanken bringen.

Im Durchschnitt können die Delinat-Weinkartons ein halbes Dutzend Mal wiederverwendet werden. So reduzieren wir den Materialaufwand auf ein Minimum.

Wichtig dabei ist, dass wir, unsere Kunden und auch unsere Logistikpartner täglich den berühmten Schritt mehr gehen, damit die Rücknahme noch besser funktioniert, und wir somit Ressourcen schonen. In diesem Beitrag geben wir einen Einblick, wie unser Verpackungskreislauf funktioniert, welchen Herausforderungen wir und unsere Logistikpartner uns dabei stellen, und wo wir noch was verbessern wollen.

Innovative Kooperation in der Schweiz

In der Schweiz arbeitet Delinat seit 2019 mit Planzer Paket zusammen. Die Freude war auf beiden Seiten gross, als das etablierte Schweizer Transportunternehmen beim Eintritt in den Schweizer Paket-Markt auf Delinat als Kunden zählen konnte. Planzer war von der Idee, Mehrwegkartons einzuführen, vom ersten Moment an sehr angetan und sofort bei der Umsetzung mit dabei.

Dominic Stauffer, Leiter Grosskunden bei Planzer dazu: «Diese Offensive von Delinat ist wirklich grossartig. Auch für unsere Mitarbeiter wurde das Kreislaufsystem durch das Teilhaben am Lebenszyklus der Kartons noch klarer. Eine wirklich tolle Initiative.»

Um die Rücknahmequote der Kartons weiter zu steigern, schult das Unternehmen die Fahrer und optimiert das technische Equipment laufend. «Wir freuen uns darauf, durch die baldige Rücknahme der Mehrwegflaschen einen weiteren Beitrag zum Umweltschutz zu leisten», so Stauffer.

Planzer steigert zudem die Anzahl elektrifzierter Lieferwagen stetig. In den grössten Schweizer Städten sollen Zustellungen künftig vermehrt auch mit E-Lasten-Bikes erfolgen. Eine erfreuliche Entwicklung, die in Deutschland an mancher Stelle schon läuft wie am Schnürchen.

Kreatives Logistik-Start-up als Partner in Deutschland

Um den Mehrweg-Prozess in den Ballungsräumen ökologischer, effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten, sucht Delinat in den Grossstädten Deutschlands nämlich gezielt nach Radlogistik-Partnern. Denn im Gegensatz zur Schweiz gibt es in Deutschland keinen Logistikpartner, der die Rücknahme bundesweit garantieren kann. Daher suchen wir hier nach individuellen Lösungen.

Das Engagement unserer Logistikpartner macht den Delinat-Kartonkreislauf und bald auch denjenigen der Delinat-Mehrwegflasche erst möglich.

Stellvertretend für alle Fahrradkuriere haben wir den Fahrradkurier CityLogistik in Konstanz besucht. Konstanz ist die kleinste Stadt, in der wir eine funktionierende Radlogistik-Partnerschaft aufgebaut haben. Die Geschichte der CityLogistik ist besonders spannend. Denn das junge Unternehmen ist ein sogenanntes Corporate Start-up. Also ein Betrieb, der aus einem etablierten Unternehmen heraus gegründet wurde.

Der Südkurier ist eine regionale Tageszeitung mit rund 800 Mitarbeitenden. Das Logistikunternehmen verdankt sein Entstehen zwei aktuellen Treibern unserer Zeit. Einerseits ruft der Rückgang von Tageszeitungs-Abonnements nach innovativen Geschäftsfelderweiterungen. Andererseits verlangt der Klimawandel nach neuen Logistik-Lösungen. Da spielte es in die Karten, dass Konstanz im Jahr 2019 als erste Stadt Deutschlands den Klimanotstand proklamierte. Die Innenstadt zeigt sich nämlich verkehrstechnisch oft überlastet. Und fahrradbegeisterte Südkurier-Angestellte durchqueren diese mit dem Fahrrad gut und gerne doppelt so schnell wie mit dem Auto.

Im Gleichtritt mit der Zeit, der Kartonkreislauf am World Earth Day

Unter diesen Voraussetzungen reifte bei Jens Achilles, dem Projektleiter und Gründer der CityLogistik, die Idee, ein Radlogistik-Unternehmen aufzubauen. Dieses sollte nicht nur Zeitungen verteilen, sondern ein komplett neues, umweltfreundliches Zustellungsangebot für die Stadt Konstanz bieten. Schon bald darauf lieferte CityLogistik erste Pakete aus. Für den Erfolg des kleinen aber flotten Fahrradkurierzustellers sieht Christoph Oberueber, verantwortlich für den operativen Ablauf, mehrere Gründe: «Wir haben eine ganz andere Struktur als die klassischen Paketzustelldienste und bieten somit der Kundschaft völlig neue Mehrwerte. Eine Kernstärke von uns ist, dass wir innerstädtische Sendungen auch innerhalb der Stadt behalten und diese noch am selben Tag zustellen. Grosse Firmen transportieren solche Lieferungen zuerst in ein bis zu 100 Kilometer weit entferntes Zwischenlager, um sie dann frühestens am Folgetag wieder in Konstanz zuzustellen.»

Die Zusammenarbeit mit Delinat schätzt die CityLogistik sehr. Es ist immer schön und motivierend, wenn man für die gleiche Sache in die Pedale tritt. Auch hier sieht man der Rückführung einer Mehrwegflasche freudig entgegen. Das erhöhte Gewicht durch die Leerflaschen spielt für die Radlogistiker dabei keine entscheidende Rolle. Mit ihren modernen Lastenrädern transportieren sie pro Fahrt bis zu 250 Kilogramm.

Bei Delinat ist die Planung für die Einführung der Mehrwegflasche im vollen Gange. Dass auf die Logistikpartner bei diesem grossen und wichtigen Schritt Verlass ist, ist gut zu wissen. Weitere Informationen zur Mehrwegflasche gibt es übrigens in der nächsten WeinLese-Ausgabe.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.delinat.com/mehrweg

Helikopterflüge bedrohen Apollofalter

Einer der Grundpfeiler der Delinat-Philosophie – dass Schmetterlinge weiter im Weinberg fliegen können – scheint an der Mosel nicht gewährleistet. Der Mosel-Apollofalter ist vom Aussterben bedroht. Schuld daran sind die Pflanzenschutzmittel, die per Helikopter ausgebracht werden, sagen Naturschützer. Anders ist Weinbau in diesen Steillagen nicht möglich, sagen die Winzer.

Der Mosel-Appolo ist Schmetterling des Jahres 2024. Selten sichtet man ihn nur noch in seinem natürlichen Habitat, den Hecken, Sträuchern und Steinmauern, in oder nahe den Weinbergen an der Mosel.

Grundsätzlich ist die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Hubschrauber in Deutschland verboten. Denn zu hoch ist die Abdrift in umliegende Flächen. Ausnahmeregelungen gibt es für die Steillagen an der Mosel, in der Pflanzenschutzmittel kaum anders ausgebracht werden können.

Der Mosel-Apollofalter ist vom Aussterben bedroht.
Fungizidausbringung mittels Helikopterflügen bedroht den Apollofalter an der Mosel.

Naturschützer sehen in der Genehmigung zur Ausbringung des Fungizids mittels Hubschrauber und dem massiven Rückgang der Falterpopulation einen starken Zusammenhang. Winzer andererseits sagen, eine wirtschaftliche Erhaltung der Steillagen sei ohne diese Art der Spritzung nicht möglich. Dazu berichteten Medien wie die Frankfurter Allgemeine oder der SWR.

Verzwickte Situation

Um den Falter zu schützen, veröffentlichte das Deutsche Umweltbundesamt im Februar dieses Jahres ein Votum gegen das jährliche Genehmigungsverfahren zum Ausbringen der Fungizide per Luftfahrzeug. Doch der Mosel-Apollofalter lebt in den Weinbergen, gehen also die Weinbergflächen zurück, gingen auch wichtige Nahrungsquellen wie die Weisse Fetthenne für den Falter verloren, heisst es von anderer Stelle.

