Delinat-Winzer und das verrückte Weinjahr 2021

Nicht nur im Languedoc und in Deutschland kämpften unsere Winzer mit Wetterkapriolen, wie eine Nachfrage bei verschiedenen Weingütern in ganz Europa zeigt.

Schweiz

Roland Lenz, Winzer im Thurgau
Rolanz Lenz, Thurgau

Viele Winzer haben die diesjährigen Wetterextreme besonders heftig zu spüren bekommen. Sie reden von einem der schlimmsten Jahre der Vergangenheit mit sehr hohen Ernteausfällen. Auf Frühjahrsfrost folgten ein nasser, schwüler Sommer und damit ein immenser Krankheitsdruck durch den Falschen Mehltau. In der Westschweiz, im Tessin und in der Ostschweiz machten besonders Starkregen und Hagelstürme zu schaffen. Winzer Roland Lenz: «14 von 21 Hektar unserer Rebfläche waren vom Hagelsturm betroffen, der am 13. Juli über Zürich und die Ostschweiz fegte. Wir haben auch 1999 und 2016 zwei schlimme, nasse Jahre erlebt. Aber 2021 schlägt alle Rekorde. Sturmböen, extreme Kälte oder Wärme, Hagel, Frost oder tropische Verhältnisse zwingen uns, neue Wege zu gehen. Deshalb haben wir entschieden, ab Jahrgang 2021 nur noch PIWI-Weine anzubieten. Diese robusten Sorten trotzen dem Klimawandel am besten.»

Österreich

Etwas weniger dramatisch war es in Österreich. Winzer Andreas Harm, der Weinberge in der Wachau und im Kremstal bewirtschaftet, spricht von sehr trockenen Wintermonaten, welche die Blüte hinauszögerten und das Keimen der ausgebrachten Begrünungssaat verhinderten. Die natürlich im Weinberg vorkommenden Gräser und Kräuter entwickelten sich dagegen hervorragend. Im Sommer gab es ein paar Starkregen- und Hagelereignisse, die aber keine gravierenden Schäden zur Folge hatten. Der Krankheitsdruck durch Mehltau blieb gering.

Spanien

Josep Maria Albet i Noya
Josep Maria Albet i Noya, Penedès

Der Frühling war einer der trockensten seit 1961. Ausnahmen bildeten südöstliche Regionen wie Valencia und Alicante, die überdurchschnittliche Regenmengen verzeichneten. In Kastilien und León gab es im März und April Frost. Im Sommer erreichten die Temperaturen im Süden Spaniens Rekordwerte von 47,2 ° Grad. Ebenfalls extreme Trockenheit und hohe Temperaturen vermelden unsere Winzer in der Rioja und in Navarra, worunter die Reben aber dank ökologisch intaktem Umfeld nur wenig gelitten haben. Ohne grosse Probleme kam man auch in Katalonien über die Runden: Winzer Josep Maria Albet i Noya: «Weil es weniger geregnet hat als letztes Jahr, verzögerte sich die Ernte um einige Tage.»

Portugal

Erfreulich der Bericht von der Adega Vale de Camelos. Antje Kreikenbaum: «Allgemein war das Jahr 2021 im Alentejo eher kühl und verhältnismässig regenreich. Endlich einmal ein Jahr ohne Wetterextreme. Über den Sommer blieben sogar die gefürchteten Hitzewellen von 40 ° Grad und mehr aus. Auch erlitten die Trauben weder Sonnenbrand noch Trockenstress. Starkniederschläge waren keine zu verzeichnen, wenn es regnete, dann gleichmässig und lang anhaltend. Dank der guten und gleichmässigen Wasserversorgung über die gut gefüllten Stauseen und der gemässigten Temperaturen bis maximal 30 ° Grad fanden die Reben, die Begrünung und die Neuanpflanzungen optimale Wachstumsbedingungen. Die im Winter ausgebrachte Begrünung, die normalerweise Anfang Sommer vertrocknet, musste aufgrund der grossen Wüchsigkeit gewalzt werden. Dies begünstigte den Feuchtigkeitshaushalt und die Vielfalt der Mikroorganismen im Boden, die Bodenfruchtbarkeit konnte dieses Jahr gesteigert werden: ein Schritt in Richtung regenerative Landwirtschaft.»

Italien

Hagel auf dem Weingut Poggio Ridente im Piemont
Hagel auf dem Weingut Poggio Ridente im Piemont.

