Weit wie das Meer! Unterwegs in Kastilien und León

Der Weinbau in Kastilien und León hat in den letzten Jahren immer schärfere Konturen gewonnen. Zu den Wegbereitern dieser nachhaltigen Entwicklung zählen kontrolliert biologisch arbeitende Winzer. Mit individuellen Konzepten verleihen sie Verdejo und Tempranillo mehr Finesse und Eleganz und verhelfen vergessenen Sorten wie dem Rufete in der Sierra de Salamanca zu neuem Glanz.

Irgendwo in Kastilien. Tagsüber war das Thermometer wieder über 30 Grad geklettert, aber nach Sonnenuntergang, auf dem Weg zur Tapas-Bar im Dorfzentrum, zog der Wind so giftig kalt durch die Calle Mayor, dass ich mir einen Pullover überziehen musste. «Sehr gut», sagte Pablo, der Winzer, und quittierte meinen ratlosen Blick mit den Worten: «Nur dort, wo du zur Erntezeit tagsüber schwitzt und nach Sonnenuntergang frierst, entstehen grosse Weine.» Nun: Gemäss dieser Definition zählen fast alle Weinbaugebiete, die auf der kastilischen Hochebene nördlich von Madrid, zwischen 600 und 1000 Meter über Meer gelegen, zu den grossen Terroirs in Spanien.

Brauchen wir die USA, um endlose landschaftliche Weite weitgehendst ohne menschliche Spuren zu erleben? Nein, auch in der Meseta, der kargen spanischen Hochebene, wandert der Blick so weit übers leere Land, dass jeder Reisende für sich die philosophische Frage beantworten muss, ob diese Leere nun befreiend oder beklemmend auf ihn wirkt… Kastilien gilt als Wiege der spanischen Kultur, hier wird das klarste Spanisch gesprochen, die «Castellanos» formen ihre Worte so exakt wie ein Steinmetz den Stein. Doch weinmässig war die Region bis vor 50 Jahren ein riesiger weisser Fleck. Einzig das schon in den 1970er Jahren weltweit renommierte Gut Vega Sicilia deutete an, dass der Tinta del País (auch Tinto Fino oder Tinta de Toro genannt), der hier heimische Klon des Tempranillos, mindestens ebenso gehaltvolle, sicher aber konzentriertere Weine ergeben kann als in der Rioja. Zwar geht der Weinbau in Kastilien bis ins Mittelalter zurück, und der Schatz an «viñas viejas», den alten, bis zu 100-jährigen Buschreben, ist bis heute riesig. Doch über Jahrhunderte hinweg tranken die Bauerfamilien ihren Wein selber oder lieferten ihn an die Tapas-Bars und Tavernas in der Umgebung. So nahm ausserhalb ihrer Region lange Zeit kaum jemand von diesen Weinen Notiz.

Angesichts der unendlichen Fülle an Raum ist es erstaunlich, wie nah die Menschen hier beisammenwohnen. Wer übers Land fährt und abends ein Dorf am Horizont ausmacht, mit einer immer überproportional grossen Kirche, um die sich die Häuser schmiegen, fühlt sich an das Bild einer Schafherde auf einem weiten Feld erinnert, in der sich die Tiere zusammenscharen, um möglichen Gefahren besser trotzen zu können. Und tatsächlich: Auch die Menschen stehen hier abends eng beisammen, freilich nicht draussen, sondern in ihrer Tapas-Bar, wo ein frischfruchtiger roter Joven oder Roble für gute Stimmung sorgt. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit liegt um die Ecke auch noch ein Asador, ein Gasthaus mit Backsteinofen, in dem das «Cordero lechal», das Milchlamm, bei 220 Grad sanft auf einer Eichenholzglut gegart wird. Der Asador, das Lamm und ein füllig-reifer Reserva aus Ribera del Duero oder Toro – das ist seit Generationen die heilige Dreifaltigkeit des Savoir-vivre in Kastilien.