Aus diesem Grund entschied das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit mittels einer Fachmeldung im März gegen das Votum des Umweltbundesamts und somit für die Anwendung von Fungiziden mit Helikoptern in Weinbausteillagen an der Mosel.

Die Population des Apollo-Falters ist hochgefährdet. «Das Land Rheinland-Pfalz ist rechtlich verpflichtet, sich um den Erhalt des Schmetterlings zu kümmern», sagt Schmetterlingskundler Tim Laußmann von der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen, gegenüber dem SWR. Nach diesem Entscheid gilt es den Lebensraum des Apollo-Falters wohl auf andere Art und Weise zu schützen.

Helikopter-Spritzung auch im Wallis immer noch erlaubt

Auch im Wallis ist die Ausbringung von Fungiziden mittels Helikopter nach wie vor erlaubt, Delinat berichtete. Eine Einhaltung der notwendigen Abstände zu Hecken und Sträuchern scheint mit einem kurzen Blick auf die Bilder absolut unwahrscheinlich.

Helikopterflüge bedrohen den Apollofalter. Die Thematik zeigt zum wiederholten Mal auf, wie essenziell Biodiversitäts-Hotspots in den Weingärten sind. Denn sie sind ein überlebenswichtiges Refugium für viele Insektenarten. Ein wirkungsvoller Ansatz wäre auch, vermehrt robuste Rebsorten in Steillagen zu pflanzen, um den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren und zugleich Arbeitsstunden einzusparen.

Die wichtigste Massnahme für das Überleben des Mosel-Apollofalters, so berichtet das Deutsche Umweltbundeamt, ist die Wiederherstellung seines ursprünglichen Lebensraums in den Flächen, welche an die Rebzeilen angrenzen.

Dieser Lebensraum sei seit Beginn des 20. Jahrhunderts um die Hälfte geschrumpft. Könne man diesen wiederherstellen, sei der Apollofalter resistenter gegen die ausgebrachten Fungizide. Mit weniger Lebensraum und bewilligten Ausnahmegenehmigungen für 2024 scheint die Zukunft des seltenen Falters allerdings ungewiss.

Der Riesling von der roten Erde

Der «Terra Rossa» ist einer unserer beliebtesten Weissweine. Delinat-Winzer Tobias Zimmer aus Rheinhessen erzählt im Interview mit Delinat-Einkäufer Emil Hauser, was diesen Riesling und die 30-jährige Zusammenarbeit des Weinguts Hirschhof mit Delinat so besonders macht.

Emil Hauser (Delinat): Tobias, schon seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitet ihr mit Delinat zusammen.
Tobias Zimmer: Ja, es ist eine sehr partnerschaftliche, ja freundschaftliche Zusammenarbeit, und das schon seit 1992. Für uns ist Delinat ein verlässlicher Partner, der uns gleichzeitig fördert und fordert. Wir schätzen den hohen Bezug zur Natur und den engen Austausch sehr. Ich meine, welcher andere Weinhändler schickt Dir sonst Pappeln?

Wie Pappeln?
Vor einigen Wochen kam ein Paket mit Pappel-Stecklingen von Delinat zu uns. Wir hatten ja schon beim Delinat-Winzerseminar bei Roland Lenz in der Schweiz über Agroforst und Pappeln gesprochen. Die Delinat-Weinberater haben uns nun Jungpflanzen zukommen lassen. Unsere Stecklinge sind allesamt gut angewachsen. Das freut mich, und zeigt eben wie viel näher an der Natur Delinat ist. Es geht um Wein bei Delinat, aber auch um die Natur und den Erhalt der Biodiversität. Manch anderer versteht unter ökologischem Arbeiten das Pflanzen von ein paar Gräsern zwischen den Rebzeilen, und das war es. Das ist bei Delinat definitiv grundlegend anders.

Delinat-Weinberater Emil Hauser (li.) zu Besuch bei Delinat-Winzer Tobias Zimmer (re.)
Weingartenbegehung bei einem meiner Besuche bei Delinat-Winzer Tobias Zimmer (re.)

Delinat geht da eben gleich mehrere Schritte weiter.
So ist es, und wir erfüllen die Richtlinien von Delinat gerne. Denn sie zielen alle darauf ab, Biodiversität zu erhalten und die Natur zu stärken. Büsche und Bäume in den Rebzeilen und auch die Begrünung – all das ist auf die Delinat-Philosophie zurückzuführen. Ebenso wie die vermehrte Arbeit mit resistenten Rebsorten.

«Der Bezug von Delinat zur Natur ist einfach genial. Ich meine, welcher andere Weinhändler schickt dir sonst Pappeln?»

Wie gross ist euer Weingut?
Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen und bearbeiten 34 Hektar Rebfläche. Natürlich haben wir auch grossartige Mitarbeiter. Meine Frau ist Lehrerin. Ohne meine Mitarbeiter im Weingarten und im Keller wäre die viele Arbeit nicht zu schaffen.

Und der Arbeit Lohn sind feingliedrige, charaktervolle Weine..?
In der Tat (lacht). Wie zum Beispiel der Terra Rossa, den ja ohnehin wir beide entwickelt haben. Kannst du dich noch erinnern, Emil, als ich dich vor nunmehr fünfzehn Jahren gefragt habe, ob ihr nicht ein bisschen Riesling gebrauchen könnt?

Natürlich, und jetzt ist der Riesling Terra Rossa einer unserer beliebtesten Weine…
Es ist ja auch ein ganz besonderer Wein. Du kennst die Lage. Wird sie feucht, schimmert der von Kalkstein durchsetzte Boden durch den leicht erhöhten Eisenanteil rot. Der Boden heisst Terra Rossa, und der Wein ebenso. Die Farbpigmente auf der Etikette stellen den facettenreichen Boden der Lage Steingrube dar. Von dort stammen die Trauben für euren Riesling Terra Rossa.

Die Delinat-Winzer Tobias und Vater Walter Zimmer mit ihrem Riesling «Terra Rossa»

Ob das unsere Kunden so genau schon wussten… Was wissen sie sonst noch nicht über Dich?
Dass man uns auch besuchen kann. Und das ich ein netter Kerl bin (lacht). Wobei, das wissen alle, sobald sie einmal bei uns waren.

«Der Riesling Terra Rossa ist wirklich ein ganz besonderer Wein, und eines der schönsten Ergebnisse unserer langen Zusammenarbeit.»

Zum Abschluss: Wie beurteilst du den Jahrgang 2023?
Der Austrieb war ein wenig früher als sonst. Ist er heuer aber auch. Wir hatten 2023 eine kleinere Ernte, dafür aber in Top-Qualität. Die Trauben waren durch die Trockenperiode im Sommer konzentrierter in ihren Aromen. Das schmeckt man auch im Wein. Wir freuen uns sehr über diesen harmonischen und geschmacklich grossen Jahrgang, auch wenn wir uns für 2024 ein wenig mehr Ernte erhoffen. Der Ausfall betrug doch fast ein Drittel der Normalmenge.

Wie Pflüger seine Weine pflegt

Wie kein anderes Weingut in der Pfalz, steht das Delinat-Weingut Pflüger für ökologischen Weinbau. Alexander Pflüger hat sich in der vierten Generation noch einige Schritte weiter an die Natur angenähert. Der Delinat-Winzer erzählt, warum das für seine Familie der einzig gangbare Weg ist.

Langweilig wird dem 43-jährigen Alexander Pflüger tatsächlich nie. Dieser Tage gelangen einige seiner Weine in die Flasche. Kunden, die der Winzer persönlich am Weingut berät, wollen wie immer wissen, worauf man sich dieses Jahr bei Pflügers Weinen freuen darf. «Der Jahrgang 2023 war ganz fein, geringer in der Menge, aber in der Qualität top», erzählt Pflüger begeistert. Und auch im Weingarten blüht und spriesst es bereits in und zwischen den Rebzeilen.

