Wein lagern – warum?

Beim Wein schätzen wir vor allem die Aromen sowie das Gaumenerlebnis – mal abgesehen von der Wirkung des Alkohols. Die meisten Degustatoren unterscheiden drei Aromengruppen: Die fruchtigen oder blumigen Primäraromen, welche von der Traube stammen; dann die Sekundäraromen, die während der Gärung und beim anschliessenden biologischen Säureabbau entstehen. Sie vergrössern die Duftvielfalt. Wer diese Aromen liebt, trinkt den Wein jung, also bereits ein paar Wochen nach der Flaschenfüllung und meistens innert ein bis zwei Jahren. Danach klingen sie ab und machen anderen Aromen Platz.

Lagern verändert die Aromen

Die dritte Gruppe sind die Tertiäraromen; sie entstehen während des Ausbaus (z.B. Barrique) und der Flaschenlagerung. In diesem Stadium spricht man auch vom Bukett, also vom Aromenstrauss, der uns aus dem Glas entgegenströmt. Die fruchtigen und blumigen Primäraromen werden mit der Zeit reifer (Dörrfrüchte, Kompott), die Sekundäraromen treten in den Hintergrund, dafür gesellen sich Düfte von Schokolade, Tabak, Pilzen, Waldboden, Leder dazu. Diese Duftvielfalt lässt die Augen der Weinkenner glänzen. Unterschiedlich bewertet werden später die Reife- oder Altersnoten: Oxidationstöne wie bei Portwein, Firn bei Weisswein, also Aromen von Pilzen, Nüssen, Honig oder die Petrolnote bei gereiftem Riesling.

Ein Ausbau im Barrique kann sich auf das Entwicklungspotenzial auswirken.
Ein Ausbau im Barrique kann sich auf das Entwicklungspotenzial auswirken.

Bedeutsam ist aber auch das Gaumenempfinden. Rotweine, die jung trinkreif sind, überzeugen mit erfrischender Säure, feinem Tannin und beim Weisswein häufig mit einer schmeichelnden Restsüsse. Junge Lagerweine dagegen sind oft noch zu säure- und tanninbetont; sie entwickeln sich über die Jahre in der Flasche: Aromen, Säuren, Alkohole, Extrakt und allenfalls Restzucker verschmelzen zu einem höheren Ganzen.

Welches sind Lagerweine?

90 Prozent aller Weine, ob weiss oder rot, erreichen nach ein paar Monaten bereits ihren Höhepunkt. Sie halten sich dann bei guten Lagerbedingungen noch zwei, drei oder gar fünf Jahre, werden reifer aber nicht mehr besser. Das heisst, Primär- und Sekundäraromen verflüchtigen sich, allenfalls treten Altersnoten (Sherryton) hervor und der Wein wirkt am Gaumen ausgezehrt und rau.

Einige Traubensorten sind aber fürs Altern geeignet, u.a. Cabernet Sauvignon, Agiorgitiko, Tempranillo, Sangiovese, Nebbiolo, Syrah, aber auch weisse Sorten wie beispielsweise Riesling, Chenin blanc und Chardonnay – allerdings nur, sofern auch weitere Bedingungen erfüllt sind: ein Mindestalter der Reben von acht bis zehn Jahren sowie Menge und Qualität des Extraktes im Wein, also alle gelösten Substanzen wie Zucker, Glycerin, Säuren, Mineralstoffe, Stickstoffverbindungen und Gerbstoffe. Wichtig ist auch das Fachwissen des Winzers und des Kellermeisters; ein Ausbau im Barrique kann sich ebenfalls auf das Entwicklungspotenzial auswirken.

Der optimale Weinkeller?

Um Wein ein paar Monate zu lagern, genügt der kühlste Ort der Wohnung. Dauert die Reifung aber Jahre, dann braucht es einen entsprechenden Raum. Die Hoffnung, ein Wein reife im zu warmen Keller einfach rascher, trügt. Bei Wärme entwickeln sich unerwünschte Aromen. Ideal sind 12 bis 14 Grad bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 Prozent. Interessantes ergab ein Test mit Weisswein, der zehn Monate bei 12, 18 und 22 Grad gelagert wurde: Die sensorisch wahrnehmbare Fruchtaromatik verringerte sich um bis zu 50 Prozent, je höher die Lagertemperatur war (Schneider 2000).