Cecilia Zucca vom Weingut Poggio Ridente im Piemont hatte ein schwieriges Jahr: «Es begann mit Frost im März und April. Wir hatten Glück, aber um uns herum waren alle Nachbarn stark betroffen. Danach folgten heftige Regenfälle in Verbindung mit Hagelstürmen im Juni und Juli, wobei die Trauben beschädigt wurden. Perioden intensiver Niederschläge und Dürreperioden und überdurchschnittlich hohe Temperaturen wechselten sich ab, was zu Stress bei den Reben führte. Die Ernteeinbussen halten sich aber bei uns in Grenzen.»

Winzer Neri Gazulli von der Tenuta San Vito in der Toskana meldet, dass sich einige klimabedingte Probleme, die es seit mehreren Jahren gibt, 2021 weiter zugespitzt haben. Uneinheitliche Temperaturen im Winter mit sprunghaften Anstiegen und Rückgängen von 10 bis 15 ° Grad, Rückgang der Niederschläge während der Vegetationsperiode sowie mehrere Hitzetage im Sommer von über 40 ° Grad machen den Reben zu schaffen und stellen die Winzer in der Toskana vor grosse Herausforderungen. Auf San Vito konnten diese mehrheitlich gut gemeistert werden. Die Ertragseinbussen hielten sich im Rahmen, die Traubenqualität ist gut.

Süditalien litt im Juni unter aussergewöhnlicher Hitze von bis zu 45 °C, gefolgt von einer langen Dürreperiode. Das stresse ein paar wenige Rebsorten ziemlich stark, andere trugen früh reife Trauben, sodass früher geerntet wurde. «Für uns hatte das aber weder bezüglich Ertrag noch in Bezug auf die Qualität negative Konsequenzen. Wir gehen von einem weiteren sehr guten Jahrgang aus», sagt unser Winzer Massimo Maggio aus Sizilien.

Griechenland

Trockenheit und die Hitze haben zu verheerenden Bränden geführt. Auch auf der Halbinsel Peloponnes sind Waldbrände ausgebrochen. Glücklicherweise blieb das Weingut Spiropoulos davon verschont. Konstantina Spiropoulos meldete im August: «Die Situation in weiten Teilen Griechenlands ist wirklich schlimm. Bei uns ist der Gesundheitszustand der Trauben sehr gut, da wir eine niedrige Luftfeuchtigkeit haben.»

Hier finden Sie alle Beiträge der WeinLese 64:

Wetterextreme fordern Winzer heraus

RegenbogenVon den rund hundert Weingütern, mit denen Delinat in ganz Europa zusammenarbeitet, liegt jenes von Timo Dienhart in der Mosel am nördlichsten. Delinats «Nordpol- Winzer» spürt den Klimawandel. Er sagt aber auch: «Wir sind recht gut gegen die immer unberechenbareren Wetterextreme gerüstet.» Generell stellt er fest: «Die Trocken- und die Regenphasen werden länger und heftiger.» Für die Mosel ist statistisch gesichert, dass die Blütezeit der Reben aufgrund der wärmeren Temperaturen in den vergangenen 30 Jahren um ein paar Tage vorgerückt ist und die Regenmengen und die Temperaturen leicht gestiegen sind. Timo Dienhart: «In unseren Breitengraden ist das für den Weinbau qualitativ teilweise ein Vorteil. Generell betrachte ich den Klimawandel aber mit kritischem Auge, weil die Gefahr von Fehlernten steigt.» Ursache für Fehlernten können die öfter vorkommenden Hagelschläge, sintflutartige Regenfälle, bisher kaum gekannte Trockenphasen oder gar Frost sein. Aktuell bereitet Timo Dienhart die starke Neigung zu häufigen Regenfällen in der Blüteperiode und in der Erntephase am meisten Sorgen. «Pilzkrankheiten gezielt und zurückhaltend zu bekämpfen, wird im Steilhang sehr anstrengend.»

Begrünung im Weinberg von Römerkelter
Timo Dienhart schützt seine Weinberge mit spezifischer Begrünung.

kahler Weinberg ist der Erosion ausgesetzt
Die konventionell bewirtschaftete Nachbarparzelle ist der Erosion ausgesetzt.