Alexander Pflüger keltert in der vierten Generation Weine am Pfälzer Weingut.
Alexander Pflüger keltert in der vierten Generation Weine auf dem Pfälzer Weingut.

Die Säulen der pflüger`schen Philosophie

Vor 14 Jahren kam Alexander Pflüger nach seiner Tätigkeit in Weingütern von der Mosel bis hin nach Südafrika und seiner Ausbildung in der renommierten Weinausbildungsstätte Geisenheim wieder in den Pfälzer Familienbetrieb zurück. Seitdem führt er die 200 Jahre alte Geschichte der Familie Pflüger mit Wein weiter. In den 1980er-Jahren war sein Vater einer der ersten Winzer, der in der Region das ökologische Arbeiten, im Einklang mit der Natur anstrebte. Die Partnerschaft, die seit knapp dreissig Jahren mit Delinat besteht, war der nächste logische Passus in diese Richtung.

«Auch mit Pferden hat mein Vater immer schon gerne gearbeitet», so der Delinat-Winzer. Demnächst will Familie Pflüger wieder Gäule durch die Rebzeilen schicken – «es ist einfach die schonendste Art der Bodenbearbeitung» – und sogar Winzer und Interessierte dazu einladen. «Wir werden Kurse für die Arbeit mit dem Pferd im Weinberg anbieten», so Pflüger. Einige Landwirte und befreundete Winzer freuen sich bereits auf den Kurs.

Monokultur ist nicht die Lösung

Was die Weine betrifft, steht seit Jahrzehnten fest, dass eine Monokultur nicht zum Ziel führt. «Wir wollen authentische Weine herstellen, die das Terroir und den Charakter unserer Familie widerspiegeln.» Und das geht eben nur, wenn der Weingarten gesund ist und vor Biodiversität strotzt. Und Trauben, sowie das gesamte Rundherum im Einklang mit Pflanze und Tieren entstehen, ohne dass der Mensch hier zu gross umrührt.

Denn die Idee und der Anspruch sind seit jeher klar: «Ein Wein ist viel mehr als Süsse, Säure und Alkohol», sagt Pflüger. Mikroklima, Rebsorte und Standort der Rebe sind entscheidend. Und: wie es im Weingarten aussieht. Über und unter der Erde. «Auch bedurfte es Mut, Jahrgänge auch zuzulassen, wenn sie denn schlanker sind», sagt Pflüger, und eben nicht in «winemaking» zu verfallen, das die Jahrgänge aneinander anpasst. Auch das ist dann nicht mehr authentisch.

So wären die Jahrgänge 2014 und 2016 in der Pfalz recht schlank ausgefallen. «Sie haben aber nur mehr Zeit gebraucht, um zu reifen, und bieten jetzt grosses, anhaltend elegantes Trinkvergnügen. Der Mut hat sich ausgezahlt. Wie toll das sein kann, wenn Weine Zeit bekommen, zu reifen», so Pflüger.

Das Weingut Pflüger ist ein Familienbetrieb, das Besucher und Interessierte herzlich zu sich einlädt.
Das Weingut Pflüger ist ein Familienbetrieb, der Besucher und Interessierte herzlich zu sich einlädt.

Die Grundmotivation für Alex Pflüger und seine Familie war, ökologisch zu arbeiten und die Vielfalt zu fördern. Das hiess auf dem Weingut Pflüger also auch, die Kompostarbeit wieder einzuführen, mit Begrünung zu arbeiten und somit den Weingarten und die Reben zu stärken.

Angeheirater Herrenberg

Eine der liebsten Lagen von Alex Pflüger ist der Herrenberg. Zum einen, weil die Prestigelage in der Pfalz einer der ersten Weinberge war, in dem Alex kurz nach seiner Rückkehr in den Familienbetrieb Spätburgunder, also Pinot Noir, pflanzte. Heute wachsen auf vierzig Hektar Rebfläche insgesamt zu sechzig Prozent weisse Trauben. Von den vierzig Prozent roten Trauben sind wiederum achtzig Prozent mit Pinot Noir bestockt. Der elegante, feinfruchtige Rotwein steht für die Region, und für die Familie Pflüger.

Der zweite Grund, warum Alex Pflüger diesem Weinberg besonders verbunden ist, ist die Geschichte, wie er in die Familie kam. «Mein Grossvater hat meine Oma geheiratet, die aus dem Nachbarort, aus Ungstein, kommt. Das war damals ein Skandal, jemanden von einem anderen Dorf zu heiraten», lacht der Delinat-Winzer, obwohl der Weinberg nur zwei Kilometer vom Weingut entfernt liegt. Heute wachsen Riesling und Spätburgunder in Eintracht auf dem Herrenberg nebeneinander. Und inzwischen ist es auch für die Winzer in Ungstein in Ordnung, dass ein Winzer aus dem nahegelegenen Bad Dürkheim die Lage betreut.

-> Zu den Weinen von Alexander Pflüger

Mykorrhiza: Wie Pilze dem Wein helfen

Gross und stark gewinnt. Wirklich? Mikroorganismen, Sporen und Pilzgeflechte belehren uns eines Besseren. Die Wissenschaft spricht von einem ungeborgenen Schatz, wenn es um das Mykorrhiza-Geflecht unter der Erde geht. Auch auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier zeigt Mykorrhiza, wie Pilze dem Wein helfen.

Es mutet etwas ungewöhnlich an, wenn man der jungen Frau im Weingarten zusieht, wie sie in kurzer Kleidung und bei sommerlichen Temperaturen in eine Decke gewickelte Jungreben durch die Rebzeilen trägt. Immer wieder bleibt sie stehen, dreht die Jungrebe in einer Flüssigkeit und reicht die Rebe weiter an ihren auf dem Boden knienden Kollegen. Dieser hat zu jenem Zeitpunkt bereits ein kleines Loch ausgehoben und setzt die Pflanze behutsam hinein. Auch das geschieht im Schatten der Decke. Sie schützt die Reben vor zu starker Sonneneinstrahlung beziehungsweise das, was über die Flüssigkeit auf die Wurzeln der Rebe gelangt ist: lebende Ektomykorrhiza.

Pioniergeist auf Château Duvivier

Die Rebflächen, auf denen Lara Spresser, Verantwortliche für die Weingarten-Versuche auf Château Duvivier und Delinat-Winzerberater Daniel Wyss mit Kuscheldecke und jungen Rebbüscheln umherschreiten, gehören zu Château Duvivier, dem Delinat-Forschungsweingut in der Provence. Es ist April im Jahr 2023 und der Beginn eines wegweisenden Projekts mit Mykorrhiza und deren positiver Wirkung auf die Reben. «In Symbiose mit Mykorrhizapilzen können Rebwurzeln ein bis zu zehnmal grösseres Bodenvolumen erschliessen. Das heisst, sie können auch mehr Wasser und Nährstoffe erschliessen. Das ist genial», erklärt Daniel Wyss das Pionierprojekt von Delinat.

Französin Lara Spresser ist verantwortlich für die Weingarten-Versuche auf Château Duvivier
Französin Lara Spresser ist verantwortlich für die Weingarten-Versuche auf Château Duvivier

Mykorrhiza: Wie Pilze dem Wein helfen

Menschen, Tiere und auch Pflanzen gelten weitgehend als erforscht. Anders verhält es sich, was Mikroorganismen, Pilze und insbesondere das weisse Pilzgeflecht unter der Erde, die sogenannte Mykorrhiza, betrifft. Es vernetzt Pflanzen unter der Erde und versorgt sie mit Nährstoffen. Im Gegenzug profitiert das Pilzgeflecht, beziehungsweise Pilzmyzel, von der Fotosynthese der Pflanze. Eine einzigartige Symbiose, von der 90 Prozent der Pflanzen profitieren. Ein Netzwerk aus Nährstoffen und Kommunikation über dünne Pilzfäden, die die Wissenschaft als ungehobenen Schatz, ja gar als Schlüssel zur Lösung vieler Probleme unserer Zeit sieht.

