Wie robuste Sorten die Weinwelt verändern

Neue robuste Sorten verbinden Tradition und Innovation im Weinbau: Die neuen, widerstandsfähigen Rebsorten ermöglichen eine nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung – mit weniger Pflanzenschutzmitteln und besserer Anpassung an den Klimawandel. Nach Jahren der Skepsis erleben sie nun eine Renaissance und könnten den Weinbau der Zukunft entscheidend mitprägen.

Der Weinbau steht seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Eine der spannendsten – und kontrovers diskutierten – Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sind dabei sicher die neu gezüchteten PIWI-Sorten. Diese innovativen Reben versprechen nicht nur eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels, sondern auch auf die zunehmenden Ansprüche der Kundschaft an nachhaltige, naturnahe und pestizidfreie Weine. Doch der Weg der PIWI-Sorten ist kein einfacher. Um ihre heutige Bedeutung für den Weinbau zu verstehen, lohnt sich ein Blick in ihre bewegte Geschichte.

Rebzüchter Valentin Blattner bei der Weingartenbegehung.
Rebzüchter Valentin Blattner bei der Weingartenbegehung.

Innovation seit dem 19. Jahrhundert

Die Ursprünge der PIWI-Sorten reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Eine Zeit, in der verschiedene Pilzkrankheiten wie Mehltau, den europäischen Weinbau bedrohten. Damals begann man aus der Not heraus, europäische Edelreben (Vitis vinifera) mit krankheitsresistenten amerikanischen Wildreben zu kreuzen. Ziel war es, robuste Reben zu schaffen, die weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge waren, damit der Weinbau irgendwie überleben konnte.

Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die neuen Hybriden erwiesen sich als äusserst widerstandsfähig und erforderten deutlich weniger Pflanzenschutzmittel. Das erlaubte auch zu Zeiten des Krieges eine vergleichsweise günstige Weinproduktion.

Vom Boom zur Nische im 20. Jahrhundert

Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebten die PIWI-Sorten einen Aufschwung, insbesondere in Regionen, in denen der Weinbau durch schwierige klimatische Bedingungen oder hohen Krankheitsdruck belastet war. Frankreich, Italien und Deutschland experimentierten mit den neuen Sorten. In den 1950er- und 1960er-Jahren sind die Flächen mit PIWI-Sorten in grossem Stil gewachsen.

Zeitweise war rund ein Drittel der Rebfläche Frankreichs mit diesen neuen Sorten bestockt. Doch dieser Erfolg war nur von kurzer Dauer. Schon bald stiessen diese sogenannten Hybridreben auf Widerstand. Zwar waren sie robust, doch die Weinqualität sorgte für Kritik. Weine aus den Hybriden galten als weniger aromatisch als diejenigen traditioneller Rebsorten. Diese Skepsis prägte die Wahrnehmung von PIWI-Sorten über Jahrzehnte. Die Aromen wurden als wenig komplex und oft als «foxig» (ein Begriff für den Geschmack von Weinen aus amerikanischen Wildreben) beschrieben.

In vielen Weinbauregionen Europas wurden Hybridreben deshalb von den Appellationen ausgeschlossen. Diese Regelungen sollten die Qualität der Weine schützen, führten jedoch dazu, dass PIWI-Sorten in der Weinwelt zunehmend marginalisiert wurden. Mit der Entwicklung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel konnten scheinbar viele der Probleme, die PIWI-Sorten ursprünglich lösen sollten, auch auf konventionelle Weise bewältigt werden. Dies reduzierte den Anreiz, in die Züchtung und Verbreitung pilzwiderstandsfähiger Reben zu investieren.

Valentin Blattner und die PIWI-Revolution

Erst Ende des 20. Jahrhunderts begann ein Umdenken. Der Schweizer Winzer und Rebenzüchter Valentin Blattner spielte dabei eine zentrale Rolle. Er erkannte, dass der Erfolg der PIWI-Sorten nicht nur von ihrer Widerstandsfähigkeit, sondern auch massgeblich von ihrer Weinqualität abhängt. Während in den meisten Forschungsinstitutionen Europas die Züchtungsprojekte nach und nach auf Eis gelegt wurden, begann Valentin in den 80er-Jahren, selbst neue PIWI-Sorten zu züchten, und dies mit Erfolg.

Durch innovative Züchtungstechniken gelang es ihm, neue PIWI-Sorten zu entwickeln, die sowohl robust als auch qualitativ hochwertig waren. Dank geschickter Rückzüchtung konnte Valentin nämlich unerwünschte Aromen gezielt herauszüchten, während die gewünschten Krankheitsresistenzen beibehalten wurden. So entstanden neue PIWI-Sorten, die überwiegend die Genetik von europäischen Sorten hatten, aber trotzdem robust gegenüber Krankheiten waren.

