Auf ein Glas mit … Walter Fromm

Walter Fromm war 15 Jahre lang Winzer in der Toskana. Jetzt ist er mit seiner Familie in die Schweiz zurückgekehrt. Wir unterhielten uns mit ihm bei einem Glas Wein über das Abenteuer Italien, die Rückkehr in die Schweiz und seine neuen Jobs als Winzer in der Bündner Herrschaft und als Delinat- Winzerberater in Italien.

Walter Fromm
«Mein Onkel hat mir grünes Licht gegeben, sein renommiertes Weingut biologisch zu bewirtschaften.»

Wie war das damals, als du 1999 mit der Familie in die Toskana ausgewandert bist?
Walter Fromm:
Während meines Önologie-Studiums habe ich ein Jahr lang auf einem Weingut in Italien gearbeitet. Dabei wuchs die Lust, in die Toskana auszuwandern und ein eigenes Weingut zu führen. Meine Frau Natalie war auch Feuer und Flamme für dieses Abenteuer, hat sie doch ebenfalls eine grosse Affinität zu Italien und spricht die Sprache seit ihrer Kindheit.

Persönlich

Walter Fromm wurde am 29. August 1971 in Chur geboren. Schon in seiner Jugendzeit hat er auf dem Weingut seines Onkels Georg Fromm in Malans bei der Weinlese mitgeholfen. Gelernt hat er jedoch zuerst Bäcker-Konditor; später hat er das Lehrerseminar und danach die Ausbildung zum Winzer und Önologen gemacht.

Zwischen 1999 und 2015 führte er in der Toskana das eigene Weingut Vignano. Letztes Jahr kehrte er mit seiner Frau Natalie und seinen drei Töchtern Lavinia, Valeria und Piera in die Schweiz zurück. Die Familie wohnt heute in Maienfeld. Im Nachbardorf Malans wird Walter Fromm zusammen mit seinem Cousin Marco Fromm die Leitung des Weinguts von Onkel Georg Fromm übernehmen. Für Delinat ist er seit 2015 als Winzerberater in Italien tätig. Seine Freizeit verbringt Walter Fromm am liebsten auf dem Velo – sei es auf dem Rennrad oder dem Mountainbike.

Dann habt ihr über 15 Jahre euer eigenes biologisches Weingut aufgebaut und Delinat mit Wein beliefert. Weshalb nun die Rückkehr in die Schweiz?
Ein wichtiger Grund war die Ausbildung unserer Töchter. Die beiden älteren haben die Grundschule vollständig, die jüngste teilweise in Italien gemacht. Das hat gut funktioniert, aber für die berufliche Ausbildung sind die Möglichkeiten in der Schweiz einfach besser. Ausserdem hat mir als Winzer die italienische Bürokratie immer mehr zu schaffen gemacht. Diese nahm in den vergangenen 15 Jahren immer mehr zu und war für einen kleinstrukturierten Betrieb, wie wir ihn führten, kaum mehr ohne fremde Hilfe zu bewältigen.

Hat man es als Schweizer mit einem eigenen Weingut in Italien generell schwerer als Einheimische?
In Italien sind die familiären Strukturen sehr stark und ausgeprägt. Als Schweizer schafft man es zwar, freundschaftliche Beziehungen zu knüpfen. Aber die Familienbande sind in Italien einfach viel stärker. Deshalb gehörst du als Ausländer meistens halt nie ganz dazu.

Du hast in der Toskana zum biologischen Weinbau gefunden. Jetzt übernimmst du die Leitung des nicht biologischen Weinguts deines Onkels in Malans. Wie geht das auf?
Mein Onkel hat mir grünes Licht gegeben, sein renommiertes Weingut biologisch zu bewirtschaften. Für mich ist das eine schöne Herausforderung.