Mykorrhiza ist …

… ein weisses Pilzgeflecht, auch Myzel genannt, das Pflanzen miteinander verbindet und mit Nährstoffen versorgt.
… ein Netzwerk, von dem ein Grossteil der Pflanzen profitiert.
… als Ektomykorrhiza eine Form von Symbiose zwischen Pflanze und Pilzen, bei der die Pilzfäden, sogenannte Hyphen, in die Wurzelrinde, aber nicht in die Zelle eindringen. Der Pilz versorgt die Pflanze mit Nährstoffen und Wasser, im Gegenzug für Kohlehydrate. Diese lebenswichtige Liaison hält in der Regel ein Leben lang an. Die Anwendung von Ektomykorrhiza im Weinbau erfolgt in der Regel mit aktivem Ektomykorrhiza.
… als Endomykorrhiza, ein Pilzmyzel, das mit der Pflanze nur eine kurze Partnerschaft eingeht. Die Hyphen dringen in die pflanzlichen Zellen der Wurzel ein, und tauschen dort Nährstoffe und Wasser gegen Kohlehydrate aus. Die Anwendung von Endomykorrhiza erfolgt in der Regel mit getrocknetem Pilzgut. Diese werden durch Zugabe von Wasser im Weingarten wieder reaktiviert.

Vergleichbar ist die Thematik etwa mit der Erforschung des menschlichen Darms. Auch hier werken Mikroorganismen: Der Darm hat nach dem Gehirn die meisten Nervenzellen im Körper, und doch wird er erst seit einigen Jahrzehnten in Betracht gezogen, wenn es um Diagnosen und Symptombestimmung geht. Der Volksmund spricht ja schon länger von Dingen, die einem «auf den Magen schlagen». Und nun kommt die Wissenschaft auch immer mehr dahinter, dass nicht nur «für jedes Leiden ein Kraut», sondern vor allem ein Pilz gewachsen ist. Viele von uns haben bereits von Mykorrhiza gehört. Nur haben wenige die weissen, dünnen Fäden, die sich offenbaren, wenn man Laub im Wald umdreht, schon genau betrachtet. Tausende von Fäden, durch die Nährstoffe, Zucker und vieles mehr fliessen. Und das die Pflanzen, ja einen ganzen Mikrokosmos, miteinander verbindet.

Was Pilze alles können

«Wenn von Pilzen die Rede ist, sprechen viele nur von dem sichtbaren Stiel mit Hut über der Erde. Dabei sind das nur die Fruchtkörper, wie die Äpfel vom Baum», erklärt der Pilzforscher Patrik Mürner. Schon sein Vater war Mykologe. Durch ihn und durch die Beobachtung der Natur hat Patrik Mürner erkannt, dass alles durch Pilze verbunden ist. Der Forscher hat bereits bewiesen, dass es möglich ist, mit dem richtigen Pilzgeflecht mit Schwermetallen belastete, vermeintlich abgestorbene Landstriche wiederzubeleben. «Es gibt eine Vielzahl von Mykorrhiza-Stämmen», erklärt Mürner.

Mykorrhiza, so heisst das
weisse Pilzgeflecht unter der
Erde, das Organismen miteinander
verbindet und mit
Nährstoffen versorgt. Ein
Netzwerk, von dem 90 Prozent
der Pflanzen, darunter
auch die Reben, profitieren.
Mykorrhiza, so heisst das weisse Pilzgeflecht unter der Erde, das Organismen miteinander verbindet und mit Nährstoffen versorgt. Ein Netzwerk, von dem 90 Prozent der Pflanzen, auch die Reben, profitieren.

In der Praxis unterscheidet man insbesondere zwei Arten: Endo- und Ektomykorrhiza. Pilzexperte Patrik Mürner arbeitet vorwiegend mit lebender Ektomykorrhiza. Mürner dazu: «Die Liaison dieses Pilzgeflechts mit der Pflanze hält in der Regel ein Leben lang». Ganz im Gegensatz zu der meist getrocknet verabreichten Endomykorrhiza. Diese werde vor allem im Gemüseanbau genutzt oder bei der Neupflanzung von Bäumen. «Nach einem Jahr in etwa löst sich die Pflanzennachbarschaft mit der Endomykorrhiza auf beziehungsweise geht über in eine Verbindung mit im Boden bereits vorhandener Ektomykorrhiza», erklärt Mürner. Und das ist die Verbindung, die sich der Pilzexperte wünscht: Denn Ektomykorrhiza versorgt ein Pflanzenleben lang mit Wasser und wichtigen Nährstoffen und stärkt sie gegen Krankheiten.

Pilzgeflecht in der Provence

Die Neupflanzungsversuche im April des Vorjahrs starteten Daniel Wyss, Lara Spresser und ihr Team auf Château Duvivier mit Ektomykorrhiza. Auch bestehende Weingärten wurden mit Lebendmyzel inokuliert, also beimpft. Dabei sei das eine ungeheure Aufregung gewesen, erzählt Daniel Wyss: «Das Pilzmyzel ist sehr empfindlich. Es muss zwar gekühlt gelagert werden, darf aber nicht unter eine Temperatur von zwei Grad Celsius geraten. Lara und ich hatten wirklich aufregende Tage, voller Sorge, ob die Kühlkammern wohl konstant funktionieren und ob beim Pflanzen das Sonnenlicht wohl nicht zu direkt auf das Myzel gerät. Und schlussendlich natürlich, inwiefern unsere Reben reagieren. «Schon Wochen nach der Behandlung war der Unterschied frappant», lächelt Daniel Wyss erleichtert.

Die Erleichterung kommt für Daniel Wyss auch daher, da die Anwendung von Mykorrhiza eine kostspielige Angelegenheit ist. Das, so meint der Experte, ist auch der Grund, warum die Arbeit mit dem Pilzgeflecht noch nicht umfassend etabliert ist. Obwohl sie das Wachstum der Rebe nachweislich stärkt und auch bei Trockenheit zuträglich ist. «Dieses Jahr starten wir in den verschiedensten Parzellen Versuche mit getrockneter Endomykorrhiza», sagt der Delinat-Winzerberater. «Denn dieses ist in der Anwendung viel einfacher. Die getrockneten Endomykorrhiza-Sporen sind in ein Mykorrhiza-Biokohle-Granulat eingebaut.

Mykorrhiza-Versuche auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence: linker Hand eine mit Mykorrhiza behandelte Unterlagsrebe, rechter Hand eine unbehandelte Unterlagsrebe. Die Unterschiede in der Wuchskraft sind frappant.
Mykorrhiza-Versuche auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence: linker Hand eine mit Mykorrhiza behandelte Unterlagsrebe, rechter Hand eine unbehandelte Unterlagsrebe.

Die Kohle zieht Feuchtigkeit, die die Sporen im Weingarten wiederum zum Leben erweckt. Dieses bringen wir am Weingut grossflächig aus. Ich bin schon gespannt, wie der Versuch anzieht», erzählt Daniel Wyss. Während der erste Versuch mit lebendigem Ektomykorrhiza vor allem dem Wachstum der Rebe hilft, soll das Ausbringen von Endomykorrhiza als Granulat nun insbesondere dem Problem der zunehmenden Trockenheit entgegenwirken.