Die Neuzeit des Weins begann mit der Schaffung der Ursprungsbezeichnungen für Weissweine aus dem Rueda (1980) sowie den roten Crus aus Ribera del Duero (1982) und Toro (1986). Spätestens nach 1990 eroberten die knackig-frischfruchtigen Verdejos aus dem Rueda und die Tempranillos mit vollreifer Beerenfrucht, einer geballten Ladung Eichenholzwürze, fleischiger Fülle und maskulinem Gerbstoff die Welt. Heute zeigt das Weinwunder in Kastilien und León immer feinere Konturen. Der rote Tempranillo-Einheitstyp ist nur mehr eine von vielen Facetten. Selektionen von alten Reben verblüffen mit individuellem Ausdruck und Charakter. Und mit Einzellagen-Abfüllungen entsteht langsam aber sicher ein Cru-Denken nach burgundischem Vorbild. Wiederentdeckte alte Weinbaugebiete wie die Sierra de Salamanca beweisen, dass in Kastilien noch längst nicht alle Weinschätze gehoben sind.

Mit maximal 500 Millimetern Regen pro Jahr und Quadratmeter und einem fast permanent wehenden Wind sind die Vor aussetzungen für den biologischen Anbau ideal. Und die nach der Delinat-Methode erzeugten Weine zeigen je länger, je mehr, dass sie die individuellen Eigenheiten dieser kargen, meist von Kalk, Sand oder Kies geprägten Terroirs am klarsten zum Ausdruck bringen. Mit der Dynamik, die der Weinbau gebracht hat, ist übrigens auch das kulinarische Angebot breiter geworden. Zwar gelten das Milchlamm und der reife Tempranillo noch immer als erste aller Mariagen, doch in den neuen Lokalen von Valladolid oder Salamanca wird zunehmend auch eine vegetarische Haute Cuisine aus regional produzierten Kartoffeln, Paprikas, Linsen oder Pilzen zelebriert, zu der etwa ein kernig-feingliedriger Rufete aus den Granitböden der Sierra de Salamanca hervorragend harmoniert. So bewegt sich der Kastilien-Reisende zwar immer noch in einem archaisch weiten, zeitlos anmutenden Land, das aber in Bezug auf Wein und Kulinarik zu einem höchst vielfältigen und qualitativ hochstehenden und darum faszinierenden Puzzle avanciert ist.

Thomas Vaterlaus ist Chefredaktor des Weinmagazins «Vinum». Zusammen mit Delinat-Einkäufer David Rodriguez und Fotografin Ana García Navarro war er unterwegs in Spanien. Dabei entstand diese Reportage mit den Porträts von vier Delinat-Weingütern aus der Region Kastilien.

Ribera del Duero, Dominio Basconcillos: Wie Phönix aus der Asche

Ein grosser Kräutergarten bereichert die Biodiversität auf dem Weingut Basconcillos.

Früher wachten burgähnlichen Castillos über dem Lauf des Duero-Flusses, heute sind es die neuen Kathedralen des Weines. Rund 150 Kellereien sind in der Ribera del Duero in den letzten 30 Jahren neu entstanden. Die ehrgeizigsten Projekte haben dabei immer höhere Lagen erschlossen. So auch der Industrielle José María Basconcillos, dessen im Jahr 2000 gegründetes Gut sich nicht mehr im Duero-Tal selber befindet, sondern bereits auf der nördlichen Hügelflanke in der Provinz Burgos, 1000 Meter über Meer. «Die alten Männer im Dorf haben uns gesagt, dass die Trauben hier oben nie reif werden würden», sagt der junge Betriebsleiter Francisco Barona, der dieses «State of the Art»-Projekt dynamisch vorantreibt.

Önologe Francisco Barona prüft die Reife der Basconcillos-Weine.