Autor Olivier Geissbühler (li.) und der katalanische PIWI-Pionier Josep-Maria Albet i Noya.
Autor Olivier Geissbühler (li.) und der katalanische PIWI-Pionier Josep-Maria Albet i Noya.

Beispiele dieser neueren PIWI-Generation sind Sorten wie Cabernet Blanc, Cabernet Jura oder Sauvignac, die heute immer noch von vielen Winzerinnen und Winzern geschätzt werden. Und die Innovation der PIWI-Sorten schreitet weiter voran: Im Sortengarten von Valentin stehen mittlerweile Sorten, die bestehende Sorten bezüglich Resistenz wie auch Geschmack in den Schatten stellen.

Bis diese zugelassen und in grösserem Stil angepflanzt werden, ist es nur eine Frage der Zeit. Die derzeitige Renaissance der PIWISorten ist eng mit der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit im Weinbau verbunden. PIWI-Reben benötigen deutlich weniger Pflanzenschutzmittel, was nicht nur die Umwelt schont, sondern auch die Kosten für die Winzerinnen und Winzer senkt. Zudem sind sie besser an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst, da sie oft eine grössere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen aufweisen.

Insbesondere in der Bioweinproduktion spielen PIWI-Sorten eine immer wichtigere Rolle, da sie die Philosophie des natürlichen und nachhaltigen Weinbaus auf sehr konsequente Weise ermöglichen. Wir bei Delinat sind uns einig: Die Bedeutung von PIWI-Sorten wird in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen.

Moderne Rebsorten sichern die Weintradition

Die Geschichte der PIWI-Sorten zeigt eindrucksvoll, wie Innovationen im Weinbau zunächst skeptisch aufgenommen werden, bevor sie sich langfristig etablieren können. Von den ersten Kreuzungen im 19. Jahrhundert über die Herausforderungen des 20. Jahrhunderts bis hin zur heutigen PIWI-Renaissance: PIWI-Sorten sind ein Beispiel dafür, wie Tradition und Moderne miteinander in Einklang gebracht werden können. Denn die neuen robusten Sorten ermöglichen auch in Zukunft einen naturnahen, ressourcenschonenden und rentablen Weinbau.

Dank der Arbeit von Pionieren wie Valentin Blattner und der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit im Weinbau haben PIWI-Sorten das Potenzial, den Weinbau der Zukunft entscheidend zu prägen. Kurz gesagt: Es braucht neue, moderne, klimaangepasste Sorten, um die Weinbautradition am Leben zu erhalten!

Verkostungsmarathon bei Albet i Noya

Bei Albet i Noya im spanischen Penedès, der frisch gebackenen ersten Appellation, die zu hundert Prozent biologisch arbeitet, ist man gerne am Puls der Zeit. So kam es seit Herbst 2024 zur Verkostung von hunderten neuen robusten Rebsorten, die die Delinat-Winzer von Albet i Noya gemeinsam mit Züchter Valentin Blattner in jahrelanger Forschungsarbeit entwickelt und einzeln vinifiziert haben.

Vor über zehn Jahren setzten sich der Rebenzüchter Valentin Blattner und der Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya ein ehrgeiziges Ziel: Sie beschlossen, neue PIWI-Sorten speziell für Spanien zu züchten. Dazu haben sie das Projekt VRIAC ins Leben gerufen: «Varietats Resistents i Autòctones Adaptades al Canvi Climàtic», also «Resistente und autochthone Rebsorten, die dem Klimawandel angepasst sind».

In den letzten Jahren ist das Pionierprojekt stetig gewachsen: Auf dem Versuchsfeld bei Albet i Noya wachsen mittlerweile über 7000 verschiedene Sorten. Jedes Jahr wählen die Experten die besten aus, um die Trauben mittels Mikrovinifikation auf ihren Geschmack zu testen. So entstanden für den Herbst 2024 beinahe 800 einzeln ausgebaute Mikrovinifikationsproben.

Unsere Produktmanager Martina Korak, David Rodriguez und Emil Hauser dabei, um Valentin Blattner und Josep Maria bei der Verkostung der neuen Sorten zu unterstützen.

Bei Albet in Noya im Penedès wollte man es wissen und hat rund 800 neue, robuste Sorten aus Mikrovinifikationen auf den Prüfstand gestellt.
Bei Albet in Noya im Penedès wollte man es wissen und hat rund 800 neue, robuste Sorten aus Mikrovinifikationen auf den Prüfstand gestellt.