Pilze gegen die Hitze

Der Pilzforscher Patrik Mürner spricht sich klar dafür aus, «dass in Zukunft jeder Baum, jede Rebe aus der Rebschule bereits mit Mykorrhiza versehen sein soll.» Schon vor mehr als zehn Jahren hätten er und sein Team im Zuge einer gross angelegten Forschungsarbeit in Kroatien bewiesen, dass so auch der Anbau in von Austrocknung gefährdeten Zonen möglich sei. Mürner: «Von 2006 bis 2012 haben wir mit Neupflanzungen in ariden Zonen experimentiert. 70 Prozent der Pflanzen mit Mykorrhiza haben die Hitze überlebt. Bei den unbehandelten Pflanzen im Versuch waren es maximal 5 Prozent, die überlebt haben.» Im heissen Südportugal, im Alentejo, arbeitet Helena Manuel seit über einem Jahrzehnt mit hilfreichen Pilzen und ihrer Symbiose mit den Reben.

Seit 2019 experimentiert Helena nun auch mit Mykorrhiza. Helena ist Betriebsleiterin auf dem Delinat-Weingut Vale de Camelos. Sie inokuliert ausnahmslos alle ihre Reben bei der Neupflanzung mit Mykorrhiza oder Trichoderma, einer speziellen Pilzgattung, die mit der Pflanze interagiert. Die Ergebnisse sprechen für sich. «Pilze sind eine gute Sache. Meistens verbinden wir Pilze generell mit Krankheiten. Dabei gibt es schlechte und sehr gute Pilze. Manche Verbindungen lösen gar Blockaden der Nährstoffaufnahme und lassen gleichzeitig die unerwünschten Pilze nicht hinein.»

Lebendiges zu Lebendigem

Mit lebendigen Organismen für eine ausgewogene Natur zu arbeiten, ist für Helena Manuel nur logisch. «Es ist eine ganz grosse Möglichkeit, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Pilze und ihre Geflechte stärken Pflanzen und ganze Landschaften. Hitze, überhöhte Salzgehalte im Boden, und Nährstoffmangel: All das gleicht diese wunderbare Symbiose aus Pilz und Pflanze aus.» Um also wieder auf die mit Kuscheldecken ausgestattete Forschungscrew im Weingarten von Château Duvivier zurückzukommen: Die Arbeit mit Mykorrhiza erscheint eine zu sein, von der die Rebe und im Endeffekt wir alle profitieren. «Dafür hat sich die ganze Aufregung schon bezahlt gemacht», lächelt der Delinat-Winzerberater.

Fakten aus der Pilzwelt

… Verbunden durch das feine Pilzmyzel, Mykorrhiza, erfolgt eine Symbiose zwischen Pilz und Pflanze. Der Pilz bringt Nährstoffe und Wasser, die Pflanze Kohlehydrate mit ein.
… Bekannte Mykorrhiza-Pilze sind der Steinpilz oder der Fliegenpilz.
… Weltweit existieren 2,2 bis 3,8 Millionen Pilzarten. Nur sechs Prozent davon sind beschrieben.
… 90 Prozent der Pflanzen profitieren von Mykorrhiza oder sind sogar auf sie angewiesen.
… Mykorrhiza hängt wesentlich von den Bedingungen in der Umgebung ab. Konventionell bewirtschaftete und überdüngte Böden beheimaten kaum Mykorrhiza. Damit sie gedeihen, darf der Boden nur spärlich bearbeitet werden.
* Aus dem Buch: Merlin Sheldrake: «Verwobenes Leben – Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen», Ullstein Verlag 2020, 464 Seiten



Ferien auf Château Duvivier

Tamara Dominkovic ist Gastgeberin mit Leib und Seele. Auf unserem Modellweingut lernt man nicht nur die Delinat-Methode aus nächster Nähe kennen, man erlebt dank Tamara und ihrem Team auch unvergessliche Ferien auf Château Duvivier im Herzen der Provence.

Tamara Dominkovic, wie lange arbeitest Du schon auf Château Duvivier?
Für mich startet Ende März die dritte Saison. Château Duvivier ist mein Zuhause geworden. Man baut sich ja auch ein Umfeld auf. Ich bin heuer schon früher angereist, weil ich mein Zuhause vermisst habe. Ich fühle mich gut und entspannt hier, und bin definitiv angekommen. Und dieses gute Gefühl geben ich und mein Team an unsere lieben Gäste weiter. So wird es uns zumindest immer gesagt. (lacht)

Was bedeutet Château Duvivier für Dich?
Dieser Ort ist etwas ganz besonderes. Auch Gäste bestätigen mir immer wieder, dass sie hier zur Ruhe kommen, wie selten anderswo. Dieser wunderschöne Ort hat mich vom ersten Probearbeiten an total eingenommen. Diese unberührte Natur und die Ruhe, dieser Ort strahlt eine ganz eigene Magie aus. Ich habe mir von der ersten Minute an gewünscht, hierher zurückkommen zu dürfen.

Tamara Dominkovic ist Gastgeberin mit Herz und Seele auf Château Duvivier
Tamara Dominkovic ist Gastgeberin mit Leib und Seele auf Château Duvivier.

Und jetzt geht es schon in die dritte Saison. Wie kann man sich Deine Aufgabe als Gastgeberin vorstellen?
Ich bin während der Saison immer vor Ort und verantwortlich für den intakten Toaster in der Früh bis hin zur Budgetkalkulation für das Château. Es liegt uns allen sehr am Herzen, dass die vermeintlich schönste Zeit im Jahr unserer Gäste – nämlich ihre Ferien – auch wunderschön, reibungslos und entspannt für sie verläuft. Das macht den Aufenthalt bei uns besonders. Der Erfolg unseres persönlichen Konzepts gibt uns glücklicherweise recht.

Einzigartige Naturerlebnisse

Wie sieht denn nun ein klassischer Aufenthalt auf Château Duvivier aus?
Die meisten unserer Gäste bleiben für eine Woche auf dem Weingut. Nach Tagen des Ankommens und Einfühlens gehe ich gerne mit unseren Gästen in die Weinberge. Wir sehen uns die Reben und die Natur an und sprechen darüber, wie bei uns Wein nach der Delinat-Methode gemacht wird. Natürlich gibt es zu jeder Zeit und besonders zu unseren feinen Abendessen sogleich die Probe aufs Exempel, wie die Weine aus so naturreichen Weinbergen schmecken.

Die Natur hier ist einzigartig. Natürlich statten wir unsere Gäste mit vielen Geheimtipps aus, zum Beispiel welches hier die schönsten Flecken Natur auf diesem an sich schon schönen Fleckchen Erde sind. Das reicht bei uns bis hin zu Empfehlungen, wer denn das beste Obst und Gemüse am Markt im nahegelegenen Dorf verkauft, und wo man mit Hund am besten spazieren kann.

Du bist selbst in vierbeiniger Gesellschaft hier, oder?
Ja, Tassilo mein Hund ist ein Herz. Sehr ruhig und sozial, er passt sich an alle an. Auch an die anderen Vierbeiner, die hier bei uns sehr willkommen sind. Gäste kommen gerne zu uns mit ihren Tieren. Hier gibt es für alle sehr viel zu entdecken. Nebst der unglaublichen Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt.

Tamaras Hund Tassilo heisst die Besucher auf Château Duvivier ebenso herzlich willkommen.
Tamaras Hund Tassilo heisst die Besucher auf Château Duvivier ebenso herzlich willkommen.

Exklusive Ferien auf Château Duvivier

Doch auch von der Zimmeranzahl her bleibt die Gästeanzahl in jedem Fall exklusiv, nicht wahr?
Wir haben 10 Zimmer mit einer Maximalbelegung von 20 Gästen. Also ja, Château Duvivier ist zu jeder Zeit ein Ort der Entschleunigung und des Ankommens für ein exklusives Grüppchen.

Wir sind eingebettet in unsere Weinberge. Wir leben den Wein. Das Château und seine Geschichte, wie guter Wein gemacht wird, Touren durch die Weinberge und den -keller, das alles erlebt man hier auf Château Duvivier. Mit unseren Dîners bringen wir die Provence auf den Teller. Wir machen authentische Küche erlebbar, und doch verläuft jede Woche anders, weil die Gäste immer andere sind. Bei einem hohen Anteil an Menschen, für die kein Jahr mehr ohne einen Aufenthalt bei uns vergehen soll, kommen auch immer mehr neue Gäste zu uns.