Neu gepflanzte Bäume und Büsche umgeben das nach dem Château-Prinzip angelegte Weingut und bereichern die Biodiversität. Bei der Begrünung ist in dieser Cool-Climate-Grenzlage ein subtiles Vorgehen gefragt. In den von mehr Fruchtbarkeit geprägten Parzellen wird heute jede zweite Rebzeile begrünt, in den kargen und kühlen Lagen weist jede sechste Zeile eine Ganzjahresbegrünung auf, die lediglich gemäht wird. Ähnlich generalstabsmässig verläuft die Ernte. Zuerst werden die kalkbetonten Parzellen gelesen, die frischfruchtig mineralische Weine mit guter Säure ergeben. Dann folgen die lehmhaltigen Plots, die konzentrierte Weine mit schwarzbeeriger Frucht hervorbringen. Den Abschluss bilden schliesslich die sandigen Partien, deren Weine floral und mittelgewichtig ausfallen.

Perfekt komponiert: Basconcillos-Gewächse vereinen Fruchtfülle, Kraft und Eleganz.

Die genauso minuziös verlaufende Vinifikation sorgt dafür, dass sich diese individuellen Charakteristiken bestmöglich im Wein widerspiegeln. Alle Basconcillos-Gewächse sind perfekt komponiert und vereinen Fruchtfülle, Kraft und Eleganz.

–> Alle Weine der Dominio Basconcillos

Rueda, Bodegas Menade: Hipster-Weine made by Sanz

Im alten Natursteinkeller von Menade reifen vor allem Weissweine.

So sieht sie also aus, die Neue Welt im alten Rueda. Da ist der Winery-Hangar, dessen Frontfassade sie durch das Anbringen rostbrauner Metallpanelen, die Buschreben symbolisieren, zum Kunstwerk gemacht haben. Davor parken die staubigen Pick-ups der Sanz-Brüder. Daneben der Versuchsgarten mit heimischen Kräutern, ein Gemeinschaftsprojekt mit der Universität von Valladolid, das Aufschluss darüber geben soll, welche autochthonen Kräuter zu einer möglichst nachhaltigen Biodiversität im Rebberg beitragen können. Und dann sind da noch diese «verrückten» Anhänger, auf deren Ladeflächen ganze Bäume und Büsche wurzeln – mobile Hotspots, die sie in ihren Rebbergen platzieren, als Anreiz für Nützlinge, um das Ökosystem zu stärken.

Mobile Hotspots: die «verrückten» Anhänger der Geschwister Sanz.

2005 haben die Geschwister Alejandra, Marco und Richard Sanz ihr Projekt Menade gegründet, nachdem ein Streit mit ihrem Vater die Übernahme des Familienweinguts verhindert hatte. «Keine Sorge: Streit ist in unserer Familie etwas völlig Normales. Vor 30 Jahren hat schon unser Vater mit seinem Vater gestritten. Ja, Streit setzt die nötigen Energien frei, um Neues zu schaffen», sagt Alejandra Sanz. Und Energie haben die drei. «Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran!», der Refrain dieses Liedes aus der Zeit der Neuen Deutschen Welle, trifft den Esprit dieses Weinguts recht gut.

Winzer Richard Sanz im alten Natursteinkeller der Bodegas Menade.

Von weit über 100-jährigen Stöcken haben sie kürzlich Pflanzmaterial gezogen, um sanddominierte Parzellen neu mit wurzelechten Reben zu bestocken. Zudem haben sie 300 Oliven- und Laubbäume angepflanzt. Die monumentale Kreidetafel in ihrer Vinothek, auf der sie mit kräftig-farbigen Kreidestrichen ihren Menade-Weinkosmos illustrieren, würde sich auch in einer Weinbar in New York gut machen. Vor allem aber versprechen ihre Crus Rueda-Feeling pur. Subtile Frucht, geradlinige Frische, was braucht der Mensch mehr?

–> Alle Weine der Bodegas Menade

Toro, Finca Volvoreta: María bändigt die Tinta de Toro

Viel wilde Natur drängt die Reben fast in den Hintergrund.