Im Nebenamt arbeitest du neu als Delinat-Winzerberater für Italien. Kann das gutgehen, wenn man bei ehemaligen Winzerkollegen nun plötzlich als Berater auftaucht?
Der Kontakt unter uns italienischen Delinat-Winzern war nicht sehr ausgeprägt. Deshalb werde ich in meiner neuen Rolle nicht unbedingt als ehemaliger Winzerkollege, sondern eher als neutraler Berater wahrgenommen, der weiss, wie es im Alltag hinter der Bühne eines Weinbaubetriebs aussieht. So kann ich vor Ort praktische Hilfe und Unterstützung leisten und gleichzeitig Brücken zu Delinat bauen.

Walter Fromm im Weinberg
Walter Fromm wird Delinat-Winzerberater.

Wie sieht die Aufgabe der Winzerberater konkret aus?
Wir erarbeiten neue Richtlinien, passen bisherige den neuen Entwicklungen an und schauen, dass die geltenden Richtlinien von unseren Winzern eingehalten werden. Wir verfassen Merkblätter zu verschiedenen Themen und erteilen in bestimmten Fällen Ausnahmegenehmigungen. Bei unseren Besuchen auf den Weingütern zeigen wir Verbesserungsmöglichkeiten auf und bieten Hilfestellungen beim Lösen von Problemen.

Mit eigenen, strengen Richtlinien und der Forderung nach reicher Biodiversität geht Delinat einen sehr aufwändigen und anspruchsvollen Weg. Lohnt sich das überhaupt?
Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Bei solchen Vorgaben trennt sich die Spreu vom Weizen. Ein Winzer kann die Delinat- Anforderungen nur erfüllen, wenn er mit Leib und Seele dabei ist. Erst dann sieht man die vielen Vorteile dieser strengen Richtlinien, die sich letztlich nicht nur auf die Natur, sondern auch auf die Weinqualität positiv auswirken.

Wie sieht aus deiner Sicht der Weinberg der Zukunft aus?
Der Weinberg der Zukunft gleicht jenem vor 150 Jahren: kleinparzelliert, umrundet von Hecken, durchzogen oder umgeben mit Natursteinmauern – einfach so, dass eine grosse natürliche Vielfalt herrscht. Diese dient dem Schutz der Reben, der Traubenqualität und einer nachhaltigen Bewirtschaftung.

Welches sind deine persönlichen Weinvorlieben?
Ich bevorzuge schwere, tiefe Rotweine wie etwa einen Sangiovese aus der Toskana. Aber auch Blauburgunder aus der Bündner Herrschaft mag ich. Hier gibt es aus meiner Sicht noch Spielraum für tiefere, komplexere Weine. Den möchte ich nutzen.

Weintipp Walter Fromm

ConteroccaMir gefallen die Weine von Leonardo Salustri aus der Toskana sehr gut. Dieses Weingut verfolgt eine ähnliche oder fast gleiche Linie, wie ich sie mit meinen Sangiovese-Weinen in der Toskana verfolgt habe. Die Salustris haben eigene Klone, die sie selektionieren, und arbeiten eng mit der Natur – das verleiht ihren Sangiovese-Weinen ein eigenständiges Gesicht und einen eigenen Charakter. Das gilt auch für den Conterocca, einen eher einfachen, aber doch gut strukturierten, frisch-fruchtigen Toskaner, der seinen Preis mehr als wert ist.

Conterocca
Toscana IGT 2014
La Cava di Salustri Leonardo

Toskana – Weine aus dem Land der Zypressen

Die Toskana mit ihren bekannten Städten Florenz, Siena und Pisa besitzt eine sehr alte Weintradition. Seit rund 3000 Jahren gedeihen Reben, gesäumt von Zypressen und Olivenbäumen, in einer wunderschönen, sanften Hügellandschaft. Wo guter Wein wächst, sind auch Kultur und feines Essen nicht weit. Die Toskana ist weltweit der Inbegriff für mediterrane Kulinarik. Die vinologische Hauptrolle spielt dabei der Sangiovese. Die autochthone Sorte hat Weine wie Chianti oder Vino Nobile di Montepulciano weltberühmt gemacht.

toskana-zypressen

Sangiovese ist sehr vielseitig, stellt aber hohe Anforderungen. Er gilt als Diva – ähnlich wie der Pinot Noir im Burgund. Winzer, die mit Sangiovese umzugehen wissen, werden mit nie langweiligen, aussergewöhnlichen Weinen belohnt, die ein grosses Spektrum toskanischer und anderer Tafelfreuden hervorragend begleiten.