Selbstverständlich gilt es auch alle Naturschätze der Provence zu degustieren.

Weil sie von Château Duvivier gehört haben?
Ja, und von dem eigenen Kosmos den es darstellt. Wir unterscheiden uns ganz klar von der 0815-Hotellerie, wie man sie kennt. Unser Kontakt mit den Gästen ist sehr persönlich. In den Zimmern gibt es kein Wifi, das finden die meisten sehr gut. Es ist ruhig und entspannt und die Tierwelt sowie die Natur rund um das Schloss sind ein Traum.

Ich bin Zuhause angekommen, dieser Ort verleiht mir Leichtigkeit und erfüllt mich mit Freude.

Wir freuen uns auf alle Menschen, die die Magie dieses Ortes auch spüren wollen, und heissen sie herzlich willkommen auf Château Duvivier.

Die Delinat-Methode in Portugal, Deutschland und der Schweiz

Wir haben unsere Delinat-Winzer Anjte Kreikenbaum in Portugal, Roland Lenz in der Schweiz und Timo Dienhart in Deutschland gefragt, wie das Jahr 2023 auf ihren Weingütern verlaufen ist, und wie die Delinat-Methode bei vermehrt wechselhaftem Wetter naturnahen Weinbau ermöglicht.

Durch den Klimawandel bedingte Wetterkapriolen zählen inzwischen europaweit zu den Herausforderungen im Weingarten. Dennoch war 2023 ein gutes Jahr in Deutschland. Timo Dienhart, Delinat-Winzer an der Mosel, berichtet: «Im Frühjahr war es kalt und nass, danach wochenlang sehr heiss und trocken. Im August hat es dann ergiebig geregnet, ehe im September der Hochsommer zurückgekommen ist.»

Resiliente Reben und ein gesundes Ökosystem halten bei Wetterkapriolen dagegen.
Resiliente Reben und ein gesundes Ökosystem halten bei Wetterkapriolen dagegen.

Für sie als Winzer bedeutet das zwar mehr Arbeit bei weniger Ertrag, und doch ist er mit der Qualität der Trauben, die nun in seinem Keller zu eleganten Weinen heranwachsen, hochzufrieden. «Ich erwarte tolle Weine», so Dienhart. Was die Ernte aus den mit robusten Reben bepflanzten Weingärten, inzwischen knapp 19 Prozent bei Dienhart, betrifft, so ist sich der Delinat-Winzer sicher: «Diesen Trauben gehört die Zukunft des Weinbaus. Auch bei extremer Witterung benötigen sie nur einen Bruchteil des Pflanzenschutzes, der bei traditionellen Rebstöcken notwendig ist».

Im Schweizer Iselisberg haben Roland und Karin Lenz und ihr Team im Vorjahr eine grossartige Traubenqualität eingefahren. «Was am 23. August mit Solaris startete, endete am 5. Oktober mit Souvignier gris», heisst es auf dem Delinat-Weingut in der Deutschschweiz. Im Team haben sie 2023 rund 1,7 Millionen Trauben von Hand geerntet. Und diese waren zu 99,9 Prozent reif und gesund. Karin und Roland Lenz sind begeistert: «Dieser Jahrgang zeigt, zu welcher Qualität ein harmonisches Zusammenspiel aller Lebewesen im Weingarten führt.»

Wie die Delinat-Methode naturnahen Weinbau ermöglicht

Nomen est omen, also der Name Programm, das könnte man im Tal der Kamele, dem Weingut Vale de Camelos im südportugiesischen Alentejo, denken. Es ist schon länger bekannt, dass dieser heisse Landstrich zunehmend einer Wüste gleicht. Antje Kreikenbaums Vater nahm sich vor nunmehr 40 Jahren den 1000 Hektar Land im Süden Portugals an. Seit 20 Jahren verwaltet Antje Kreikenbaum zusammen mit Ihrer Familie und einem engagierten Team die Finca in Portugal.

Antje Kreikenbaum und ihr Team von Vale de Camelos im Alentejo haben sich zeitig auf die Herausforderungen des Klimawandels eingestellt.
Antje Kreikenbaum und ihr Team von Vale de Camelos im Alentejo haben sich zeitig auf die Herausforderungen des Klimawandels eingestellt.

Gemeinsam, und mit Agraringenieurin Helena Manuel, sowie Marta Pereira als Önologin, verwaltet Antje die inzwischen 30 Hektar Reben, die fünf Stausseen, Wälder sowie Johannisbrotbäume und Olivenhaine zur Gewinnung von Olivenöl. Seit 13 Jahren arbeitet das Weingut nach den Delinat-Richtlinien. «Der Anspruch, die Welt ein bisschen besser zu machen», das sei der Punkt gewesen, an dem sich Vale de Camelos und Delinat auf Anhieb getroffen haben. «Es ist auch nicht normal, dass sich ein Weinhändler so um seine Winzer kümmert», so Kreikenbaum.

Des einen Zukunft des anderen Gegenwart

«Trockenheit ist bei uns seit jeher ein Problem», so die gebürtige Deutsche, sie hätten sich und ihre Reben aber früh genug an die Gegebenheiten angepasst. «Wir ernten immer nachts, damit die Trauben kühl bleiben, und die Bäume, die wir im und um die Weingärten gepflanzt haben, spenden Schatten. Das vermindert auch den Wasserbedarf der Reben. Seit wir in Absprache mit Delinat die Anzahl der Bäume vergrössert haben, hat sich auch der Humusgehalt im Weingarten erhöht und die Böden können das Wasser besser speichern», so die Winzerin.

All diese Dinge benötigten Geduld und auch finanziell einen langen Atem. Investitionen in Wasser und Wald, die sich mehr als ausgezahlt haben, so Antje. «Wir speichern unser Wasser nicht nur, wir haben auch unsere neuen Weingärten nach Höhenlinien angelegt, so dass die Reben selbst bei Starkregen viel Wasser aufnehmen und so gut wie keine Erosion stattfindet.»

Auch sie hätten dabei eine Menge an Fehlern begangen und Einbussen in Kauf genommen. «2022 haben wir zum Beispiel unsere Art des Rebschnitts umgestellt, damit die Reben noch gesünder werden. Das müssen wir und unsere Mitarbeiter erst richtig lernen. Daher gibt es 2023 alleine deswegen ein wenig Ertragseinbussen», sagt Kreikenbaum.

Wetter und Winzer machen den Wein

Aber man müsse eben mit der Zeit gehen. Nur so sei es möglich, dass ihr Einstiegs-Rotwein beim Decanter World Wine Award, für den 16’500 Weine eingereicht wurden, mit der Platinmedaille ausgezeichnet wurde. Kürzlich kam die Nationale Auszeichnung für Nachhaltige Landwirtschaft hinzu, für die sich in etwa tausend portugiesische Weingüter beworben hatten.

Auch die Umsetzung von gleichen Rechten und Bezahlungen für Frauen und Männer ist wahrgenommen und prämiert worden (Prémio Igualdade Salarial).

Valhe de Camelhos zeigt, wie naturnaher Weinbau in einem trockenen Gebiet funktioniert
Vale de Camelhos zeigt, wie naturnaher Weinbau in einem trockenen Gebiet funktioniert

Der Beweis dürfte unter anderem damit als erbracht gelten, dass in einem sehr trockenen Landstrich naturnaher, fairer Weinbau sowie die Produktion von hochwertigem Wein möglich ist. Auch wenn Länder wie die Schweiz oder Deutschland 2023 von Wetterextremen zum Grossteil verschont geblieben sind, so ist das Weinjahr 2023 dennoch in jeder Beziehung ein herausforderndes gewesen.