Mit seinen feinen Gesichtszügen erinnert der 69-jährige Antonio Alfonso Fincias an einen Professor, nur die Ray-Ban-Brille passt nicht ganz in dieses Bild. Aber wer den Mann zu seinem Rebberg am breiten Hügelrücken von Sanzoles, am südöstlichen Rand der D.O. Toro, begleitet, merkt schnell, dass er wirklich ein Professor ist, nämlich in der eigenen «Universität» seines Rebbergs. «Die Natur hat alle Werkzeuge, um Ungleichgewichte auszubalancieren», sagt er. So macht es bei ihm den Anschein, dass die Begrünung nicht den Rebberg ergänzt, sondern die Reben die Begrünung. Fast zwischen den Reben wachsen alte Oliven- und Mandelbäume, einst Teil der alten Mischkultur, die hier auf Terrassen gepflegt wurde. Auch Thymian, Rosmarin, Lavendel und Johanniskraut rücken den Reben an den Stamm. Selbst gegen die Wölfe und Bären, die hier ab und zu rumstreichen sollen, hat er nichts.

Weinbauer Antonio Alfonso (links) mit David Rodriguez von Delinat.

Im Keller schafft es seine 31-jährige Tochter María, aus den Trauben ihres Vaters höchst elegante Weine zu keltern, die nichts mit jenen rustikalen Toro-Weinen mit horrendem Gerbstoff und spitzer Säure zu tun haben, die den Markt überfluten. Die Weine von María überzeugen mit sanfter Fruchtfülle. Eine vorsichtige Vinifikation mit teilweisem Ausbau in Amphoren und eine minimale Schwefelung tragen dazu bei.

Marias Spiegelbild in einer mit Wein gefüllten Ton-Amphore.

Bei der Verkostung der Weine tischt Antonio ein Plättchen mit Jamón Ibérico Bellota auf mit dem Hinweis, dass eine Universität in den USA herausgefunden habe, dass dieser Schinken gut gegen Depressionen sei. Das Dumme sei nur, dass die Depression immer dann einsetze, wenn das letzte Stück gegessen sei.

–> Alle Weine der Bodega Volvoreta

Sierra de Salamanca, Viñas del Cámbrico: Der Retter des Rufete

Fernando Maillo (rechts) sorgt für frischen Wind in der Sierra de Salamanca.

Morgens um neun Uhr trinkt Fernando Maillo einen Kaffee in der Posada del Hidalgo, der Dorfkneipe von Villanueva del Conde, und schwatzt mit Waldarbeitern und Mechanikern. Das ist wichtig, denn hier ist der Begriff Dorfgemeinschaft noch keine leere Worthülse. «Wenn hier einer ein Haus baut, helfen ihm die andern », sagt der 47-jährige Winzer. Er gilt als Hoffnungsträger in diesem von Abwanderung bedrohten Ort, seit seine Weine nicht nur in Spanien, sondern auch in den USA, Deutschland und der Schweiz für Furore sorgen.

Grosse Pflanzenvielt in den Rebbergen von Cámbrico.

Im Jahr 2000 hat er hier, im paradiesisch hügeligen «Niemandsland» an der Grenze zu Portugal, sein Projekt Viñas del Cámbrico gegründet und seither 130 Rebparzellen von 130 verschiedenen Besitzern erworben, und diese so weit wie möglich zusammengelegt. Alle seine Rebberge liegen eingewachsen in einer vielfältigen, stark wuchernden Vegetation aus Korkeichen, Erdbeer- und Olivenbäumen, Heidekraut, Zistrosen, Ginster, wildem Fenchel und vielem anderen. Vor allem aber hat Fernando Maillo die alteingesessene Sorte Rufete, verwandt mit dem Pinot Noir, gerettet. Er hat 40 verschiedene Klone dieser Sorte aufgespürt, die nur kleine Trauben produzieren, und in einem Versuchsrebberg vermehrt.