Ein Degustationsgespräch

Über 800 Weine zu verkosten, das hört sich nach jeder Menge Arbeit an … Wie lief die Degustation der neu gezüchteten Sorten bei Albet i Noya genau ab?

David Rodriguez: Natürlich konnten wir nicht alle Weine verkosten, dafür fehlte uns die Zeit. Wir haben in einer Gruppe an zwei Tagen jeweils rund 50 Weissweine verkostet und bewertet.

Emil Hauser: Josep Maria Albet i Noya und der Rebenzüchter Valentin Blattner haben extern etwa 500 Weissweine und rund 300 Rotweine aus neuen PIWIRebsorten mittels Mikrovinifikation keltern lassen. Als David und ich ankamen, standen die Weissweine schon bereit für die Verkostung. Die Rotweine folgen.

Welche Eigenschaften habt ihr in den Weinen gesucht?

David: Mithilfe einer App des katalanischen Forschungszentrums VITEC hat jeder Teilnehmer alle Weine auf Typizität (Geruch, Geschmack) und Qualität (Frische, Komplexität, Tiefe, Länge) bewertet. Dazu musste angegeben werden, ob sich der Wein entweder für die Produktion von Stillwein, als Basiswein für Schaumweine eignet oder defekt und somit ungeniessbar ist.

Emil: Zusätzlich haben wir den neuen Wein mit bereits bestehenden Rebsorten verglichen, uns also gefragt, welche bekannte Rebsorte geschmacklich am nächsten liegt. Und zum Schluss sollten in einem Feld noch die Degustationsnotiz und besondere Beobachtungen zu jedem Wein eingetragen werden. Dann sandte jeder Teilnehmer seine Daten an die App ab. Die VITEC wertet diese Daten aus.

Wie stuft ihr die Qualität der Weine denn insgesamt ein?

Emil: Es war alles vorhanden, von den fehlerhaften, oxidierten Weinen über die flachen, gesichtslosen Varianten bis hin zu frischebetonten, komplexen Proben. Interessanterweise zeigten sich praktisch keine neuen Sorten von einer «eindimensionalen » Seite, wo ein bestimmtes Aroma, wie zum Beispiel Peperoni, dominiert.

David: Der Aspekt der Säure war auch immer ein Thema. Manche mögen eine sehr prägnante Säure, aber für mich ist exzessive Säure unharmonisch. Es gab auch Weissweine mit ziemlich viel Tannin, die von der Struktur her fast wie Rotwein schmeckten.

Aussergewöhnliche Bedingungen

Worin unterscheidet sich diese Degustation von einer klassischen?

David: Es ging primär darum, das mittel und langfristige Potenzial einer bestimmten Sorte zu erkennen. Aufgrund der zunehmenden Klimaerwärmung standen die Frische und die Eleganz im Vordergrund.

Emil: Die Proben erinnerten an frische, junge Tankmuster, die David und ich immer gegen Ende Jahr bei den Winzern degustieren und für unsere Assemblagen vor-selektionieren. Der wirklich fertige Wein schmeckt dann jeweils ein bisschen anders. In diesem Fall hat das Team nur sehr kleine Mengen ausgebaut.

Merkt man das auch beim Wein?

David: Ja, es wurden wirklich nur sehr kleine Mengen, also ein bis drei Liter pro Sorte, vinifiziert. Teilweise waren die Mengen so klein, dass der Wein bereits oxidiert war, zum Beispiel, wenn die Flasche aufgrund der kleinen Menge, nicht ganz gefüllt war. Emil: Zudem waren die Muster nicht geklärt oder geschönt, sie konnten also Trübungen enthalten.

Muss man andere sensorische Faktoren beachten als bei einer Degustation von klassisch ausgebauten Weinen?

David: Man muss sich auf das Wesentliche wie Frische, Aromatik, Komplexität und Länge konzentrieren. Finesse und Holzintegration sind noch nicht vorhanden. Wir müssen anders degustieren, als bei herkömmlichen Wein. Also die Faktoren, anhand derer man das Potenzial und die Komplexität eines Weines erkennen kann, sind anders.

Gab es denn wesentliche Unterschiede im Aromenspektrum gegenüber den etablierten Sorten?

Emil: Ältere PIWI-Sorten weisen manchmal markante, «eindimensionale» Aromen auf. Diese neuen Sorten zeichneten sich aber vor allem durch zitrische, gelbe und exotische Fruchtaromen aus. Und die guten Sorten hatten eine markante, gut eingebundene, aber keine schneidende Säure.