Wenig überraschend hatten auch die beiden Delinat-Winzerberater Daniel Wyss und Arina Schefer in diesem Jahr alle Hände voll zu tun und reisten von einem Wetterextrem ins andere: «Die Lage ist ernst, doch gerade unsere Delinat-Winzer verfügen über genügend Wissen und Stücke heiler Natur, um die Herausforderungen des Klimawandels bei weiterer Produktion von gutem Wein zu meistern. Unser Zusammenhelfen in der Hinsicht ist wichtiger denn je.»

Wenn der Winter zu warm wird

2024 ist der wärmste Februar seit 1881. In Teilen Südspaniens wurden im Januar bis zu 28 Grad gemessen. Wir haben die Delinat-Winzer Carlos Laso und Roland Lenz gefragt, wie sie und ihre Reben mit steigenden Temperaturen in der eigentlich kalten Jahreszeit umgehen.

Mit kurzärmeligem Polo begrüsst uns Delinat-Winzer Carlos Laso aus Valencia. Die schwarze Daunenjacke bleibt wieder einmal im Büro und setzt dort in der Ecke Staub an. Es ist zwar Winter, aber kalt ist es nicht. «Wir hatten im Dezember bis zu 24 Grad Lufttemperatur», erzählt der Spanier. Im Sommer häufen sich die Tage, in denen es zwischen den Rebzeilen über 35 Grad heiss wird.

Auch Delinat-Weinberater Daniel Wyss bestätigt: «Ende Januar herrschten während zwei Wochen Temperaturen von 15 bis 25 Grad Celsius in der Weinregion Roussillon nahe der spanischen Grenze. Solche und andere Rekorde werden immer häufiger. Die Gefahr von solch milden Wintern ist der zu frühe Austrieb der Reben, die bei einem allfälligen Spätfrost grosse Schäden erleiden und zu einem totalen Ernteausfall führen können.» 

Nichts wie es früher einmal war

Die grösste Herausforderung im Süden Europas sind allerdings nicht nur die steigenden Temperaturen. Carlos beunruhigt auch, dass inzwischen jede Jahreszeit anders und unberechenbar geworden ist. «Im Jahr 2022 hatten wir von Januar bis Mai 1000 Millimeter Niederschlag. 2023 waren es null.» Man kann sich auf nichts, und muss sich gleichzeitig auf alles einstellen.

Carlos Laso spiegelt die Landschaft in seinen Weinen wider
Carlos Lasos Anspruch ist, die Landschaft in seinen Weinen widerzuspiegeln

Hitze macht der Rebe weniger als Durst

Die grösste Herausforderung für die Reben ist die steigende Trockenheit, sagt Carlos Laso und blickt dabei sorgenvoll in den Norden, Richtung Katalonien. (siehe Beitrag «Anhaltende Trockenheit in Katalonien»). Inzwischen weiss die Welt von den prekären Zuständen im Landstrich rund um Barcelona. Von einer Jahrhundert-Trockenheit ist gar die Rede.

Carlos Laso nahe Valencia zählt in seinem Wasserretentions-System 16 Becken, die das Regenwasser auf der Fläche kanalisieren und zurückhalten. «2022 sind die Becken aufgrund des starken Regens fast überlaufen. In diesem Jahr sind wir heilfroh, dass wir die Becken errichtet haben. Die Unterstützung und das Know-how von Delinat sind für mich essenziell», so der Delinat-Winzer.

Im Osten viel Neues

Wasser gibt es bei Delinat-Winzer Roland Lenz am Schweizerischen Iselisberg seit November 2023 genügend. Auch wenn die Winter davor sehr trocken gewesen seien, so Lenz. Die steigenden Temperaturen beeinflussen seine Arbeiten im winterlichen Rebberg zunehmend.

Delinat-Winzer Roland Lenz (li.) und Rebenzüchter Valentin Blattner (re.) im Lenzer Versuchsweingarten.
Delinat-Winzer Roland Lenz (li.) und Rebenzüchter Valentin Blattner (re.) im Lenzer Versuchsweingarten.

«Es ist augenscheinlich, dass die Reben immer früher austreiben. Darum ergreifen wir Methoden, um den Austrieb zu verzögern», so Roland Lenz.

Wenn der Winter zu warm wird

Zum einen erfolgt bei Roland Lenz der Rebschnitt immer später im Jahr. Während man noch vor einigen Jahren mit dem Winterschnitt bereits Ende Januar fertig war, werden 2024 gerade erst die letzten Schnitte im Weingarten vorgenommen. Dass der Saftstrom in den Reben, der in «normalen» Jahren erst Anfang März eingetreten ist, bereits im Februar eingesetzt hat, stört dabei nicht weiter.

«Es geht darum, den Austrieb zu verhindern und gegen Fröste, die später im Jahr auftreten können, abzusichern», so Lenz. Eine weitere Methode besteht darin, eine sogenannte Frostrute zusätzlich stehen zu lassen. Das macht sich insbesondere bei früh austreibenden Sorten wie Muscaris, Solaris und Cabernet blanc bezahlt. Kommt der Frost, sind noch genügend Augen da, um Blüten und Fruchtkörper zu bilden.

Bordeaux ist hoch

Aufwendiger aber auch effektiver ist es, den Bordeaux-Rebschnitt bei einer Reberziehung auf zwei Meter Höhe durchzuführen. Beim Bordeaux-Rebschnitt wird nur ein einziger horizontaler Zweig stehen gelassen, der dafür über bis zu zehn Augen verfügt. Durch diese Methode verzögert sich der Austrieb noch mehr als beim späten Rebschnitt. «Nachdem hier mehr Augen stehen gelassen werden, muss man die Reben gut beobachten, um unsere gewohnt hohe Qualität zu halten. Diese Art des Rebschnitts in der Höhe eignet sich nicht für alle Rebsorten», sagt Lenz.

Roland Lenz ist sich sicher: «Wir müssen einfach flexibel bleiben. Jammern hilft nichts», so der Schweizer am Iselisberg, der durch die genaue Beobachtung seiner Reben und durch seinen Innovationsgeist seit Jahrzehnten Weinbau praktiziert, der seiner Zeit voraus zu sein scheint.

Delinat-Experte Daniel Wyss weiss durch die Beratung von Weingütern in ganz Europa: «Weingärten und Reben die durch die Delinat-Methode gestärkt werden, sind resilienter gegen zunehmende Wetterkapriolen» Das umfasst Massnahmen zur Wasserretention, den Anbau von pilzresistenten Rebsorten, Mischkulturen mit Bäumen und Sträuchern, welche auch die Biodiversität fördern, und viele zusätzliche Massnahmen, bei denen der Delinat-Winzerberater mit Rat und Know-how zur Seite steht. Auf diese Art und Weise erhalten die Reben genügend Abwehrkräfte, um klimatischen Herausforderungen in Zukunft besser standzuhalten.

«Im Boden schlummert die Lösung für den Klimawandel»

In vielen Weinregionen Europas hat der Klimawandel eine neue Dimension erreicht. Zu viel Feuchtigkeit oder extreme Trockenheit stellen auch Delinat-Winzer vor immer grössere Herausforderungen. Unser Interviewpartner, der Physische Geograf Stefan Schwarzer ist Experte für eine ressourcenaufbauende Landwirtschaft. Für ihn birgt der Boden die Lösung für den Klimawandel.

Wetterextreme wie Starkregen und Trockenperioden stellen Landwirtschaft und Weinbau vor grosse Herausforderungen. Wie konnte es so weit kommen? Was ist falsch gelaufen?
Stefan Schwarzer: Es gibt zwei Ebenen. Zum einen spielt der menschengemachte Klimawandel durch Treibhausgasemissionen eine wesentliche Rolle. Zum anderen sind es aber auch die Landnutzungsänderungen, denen meiner Meinung nach eine weit grössere Rolle zukommt, als ihnen bisher zugestanden wird.