Rufete-Buschreben an felsigen Steillagen.

In einem zweiten Schritt legt er nun sein Augenmerk auf die 12 qualitativ besten dieser Rufete-Klone. Gleichzeitig sind seine Weine immer eleganter, geradliniger und frischer geworden. Eine «Weniger ist mehr»-Strategie mit früherer Ernte und einer reduzierten Extraktion ist der Schlüssel zu seinen heute ganz und gar burgundisch anmutenden Weinen, die ihr von Granit geprägtes Terroir exemplarisch zum Ausdruck bringen.

–> Alle Weine des Weinguts Viñas del Cámbrico

Nordspanien: Weinvielfalt aus vier Regionen

Welches sind die charakteristischen Merkmale der berühmten nordspanischen Weinregionen Rioja, Navarra, Ribera del Duero und Toro? Erfahren Sie, wie sich deren Weine unterscheiden.

Rioja

Tempranillo zählt zu den edelsten Rebsorten der Welt. Es ist die wichtigste spanische Weintraube. Eine ihrer Hochburgen ist die Rioja. Die Weinbauregion im Nordosten des Landes ist der Inbegriff für spanischen Rotwein. Die meisten Rioja-Weine sind Cuvées. Neben der Leitsorte Tempranillo, welche gut strukturierte Weine mit präsenter Säure und mittlerem Reifepotenzial ergibt, sind Graciano (viel Säure, intensive Farbe und Aromen nach schwarzen Beeren, kräftiges Tannin) sowie Garnacha (körperreich und fruchtig) von Bedeutung.

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Das Weinbaugebiet ist dreigeteilt: Rioja Alta und Rioja Alavesa liegen im Einflussbereich des kühlen alantischen Klimas. Die Weine aus diesen Gebieten sind elegant, saftig, mit rotbeeriger Frucht, mittlerer bis dichter Farbtiefe, tendenziell eher tiefen Alkoholwerten und sehr gutem Alterungspotenzial. Die Rioja Baja dagegen spürt mediterrane Klimaeinflüsse und ist deutlich wärmer und trockener. Die Weine sind reiffruchtig, haben eine dichte Farbtiefe, tendenziell höhere Alkoholwerte und ein mittleres Lagerpotenzial.

Navarra

Die Navarra ist eine Weinbauregion im Norden Spaniens, die direkt an die Rioja angrenzt und von den Jakobspilgern auf dem Weg nach Santiago de Compostela durchquert wird. Haupttraubensorten sind Tempranillo und Garnacha. Aus Letzterer werden die bekannten, leichten und jugendlich frischen Rosados gekeltert. Mit der klaren Tendenz hin zu Rotweinen nach dem Vorbild der Rioja hat die Tempranillo-Traube in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen. Im Süden der Navarra ist das Klima mediterran heiss und trocken, im Norden kühler und feuchter.

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Tempranillo-Weine aus der Navarra sind meist kräftig und fruchtbetont. Die Region ist auch ein Gemüsegarten. Besonders bekannt sind Spargeln, Artischocken und Paprika aus Navarra.

Ribera del Duero

Die Ribera del Duero ist ein bekanntes, aufstrebendes Weinbaugebiet in der nordspanischen Region Kastilien und León. Es erstreckt sich entlang des Duero-Flusses, der über die Grenze nach Portugal fliesst, wo er Douro heisst und bei Porto in den Atlantik mündet.

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Charakteristisch für das Gebiet Ribera del Duero sind die unterschiedlichen Bodentypen. Das ergibt eine grosse Vielfalt an Weinstilen und -qualitäten, obwohl 95 Prozent der Rebfläche mit einer einzigen Rebsorte bedeckt sind – der Tinta del País (Tempranillo). Die Rebfläche erstreckt sich über ein Hochland zwischen 750 und 1000 m ü. M. Das Klima ist von heissen Tages- und kühlen Nachttemperaturen geprägt. Die starken Schwankungen verlängern die Reifephase der Trauben und fördern so die Frucht- und Aromenbildung.