Schlecht ist auch Licht, handelt es sich dabei doch um Energie, welche chemische Verbindungen im Wein zerstört und zu Verfärbungen (Brauntöne) und Altersnoten führt. Ob Weine liegend oder stehend gelagert werden, ist hingegen nicht so wichtig; Versuche haben gezeigt, dass auch stehend gelagerte Weine selbst nach fünf oder zehn Jahren keinen grösseren Schwund aufweisen als ihre liegenden Kollegen. Die Korken trocknen nicht aus, denn im Luftraum zwischen Wein und Korken ist es feucht genug.

Stehend gelagerte Weine weisen keinen grösseren Schwund auf als ihre liegenden Kollegen.
Stehend gelagerte Weine weisen keinen grösseren Schwund auf als ihre liegenden Kollegen.

Gemäss einer Studie wurden bei sensorischen Vergleichen von stehend und liegend gelagerten Weinen die stehend gelagerten Weine oft als reintöniger bevorzugt (Zürn/Jung, Auszug aus den Geisenheimer Testmethoden zur Handhabung und Verarbeitung von Korken, 2000).

Ob ein Wein gelagert werden kann und wie lange, ist letztlich auch eine Frage des eigenen Geschmacks – und der verfügbaren Informationen. Wer seinen Wein kennt, kann besser beurteilen, wie lange er sich lagern lässt. Bei Delinat finden Interessierte umfassende Informationen auf den Produktseiten im Webshop.

Jungweine sind günstiger – und anders

Im Delinat-Sortiment gibt es einige beliebte Weine, deren Erntemenge leider nicht ausreicht, um jederzeit lieferbar zu sein. So auch bei zwei der meistverkauften Bioweine Spaniens, dem Vinya Laia und dem El Molino.

Vor Jahren haben wir eine Erweiterung der Parzellen eingeleitet und die Winzer dabei beraten und unterstützt. Beim Vinya Laia war es dann der Jahrgang 2007, für den etwas mehr Trauben verfügbar waren und beim El Molino der Jahrgang 2008. Diese Zusatzmengen haben bewirkt, dass die beiden Weine jetzt zum ersten Mal das ganze Jahr über lieferbar blieben.

In wenigen Wochen kommt die neue Ernte und dann wird es vorübergehend sogar zwei Jahrgänge parallel zu kaufen geben. Zum ersten Mal werden die Freunde dieser beliebten Tropfen also die Wahl haben: Soll ich eher den reifen älteren Jahrgang kaufen oder gleich den neuen wählen? Wo liegen die Unterschiede und was sollte man vorziehen?

Um es vorwegzunehmen: Es gibt keine allgemein gültige Antwort. Denn es ist eine Frage des Geschmacks. Rotweine machen auch nach der Abfüllung in der Flasche noch einmal eine Entwicklung durch. Die jugendlich-ungestümen Fruchtaromen schwächen sich ab und die Weine werden reifer, runder und wirken insgesamt harmonischer.

Praktisch alle Rotweine entwickeln sich stark im ersten und zweiten Jahr nach der Abfüllung.
Praktisch alle Rotweine entwickeln sich stark im ersten und zweiten Jahr nach der Abfüllung.

Wer die frischen Fruchtaromen vorzieht und den Wein ähnlich wie Rosé oder Weisswein zu gewürzten Speisen oder gar als Aperitif servieren möchte, der sollte eher die neuen Jahrgänge wählen. Wer aber lieber einen etwas gesetzteren, reifen Begleiter zum Essen mag, der die zarte Würze der Speisen mit den feinen Sekundär-Aromen unterstreicht statt sie mit jugendlich-üppigen Aromen zu überdecken, der sollte besser die gereifteren Jahrgänge wählen.

Auch der Preis kann bei der Wahl eine Rolle spielen. So werden die neuen Jahrgänge oft per DegustierService vorgestellt und damit gilt in der Einführungszeit der günstige DS-Preis. Die Lagerung verteuert die Weine zusätzlich und nach einem Jahr ist eine Preiserhöhung die Folge. Das gilt auch für El Molino und Vinya Laia. Beide sind jetzt noch zum alten Preis erhältlich. Im Mai, wenn die neuen Jahrgänge angekommen sind, wird der Preis der alten um etwa 10% erhöht.

Wein als Geldanlage rechnet sich – aber nur bei gutem Weinkeller.
Wein als Geldanlage rechnet sich – aber nur bei gutem Weinkeller.

Wer über einen geeigneten Weinkeller verfügt, kauft daher mit Vorteil die Jungweine zum günstigen Preis und legt sich einen kleinen Vorrat an. Besonders bei Weinen mit langer Lagerfähigkeit lohnt sich das. Im Vergleich zu Sparkonten ist der Ertrag dieser sicheren „Anlage“ mit rund 10% jährlich geradezu traumhaft. Mehr dazu hier.