Stellt man sich so einen Rechtsanwalt vor? Eher nicht. Einen Biowinzer? Nicht wirklich. Alberto Brini bedient keine Klischees. Aber: Der studierte Jurist aus Pisa führt seit über zwanzig Jahren das Weingut Il Conventino in Montepulciano. Ebenso lange mit von der Partie: Delinat!
Sportlich-dynamische Erscheinung, Dreitagebart, unifarbenes Poloshirt, Jeans, Sneakers, eine gute Portion Schalk in den Augen und stets locker drauf: Dieses Bild von Alberto Brini hat sich mir durch viele Begegnungen während meiner Tätigkeit als Redaktor und Reiseleiter von Delinat bis heute eingeprägt. Schon lange gehört Alberto mit seinen Montepulciano-Weinen zu meinen Lieblings-Delinat-Winzern. Das hat viel mit der Qualität und der Authentizität seiner Weine zu tun, aber fast ebenso viel mit Albertos sympathischer Art und seiner gelebten Philosophie für einen Weinbau im Einklang mit der Natur.

Als ich 2019 meinen Kriminalroman «Zimmerstunde» schrieb, war sofort klar, dass mein italo-affiner Kommissar zu seinen Leibgerichten Albertos Weine trinkt: den Montepulciano Rosso, einen fruchtig- würzigen Blend aus Sangiovese, Canaiolo und Colorino, zu Pizza und Pasta, den edlen, körperreichen, im grossen Holzfass gereiften Vino Nobile di Montepulciano zum noblen Festmahl. Genau so, wie ich es selbst handhabe. Von beiden edlen Tropfen aus der Toskana liegen immer ein paar Flaschen griffbereit im Keller.
Vom Anwalt zum Winzer
Als Spross einer Anwaltsfamilie aus Pisa schien Alberto Brinis beruflicher Werdegang vorgezeichnet. Er studierte Jurisprudenz, doch neben Paragrafen reizte ihn schon in der Studienzeit noch etwas anderes. Gemeinsam mit Freunden gründete er 1999 in einem Vorort von Pisa eine kleine Weinbar. «Wir hatten die Idee, einem önologisch interessierten Publikum qualitativ hochwertige Weine von kleinen, wenig bekannten Erzeugern in Begleitung von lokalen Käsesorten und Wurstwaren anzubieten», blickt Alberto zurück. Das funktionierte gut, doch vier Jahre später, als alle ihr Studium abgeschlossen und einen Job angenommen hatten, wurde die Bar verkauft. Längst ist daraus das Restaurant «Fammilume» entstanden. «Ich geniesse es immer noch, hin und wieder dort einzukehren und in der guten alten Zeit zu schwelgen», sagt Alberto.
Gemeinsam mit Delinat gewachsen
Die Passion für Wein und gutes Essen war Alberto sozusagen in die Wiege gelegt worden. «Meine Mutter war immer eine gute Köchin und mein Vater ein grosser Weinliebhaber, der davon träumte, seinen eigenen Wein herzustellen.» Als 2003 das kleine Weingut Il Conventino in Montepulciano zum Kauf stand, griffen die Brinis zu. Nach drei Jahren als Wirtschaftsanwalt in der Kanzlei seines Vaters wurde Alberto als Quereinsteiger zum Winzer. «Meine Leidenschaft, Handel mit einem typischen Produkt aus der Toskana zu verbinden, konnte ich so auf ideale Weise umsetzen.» Hat er diesen Schritt nie bereut?

«Nein. Zwanzig Jahre sind vergangen, seit ich nach Montepulciano gezogen bin, aber es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen.» Dabei ist in diesen zwei Jahrzehnten auf Il Conventino viel passiert. Wichtig war Alberto Brini von allem Anfang an, Wein im Einklang mit der Natur zu erzeugen. «Es gefällt mir, mit der Natur zu arbeiten und praktisch jeden Tag einer neuen Herausforderung gegenüber zu stehen.» In den frühen 2000er-Jahren sei es nicht einfach gewesen, Bioweine zu vermarkten.
Da kam der Kontakt mit Delinat wie gerufen. Schnell war klar, dass man sich auf derselben Wellenlänge begegnete. Und weil die Weine von Il Conventino qualitativ überzeugten, kam man miteinander ins Geschäft. «Ich empfinde die Zusammenarbeit mit Delinat als anregend. Über all die Jahre sind wir gemeinsam gewachsen, sowohl was die ökologische Entwicklung im Weinberg als auch die Produktion betrifft.» Die Weinbau-Philosophie von Delinat ist stark auf die Achtung der Artenvielfalt und die Erhaltung aller natürlichen Ressourcen ausgerichtet.

Dem hat Alberto Brini mit dem Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern in der Nähe der Rebzeilen Rechnung getragen. Aber auch mit der gezielten Ansiedlung von Fledermäusen und anderen Vögeln als natürlichen Feinden von traubenschädigenden Insekten. «In den letzten Jahren haben wir auch viel darüber gesprochen, wie wir die Wasserressourcen schonend nutzen können. Mir gefallen der kooperative Ansatz und das Bestreben von Delinat, Schritt für Schritt zu einem gemeinsamen Ziel zu gelangen.»
Erreicht ist das Ziel bereits bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Der Weinkeller, für den Albertos langjähriger Kellermeister Samuele Bonifazi verantwortlich zeichnet, funktioniert energieautark. Zwischen 70’000 und 80’000 Flaschen Wein werden hier pro Jahr vinifiziert. Verkauft wird der Wein innerhalb von Europa, aber auch nach Amerika und Asien.
Der Spagat zwischen Familie und Beruf
Alberto Brini lebt mit seiner Frau Cristina und den beiden Kindern Vittoria und Ascanio in Pisa. «Es ist nicht immer einfach, Familien- und Berufsleben über eine Distanz von 150 Kilometern unter einen Hut zu bringen. Aber wir haben für unsere Familie eine Lösung gefunden, die für alle stimmt. Im Frühling und Sommer, wenn auf Il Conventino viel los ist, wohnt Alberto unter der Woche in der Wohnung seines Weinguts mitten in den Reben und kehrt dann am Wochenende nach Pisa zurück. Das ehemalige kleine Kloster (daher der Name Il Conventino) beherbergt neben Albertos Wohnung noch drei Ferienwohnungen, die oft Leute aus Deutschland oder der Schweiz buchen. Das hat über die Jahre dazu geführt, dass Alberto ausgezeichnet Deutsch spricht.
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