Tempranillo-Weine aus der Ribera del Duero haben eine mittlere Farbdichte, beerige Aromen und mittlere bis hohe Alkoholwerte. Die ausgeglichene Säure und die feinkörnigen Tannine sorgen für ein gutes Lagerpotenzial. Mit dem Vega Sicilia stammt einer der berühmtesten und teuersten spanischen Rotweine aus diesem Gebiet.

Toro

Das Weinbaugebiet Toro liegt in Kastilien und León im Nordwesten Spaniens. Das Klima ist stark kontinental geprägt mit leicht atlantischem Einfluss: Auf heisse, trockene Sommer folgen kalte, ebenfalls trockene Winter. Die sandhaltigen Böden mit Tonschiefer sind locker und durchlässig.

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Die Vielfalt der Rebsorten hält sich in Grenzen. Bei den roten Sorten dominiert die Tinta de Toro, eine Tempranillo-Varietät mit eigenem Charakter. Die kräftigen Weine duften nach Brombeeren und Kirschen, mit zunehmender Reife gesellen sich Noten von Kakao und Lakritze hinzu.

Lehrreiche Weintour durch Nordspanien

Die Weineinkäufer und die Winzerberater sind viel unterwegs und pflegen einen engen Kontakt mit den Delinat-Winzern. Das Team an der Delinat-Verkaufsfront bekommt hin und wieder die Möglichkeit, einen Winzerberater zu begleiten. Durch den direkten Einblick in Philosophie und Bewirtschaftungsweise der Winzer entsteht wichtiges Knowhow für eine kompetente Kundenberatung. Christian Wild und Roman Herzog berichten von ihrer Reise mit Winzerberater Daniel Wyss durch Nordspanien.

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Gruppenbild vor einem beinahe unwirklichen Himmel in der Rioja, v.l.: Christian Wild (Verkaufsteam), Francisco Ruiz (Osoti), Roman Herzog (Verkaufsteam), Daniel Wyss (Winzerberater) und Beatriz Izquierdo (Osoti)

«Landung in Barcelona, Übernahme eines Mietwagens und los gehts: Erste Station ist die Winzerfamilie Ramirez mit ihrem Weingut Las Cepas in der Rioja. Santiago Ramirez zeigt uns seine Weinberge mit permanenter Begrünung und beeindruckender Biodiversität. Zu Winzer Francisco Ruiz (Osoti) ist es bloss ein Katzensprung. Er führt uns seine sensationell schön auf einem Hügel gelegene Neuanlage vor, wo Francisco seine Vision von einem ausgeglichenen, mit der Natur im Einklang stehenden Rebberg konsequent verfolgt. Wir sind begeistert und überzeugt, dass er das Ziel dank seinem grossen Enthusiasmus erreichen wird.

Santiago Ramirez (links) mit Winzerberater Daniel Wyss und Roman Herzog im Weinberg
Santiago Ramirez (links) mit Winzerberater Daniel Wyss und Roman Herzog im Weinberg

Am nächsten Tag fahren wir nordwärts in die Navarra, wo wir auf dem Weingut Azul y Granza von Dani Sanchez, María Barrenas Vater Antonio und Bruder Fernando empfangen werden. Besonders beindruckend sind die Weinberge im wüstenähnlichen Naturreservat Bardenas Reales. Weitläufige junge Rebanlagen sind in eine traumhafte Landschaft eingebettet und profitieren von einer phänomenalen Biodiversität. Bereits ein Vierteljahrhundert haben die knorrigen Cabernet-Sauvignon-Rebstöcke auf dem Buckel, welche Trauben für den Spitzenwein Desierto liefern.

