Mediterranes Traumpaar

Rebstöcke und Olivenbäume sind knorrige Gesellen, die leicht hundert und mehr Jahre alt werden können. Auf vielen Weingütern im Mittelmeerraum sorgen sie für Vielfalt und werden für die Erzeugung hochwertiger, genussvoller Produkte genutzt: Wein und Olivenöl. Zu Besuch bei vier Delinat-Winzern, deren Herz nicht nur für Wein, sondern auch für Olivenöl schlägt.

Olivenöl-Ernte auf dem Weingut Sangiovanni

Salustri und der tausendjährige Olivenbaum

Unweit der Azienda Salustri steht ein Riese in der wilden Landschaft der Maremma: ein über tausendjähriger Olivenbaum. Monumental, vom Wind gewunden und gedreht, eine lebende Skulptur mitten in der Toskana. Leonardo Salustri hätte den uralten, knorrigen Gesellen gerne auf seinem eigenen Terrain, doch ganz so weit reichen seine Weinberge nicht. Sein Wunsch ist verständlich, denn Leonardo gehört zu jenen Winzern, die für ein erstklassiges Olivenöl dieselbe Leidenschaft an den Tag legen wie für guten Wein. Seine Beziehung zu diesem «Mutter-Olivenbaum» ist aber auch so gegeben. In Zusammenarbeit mit der Universität Pisa wurde Pflanzenmaterial dieses Baumes für die Pflanzung neuer Olivenhaine verwendet – auch auf der Azienda Salustri.

Tausendjähriger Olivenbaum in der Toskana

Neben neueren Olivenbäumen betreut Leonardo solche, die bereits mehrere hundert Jahre auf dem Buckel haben. Insgesamt wachsen bei Salustri rund 6000 Bäume der Sorten Olivastra, Frantoio, Moraiolo und Leccino auf einer Fläche von etwa 30 Hektar. Die Oliven werden normalerweise von Anfang Oktober bis Anfang Dezember von Hand mithilfe mechanischer Hilfsmittel geerntet. Daraus erzeugt eine Ölmühle in der Region das mehrfach preisgekrönte Salustri-Olivenöl. «Wir haben jetzt ein Projekt für eine eigene, moderne Mühle. Wir hoffen, diese bald bauen zu können», verrät Leonardo Salustri.

Die Azienda ist ein vielfältiger Mischbetrieb mit Tieren und verschiedenen Kulturen. Die Rebberge sind wegen ihrer biologischen Vielfalt optisch eine Augenweide. Und sie sind mit einem hofeigenen Sangiovese-Klon bestockt, der den Rotweinen einen Hauch von Exklusivität verleiht.

Maggio – schöne Symbiose von der Sonneninsel

Auf dem Weingut von Massimo Maggio im Süden Siziliens wachsen rund 700 Olivenbäume auf roter Erde. Zusammen mit Kräutergärten, Orangen-, Mandarinen- und Maulbeerbäumen sorgen sie für Abwechslung und Vielfalt in einer ansonsten von Rebstöcken geprägten Landschaft. Massimo Maggio: «Der Olivenanbau hat auf Sizilien ein lange Tradition. Schon die Phönizier und die Griechen brachten die Früchte, aus denen das flüssige Gold entsteht, vor fast 3000 Jahren an unsere Küsten.»

Mischkultur auf dem Weingut Maggio: Oliven, Orangen und Reben

Massimos Olivenbäume sind im Durchschnitt etwa 50 Jahre alt. Aus den beiden für die Insel typischen Sorten Tonda Iblea und Moresca lässt er seine von Hand geernteten Oliven in einer nahegelegenen Ölmühle durch Kaltextraktion zu einem eher milden Extra Vergine verarbeiten. Das Öl trägt denselben Namen wie der exklusiv für Delinat gekelterte Rotwein Bonarossa. Damit hat Massimo Maggio eine schöne Symbiose von Wein und Olivenöl gefunden. Das Öl zeigt würzige Noten von Tomatenblättern, Gras und frischen Kräutern und verführt mit dezenter, ausgewogener Bitterkeit und Schärfe. Genau wie der Rotwein passt das Öl bestens zu Fisch-, Fleischund Gemüsegrilladen, Suppen, Bruschetta, Salat und rohem Gemüse.

Osoti – Spanien holt auf

Noch heute wird erstklassiges Olivenöl meist mit Italien in Verbindung gebracht. Spanien, mengenmässig weltweiter Spitzenreiter bei der Olivenölproduktion, hinkte da lange Zeit hinterher. Doch in der jüngeren Vergangenheit ist auch hier das Bewusstsein für den Wert des flüssigen Goldes gestiegen.