Gab es Weine, die geschmacklich an europäische Sorten erinnerten?

David: Da die Neuzüchtungen vor allem aus Kreuzungen mit den im Penedès vorhandenen Sorten stammen, konnte teilweise auch auf diese Rebsorten rückgeschlossen werden, also Xarel.lo, Macabeu und Parellada. Manche erinnerten auch an Sauvignon blanc, Verdejo und Txacolí (Anm.: säurebetonte, eher neutral schmeckende Rebsorte aus dem Baskenland).

Emil: Ich verglich die Neuzüchtungen teilweise mit mir bekannten Rebsorten aus Portugal wie zum Beispiel Arinto, Loureiro, Alvarinho und Antão Vaz.

Weineinkäufer David Rodriguez und Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya beim Sortieren der Mikrovinifikationsproben.

Conclusio und weiterführende Gedanken

Waren die Urteile der Degustierenden oft homogen oder gingen die Meinungen stark auseinander?

Emil: Meistens recht homogen. Allerdings hatte Valentin Blattner ein relativ weit gefächertes Sensorium für mögliche weltweite Standorte einer neuen Sorte, und so hat er gewissen Attributen mehr oder weniger Gewicht gegeben, als wir das taten.

David: Emil und ich sind Einkäufer, und unser Fokus liegt auf der Kundenpräferenz. Winzer wie Josep Maria haben noch andere Aspekte wie zum Beispiel Erträge und Eignung für eine bestimmte Region im Hinterkopf, die sie ebenfalls berücksichtigen.

Was war das Fazit nach der Degustation, was bleibt euch in Erinnerung?

Emil: Es gibt vielversprechende Ansätze, um künftig auch in heisseren, trockeneren Gebieten frische und aromatische Rebsorten für weisse Stillweine oder Basisweine für die Schaumweinproduktion zu kultivieren. Speziell hat mich überrascht, dass die befürchtete Monodimensionalität fast gar nicht aufgetreten ist.

David: Die interessantesten Mikrovinifikationen werden jetzt weiterverfolgt. Um ein eindeutiges Urteil über das Geschmacksprofil einer neuen Sorte zu fällen, muss sie über mehrere Jahre hinweg degustiert werden. Erst dann wird sich das wahre Potenzial klarer herauskristallisieren. Zu bedenken ist auch, dass nebst dem Geschmack immer auch die Resistenz- und Wuchseigenschaften einer Sorte stimmen müssen. Erst wenn alle Faktoren einer neuen Sorte zufriedenstellend sind, kommt sie für den grossflächigen Anbau infrage. Bis man also Weine aus diesen Sorten kaufen kann, werden noch einmal ein paar Jahre vergehen.

Die Fragen stellte Olivier Geissbühler

Von der Eiche zum Weinfass

Delinat hat Küfer Martin Thurnheer in seiner Küferei im St. Galler Rheintal besucht und hier Schritt für Schritt miterlebt, wie aus feinporigem Eichenholz ein Weinfass entsteht.

In der Küferei Thurnheer in Berneck im St. Galler Rheintal wird mit der Fassherstellung immer noch professionell eine jahrhundertealte Tradition und seltene Handwerkskunst betrieben. Seit 1854 werden hier Fässer aus regionalem Eichenholz gefertigt, das Küfer Martin Thurnheer mit grösster Sorgfalt auswählt. Die Bäume, oft bis zu 150 Jahre alt, liefern feinporiges Holz, das erst nach jahrelanger Lagerung zum Einsatz kommt.

Von der Eiche zum Weinfass: So entsteht ein gutes Fass aus Schweizer Eiche

Die Herstellung eines Fasses erfordert Präzision und Geduld: Von der millimetergenauen Bearbeitung der Fassdauben über das Formen mit Feuer und Wasser bis hin zur Röstung, die feine Aromen wie Vanille, Kaffee und Schokolade in den Wein bringt.

Küfer Martin Thurnheer zeigt den Weg von der Eiche zum Weinfass in seiner Küferei im Rheintal.
Küfer Martin Thurnheer zeigt den Weg von der Eiche zum Weinfass in seiner Küferei im Rheintal.

Auch Delinat-Winzer Roland Lenz setzt auf die Fässer aus Berneck. Für ihn zählt die lokale Herkunft und die Möglichkeit, seine PIWI-Weine darin sanft reifen zu lassen. Dabei verwendet man die regionalen Fässer beim Weingut Lenz so lange wie möglich. Einerseits, um natürliche Ressourcen zu schonen. Andererseits, um das Potenzial, das ein gutes Eichenfass für Rotweine wie Roland Lenz´ Koo Kuu Samtrot, wie auch für Weissweine, wie den Koo Kuu Goldgelb in sich birgt, voll auszuschöpfen. Ganz im Einklang mit der Natur und der Philosophie von Delinat.

