Schäumende Festtage

Zu viel wird es an Festtagen dann, wenn wir zwei, drei Mal die halbe Verwandtschaft zu Besuch haben und frühmorgens schon in der Küche stehen. Die Alternative heisst: Weniger ist mehr. Zum Beispiel im kleinen Kreis der Familie jeden einzelnen Festtag geniessen.

Das Festtagsprogramm könnte so aussehen: Tun, was uns Spass macht und was wir schon lange tun wollten: ein Konzert hören; ein klassisches – oder die Lieblingsband unserer Jugend. Die Kiste mit den Spielen hervorholen, jeder wählt sein Lieblingsspiel. Und weil es an diesem Tag für die grosse Kocherei nicht mehr reicht, im Feinkostgeschäft etwas Überraschendes holen: eine Pastete, frische Ravioli, Rehpfeffer – und zum Apéro mit einem Schaumwein anstossen.

Schaumwein als Essensbegleiter

An ruhigeren Festtagen koche ich aber gerne ein aufwendiges Gericht, nur für uns zwei. Solche Rezepte finden sich in Kochbüchern grosser Köche. Ihre Kreationen sind umfangreich, viele Zutaten, Gewürze, lange Vorbereitungszeiten, um so möglichst viel Geschmack, viele Aromen aus den Produkten zu kitzeln. Beispielsweise die Zwiebeltartelette von Dreisternekoch Andreas Caminada in seinem Buch «Pure Freude» (AT-Verlag); 25 Zutaten – oder mindestens 19, wenn man fertigen Blätterteig wählt. Dazu der Spitzenkoch: «Das Geschmacksspektrum der Zwiebel reicht von scharf und würzig bis zu mild und süsslich. Das kommt hier schön zur Geltung.» Höchstleistungen in der Küche überlassen viele aber den Profis. Und genau das wäre ein weiterer Punkt in unserem Festtagsprogramm. An den ruhigeren Tagen zwischen Weihnachten und Silvester besuchen wir ein gutes Restaurant und wünschen uns bei der Reservation ein vier- bis fünfgängiges Menü – vegetarisch. Ich staune immer wieder ob der kreativen Gerichte rund um Gemüse. Überraschende Kreationen in höchster Harmonie von Geschmack und Aromen. Ein weiterer Festtagshöhepunkt wäre auch eine teure Flaschen Wein zu einem einfachen Gericht zu Hause. Ein Wein, der so viel kostet wie in einem Restaurant, also fünfzig bis achtzig Franken/Euro. Im Restaurant haben wir uns – zumindest in der Schweiz – an solche Preise gewöhnt, zu Hause leisten sich das nur wenige. Schade, denn zu gutem Wein gibt es eine Steigerung: Traumwein. Vom ersten Schnuppern bis zum Riechen am geleerten Glas. Ein Höhenflug der Sinne.

«Ein festliches Menü lässt sich
mit Schaumwein perfekt abrunden.»

Wer Schaumwein bloss zum Apéro serviert, verkennt die Qualität eines guten Schäumers. Als Speisenbegleiter spielen Geschmack und Kohlensäure eine wichtige Rolle: Die Säure verleiht dem Gericht Frische, dieses sollte aber selber nicht zu sauer sein. Süsslicher Schaumwein dagegen passt meistens nur zu ebensolchen Speisen. Zu gehaltvollen Gerichten mag ich vielschichtige Schaumweine wie beispielsweise Champagner, Crémant oder guten Cava. Die Kohlensäure des Schaumweins beeinflusst unseren Gaumen. Der sogenannt trigeminale Sinnesreiz, also das Prickeln am Gaumen, lenkt unseren Geschmackssinn ab: Salz und Bitterkeit der Speise nehmen wir weniger wahr. Es lohnt sich also, zu einem mehrgängigen Menü Schaumwein zu geniessen, zu jedem Gang einen anderen: Ein festliches Menü lässt sich mit Schaumwein perfekt abrunden.

Anstossen mit einem Schaumwein zum Apero

Bei Schaumwein als Begleiter eines ganzen Menüs fällt mir auf: Der Einstieg beziehungsweise der Übergang vom Apéro zum ersten Gang gelingt perfekt. Der Schaumwein beschwingt nahezu vom ersten Schluck an. Er passt sich unterschiedlichsten Geschmacks- und Duftkomponenten der Gerichte an; selbst schwere Speisen und mastige Saucen kommen mit zwei Schluck Schaumwein charmant daher. Und nach dem letzten Bissen die freudige Erkenntnis: Ich bin hellwach, selbst nach einem längeren Gelage. Schäumende Festtage!

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Peter Kropf
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