Oliven-Ernte auf dem Weingut Osoti

Francisco Ruíz vom Rioja-Weingut Osoti hat mit der Bewirtschaftung seiner 45 Hektar Reben eigentlich bereits alle Hände voll zu tun. Biologischer Weinbau, wie er ihn betreibt, ist zeitintensiv und aufwendig. Um die Biodiversität in und um seine Rebberge zu fördern, hat er unzählige Oliven- und Mandelbäume sowie fein duftende Kräuter gepflanzt. Francisco nimmt den zusätzlichen Aufwand, der durch die Bewirtschaftung der Olivenbäume anfällt, gerne in Kauf. Zumal er hier auf gute Freunde zählen kann. Mit einem versteht er sich besonders gut: Jesús Catalán Alonso. Jesús ist ein Weggefährte der ersten Biostunde. «Wir sind Seelenverwandte», sagt Francisco. Deshalb falle es ihm leicht, seine Olivenbäume in die Obhut von Jesús zu geben. «Er trägt die gesamte Verantwortung, vom Schnitt der Bäume bis zur Pressung der Oliven.»

Francisco ist vom Resultat begeistert: Sein erstklassiges, naturbelassenes Osoti-Öl erfüllt ihn mit Stolz und Befriedigung. Es wird aus den beiden autochthonen Sorten Arbequina und Royuela hergestellt und besticht durch eine deutliche Bitternote und leicht Schärfe. Die Oliven werden bei den ersten Anzeichen von Farbumschlag von Hand geerntet – sie sind zu diesem Zeitpunkt praktisch noch grün. Die Verarbeitung erfolgt innerhalb weniger Stunden. Das Öl wird in einer modernen Ölmühle im Dekanterverfahren gewonnen, heute die wohl beste und schonendste Methode der Olivenölherstellung.

Vale de Camelos – tausende Olivenbäume gepflanzt

Die Adega Vale de Camelos im Alentejo ist ein noch junges Weingut. 1981 hatte der deutsche Seefahrer Horst Zeppenfeld im Süden Portugals eine 1000 Hektar grosse Quinta mit Getreidefeldern, Schafweiden und Korkeichenwäldern gekauft. Im Jahr 2000 wurden erste Reben gepflanzt. Seither ist ein biologisches Weingut entstanden, das seinesgleichen sucht: In einer Region, die unter langen Trocken- und Dürreperioden und damit drohender Wüstenbildung leidet, wurde mithilfe von Permakultur-Massnahmen eine grüne, fruchtbare Oase geschaffen. Rund 350‘000 Pflanzen sind in den letzten 35 Jahren gesetzt worden. Neben Stein- und Korkeichen, Johannisbrotbäumen und Reben vor allem auch Olivenbäume.

Olivenbäume auf dem Weingut Vale de Camelos im Alentejo

In den Weinbergen wachsen heute autochthone und internationale Rebsorten wie Touriga Nacional, Alicante Bouschet und Aragonez (in Spanien als Tempranillo bekannt) sowie Syrah. Rund um die Rebberge gedeihen auf über 80 Hektar rund 18‘000 Olivenbäume unterschiedlichen Alters. «Es gibt einige sehr alte, fast hundertjährige Bäume und viele junge, die wir im Verlaufe der letzten 35 Jahre gepflanzt haben», sagt Antje Kreikenbaum, die 2012 gemeinsam mit ihrem Mann die Verantwortung für Vale de Camelos von ihrem Vater übernommen hat. Angepflanzt wurden die bekannteste autochthone portugiesischen Sorte Galega, aber auch Cobrançosa, Arbequina, Hojiblanca, Picual und Azeiteira. «Diese Sorten sowie das unterschiedliche Alter der Olivenbäume machen die Typizität und die Qualität unseres Olivenöls aus», sagt Antje. Wobei das A und O für die Qualität auch hier die Ernte- und Verarbeitungsmethoden sind. Die noch nicht voll ausgereiften Oliven werden sanft von den Bäumen geschüttelt und in grossen Netzen aufgefangen. Danach gelangen sie unverzüglich in eine nahegelegene Bio-Mühle, wo die Oliven in mehreren Schritten gereinigt, gewaschen, zerkleinert werden und das Öl schliesslich kalt aus der Olivenpaste extrahiert wird.