In dieser Gilde sind zunehmend kleine Winzer zu finden, welche sich dem biologischen Weinbau verschrieben haben und in ihren Rebbergen auf eine grosse Biodiversität achten. Wir stellen Ihnen hier solche Familienbetriebe und deren charakterstarke Weine vor. Die edlen Tropfen versprechen ein hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis.

Odyssee mit Happy End

Als Walter Fromm, Sprössling einer Bündner Winzerfamilie, Önologie studierte, hatte er mit biologischem Weinbau noch nicht viel am Hut. Auch als er 1999 mit seiner Familie in die Toskana auf die Azienda Vignano zog, war kein biologischer Anbau geplant. Nur weil das Gut schon seit 12 Jahren zertifiziert war und er die bestehende Kundschaft nicht vergraulen wollte, begann er sich widerwillig mit naturgerechtem Weinbau auseinanderzusetzen. Seine Skepsis war nicht von Dauer: «Ich begriff rasch, dass eine optimale Traubenqualität und ausgewogene Weine nur möglich sind, wenn alles im natürlichen Gleichgewicht steht», erzählt Walter Fromm. Heute kann er sich keine andere Anbaumethode mehr vorstellen.

Chianti Vignano Odissea

Dass ihm so wunderbar ausbalancierte Weine gelingen, zeigt sein Chianti mit dem etwas eigenartigen Namen Odissea. Die tiefe Farbe, die reife Frucht, das würzige und weiche Finale – ein Tropfen, der jeden Chianti-Liebhaber im Nu gefangen nimmt. Der Name ist eine Referenz an die italienische Bürokratie: Bis der Schweizer für seinen ersten Jahrgang das obligatorische Chianti-Siegelband erhielt, musste er sich durch ein riesiges Labyrinth von ämtern kämpfen.

Kleines Meisterwerk

Winzer Leonardo Salustri ist als passionierter Wildsaujäger auch ein leidenschaftlicher Erzähler. Wenn er sich in illustrer Gesellschaft an den fein gedeckten Stubentisch setzt, kann es gut vorkommen, dass das Jägerlatein mit ihm durchgeht. Doch am Schluss endet er immer wieder bei seinen Weinen, die er gemeinsam mit Sohn Marco mit Hingabe und grossem Können herstellt.

Wilde Maremma - Leonardo Salustri mit Conterocca

Der Conterocca zählt zu den kleinen Meisterwerken der Salustris. Sie keltern diesen authentischen Toskaner aus den regionstypischen Sorten Sangiovese und Ciliegiolo. Die Trauben reifen auf sandigen, steinigen Böden in Weinbergen mit schönster Biodiversität. Reben, Olivenbäume, Wälder, Weideflächen und wild belassene Hecken bilden in den Hügeln zwischen Grosseto und Siena eine natürliche Einheit.

Die Trauben werden von Hand geerntet und von Sohn Marco sanft vinifiziert. So entsteht dieser frische, fruchtige und gut strukturierte Wein aus dem noch jungen und wenig bekannten DOC-Gebiet Montecucco.

Noble Gewächse aus dem Herzen der Toskana

Es gibt nur etwa 40 Winzer, die in der Toskana die «Lizenz» zur Erzeugung des berühmten Vino Nobile di Montepulciano haben. Alberto Brini ist einer davon. Auf dem Weingut Il Conventino am Fusse des Hügeldorfs Montepulciano erzeugt er aussergewöhnliche Weine. Dem Quereinsteiger aus einer Pisaner Anwaltsfamilie ist es wichtig, dass seine Weine ihre Herkunft verraten. «Ein guter Vino Nobile ist für mich ein Glas voll Toskana pur», sagt er. Das viel beschworene Terroir lässt sich aus seiner Sicht nur mit streng an der Natur orientiertem Weinbau optimal in die Flasche bringen.