Wenn der biologisch wirtschaftende Mosel-Winzer in seinen Weinbergen steht und zu seinem konventionell arbeitenden Nachbar hinüberblickt, stellt er mit Genugtuung fest: «Mit unserem intakten Ökosystem sind wir deutlich besser gegen Klimaextreme gerüstet.» Seine Böden haben mehr Humus und ein aktiveres Bodenleben. Sie sind besser austariert und wirken selbstkorrigierend. Wird es sehr trocken, stirbt der Kräuter- und Pflanzenteppich zwischen den Rebzeilen ganz langsam ab und schützt den Boden vor Austrocknung. Wird es über Gebühr nass, findet keine Erosion statt, und die wertvollen Nährstoffe bleiben im Boden. Insgesamt erleiden die Trauben so weniger Stress und reifen harmonischer. «Das bringt echte Weinqualität, denn der Rebe bekommen Fressorgien und Durststrecken genauso schlecht wie dem menschlichen Stoffwechsel. Sie mag es zwar durchaus sportlich, will dafür aber ausreichend mit Nähr- und Vitalstoffen versorgt sein», erklärt Timo Dienhart.

Timo Dienhart vom Weingut Römerkelter
«Mit unserem intakten Ökosystem sind wir besser gegen Klimaextreme gerüstet.» Timo Dienhart

Weinbau wandert nordwärts

Eine Jahresdurchschnittstemperatur zwischen 10 und 20 °C gilt als grobe untere und obere Grenze für qualitativ hochwertigen Weinbau. Deshalb konzentrierte sich der Anbau von Weinreben auf der Nordhalbkugel lange Zeit auf Gebiete zwischen dem 30. und 50. Breitengrad.

Höhere Temperaturen

Seit 1950 ist in Europa die Durchschnittstemperatur während der Vegetationsperiode der Rebe (April bis Oktober) um rund 2 °C angestiegen. Diese Klimaerwärmung führt dazu, dass der Weinbau immer mehr nordwärts wandert. Gehörte einst die auf dem 50. Breitengrad gelegene Mosel zu den nördlichsten Weinbaugebieten Europas, wird heute auch in Dänemark, Norwegen, Schweden und Grossbritannien Wein angebaut.

Zu rasche Traubenreife

Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass sich mit der Erwärmung die Weinqualität verbessert. Das gilt jedoch vor allem für die mittleren und nördlichen Anbaugebiete. In sehr südlichen Regionen kann es zu heiss für einen hochwertigen Weinanbau werden. Besonders während der Reifezeit sind warme Temperaturen wichtig. Sie sorgen für die Bildung von Zucker, Farbstoffen und Aromen. Bei einem Überschreiten des Temperaturoptimums nimmt der positive Effekt wieder ab. Übermässige Hitzperioden führen dazu, dass die Trauben zu früh reif sind und geerntet werden müssen, bevor sie sich im Spätsommer oder Frühherbst mit den essenziellen Inhaltsstoffen anreichern können. Das wirkt sich negativ auf die Weinqualität aus.

Wetterphänomene

Laut Hans-Peter Schmidt vom Schweizer Ithaka-Institut, das sich mit Grundlagenforschung für klimaneutrale Landwirtschaft und Weinbau befasst, werden die mit dem Klimawandel einhergehenden Wetterextreme mit unregelmässigen Niederschlägen zur grössten Herausforderung für Winzer auf allen Breitengraden. Laut Schmidt verändern sich sowohl die jahreszeitliche wie die lokale Niederschlagsverteilung. So ist es öfter lange trocken. Regen fällt weniger regelmässig, dafür gehäuft in sintflutartiger Form. Beides ist für den Weinbau besonders verhängnisvoll. Denn kaum eine andere Kulturpflanze reagiert so empfindlich auf klimatische Bedingungen wie die Weinrebe.

Italien: Tornados und tropische Unwetter

Vermag man in nördlichen Gefilden dem Klimawandel wegen der damit einhergehenden höheren Temperaturen zumindest teilweise auch positive Seiten abzugewinnen, ist dies im Süden nicht der Fall. «In unserer Gegend sehe ich keinerlei Vorteile», sagt Massimo Maggio, der in Sizilien das südlichste Weingut aller Delinat-Partner bewirtschaftet. Der «Südpol-Winzer» spricht von gehäuften Phänomenen, die früher selten oder überhaupt nicht vorkamen: «Vor zwei Jahren gab es in unserer Gegend einen Tornado, die Regenfälle kommen oft wie tropische Unwetter daher, lange Regenperioden wechseln mit heissen Trockenperioden ab.» Dank Begrünung bleiben seine Weinberge bei sintflutartigen Regenfällen vor Erosionsschäden verschont, und bei starker Trockenheit hält sich die Verdunstung in Grenzen. «Biologischer Weinbau und ein intaktes, artenreiches Ökosystem bieten die besten Voraussetzungen, um solchen Extremen zu trotzen», ist Massimo Maggio überzeugt. Umso mehr ist ihm unbegreiflich, dass ein grosser Teil des Territoriums in Sizilien nach wie vor ohne Respekt vor der Natur bewirtschaftet wird.

