Tagebuch einer lehrreichen Weinreise

Vorab zwei Bemerkungen. Als Kundenberater fiel mir die Ehre zu, Delinat-Chef Karl Schefer, seine Gattin Astrid und Einkäufer David Rodriguez auf meiner diesjährigen Weiterbildungsreise zu bewährten Delinat-Winzern und neuen, potenziellen Anwärtern zu begleiten. Auf dem Programm stand eine spannende Reise durch Nordspanien. Eindrücklich erlebte ich, dass das sonnenverwöhnte Spanien auch im Sommer vor Wetterkapriolen nicht verschont bleibt.

Montag, 8. Juni, Vormittag
Rueda, 16 °C, sonnig
Unsere Reise beginnt in der aufstrebenden Weissweinregion Rueda in Kastilien. Hier bewirtschaften die Geschwister Alexandra, Marco und Richard Sanz das Weingut Menade in sechster Generation. Wir werden im modern gestalteten Verkaufsraum mit Showroom und Bar empfangen, wo neben Wein auch andere regionale Produkte, unter anderem ein hauseigenes Bier, angeboten werden. In der alten Kellerei degustieren wir die neuen Jahrgänge der Weissweine Saxum Sauvignon Blanc, Saxum Verdejo, den ganz ohne Schwefelzusatz erzeugten Nosso Verdejo Natural sowie ein paar rare Tropfen, die im Barrique ausgebaut werden. Danach geht es im Geländewagen hinaus in die Weinberge. Mit ihren steinigen Böden, der Begrünung mit regionstypischen Kräutern und Sträuchern wirken sogar die Rebflächen für mich irgendwie ästhetisch. Besonders imponiert mir ein mobiler Hotspot, mit welchem man versucht herauszufinden, welche Pflanzen sich als Begrünung besonders eignen.

Richard Sanz und Karl Schefer
Richard Sanz (Bodegas Menade) und Karl Schefer vor der Vinothek des Weinguts.

Montag, 8. Juni, Nachmittag
Gumiel de Izan, 26 °C, sonnig
Wir reisen weiter in die benachbarte, hochgelobte Rotweinregion Ribera del Duero. Auf rund 1000 m ü.M. liegt das Weingut Basconcillos. Wir werden von Betriebsleiterin Maria José und Kellermeister Francisco Barona empfangen. Franciscos Begeisterung für den biologischen Weinbau ist ansteckend. Er erklärt uns die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit auf engstem Raum. Aufgrund seiner Ausführungen können wir gut nachvollziehen, weshalb die Rebparzellen nicht ganzflächig, sondern nur partiell begrünt sind. Die Weinberge wirken wie aus dem Bilderbuch, mit Hilfe modernster technischer Hilfsmittel wird hier nichts dem Zufall überlassen. Der Rundgang durch den Weinkeller lässt dann erst recht das Herz jedes Weinliebhabers höher schlagen. Hier entstehen der Dominio Basconcillos Roble und zahlreiche weitere Weine. Die Fassproben der neuen Jahrgänge sprechen für sich. Besonders spannend ist der Vergleich zwischen Weinen, die auf verschiedenen Böden reifen.

Im Barrique-Keller von Basconcillos lagern einige edle Tropfen.
Im Barrique-Keller von Basconcillos lagern einige edle Tropfen.

Dienstag, 9. Juni
Felechosa, 21 °C, regnerisch
Heute lassen wir Wein für einmal Wein sein, fahren weiter nordwärts und besuchen in Asturien Luisa Fernandez Alonso, Besitzerin der Bio-Imkerei Artesanos de Cuevas in Felechosa. Von hier stammen verschiedene feine Honige im Delinat-Sortiment: der Edelkastanienhonig, der Tausendblütenhonig, der Eukalyptushonig und der Heidehonig. Die Gegend erinnert mich ein wenig an die waldigen Täler im Tessin. Es ist kühl und bewölkt in Felechosa. Bevor eine Gewitterwolke allzu bedrohliche Dimensionen annimmt, fahren wir auf steinigen und holprigen Strassen durch die Hügel zu den Bienenstöcken. Wir sehen nur vereinzelt Bienen, es ist zu kalt und zu nass. Das Wetter bereite Luisa heuer Sorgen. Sie befürchtet Ernteausfälle. Bis zu 30 Prozent sei keine Seltenheit, sagt sie. Wir nehmen nochmals ein Brise von der frischen Bergluft und fahren dann zurück ins Tal, wo uns Luisa zeigt, wie der Honig produziert wird.