Alle Olivenöle in unserem Sortiment finden Sie hier: www.delinat.com/olivenoel

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Sekundärkulturen im Weinberg – Auf gute Nachbarschaft

Sekundärkulturen wie Oliven, Mandeln, Früchte, Beeren, Gemüse und Kräuter im Weinberg sind nicht nur ein optischer Hingucker, sie tragen auch zur Biodiversität und damit zu einem stabilen Ökosystem bei. Und im besten Falle sind sie ein willkommener Nebenerwerb für den Winzer.

Aromatische Tomaten im Weinberg von Andreas Harm in der Wachau.
Aromatische Tomaten im Weinberg von Andreas Harm in der Wachau.

Zwischen den Rebzeilen von Andreas Harm reifen Tomaten, Zucchini, Gurken, Karotten, rote Rüben, Knoblauch und sogar Erdäpfel. Damit bewegt sich der Winzer aus der Wachau bei der Bewirtschaftung seines Weingartens ausserhalb der Komfortzone. Denn bei Rebbergen, die einem Mischgarten gleichen, ist der Arbeitsaufwand deutlich höher, Maschinen können kaum eingesetzt werden. Weil dem so ist, kann auch Andreas Harm diese Bewirtschaftungsform nur auf einem kleinen Teil seiner Rebfläche durchziehen. «Für uns ist aber dieser eine Weingarten ein Musterbeispiel für Vielfalt und Genuss», sagt er. Er macht die Familie Harm praktisch übers ganze Jahr zu Selbstversorgern beim Gemüse.

Gemüsegärten und Kräuterinseln

Auf Château Duvivier kommen die Gäste in den Genuss von Biozucchini...
Auf Château Duvivier kommen die Gäste in den Genuss von Biozucchini…

Etwas weniger aufwendig, aber ökologisch nicht minder wertvoll sind Sekundärkulturen, die in Form von kompakten Gemüsegärten, Kräuterinseln oder Fruchtbaumreihen zwischen einzelnen Rebparzellen oder am Rande der Weinberge angepflanzt werden. Beispielhaft wird das etwa auf dem Delinat-Weingut Château Duvivier in der Provence und bei Massimo Maggio in Sizilien umgesetzt.

Auf Duvivier reifen Weinbergpfirsiche, wie sie einst auf fast allen Weingütern Europas anzutreffen waren. An den meisten Orten sind sie aber der Rationalisierung zum Opfer gefallen. «Das ist sehr schade, denn Weinbergpfirsiche passen nicht nur sehr gut zum Rebberg, sie sind auch geschmacklich ein Genuss », erklärt Winzer Antoine Kaufmann. Der reichhaltige Gemüsegarten inmitten der Reben dient auf Château Duvivier der Versorgung der Feriengäste. Diese zeigen sich immer wieder begeistert von der frischen regionalen Provence-Küche, wie sie Küchenchef Uwe Fahs mit biologischen Produkten aus dem eigenen Weinberg zelebriert. Massimo Maggio hält nicht nur an seinen die Rebberge säumenden Oliven- und Zitrusbäumen fest, sondern hat zwischen einzelnen Parzellen auch grosszügige, herrlich duftende Kräutergärten angelegt.

... und von Weinbergpfirsichen.
… und von Weinbergpfirsichen.

Oliven – der Klassiker

Osoti-Winzer Francisco Ruiz kann neben Trauben auch Oliven ernten.
Osoti-Winzer Francisco Ruiz kann neben Trauben auch Oliven ernten.

Werden Sekundärkulturen im grösseren Stil angebaut, können sie für den Winzer einen willkommenen Zusatzerwerb bedeuten. Oliven eignen sich in südlichen Ländern dafür besonders gut. So vermarkten Weingüter wie San Vito und Salustri in der Toskana, Vale de Camelos in Portugal oder Osoti und Pago Casa Gran in Spanien neben Wein auch ihr eigenes Premium-Olivenöl. Winzer Carlos Laso von Pago Casa Gran im Hinterland von Valencia hat vor ein paar Jahren zusätzlich Granatäpfel angepflanzt, aus denen er jetzt erstmals eine kleine Menge Granatapfelwein produziert.

