Wie kombiniert man Wein mit veganem Essen? Und wie mit Rohkost? In Bern fand die erste «Tavolata cruda» statt, an der sich 16 Gäste, zwei Sommeliers und zwei Caterer auf das kulinarische Abenteuer einliessen.
«Danke für euren Mut», so begrüsste uns Pirmin Muoth bei der ersten Ausführung von «Tavolata cruda» im Delinat-Weindepot am Berner Stadtrand. Mut deshalb, weil der Fünfgänger nicht nur vegan, sondern vegane Rohkost war, zubereitet und erfunden von Miranda Külling und Cédric Wüthrich von der Berner Ölmühle rohrohroh. Mut brauchten nicht nur wir Gäste, sondern auch die Initianten des Anlasses, für sie war es ebenfalls eine Premiere. «Unser Sensoriker Dirk Wasilewski hat die Kombinationen aber abgesegnet», sagte Pirmin Muoth und erntete einige Lacher von seinen Gästen. Am Tisch sassen primär Delinat-Kunden, und man merkte: Niemand zweifelte, dass dieser Abend ein Erfolg werden würde.
Aperitivo
Wir starteten beim Aperitivo mit dem Schaumwein Albet i Noya Saumo Brut Reserva (2015, Chardonnay und Parellada) und kulinarisch mit Tapas. Jamón Serrano, Chorizo oder Salchicha – normalerweise ist die spanische Küche für ihre Fleischspezialitäten bekannt. Miranda Külling nahm die Herausforderung an: Auf dem Teller fanden wir Leinsamen-Cracker mit fermentierter Paste und Tomate, tolle Oliven, süsse Birnen mit Curry-Federkohl-Chips und panierte Zwiebelringe. Für den Umami-Moment sorgten die in Olivenöl getränkten Champignons. Die Chardonnay-Traube ist für Schaumwein aus dem Penedès noch untypisch, aber durch die Cremigkeit und das Aromatische passte er prächtig. Ausserdem brachte er nur wenig Süsse mit, die stören könnte. Eine derart breite Palette mit einem Schaumwein zu kombinieren, ist ein guter Trick. Und gerade der Saumo meisterte den Spagat zwischen all den Tapas sehr gut.
Sopa
Die Sopa musste die Köchin Miranda Külling nicht einmal anpassen, denn es war ein Gazpacho Andaluz, das wohl bekannteste Rohkostmenü Spaniens. Im Glas bekamen wir gleich zwei Weine, beide mit Verdejo-Trauben. Der Saxum (2016) schmeckte nach Grapefruit und forderte die Suppe heraus, ohne aber ein adstringentes Gefühl auf der Zunge zu hinterlassen. Besser gefiel den meisten am Tisch der Nosso Verdejo Natural (2016), der im Eichenfass ausgebaut worden war und in der Nase eine laktische Note hatte. Er rundete die Suppe mit einem Honigabgang harmonisch ab und milderte ausserdem die Säure der Tomate.
Entrada
Die Entrada trug den klingenden Namen Endibias al Romero: Chicorée auf einem Apfelmusbeet und Spargeln in einer Salsa, in die auch der Rosé integriert worden war, den wir im Glas hatten. Dazu gab es einen Apfel-Heidelbeer-Salat. Chicorée und Spargel mit Wein? Vielen Weinliebhabern dürften die Haare zu Berge stehen, doch die Spargeln waren in Randensaft eingelegt worden, was den Spargelgeschmack zügelte. Auch der Chicorée wurde mit einer Marinade aus Rosmarin und Olivenöl gezähmt. Diese herbe Note nahm Depot-Leiter Pirmin Muoth auf: Er servierte einen Pago Casa Gran Monastrell rosado (2016, Monastrell). Da das Gericht nicht überwürzt war, passten das Herbe der Monastrell-Traube und der tiefe Tanningehalt gut.
Plato Principal
Der Plato Principal war Tortilla con Ensalada. Bei der Salatsauce war die Küchencrew vorsichtig, und man fand weder Zitrusnoten noch viel Essig darin vor. Dennoch rümpften einige die Nase, als dazu Rotwein ausgeschenkt wurde: der Núria, wiederum von Albet i Noya (2015, Merlot). Zum Salat gab es zwei Tortillas auf Basis von Flohsamenschalen und Kokosnussmus. Eingefärbt waren sie mit Kurkuma und mit Paprika, um die spanischen Nationalfarben ins Menü aufzunehmen. Ein Schluck Merlot nach einem Bissen Tortilla, gefüllt mit allerlei Gemüsestückchen und Cashew-Frischkäse, war überraschenderweise eine solide Kombination.
Postre
Die Menge an Essen, die wir verzehrten, war beachtlich. Doch auch nach dem Hauptgang fühlten wir uns noch nicht überessen. Von den ebenfalls beachtlichen Dezilitern Wein war die Lautstärke gestiegen, und die Tavolata machte dem Namen alle Ehre. Als Postre gab es eine Crema Catalana Suiza, die im Originalrezept primär aus Rahm, Milch und Eiern besteht. Kein Problem für die Caterer: Anstatt mit Ersatzprodukten die Crema zu kopieren, erfanden sie ein neues Dessert. Aus Chiasamen, Mandelmilch und Datteln kreierten sie eine Crema Catalana Suiza. Dazu wurde ein Süsswein vom Château Dudon (2015, Sémillon und Sauvignon Blanc) aus dem Sauternes-Gebiet mit 114 Gramm Restzucker und 6 Gramm pro Liter Gesamtsäure kredenzt. Die Honignoten im Mund begleiteten das Dessert wunderbar, zudem belebte die angenehme Säure des Weines die Süsse des Desserts.
Nach all der Rohkost ging es uns prächtig, und als Abschluss beantworteten uns die Köche noch die letzte brennende Frage: Ja, auch Wein ist Rohkost.
Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet statt am:
Samstag, 10. November 2018 ab 18.30 Uhr im Delinat-Weindepot Bern.
Kosten CHF 100.– pro Person (max. 30 Teilnehmer)
Mehr Informationen und Anmeldung:
www.delinat.com/tavolata
Alle Artikel der WeinLese 51:
- Editorial
- Kurz & bündig
- Stärken statt schwächen
- «Reben müssen sich selber wehren können»
- «Wir setzen voll auf resistente Sorten»
- Rebsorten sind nicht gottgegeben
- PIWIs – die Unbekannten
- Bekannte PIWI-Rebsorten
- Kulinarisches Abenteuer
- Auf ein Glas mit … Claudio Del Principe
- 10 Fragen an die Delinat-Kunden Bettina Hailer und Jörg Janich
- Neues Gesicht im Kursleiterteam