Atencion Abejas - Vorsicht Bienen!
Atencion Abejas – Vorsicht Bienen!

Mittwoch, 10. Juni
Zamora, 18 °C, stürmisch
Wir widmen uns wieder unserem Kerngeschäft, dem Wein. Ein Blick in den Himmel verheisst auch heute nichts Gutes – Hundewetter ist angesagt. In Zamora empfängt uns Winzerin Maria Alfonso vom Weingut Volvoreta und führt uns durch die romantische Altstadt. An Zamoras ehemaliger Partymeile hat sich Maria mit einer Bar ein zweites Standbein geschaffen. Hier werden wir mit einem Glas Wein und feinen Häppchen verwöhnt. Später degustieren wir im Keller noch den Volvoreta Probus – ein Wein der selbst Weinguru Robert Parker ins Schwärmen gebracht hat. Auf einen Besuch der Weinberge müssen wir leider verzichten. Stürmische Regenschauer machen das Gelände unzugänglich.

Donnerstag, 11. Juni
Fermoselle und Villanueva del Conde, 20 °C, bewölkt
Zum Abschluss unserer Reise besuchen wir westlich von Zamora hart an der Grenze zu Portugal und weiter südlich in der Provinz Salamanca noch zwei neue, potenzielle Delinat-Weingüter. Die Zukunft wird zeigen, ob es Weine dieser Winzer ins Delinat-Sortiment schaffen. Ich bin gespannt.

Am nächsten Tag setzen Astrid und Karl Schefer ihre Winzerreise durch Portugal fort. Zusammen mit David Rodriguez trete ich die Heimreise ab Salamanca an. Ich nehme viele Eindrücke und Erkenntnisse mit nach Hause, die mir für meine Tätigkeit im Delinat-Kundendienst sehr nützlich sein werden.

Eindrücklicher Einblick ins Bio-Winzerleben

Ich hatte mit unserem Winzerberater Rolf Kaufmann in Narbonne abgemacht. Bei einer kurzen Besichtigung der Altstadt stiessen wir per Zufall auf das Denkmal der «Révolte des vignerons». Es erinnert an die Winzerrebellion von 1907, bei welcher Languedoc-Weinbauern gegen die überhand nehmende Massenproduktion demonstrierten. Ein schönes Symbol für die bevorstehenden Reisen zu verschiedenen Delinat-Weingütern in Südfrankreich.

Mustergültige Begrünung bei Lignères
Mustergültige Begrünung bei Lignères

Anschauungsunterricht für Schulklassen

Auf Château Coulon wurden wir von Winzer Louis Fabre und Rebmeister Xavier Sabouraud empfangen. Beim Spaziergang durch die Reben kam Louis so richtig in Fahrt. Er erzählte von seinen Begrünungsprojekten und den ausgiebigen Heckenpflanzungen. «Je dichter die Hecken sind, desto mehr Vögel nisten sich hier ein – ein richtiges Naturschauspiel», schwärmte er. Rolf Kaufmann zeigte sich über diese Anstrengungen höchst erfreut. Oftmals sind auch Schulklassen in den Weinbergen von Château Coulon zu Besuch. «Die jungen Leute verstehen den Biodiversitätsgedanken sofort. Ich bin zuversichtlich, dass die neue Generation dafür sorgt, dass es in der ganzen Region in Zukunft vermehrt zu Renaturierungen kommt», meinte Louis Fabre, bevor wir das nächsten Weingut in der Corbières, die Domaine Lignères, ansteuerten.

Wenn Patienten beim Winzer klingeln …

Hier braucht es kaum zusätzliche Massnahmen, um die Biodiversität zu verbessern. Die meisten Rebflächen der Gebrüder Lignères liegen am Fusse des Berges Alaric in wilder Natur. Sie sind von natürlichen Ausgleichsflächen umgeben – ein Traum! Auch bei der Vinifikation überlassen die Jean und Paul Lignères vieles der Natur. Sie lassen alle Weine spontan mit Naturhefe vergären und verzichten teilweise gänzlich auf Schwefelzugabe zur Haltbarmachung der Weine. Ich habe gestaunt, wie Jean Lignères alles unter einen Hut bringt. Er ist nämlich nicht nur Winzer, sondern auch Dorfarzt. Bei unserem gemeinsamen Nachtessen klingelten gleich mehrere Patienten an der Haustüre.