Weiterlesen:
Wo der Wein noch zuhause ist: Wie die Delinat-Mehrwegflasche entsteht
WeinLese: Wie ein Weinfass entsteht

Delinat-Biowein-Garantie: Das ganzheitliche, auf Weinbau zugeschnittene Bio-Label

Biologisch, biodynamisch – in der Welt des Bioweins gibt es zahlreiche Zertifizierungen, die Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit versprechen. Doch nicht alle Bio-Labels setzen dieselben Standards. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie sich die Delinat-Biowein-Garantie von anderen Labels wie EU-Bio oder Demeter unterscheidet.

Speziell bei der Delinat-Bio-Garantie ist, dass sie sich auf den Weinbau konzentriert und der Gründer Karl Schefer bereits in den 1980er-Jahren als Pionier erste Richtlinien speziell für biologischen Weinbau formuliert hat. Seither wurden dank Forschungsprojekten auf Weingütern und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen diese Richtlinien laufend erweitert, verfeinert und angepasst. Dies entsteht in engem Austausch mit den von uns zertifizierten Weingütern, welche oft schon auf eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Delinat zurückblicken. Die gemeinsame Vision ist klar: Ein ganzheitlicher, enkeltauglicher Weinbau zu fördern, welche der Natur nicht schadet, sondern die Artenvielfalt und die natürlichen Ökosysteme fördert. Denn unsere Winzerinnen und Winzer wissen: Das ist die beste Voraussetzung für herausragende Weine mit aussergewöhnlichem Charakter.

Gesunde Trauben in einem gesunden Ökosystem sind die beste Voraussetzung für einen qualitativ hochwertigen Wein.

Viele andere Zertifizierungen beschränken sich nicht nur auf den Weinbau, sondern stehen für viele verschiedene Landwirtschaftserzeugnisse. Das mag für Konsumentinnen und Konsumenten hilfreich sein, weil man sich so besser im Label-Dschungel zurechtfindet. Doch gerade der Weinbau und die Weinherstellung unterscheidet sich erheblich von anderen Kulturpflanzen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, was detaillierte und spezifische Richtlinien sinnvoll macht. Hier ein paar Beispiele, welche die Delinat-Biowein-Garantie auszeichnen:

1. Fokus auf Biodiversität: Der Schlüssel zu einem gesunden Ökosystem

Delinat legt besonderen Wert auf die Förderung der Biodiversität. Während viele Bio-Labels sich auf den Verzicht von chemischen Pestiziden und Düngemitteln beschränken, geht Delinat einen Schritt weiter. Eine reiche Artenvielfalt mit Bäumen, Hecken und Sträuchern in den Weingärten schafft ein gesundes Ökosystem, das nicht nur den Boden belebt, sondern auch Schädlinge auf natürliche Weise kontrolliert. Im Vergleich dazu konzentrieren sich andere Bio-Labels weniger auf diese Vielfalt innerhalb der Reben und fördern stattdessen hauptsächlich die chemiefreie Bewirtschaftung.

Vielfalt statt öde Monokultur: Die Delinat-Weingärten sind bunt und voller Biodiversität, wie dieses Beispiel vom Weingut Moser in Österreich zeigt.

2. Erneuerbare Energien: Nachhaltigkeit auf allen Ebenen

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal des Delinat-Biowein-Labels ist der konsequente Einsatz von erneuerbaren Energien. Delinat-Winzer müssen ihren Energiebedarf wo immer möglich durch nachhaltige Quellen wie Solar- oder Windenergie decken. Das Ziel ist es, den CO₂-Fussabdruck zu minimieren und einen nachhaltigen Betrieb sicherzustellen. Andere Bio-Labels setzen meist keine spezifischen Anforderungen an die Energieversorgung der Weingüter. Hier hebt sich Delinat durch einen ganzheitlichen Ansatz ab, der nicht nur den Weinbau, sondern auch die Energieversorgung miteinbezieht.

Photovoltaik beim Delinat-Weingut La Favola in Sizilien.

Wie sich die Delinat-Richtlinien im Detail von anderen Labels unterscheiden, können Sie in diesem Beitrag nachlesen.

