Wetter und Klima spielen verrückt: Trockenheit und Starkregen treten immer häufiger auf. Auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier ist im Mai ein mehrjähriger Versuch angelaufen, der die Folgen des Klimawandels mildern soll. Das Ziel: Mit Bodenpilzen (Mykorrhiza) und mit dem Pflanzen der Reben auf den Höhenlinien soll deren Wachstum verbessert und Trockenstress gemildert werden.
Vor drei Jahren wurde ein Teil der überalterten Rebbergparzelle Beau Mulé auf Château Duvivier in der Provence gerodet. Bis im Frühling dieses Jahres erholte sich die Parzelle, bedeckt mit einer Gründüngung. Jetzt kommt sie für ein hochinteressantes Versuchsprojekt zum Einsatz. Im Mai 2023 wurden im oberen Teil der knapp zwei Hektar grossen Parzelle im Keyline-System 8000 noch nicht veredelte amerikanische Unterlagsreben gepflanzt. Dieses in der Permakultur-Bewegung beliebte Anbausystem beruht darauf, bei Starkregen anfallendes Wasser entlang der topografischen Höhenlinien besser versickern zu lassen und es den Reben bei Trockenperioden verfügbar zu machen. Durch den Bau von einfachen Wällen, Gräben, Furchen und Versickerungsbecken wird auch das abfliessende Wasser aus dem umgebenden Wald auf die Parzelle geleitet, sodass es verteilt, langsam versickert und dem Grundwasser zugeführt wird.
Wertvolle unterirdische Symbiose
Das Keyline-System ist eine Methode, um die Folgen von Wetterextremen zu mildern. Besonders spannend am neuen Projekt auf Duvivier ist aber auch die Frage, ob es gelingt, das Wachstum und die Trockenresilienz der Reben mithilfe von Bodenpilzen zu verbessern. Diese Mykorrhizapilze bilden ein Netzwerk von Pilzfäden (Mycel) im Boden und gehen mit vielen Pflanzen, so auch mit den Reben, eine Symbiose ein, bei der die feinen Pilzfäden in die Wurzelrinden eindringen. Diese Pilze erschliessen so für die Reben ein bis zu zehnfaches Bodenvolumen und versorgen sie mit wichtigen Nährstoffen und Wasser. Als Gegenleistung erhalten die Pilze durch die Fotosynthese erzeugte Assimilate (Zucker) von den Reben. Die intensive Landwirtschaft mit chemisch-synthetischen Düngemitteln, Pestiziden und starker Bodenbearbeitung dezimiert diese wertvolle Kooperation von Pflanzen und Pilzen. Beim neuen Rebberg auf Duvivier soll nun von Anfang an von dieser Symbiose profitiert werden, um den immer trockener werdenden Sommern zu trotzen.
Pilzgeflecht zapft Wasserquellen an
Die Hälfte der 8000 auf der Parzelle Beau Mulé gepflanzten Unterlagsreben wurde in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Pilzforscher Patrik Mürner mit einem Flüssigmycel mit lebenden Ektomykorrhiza geimpft. Das feine, tief in den Boden eindringende Pilzgeflecht soll die Reben mit ausreichend Wasser und anderen Nährstoffen versorgen und damit ihr Wachstum und ihre Resilienz gegen Trockenheit verbessern. Ob das funktioniert, sollen die nächsten Jahre zeigen. Um zu sehen, ob und wie das Pilzmycel wirkt, wurde die andere Hälfte der neu gepflanzten Unterlagsreben nicht geimpft. Delinat-Winzerberater Daniel Wyss: «Ich bin sehr gespannt darauf, die Unterschiede zu sehen.»
In drei Jahren, wenn die Unterlagsreben gut angewachsen sind, wird entschieden, welche Rebsorten aufgepfropft werden. Daniel Wyss: «Es werden ganz sicher robuste, pilzwiderstandsfähige Sorten sein. Wir haben nun noch genügend Zeit, um zu verfolgen, welche neuen PIWI-Sorten sich besonders bewähren. Dann werden wir entscheiden und die Unterlagsreben auf der Parzelle Beau Mulé direkt im Feld veredeln.
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