Winzerberater Rolf Kaufmann macht Bilder fürs Protokoll im Weingut Lignères
Winzerberater Rolf Kaufmann macht Bilder fürs Protokoll im Weingut Lignères

Strenge Bio-Kontrolleurin

Weiter westlich, am Fusse der Pyrenäen, liegen die Weinberge der Domaine du Mas des Clots. Die Trauben von Winzer Michel Piquemal reifen im Schutz felsiger Hügelzüge. Im ausgesprochen warmen und trockenen Klima der Côtes Catalanes ist eine Begrünung der Weinberge nicht ganz einfach. Rolf Kaufmann stellte aber deutliche Fortschritte gegenüber seinem letzten Besuch fest. Offenbar ist die richtige Saatgutmischung jetzt gefunden. Am Nachmittag hatte ich noch Gelegenheit, einer Biokontrolle durch eine Ecocert-Mitarbeiterin beizuwohnen. Ich staunte, wie gründlich die Einhaltung der Richtlinien, auch jener von Delinat, geprüft werden.

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Haus und Kellerei Mas des Clots

Vorbildliche Provence-Winzer

Die letzten Stationen unserer Reise waren in der Provence. Geradezu paradiesisch mutet für mich die Biodiversität auf den Weingut La Tour des Vidaux von Volker Paul Weindel an. Besonders aufgefallen sind mir die vielen Baldriansträucher. Mit ihren tiefen Wurzeln sorgen sie für einen lockeren Boden. Der wie ein Amphitheater angelegte Weinberg mit den vielen Pflanzen ist eine wahre Fundgrube für jeden Botaniker.

Eindrucksvoll: Im Keller bei Volker Weindel (Tour des Vidaux)
Eindrucksvoll: Im Keller bei Volker Weindel (Tour des Vidaux)

Abschliessender Höhepunkt war ein Besuch bei Antoine Kaufmann auf Château Duvivier. Die schön begrünten und mit vielen ökologischen Elementen ergänzten Weinberge zeugen von der wissenschaftlichen Versuchsarbeit, die hier seit Jahren mit Erfolg betrieben wird.

Die äusserste lehrreiche und spannende Weiterbildungsreise zeigt mir eins zu eins, wie verschieden Weinbauern, Regionen und Weine sind. Alle Winzer, die ich auf dieser Reise angetroffen hab, haben aber eines gemeinsam: Aus tiefer Überzeugung erzeugen sie hochwertige Weine im Einklang und nicht auf Kosten der Natur.

Imposanter Einblick ins Bio-Weinland Österreich

Österreich gilt als fortschrittlichstes Bio-Weinland Europas. Nirgends sonst ist der Anteil an biologischem Weinbau so hoch wie hier (mehr als 10 Prozent). So waren wir besonders gespannt auf diese Reise, die wir zusammen mit Delinat-Winzerberater Daniel Wyss zu den Weingütern Harm, Sepp Moser und Meinklang unternahmen.

Die Kundenberater mit Werner Michlits vor einem  Biodiversitäts-Hotspot im Weingut Meinklang (v.l. Kevin Benz, Paolo Mira, Werner Michlits, Naemi Ilg)
Die Kundenberater mit Werner Michlits vor einem Biodiversitäts-Hotspot im Weingut Meinklang (v.l. Kevin Benz, Paolo Mira, Werner Michlits, Naemi Ilg)

Weingut Harm

Was Dipl. Ing. Dr. rer. nat. Andreas Harm, Vater von drei schulpflichtigen Kindern und Winzer alles unter einen Hut bringt, ist bemerkenswert. Er repräsentiert die regionale Vereinigung biologischer Winzer, wirkt als Weinbauberater und führt verschiedene Forschungsarbeiten im Bereich des biologischen Weinbaus durch. Zur Hauptsache aber bewirtschaftet er mit grosser Leidenschaft mehrere kleine Weinbergsparzellen in der Wachau und im angrenzenden Kremstal. Andreas konzentriert sich dabei auf die beiden einheimischen weissen Paradesorten Riesling und Grüner Veltliner.