Stabileres Ökosystem

Duftende Rosmarin - sträucher in den Reben von Osoti
Duftende Rosmarin – sträucher in den Reben von Osoti

Sekundärkulturen sind nebst einer vielfältigen Bodenbegrünung, ökologischen Ausgleichsflächen, Trockensteinmauern sowie Holz und Steinhaufen wichtige Elemente, um eine Monokultur, wie sie auch ein Rebberg darstellt, aufzubrechen und das Ökosystem vielfältig und stabiler zu machen. Nutzpflanzen wie Oliven, Mandeln, Früchte, Gemüse, Beeren und Aromakräuter locken Insekten und Mikroorganismen an, die als Gegenspieler zu schädlichen Insekten und Pilzen wirken. Es ist deshalb unverständlich und aus ökologischer Sicht eine Katastrophe, dass die EU-Subventionspraxis noch immer Winzer mit Mischkulturen bestraft. Stattdessen gibt es Investitionsbeiträge für die Installation von bewässerten und intensiv bewirtschafteten Drahtbau-Rebanlagen.

Die neuen Olivenöle sind da

Weinbau und Olivenkulturen gehören im Mittelmeerraum seit Jahrhunderten zusammen. Auf vielen Familienweingütern bilden Olivenhaine eine perfekte Sekundärkultur zu den Reben. Sie verhindern zusammen mit andern Bäumen und Sträuchern Monokulturen und sind wichtige Strukturelemente für eine lebendige, artenreiche Landschaft. Aus diesem Grund werden die Premium- Olivenöle im kleinen Delinat-Sortiment vorwiegend von Winzern bezogen, die schon durch qualitativ hochwertige Weine überzeugen. Wenn die Trauben im September oder Anfang Oktober geerntet sind, kehrt im Rebberg Ruhe ein, und die Winzer haben Zeit, sich der Olivenernte zu widmen. Diese spielt sich in der Regel zwischen Mitte Oktober und Mitte November ab. Im vergangenen Herbst fiel sie witterungsbedingt sowohl in Italien als auch in Spanien und Griechenland mit Verspätung aus.

Olivenpresse
Oliven passen perfekt zum Weinbau. Die Bäume lockern die Rebberge auf und bringen dem Winzer einen willkommenen Zusatzerwerb.

Auf dem Weingut Salustri in der Toskana war ein kühler und nasser Frühling für die späte Ernte verantwortlich: «Statt etwa Mitte Oktober konnten wir erst im November ernten», sagt Marco Salustri. Insgesamt habe das etwas regenreichere Jahr 2013 aber für eine ausgewogenere und bessere Qualität gesorgt als das sehr trockene Jahr 2012. Zur guten Qualität hat auch beigetragen, dass man von der Olivenfliege, einem weit verbreiteten Schädling, verschont geblieben ist.

Glück gehabt

Besonders schlimm gewütet hat die Olivenfliege etwa in den Küstengebieten, so auch in Spanien. «Zum Glück ist die Rioja dank ihrer Lage davon verschont geblieben», berichtet Osoti-Winzer Francisco Ruiz. Aber auch ihm hat der nasskalte Frühling eine um rund 20 Tage verspätete Olivenernte beschert. Für ihn selber ist es gerade noch einmal gutgegangen. Kaum hatte Francisco seine Oliven eingebracht, gab es einen Frosttag. All jene Olivenbauern, die noch nicht geerntet hatten, mussten empfindliche Qualitätseinbussen in Kauf nehmen.

Einzigartiges Jefira-Projekt

fliessendes Olivenöl
Flüssiges Gold: Gutes Olivenöl zeichnet sich durch Frische, Fruchtigkeit und eine leichte Bitternote aus.

Das einzige Delinat-Olivenöl, das nicht direkt von einem Weingut kommt, ist jenes aus Griechenland. Es stammt vom ausgewanderten Schweizer Paar Christina und Nikolas Kunz. Sie haben vor vielen Jahren auf der Halbinsel Peloponnes das Jefira-Projekt gestartet. Ziel sind Produktion und Vertrieb von hochwertigen, naturbelassenen Premium-Olivenölen. Die beiden naturverbundenen Schweizer haben hier viele Olivenbauern von ökologischem Denken und Handeln überzeugt und bezahlen ihnen für die Oliven faire Preise. Auch Christina und Nikolas Kunz mussten im vergangenen Herbst länger als üblich warten, bis sie alle ihre Oliven im Trockenen hatten. Sturm und Regen zum ordentlichen Erntezeitpunkt haben dafür gesorgt, dass die meisten Produzenten mit der Ernte zuwarten mussten, bis Boden und Bäume wieder trocken waren.

Die neuen Olivenöle sowie verschiedene Essige sind erhältlich unter www.delinat.com/olivenoel