Nächste Station ist das am Jakobsweg gelegene Weingut Quaderna Via. Hier dürfen wir im komfortablen Gästehaus übernachten. Winzer Raúl Ripa und Rebmeister Alfonso führen uns durch die Reben. Dabei wird offensichtlich, wie ernst die Delinat-Richtlinien genommen werden. In enger Zusammenarbeit mit Berater Dani Wyss bemüht sich das Weingut, diese auf der höchsten Stufe zu erfüllen.

Trotz Regen gute Laune, v.l.: Christian Wild, Daniel Wyss, Raúl Ripa (Quaderna Via), Roman Herzog und Rebmeister Alfonso (Quaderna Via)
Trotz Regen gute Laune, v.l.: Christian Wild, Daniel Wyss, Raúl Ripa (Quaderna Via), Roman Herzog und Rebmeister Alfonso (Quaderna Via)

Nach einer rund dreistündigen Reise erreichen wir das prestigeträchtige Weinbaugebiet Ribera del Duero. Auf der Bodega Basconcillos (Basconcillos Roble und Crianza) keltert Betriebsleiter Francisco Barona Weine, die sich von den meisten Gewächsen aus dieser Region betreffend Frische und Eleganz unterscheiden. Dabei kann er sowohl im Feld wie im Keller auf modernste Technologie zählen. Die Reben wachsen auf unterschiedlichen, fliessend ineinander übergehenden Böden aus Kalk, Sand und Lehm. Die Trauben werden nach Bodentyp separat vinifiziert. Bei der Degustation der Jungweine 2013 staunen wir, wie deutlich die Unterschiede zu erkennen sind.

Ein gewaltiger Kontrastpunkt zu der mit viel Kapital und modernster Technologie ausgestatteten Bodega Basconcillos bietet das kleine Familienweingut Volvoreta im Weinbaugebiet Toro. Hier stehen der ökologische Gedanke und eine etwas romantische Vorstellung von Weinbau derart im Vordergrund, dass die Ökonomie kaum Schritt halten kann. Wir hoffen, dass die unglaublich sympathische Familie Alfonso hier einen Weg findet, der ihr ein wirtschaftliches Überleben mit dem Weinbau ermöglicht.

Picknick inmitten reicher Biodiversität, v.l.: Daniel Wyss, Antonio Alfonso (Volvoreta) , Christian Wild, Roman Herzog, Maria Alfonso (Volvoreta)
Picknick inmitten reicher Biodiversität, v.l.: Daniel Wyss, Antonio Alfonso (Volvoreta) , Christian Wild, Roman Herzog, Maria Alfonso (Volvoreta)

Letztes Weingut auf unserer Reise ist die Bodega Menade der Gebrüder Sanz in der Region Rueda (Saxum Verdejo, Saxum Sauvignon Blanc). Neben den grossen Bemühungen für eine reiche Biodiversität verblüfft uns hier eine Aussage von Betriebsleiter Marco Sanz, wonach man im ganzen Jahr 2013 kein Gramm Schwefel oder Kupfer in den Weinberg gespritzt hat. Echter und Falscher Mehltau konnten mit natürlichen Produkten aus Schachtelhalm, Schafsmilch, Zimt, Backpulver und Tonerde in Schach gehalten werden. Wer weiss, vielleicht gehört Menade zu den allerersten Weingütern, die auch längerfristig gänzlich ohne Kupfer- und Schwefellösungen auskommen. „Das ist jedenfalls unser Ziel“, sagt Marco, bevor wir uns verabschieden.

Für uns war es eine intensive Woche mit einer spannenden und lehrreichen Reise. Wir konnten die unterschiedlichen Auffassungen unserer Winzer und die Herausforderungen an den Delinat-Weinbau in Nordspanien kennenlernen. Dies verschaffte uns neue Einblicke in die Philosophie der Betriebe und zeigte uns eindrücklich, dass verschiedene Wege zum selben Ziel führen können. Die Begegnungen und die intensiven Gespräche mit unseren Winzern werden uns helfen, unsere Kunden noch kompetenter und praxisgerechter zu beraten.»