Paradeiser (Tomaten) als Sekundärkultur zwischen den Rebzeilen
Paradeiser (Tomaten) als Sekundärkultur zwischen den Rebzeilen

Besonders beeindruckt hat uns seine Toplage am Dürnsteiner Kellerberg. In Vergleich zu den Nachbarparzellen stechen seine terrassierten Steillagen mit einer prächtigen, artenreichen Begrünung heraus. Am Wachtberg, einer andern schönen Lage hoch über der Donau, begeisterten uns die vielen Tomatenstöcke, die zwischen den Rebzeilen wachsen und hocharomatische Paradeiser (wie Tomaten in Österreich genannt werden) liefern. Bei der Verkostung der Harm-Weine am Familientisch in Begleitung eines feinen Marillenkuchens wurde uns wieder einmal eindrücklich bewusst, zu welch herausragenden Weinen Winzer fähig sind, die draussen in Harmonie mit der Natur arbeiten und im Keller nach dem Motto «kontrollierter Minimalismus» vinifizieren.

Weingut Sepp Moser

Danach chauffierte uns Andreas Harm zur nächsten Station, dem keine 10 Kilometer entfernt gelegenen Weingut Sepp Moser im Kremstal. Hier werden wir von Winzer Niki Moser im prachtvollen Atriumhaus empfangen. Dieses liess sein Grossvater Lenz Moser, Begründer des bekannten Lenz-Moser-Erziehungssystems, in den 1950er-Jahre nach römischem Vorbild erbauen. Auf unserem Rundgang durch die artenreichen Weingärten wies uns Niki auf eine Wiese hin, in der Wermut wächst. Der Winzer stellt daraus ein natürliches Präparat her, mit dem er die Spinnmilbe bekämpft. Beeindruckt hat uns auf der Fahrt zu weiteren Weinbergen auch die längste Kellergasse Österreichs: Auf einer Länge von fast zwei Kilometern reihen sich eingebettet in eine Lössstrasse 71 Weinkeller, die heute als Heurigenbetriebe und als Verkostungslokale genutzt werden.

Wunderschön: Biodiversität im Weingut Sepp Moser
Wunderschön: Biodiversität im Weingut Sepp Moser

Für die Verkostung der Moser-Weine kehrten wir ins Atrium zurück. Die intakte Natur, der wir draussen in den Reben begegnet waren, kam uns hier in den schönsten Facetten auch aus dem Glas entgegen. Niki Moser bewirtschaftet auch im Burgenland in der Nähe des Neusiedlersees mehrere Rebparzellen. Auch diese flachen Weingärten besichtigten wir, bevor wir auf dem Weingut Meinklang Halt machten.

Weingut Meinklang

Bei der Familie Michlits beindruckte die grosszügige, moderne Kellerei. Angela und Werner Michlits legen Wert auf grosse Sauberkeit. Ihr «Heiligtum» ist ein sakral anmutender kleiner Keller. Eine stattliche Holztruhe ist das einzige Objekt im Raum. Darin lagern die biodynamischen Präparate, welche die Familie Michlits zusammen mit weiteren biodynamischen Winzern selber herstellt.

Weingut Meinklang: In dieser Truhe lagern die biodynamischen Präparate.
Weingut Meinklang: In dieser Truhe lagern die biodynamischen Präparate.

Eine echte Herausforderung stellen die vor drei Jahren angelegten Pflanzeninseln in der mit 11 Hektar grössten zusammenhängenden Rebfläche dar. «Wir haben zur Verbesserung der Biodiversität schon hunderte von Bäumen und Sträuchern angepflanzt. Leider gehen viele davon immer wieder ein», erklärte uns Werner. Aufgeben kommt für ihn aber nicht in Frage. Statt aber für viel Geld immer wieder neue Pflanzen zu setzen, will er künftig einfach das wachsen lassen, was von Natur aus kommt. Und so wird es halt etwas länger dauern, bis die ökologischen Hotspots diesen Weinberg zu einem einzigartigen Biotop machen.

Die Reise zu drei der fortschrittlichsten österreichischen Winzer im Bereich eines nachhaltigen Weinbaus war für uns sehr lehr- und aufschlussreich. Viele Erkenntnisse und Erfahrungen werden in eine kompetente Kundenberatung einfliessen. Ganz besonders beeindruckt hat uns, mit wie viel Herzblut und Können unsere Winzer bei der Sache sind.