In der Toskana bereitet «die tendenzielle Verdichtung der verschiedenen Witterungen» auch Walter Fromm vom Weingut Vignano einiges Kopfzerbrechen. «Ausgedehnte Regenperioden im Winter und Frühjahr und längere Trockenperioden im Sommer und Herbst bergen die Gefahr von Erdrutschen in den Weinbergen und von unharmonischem, mit hohen Zuckergehalten versetztem Traubengut. » Kurzfristig begegnet Walter Fromm solchen Gefahren mit der Einsaat von Tiefwurzlern in den Rebgassen und mit vorgezogenen Erntezeiten. Längerfristig fasst er die Erstellung von Drainagen und weniger hohe Drahtgerüste ins Auge. Letzteres bewirkt eine geringere Assimilations- oder Blattfläche, wodurch Wachstum und Reife der Trauben verlangsamt werden. Sind die Trauben allzu früh reif, fehlt es ihnen an Gehalt, Aromatik und Mineralität.

Südfrankreich: Hagel als neues Phänomen

Genau gleich schildert Volker Weindel die Auswirkungen von Wetterextremen für sein Weingut La Tour des Vidaux in Südfrankreich. Neben sintflutartigen Regenfällen im Winter und zu Sommerbeginn kämpft man in der Provence neuerdings auch mit heftigen Hagelunwettern. Volker Weindel: «Das kam hier bis vor drei Jahren nie vor, wie mir auch alteingesessene Winzer bestätigen.» Trockenheit und Hitze erschweren den Weinbau zusätzlich. Der Winzer mit dem langen wilden Bart begegnet den klimatischen Herausforderungen mit Begrünung der Rebberge. Ausserdem hat er ein Wasservorratsbecken ausgebaggert. «So können grosse Regenmengen gespeichert und während Trockenperioden für die Bewässerung der Reben genutzt werden.»

Mit Regenwasse gefüllter See
Bei anhaltender Hitze bringen mit Regenwasser gefüllte Teiche Linderung für die Reben.

Spanien: Ernte bis zu einem Monat früher

Den Klimawandel stark zu spüren bekommen auch die Winzer in Spanien. Francisco Ruiz vom Weingut Osoti in der Rioja: «Die Wetterphänomene treten in immer kürzeren Abständen auf. So bleibt den Reben kaum Zeit, sich an die jeweiligen Verhältnisse anzupassen.» Bei extremer Hitze stellt die Pflanze ihren Stoffwechsel auf Standby. Der Reifeprozess verlangsamt oder wird ganz eingestellt. «Die Trauben sind wohl zuckersüss, auch der potenzielle Alkoholgehalt mag stimmen, nicht aber die phenolische Reife», sagt Francisco Ruiz. So geerntete Trauben sind der Weinqualität alles andere als förderlich. «Ich schätze, dass sich der Erntezeitpunkt bei uns um einen ganzen Monat vorverschoben hat.» Der Osoti-Winzer begegnet diesem Problem vorab mit der Wahl anderer Traubensorten. Dabei setzt er mit Vorliebe auf alte, autochthone Sorten, die früher in der Rioja Baja vorherrschend waren. Garnacha, Graciano und Maturana Tinta ertragen Hitzeextreme besser als etwa die Tempranillo. Eine weitere Massnahme ist die Bewässerung der Reben. «Früher kam ich gänzlich ohne aus, heute ist sie unverzichtbar. Dank einer hohen Biodiversität in meinen Weinbergen kann ich sie aber punktuell und sehr zurückhaltend einsetzen.»

Dürreperiode in der Rioja
Dürreperioden machen Francisco Ruiz in der Rioja zu schaffen: Ohne geeignete Massnahmen reifen die Trauben zu schnell und sind so weniger gehaltvoll.

