Hermes: Fairness auf der letzten Meile?

Als einziger deutscher Paketdienst ist Hermes in der Lage, Delinats Ökologie-Anforderungen zu erfüllen: Da die Ware nicht wie bei anderen Paketern über Förderbänder holpert, kann die Verpackung auf etwa die Hälfte reduziert werden.

Jahr für Jahr werden bei Paketdiensten skandalöse Mängel aufgedeckt. Meistens handelt es sich um die Ausbeutung der Paketboten, die oft für Subunternehmen tätig sind. Keine Firma der Branche blieb davon verschont; die «letzte Meile» ist offenbar die grösste Herausforderung.

In der Schweiz bauen wir die Auslieferung mit eigenen Fahrern und Elektrofahrzeugen weiter aus. In Deutschland ist Delinat auf Paketdienste angewiesen.

 

Als wir 2011 neu mit Hermes verhandelten, machten wir es zur Bedingung, dass der Konzern nachhaltig gegen Missbrauch der Subunternehmen vorzugehen hat. Unsere Kündigungsfrist bei Hermes ist kurz und wir könnten den Paketdienst rasch wechseln, wenn der Konzern seiner Pflicht nicht nachkommt.

Zum Glück ist Delinat nicht der einzige Hermes-Kunde, der auf Durchsetzung pocht. Hermes, ob unter Druck oder freiwillig, hat in den letzten zwei Jahren grosse Schritte unternommen. Das Unternehmen kümmert sich aktiv um die Beschäftigungsverhältnisse der 13’000 Zusteller. Wichtigstes Instrument dabei: Eine unabhängige Zertifizierung, die gemeinsam mit dem Prüfinstitut SGS-TÜV Saar GmbH entwickelt wurde. Neben der Qualität der Zustellung und Sicherheitsaspekten werden bei der Zertifizierung auch die Beschäftigungsbedingungen der Zusteller geprüft. Es haben bereits 420 Subunternehmer die Zertifizierung durchlaufen.

Die sozialen Missstände in der Branche werden sich trotz Zertifizierung nicht so schnell ändern. Alle Paketdienste haben deutliche Schwächen. In der Schweiz bauen wir daher die Auslieferung mit eigenen Fahrern und Elektrofahrzeugen kontinuierlich aus, zuletzt in der Region Basel. Das ist allerdings in Deutschland auf Grund der grossen Entfernungen nicht möglich und wir werden auch künftig auf Paketdienste angewiesen sein.

Hermes verhält sich aus unserer Sicht vorbildlich: Das Unternehmen scheint ehrlich bemüht und unternimmt mit unabhängiger Zertifizierung und Umfrage bei den Zustellern Schritte, die weit über der Branchenusanz liegen. Ob das ausreicht, muss sich zeigen. Falls Sie in Deutschland wohnen: Fragen Sie doch einmal Ihren Zusteller, ob die Zustände sich verbessern! Und berichten Sie hier darüber (Kommentar unten). Denn dass überhaupt etwas passiert, ist nicht zuletzt dem Druck zu verdanken, den Kundinnen und Kunden hier im Blog öffentlich gemacht haben.

Karl Schefer

5 comments

  1. Am vergangenen Freitag bekam ich mein Degustier-Service-Paket via Hermes. Darin das aktuelle Weinlese-Magazin mit einem kurzen Artikel auf Seite 4 „Hermes ist Service-Champion“. Das kann ich nun wirklich nicht nachvollziehen. Ich war Freitag den ganzen Vormittag zu Hause, habe gearbeitet, habe für Nachbarn Pakete, die über einen anderen Zustelldienst kamen, in Empfang genommen. Als ich gegen Mittag das Haus verließ, traf ich auf einen Hermes-Mitarbeiter, der gerade einen Benachrichtigungszettel in meinen und andere Briefkästen warf. Der Herr, ungepflegtes Äußeres, unzureichende Sprachkenntnisse, vermochte sich kaum zu artikulieren. Immerhin habe ich nach einiger Zeit verstanden, dass er angeblich mehrfach bei mir geklingelt habe und ich vor einigen Minuten nicht zu Hause war. Auf meinen Einwand, dass dies nicht stimme (s.o.), bekam ich zu hören, dass dann wohl meine Klingel defekt sei. Kann auch nicht sein, s.o. Leider passieren so unschöne Vorkommnisse mit Hermes immer wieder. Ich persönlich schwöre auf DHL: höflich, zuvorkommend, service-orientiert.

  2. Da wird sich aber mein Hermes-Zusteller freuen, wenn ich ihn mit Fragen zukleistere, für deren Antwort er nicht nur seine knappe Zeit opfern muss, sondern obendrein vermutlich Angst hat, das könne eine Falle seines Chefs sein.

    Dieser Vorschlag ist genauso unausgegoren wie der Hinweis mit den grossen Entfernungen in Deutschland. Jeder weiss, dass Deutschland deutlich grösser als die Schweiz ist, aber es ginge ja bei einer eigenen Auslieferung nicht darum, auch noch die letzte Ostfrieseninsel selbst beliefern zu können (genau wie vermutlich der Delinat-Fahrer in der Schweiz nicht zu Heidi auf die Alm kommt), sondern um eine Versorgung der deutschen Ballungsräume. Die könnte sogar wegen der weit höheren Bevölkerungsdichte in D sogar noch effizienter sein als in CH.

  3. Der Paketpreis von Hermes ist bei unserem Umsatz etwas höher als der von DHL, wohl weil DHL einen höheren Automatisierungsgrad erreicht. Allerdings geht dieser auf Kosten der Bruchrate. PTZ-zertifizierte (Post-Transport-Zulassung) Weinkartons sind denn auch unsinnig dickwandig und stabil – ein Fall von unterschiedlichen Höhen muss 10 Mal schadlos überstanden werden. Die Entsorgung dieser Kartons ist für Kunden ein Ärgernis, das Zurückschicken zu umständlich und zu teuer. Der für Hermes höhere Paketpreis wird dank günstigerer Kartons in etwa wettgemacht, so dass es unter dem Strich kaum nennenswerte Preisunterschiede gibt.

    Zustellungen an Packstationen sind natürlich weiterhin möglich.

  4. Ist das Ihr Ernst? Sie wollen in D nur noch mit Hermes versenden? Aus ökologischen Gründen? Ich kann mich hier nur anderen Usern anschließen: Wenn ich Hermes-Fahrzeuge sehe, dann sind das idR die ältesten Sprinter, die man sich nur vorstellen kann. Und die Austräger machen auch nicht den Eindruck als würden sie fair bezahlt.
    Stehen vielleicht doch eher Kostenaspekte im Vordergrund? Und was ist mit Zustellungen an die Packstationen? Wird das noch möglich sein?
    Ich rate Ihnen diese Entscheidung nochmal zu überdenken.

  5. Also wenn mal wieder ein Hermes-Bote bei mir vorbeischaut werde ich der Sache auf den Grund gehen. Wenn ich mir die Fahrzeuge anschaue, hege gewisse Zweifel an den Arbeitsbedingungen bei Hermes. Die Fahrzeuge erwecken eher den Eindruck Scheinselbständiger, die sich nicht wirklich ein Fahrzeug leisten können.
    [Link wegen Verstoss gegen die Kommentarrichtlinien gelöscht]

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