3. Mehrwegkonzept: Innovation in der Verpackung

Delinat geht auch beim Thema Verpackung innovative Wege. Mehrwegkonzepte und umweltfreundliche Verpackungslösungen sind fester Bestandteil der Delinat-Philosophie. Kunden haben seit kurzem die Möglichkeit, Flaschen zurückzugeben, die dann gereinigt und wiederverwendet werden. Das reduziert nicht nur Abfall, sondern spart auch wertvolle Ressourcen. Damit positioniert sich Delinat auch als Vorreiter in der nachhaltigen Verpackungsgestaltung. Ein Video zur Herstellung der Mehrwegflasche gibt es hier.

Die neue, leichte Delinat-Mehrwegflasche stammt grösstenteils aus Recycling-Glas und kann gemäss dem Hersteller Wiegand Glas bis zu 50-Mal wiederverwendet werden.

4. Konsequente Förderung von neuen Rebsorten (PIWIs) – Die Zukunft des ökologischen Weinbaus

Bereits vor Jahren hat Delinat erkannt, welches Potenzial in neuen Rebsorten schlummert, sogenannten PIWI-Sorten. Deshalb fördern wir seit Jahren die Forschung in diesem Bereich. Dank vielversprechenden Züchtungserfolgen von Spezialisten wie Valentin Blattner stieg die Qualität und Krankheitsresistenz dieser neuen Rebsorten in den letzten Jahren erheblich, was sie für den grossflächigen Einsatz im ökologischen Weinbau immer interessanter macht. PIWI-Weine erlauben eine ökologische, ökonomische und naturnahe Anbauweise, die mit herkömmlichen Traubensorten fast nicht möglich ist. Delinat motiviert deshalb Winzerinnen und Winzer, diese vielversprechenden Sorten anzupflanzen und daraus neue spannende Weine zu kreieren, welche den Weinbau der Zukunft einläuten.

Neue robuste Rebsorten ermöglichen einen ökologischen Anbau, der für die klimatischen Herausforderungen der Zukunft gewappnet ist.

Mit Roland Lenz im Sortengarten

Der regenreiche Sommer 2024 stellte die Neuzüchtungen im Sortengarten des Delinat-Winzers Roland Lenz auf eine harte Probe. Von den 600 gepflanzten PIWI-Reben haben sich nur etwa 15 Sorten in Bezug auf Resistenz, Wuchs und Ertrag als vielversprechend erwiesen.

An einem heissen Augusttag inspizierte Roland Lenz die unbehandelten Reben in seinem Sortengarten, um zu sehen, wie sie den anspruchsvollen Sommer überstanden hatten. Diese neuen Sorten stammen vom Züchter Valentin Blattner, der sie vor wenigen Jahren gezüchtet und für weitere Tests an Lenz anvertraut hatte. Obwohl sie genetisch überlegen und mit Mehrfachresistenzen ausgestattet sind, zeigte sich, dass nur wenige Sorten unter extremen Wetterbedingungen wie in diesem Sommer bestehen können.

Olivier Geissbühler auf Besuch bei Delinat-Winzer Roland Lenz in seinem Sortengarten.

Strenge Selektion mit Absicht

Die strenge Selektion hat ihren Grund: Roland und Valentin wollen nur die besten Rebsorten für die Zukunft auswählen. Halbresistente PIWI-Sorten gibt es bereits viele, doch besonders ältere Sorten wie Regent werden zunehmend anfälliger für den Mehltau und erfordern immer noch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Da Mehltaupilze im Laufe der Zeit mutieren und Resistenzen umgehen können, wird im Sortengarten nur das Beste behalten.

Damit soll sichergestellt werden, dass die Sorten auch in zehn oder zwanzig Jahren gegen Pilzinfektionen resistent sind und nur minimaler Pflanzenschutz notwendig bleibt. Den Standort des Sortengartens am Hüttwilersee hat Roland Lenz bewusst gewählt. Das feuchte Mikroklima erhöht den Stress für die Reben, da es optimale Bedingungen für Pilzinfektionen schafft. «Hier herrscht perfektes Pilzwetter», erklärt Lenz. Deshalb bleibt nur ein Bruchteil der gepflanzten Reben gesund – auch wenn sie bereits als resistent gelten. Ältere Sorten wie Regent hätten hier keine Überlebenschance, ist Roland Lenz überzeugt.

Überleben trotz aller Widrigkeiten

Roland Lenz in seinem Sortengarten am Hüttwilersee.
Roland Lenz in seinem Sortengarten am Hüttwilersee.