Machen dem Rioja-Winzer insbesondere Hitze- und Trockenperioden zu schaffen, ist die Problematik weiter südlich für Winzer Carlos Laso ambivalenter. Auf seinem Weingut Pago Casa Gran im Hinterland von Valencia fällt die Traubenernte nicht grundsätzlich früher an: «Die Zeitpunkte schwanken stark. Letztes Jahr hatten wir den kühlsten Sommer seit 30 Jahren. Dementsprechend verzögerte sich die Ernte bis in den späten Herbst.» Ferner muss Carlos Laso mit der Tatsache leben, dass die Regenfälle auch in seiner Gegend konzentrierter und heftiger ausfallen. Diesem Problem begegnet er einerseits mit einer saugfähigen Begrünung und dem Bau von Abflussrinnen, die in ein Rückhaltebecken münden, welches das Regenwasser für trockene Zeiten zwischenspeichert. Für ihn ist klar, dass ein funktionierendes Ökosystem am besten hilft, Auswirkungen des Klimawandels wie Bodenerosion oder Verarmung und Austrocknung der Böden abzufedern. «Mit dieser Überzeugung werden wir auch in Zukunft in Biodiversität und Wassermanagement investieren.»

Portugal: Trauben mit Sonnenbrand

Hitzeschäden an den Trauben während der Vegetationsperiode, unregelmässige Traubenreife, verfrühter oder verspäteter Erntebeginn: Das sind die Hauptprobleme, mit denen Dietmar Ochsenreiter auf dem Weingut Vale de Camelos im Alentejo kämpft. Heiss und trocken war es in der Kornkammer Portugals schon immer. Wassermangel wegen unregelmässiger, auf die Wintermonate beschränkter Niederschläge sowie Hitzewellen von Ende Frühjahr bis Anfang Herbst sind nicht neu. «Das Ganze hat sich aber akzentuiert», sagt Dietmar Ochsenreiter. Statistische Erhebungen zeigen, dass sich der Erntezeitpunkt in den letzten Jahrzehnten im Alentejo um zwei bis drei Wochen nach vorne verschoben hat. «Allerdings treten durch hitzebedingte Vegetationsschäden immer wieder auch Reifeverzögerungen auf», weiss der gebürtige Allgäuer, der seit über 40 Jahren in Portugal lebt.

verbrannte Trauben
Ungeschützte Trauben erleiden Sonnenbrand und reifen nicht mehr aus.

Mit dem Bau von Stauseen, in denen Regenwasser für die Bewässerung der Reben gesammelt wird, begrünten Weinbergen und Aufforstungen mit autochthonen Gehölzen wie Johannisbrotbäumen, Stein- und Korkeichen, Pinien und Oliven am Rande der Reben werden Mikroklima und Biodiversität positiv beeinflusst, sodass trotz klimatischer Extreme ausgezeichnete Weine möglich sind. Nichtsdestotrotz: Dietmar Ochsenreiter mag dem Klimawandel keine positive Seite abzugewinnen – wie alle andern befragten Winzerkollegen in den südlichen Weinbauländern auch.

Sonnenkönige

Solaranlage auf dem WeingutDelinat-Winzer sind Sonnenkönige – allerdings nicht im Sinne des höfischen Absolutismus von Louis XIV (L’État, c’est moi!), sondern als Vorreiter eines klimaneutralen Weinbaus. Viele setzen auch ausserhalb ihrer Weinberge mit Solarstrom und anderen grünen Energiequellen Zeichen gegen den Klimawandel. Im grossen Stil tut dies Mosel-Winzer Timo Dienhart. Mit einem umfassenden Betriebsumbau ist er seinem Ziel eines energieautarken Weinhofs schon sehr nahe gekommen. Mit eigener Solaranlage und einer Eisspeicherheizung, die im Sommer auch Kühlungszwecke erfüllt, hat er ein zukunftsweisendes Energiekonzept umgesetzt. Auf dem portugiesischen Weingut Vale de Camelos im Alentejo wurden gleich vier Solaranlagen in Betrieb genommen. Sie produzieren weit mehr nachhaltige Energie, als für den gesamten Betrieb benötigt wird. Walter Fromm richtet seine Azienda Vignano in der Toskana ebenfalls vollständig auf alternative Energie aus. In dieselbe Richtung geht Massimo Maggio in Sizilien. Volker Weindel in der Provence ist ebenfalls dabei, ein Solarprojekt umzusetzen. Die Brüder Jean und Paul Lignères aus dem Languedoc haben sich zwecks alternativer Energiegewinnung an einem lokalen Windpark beteiligt.