Meinen Sie damit Fehlentwicklungen in der Agrarwirtschaft?
Genau. Landnutzungsveränderungen, aber eigentlich ja Landzerstörungen für Landwirtschaft und Siedlungen, haben sowohl Einfluss auf das Klima wie auch auf das Wasser und den Wasserhaushalt. Beides hängt eng miteinander zusammen. Wenn wir überall das Wasser mittels Drainagen, Gräben und Kanalisation wegführen, dann sollten wir uns nicht wundern, dass das Land langsam austrocknet.

Die Umwelt, ein Kreislauf

Wie hängen denn Wasser- und Energiekreislauf zusammen, und warum ist das wichtig in der Landwirtschaft und in der Diskussion um den Klimawandel?
Der Energiekreislauf in der Atmosphäre ist stark mit dem Wasser gekoppelt. Wenn wir mit Vegetation bedeckte Böden haben, wird der grösste Teil der einfallenden Sonnenenergie genutzt, um flüssiges Wasser in Wasserdampf umzuwandeln, was ein recht energieintensiver Prozess ist. Diese nun als Wasserdampf gebundene Energie transportiert der Wind in höhere Schichten der Atmosphäre und führt dort zur Wolkenbildung.

Hierbei wird die gespeicherte Energie wieder freigesetzt, ein Teil davon kann im Weltall diffundieren. Die entstehenden Wolken führen dazu, dass ein Teil der einfallenden Sonnenenergie reflektiert wird. Alle drei Effekte sind vorteilhaft für eine Klimakühlung. Wenn ich nun aber stattdessen offene Böden habe oder zubetonierte Flächen, dann wird ein grosser Teil der Energie der Sonneneinstrahlung nicht in diese latente Energie umgesetzt, sondern der Boden und die untere atmosphärische Schicht werden stark erwärmt. Da über trockenen und heissen Flächen weniger Wolken entstehen und somit auch weniger Regen fällt, erhitzen sich Boden und Atmosphäre zusätzlich. Wir verstärken also mit unbedeckten und versiegelten Böden den natürlichen und menschengemachten Treibhauseffekt.

Monatelange Dürren und dann plötzlich sintflutartige Regenfälle: Diese zerstörerischen Wetterextreme sind in Spanien schon fast normal geworden. Auch der Delinat-Winzer Carlos Laso hat auf seinem Weingut Pago Casa Gran in der Nähe von Valencia in den letzten Jahren immer stärker die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Gemeinsam mit Delinat hat er sich entschlossen, seine Weinberge gemäss Permakultur-Ansätzen so umzubauen, damit diese Wetterextreme so gut wie möglich abgefedert werden. Das Beispiel von Pago Casa Gran zeigt, wie Weinbau auch in klimatisch schwierigen Regionen funktionieren kann und wie man nachhaltig Wassermanagement betreibt.

Der Weinbau der Zukunft

Fokussieren wir diese Problematik auf den Weinbau, wo die klimabedingten Herausforderungen gerade in den vergangenen drei Jahren stark zugenommen haben. Was passiert mit dem Weinbau in Europa in den nächsten Jahren?
Der Weinbau wird sicherlich zunehmend schwieriger und kostspieliger werden. Die Extreme der Trockenheit und der Niederschläge werden weiter zunehmen. Gerade im Weinbau, oft in heissen und trockenen Gebieten verbreitet, ist es heutzutage ein Problem, wenn der Niederschlag nicht in den Boden eindringen kann und den Reben, vor allem aber auch dem Bodenleben, nicht zur Verfügung steht. Das führt nicht nur zu Trockenstress für die Rebstöcke, sondern automatisch auch zu einer Verschlechterung der Bodenfruchtbarkeit. Der Schlüssel für die Gesundheit der Reben ist ein intakter, lebendiger Boden.

Wie lösen wir das Problem?
Im Boden schlummert die Lösung für den Klimawandel. Der grösste Hebel ist meiner Meinung nach der Humusaufbau. Wir müssen dafür sorgen, dass die Böden wieder lebendig werden und wie ein Schwamm wirken können. Dies geschieht aber nur durch die Förderung der Mikroorganismen im Boden.

Damit sind wir beim Thema «Aufbauende Landwirtschaft», mit dem Sie sich intensiv beschäftigen. Was verstehen Sie genau darunter?
Grundsätzlich geht es darum, die überstrapazierten, verarmten und verdichteten Böden wieder aufzubauen. Es reicht nicht mehr zu bewahren und bloss nachhaltig zu wirtschaften, sondern es geht darum, etwas, das zerstört worden ist, wieder aufzubauen. Das Schöne daran ist, dass die Natur eine sehr starke regenerative Kraft ist, die wieder gesunde und fruchtbare Böden schafft, wenn man die entsprechenden Massnahmen ergreift. Mit der Natur arbeiten und nicht gegen sie, lautet hier das Credo.

Zur Person

Stefan Schwarzer

Stefan Schwarzer

ist Physischer Geograf und Permakultur-Designer. Er arbeitete 21 Jahre lang für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in Genf, wo er sich mit globalen Umweltthemen beschäftigte. Die Verbindung globaler Interessen und Ziele mit lokalen Handlungen, vor allem in Form von einer aufbauenden Landwirtschaft in Anlehnung an die Permakultur, ist eines seiner Hauptanliegen. Er lebt seit Ende 2012 in der Lebensgemeinschaft Schloss Tempelhof in Baden-Württemberg, wo er aufbauende Methoden der Landwirtschaft mitgestaltet. Er ist Co-Autor des Buches «Die Humusrevolution» (2017) und «Aufbäumen gegen die Dürre» (2023).

Welche Massnahmen sind erfolgsversprechend?
Minimale Bodenbearbeitung, Untersaaten, Zwischenfrüchte, Kompostwirtschaft, Integration von Tieren in der Bewirtschaftung: Das alles fördert die so wichtige Biodiversität, insbesondere im Boden, was ganz zentral ist. Agroforst bringt mehr Vielfalt über dem Boden, Windschutz, besseres Kleinklima; Wasserretention und Keyline-Design, also höhenlinienparallele Bewirtschaftung, sind weitere wichtige Massnahmen.

Oft ist auch die Rede von «Regenerativer Landwirtschaft». Ist das dasselbe wie «Aufbauende Landwirtschaft»?
Der Begriff «Regenerative Landwirtschaft» verwenden heute zunehmend von Grosskonzernen, die diese Thematik nur sehr selektiv verstehen und sich bloss auf wenige konkrete Massnahmen beschränken. Mir ist der Begriff «Aufbauende Landwirtschaft» viel lieber, weil er die Problematik wirklich grundlegend und umfassend angeht.

Wo ordnen Sie den Begriff «Permakultur» ein?
Permakultur gehört wie die aufbauende Landwirtschaft zu den Überbegriffen für ganzheitliche Lösungen. Untergeordnet gibt es in beiden Fällen,wie oben erwähnt, Massnahmen und Methoden, die jeder Landwirt angepasst auf seine individuellen Bedürfnisse anwenden kann. Permakultur ist für mich ein Gestaltungskonzept für eine ganzheitliche Landwirtschaft. Die aufbauende Landwirtschaft sieht in der Permakultur ein wichtiges Werkzeug für die Entwicklung von Lösungen.

Wie weit entspricht die Delinat-Methode, welche eine grosse Biodiversität anstrebt und dem Klimawandel mit Massnahmen der Permakultur, Agroforst und der Züchtung neuer, robuster Rebsorten begegnet, der von Ihnen propagierten aufbauenden Landwirtschaft?
Mein Eindruck ist, dass Delinat hier eine super Arbeit macht. Biodiversität und zunehmend eben auch Wasserretention und Agroforstwirtschaft, wie sie jetzt beispielweise auf Château Duvivier vorherrscht, sind neben dem Humusaufbau wichtige Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft der Landwirtschaft und des Weinbaus.

Aufbäumen gegen die Dürre, ein Buch  von Stefan Schwarzer und Ute Scheub

Aufbäumen gegen die Dürre
Stefan Schwarzer, Ute Scheub
oekom verlag 2023, auch als E-Book erhältlich

1 2 3 16