Dass einige Reben trotz dieser widrigen Umstände gesund bleiben, ist bemerkenswert. Lenz hält bei einer vielversprechenden Neuzüchtung inne und begutachtet Blätter und Trauben. «Das kräftige Grün und der Blattglanz zeigen die Gesundheit der Pflanze», erklärt er. Kleine Nekrosen – Bereiche, in denen die Rebe einen Pilzbefall abwehren musste – deuten darauf hin, dass die Pflanze effizient reagiert hat, indem sie befallene Zellen isoliert hat, um die Ausbreitung des Pilzes zu stoppen.

Doch nicht nur die Krankheitsresistenz überzeugt Lenz. Auch die Trauben der Rebe sind vielversprechend: «Locker angeordnet, mittelgross und gut belüftet – ideal für den Winzer.» Eine lockere Traubenstruktur hilft, Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden, was besonders in nassen Jahren wichtig ist. Auch der Wuchs der Rebe stimmt Lenz zufrieden: «Wir mussten nur wenige Blätter entfernen, und die offene Struktur spart uns Arbeitsstunden. »

Nun bleibt nur zu hoffen, dass auch der Wein dieser Sorte überzeugt. Um dies herauszufinden, wird Roland Lenz eine detaillierte Most-Analyse durchführen. Sollte das Ergebnis positiv sein, wird er die Reben vermehren und rund 100 davon in einem neuen Weingarten anpflanzen. In den kommenden Jahren soll die Entwicklung der Sorte weiter beobachtet werden. Falls sie weiterhin überzeugt, könnte sie als neue Rebsorte offiziell zugelassen werden. Das würde es anderen Winzern ermöglichen, sie bei Rebschulen zu erwerben und in ihren Weinbergen zu kultivieren. In besonders nassen Jahren wie 2024 wäre eine solche superresistente PIWISorte ein echter Gewinn. Sie könnte den Winzern schlaflose Nächte ersparen und wäre ein bedeutender Schritt in Richtung eines nachhaltigen Weinbaus.

Die Traubenernte auf den Delinat-Weingütern ist in vollem Gange

Die Traubenernte ist der Höhepunkt eines jeden Weinjahres. Besonders bei den Delinat-Winzerinnen und -Winzern, die sich dem ökologischen Weinbau verschrieben haben, ist die Ernte von qualitativ hochwertigen Trauben ein entscheidender Moment.

Gesundes Traubenmaterial ist das A und O für einen hochwertigen Wein.
Gesundes Traubenmaterial ist das A und O für einen hochwertigen Wein.

Das Jahr 2024 stellte unsere Winzerinnen und Winzer einmal mehr vor grosse Herausforderungen. Extreme Wetterereignisse sind auch im Weinbau eine direkte Folge des Klimawandels und fordern den biologischen Anbau besonders heraus. Begonnen hat es bereits im Frühling: Dank warmem Wetter zum Frühlingsbeginn trieben vielerorts die Reben sehr früh aus. Das erhöht das Risiko eines Frostereignises. Und tatsächlich: Anfang Mai wurde es in den nördlichen Weinregionen noch einmal richtig kalt. Vor allem in Deutschland und Österreich kämpften die Winzer mit dem Spätfrost.

Auch der Sommer war von Extremen geprägt: In Nordeuropa, etwa in Deutschland, Frankreich und Norditalien, sorgten teils heftige und lang anhaltende Regenfälle für eine erhöhte Gefahr von Pilzkrankheiten, besonders dort, wo die Reben bereits vom Frost angeschlagen waren.

Ernte in Windeseile

Beim Delinat-Weingut Moser in Österreich führte das aussergewöhnliche Wetter zur «verrücktesten, kürzesten und intensivsten Ernte aller Zeiten». Nach einem sehr heissen Sommer in Österreich startete das Team von «Vitikultur Moser» bereits am 22. August mit der Ernte, mit dem Ziel nicht zu hohe Zuckergehalte und eine schöne Säure in den Trauben zu erhalten.

In Windeseile wurden sogar am Wochenende und mit verstärkter Manpower die Trauben gelesen. Denn es zeichnete sich ein Wetterumschwung ab: Ab dem 12. September wurden grosse und langanhaltende Regenfälle gemeldet. Das hätte sich negativ auf das Traubenmaterial ausgewirkt. Am Tag vor dem Regen blieb das Ernte-Team des Delinat-Weinguts deshalb in den Weinbergen, bis es fast dunkel wurde. Doch die Mühe hat sich gelohnt: Sämtliche Trauben konnten vor den verheerenden Regenfällen in den Keller gebracht werden und Mosers schauen mit Optimismus auf den neuen Jahrgang: «Die Rotweine sind verrückt konzentriert und die Weissweine zeigen sich ausgewogen und mit einem guten Potential», so das erste vielversprechende Fazit.