Il Conventino . Rosso di Montepulciano

Auch die Wahl der Rebsorten spielt dabei eine Rolle. Alberto Brini setzt auf autochthone, einheimische Trauben. «Viele Montepulciano-Winzer ergänzen den Sangiovese mit internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot. Ich bin Traditionalist und ziehe klassische Assemblagen vor.» Das gilt für den Vino Nobile di Montepulciano genauso wie für den kleinen Bruder, den Rosso di Montepulciano. Die typische Sangiovese-Varietät Prugnolo Gentile wird mit den Sorten Canaiolo und Mammolo zu feinen Cuvées vermählt. Während für den gereiften, finessenreichen und edlen Vino Nobile nur Trauben von alten Rebstöcken an besten Lagen verwendet werden, stammen die Trauben für den früh trinkreifen, fruchtig-würzigen Rosso von Reben, die für den «grossen Bruder» noch zu jung sind.

Feiner Chianti für italienische Tafelfreuden

Es gibt Weingüter, die sind in eine derart reiche natürliche Vielfalt eingebettet, dass sich selbst ein naturverbundener Winzer nicht um die Aufwertung der Biodiversität kümmern muss. San Vito, in hügeliger Landschaft über der Stadt Florenz gelegen, gehört dazu: Weinber- ge, Olivenhaine, Pinien, Zypressen, blühende Wiesen und Büsche wechseln sich ab und bilden zusammen mit alten, schön renovierten Steinhäusern ein einzigartiges Wein- und Ferienparadies. Hier oben kann Neri Gazulli aus der geballten Kraft der Natur schöpfen und sich voll und ganz auf die Erzeugung seiner Chiantis konzentrieren. Die Sangiovese-Rebe ergibt in den Colli Fiorentini fruchtigere, weichere Weine als etwa im Chianti-Classico-Gebiet. Das kommt sowohl im San Vito wie im Massonero sehr schön zum Ausdruck.

Chianti San Vito

Der feine, fruchtbetonte San Vito ist ein reinsortiger Sangiovese. Statt im Edelstahltank ruht der Wein ein halbes Jahr im Betontank, was die feinen Fruchtaromen besonders schön ausreifen lässt. Der noch etwas gehaltvollere Massonero enthält neben Sangiovese etwas Canaiolo. Seine ausgeprägten, eleganten Fruchtaromen werden von einer dezenten Holznote begleitet, die durch eine neunmonatige Reife im grossen Holzfass entstehen. Beide Weine begleiten aufs Schönste italienische Tafelfreuden wie Pizza, Pasta, Ofengemüse und geschmortes Fleisch.

Unvergleichliche Koch- und Weinkunst

Die Kochkurse in der gut ausgestatteten Küche der fast tausendjährigen Klosteranlage von Badia a Coltibuono unweit von Siena sind legendär. Gemüse, Früchte, Käse, Sardellen, frische Pasta und jede Menge Kräuter: Das Buffet mit den frischen, regionalen Rohprodukten lässt erahnen, was für toskanische Tafelfreuden hier das halbe Dutzend Kursteilnehmer unter der Regie von Chef Andrea Gagnesi in den nächsten zwei Stunden auf die Teller zaubern wird. Qualität und Authentizität gelten auf Badia a Coltibuono in allen Bereichen als oberste Maxime. Das Ganze ist eine Angelegenheit der Familie Stucchi-Prinetti: Emanuela ist für die Kochkurse zuständig, Paolo für das Restaurant und Roberto für das Weingut. Mit unglaublicher Leidenschaft keltert Letzterer im Gebiet Monti in einer modernen Kellerei aussergewöhnliche Chiantis und IGT-Weine (toskanische Landweine). In den Weinbergen herrscht ein ganz spezielles Mikroklima mit heissen Tagen und kühlen Nächten. «Das ermöglicht strukturreiche, harmonische und lagerfähige Weine», sagt Roberto, der sich immer mehr auch von der Biodynamie inspirieren lässt.

Chianti Coltibuono

Der würzig-fruchtige Coltibuono Rosso machte übrigens zu den feinen Gerichten aus der Kochkurs-Küche selbst neben den noblen Chianti Classico-Gewächsen des Hauses eine ausgezeichnete Figur.