Der österreichische Delinat-Winzer Niki Moser hat einen heissen Sommer und eine Ernte in Eiltempo hinter sich.
Der österreichische Delinat-Winzer Niki Moser hat einen heissen Sommer und eine Ernte in Eiltempo hinter sich.

Reduzierter Ertrag wegen Trockenheit und Hitze

Regionen wie Spanien und Süditalien kämpften mit Hitze und Dürreperioden: Langanhaltende Trockenperioden sorgen für einen reduzierten Ertrag. «Hier hat es seit April keinen Tropfen geregnet und wir haben keine Bewässerungsanlagen für unsere Reben», erzählt Salvatore Mero vom Delinat-Weingut Felline in der Primitivo-Hochburg Manduria in Apulien. Das habe dazu geführt, dass zum Teil auch über 50-jährige Reben den heissen und trockenen Sommer nicht überlebt haben. Mengenmässig schätzt er, dass dieses Jahr wohl nur die Hälfte des normalen Ertrages geerntet wird, qualitativ soll es aber keine Einbussen geben.

Delinat-Winzer Josep Maria Albet i Noya aus dem Penedès ist einmal mehr froh, dass er bereits viele robusten Traubensorten in seinen Weingärten gepflanzt hat. Denn trotz sehr spärlichen Niederschlägen konnte sich bei ihm an manchen Orten der Falsche Mehltau ausbreiten. Das führte vor allem bei der autochthonen Sorte Macabeo für grosse Schäden, trotz Pflanzenschutzmittel-Behandlungen. Umso eindrücklicher ist es, wenn man sieht, dass direkt daneben die unbehandelten Neuzüchtungen kerngesund heranwachsen.

Delinat-Winzer Josep Maria Albet in Noya prüft die Qualität seiner neugezüchteten Sorten.
Delinat-Winzer Josep Maria Albet in Noya prüft die Qualität seiner neugezüchteten Sorten.

Blick in die Zukunft: Wie der ökologische Weinbau den Herausforderungen begegnet

Trotz der Schwierigkeiten, mit denen die Delinat-Winzer 2024 konfrontiert waren, zeigt sich der ökologische Weinbau als robust und zukunftsweisend. Klimaveränderungen erfordern Anpassungen in der Bewirtschaftung der Weinberge. Hierbei spielen die Diversifizierung der Pflanzen, das Verständnis der Naturzyklen und der Einsatz von innovativen ökologischen Methoden eine zentrale Rolle.

Die Delinat-Winzerinnen und -Winzer beweisen jedes Jahr erneut, dass Weinbau im Einklang mit der Natur nicht nur möglich, sondern auch zukunftsfähig ist. Durch ihre Arbeit schützen sie nicht nur die Umwelt, sondern sorgen auch dafür, dass die Weine, die sie herstellen, die Charakteristik und Qualität der jeweiligen Region optimal widerspiegeln.

Das Weinjahr 2024 hat erneut gezeigt, dass der ökologische Weinbau in Europa vor grossen Herausforderungen steht. Doch durch den Einsatz nachhaltiger Methoden und den Verzicht auf chemisch-synthetische Mittel konnten die Delinat-Winzer trotz den Widrigkeiten eine hochwertige Ernte erzielen. Die Kombination aus Biodiversität, sorgfältiger Ernte und natürlichen Schutzmassnahmen ist ein zukunftsweisendes Modell für den Weinbau in Zeiten des Klimawandels. Die Weine, die in diesem Jahr entstehen, spiegeln nicht nur den Charakter der Trauben wider, sondern auch das Engagement und die Hingabe der Winzer, die sich für eine gesunde und lebendige Natur einsetzen.

Ernte beim portugiesischen Delinat-Weingut Casa de Mouraz.
Ernte auf dem portugiesischen Delinat-Weingut Casa de Mouraz.

Die Kunst der Mikrovinifikation

Beim internationalen Winzerseminar auf dem Modellweingut Château Duvivier standen Verkostungen von Weinen aus neuen, resistenten Traubensorten auf dem Programm. Winzerinnen und Winzer konnten Weine aus neuen PIWI-Sorten probieren, die auf dem Forschungsweingut in kleinen Mengen angebaut werden und nun erstmals einige Flaschen Wein hervorgebracht haben.

Seit rund 30 Jahren werden auf Château Duvivier Versuche mit neuen, resistenten Rebsorten gemacht. In Versuchsanlagen wird geprüft, wie robust diese Neuzüchtungen gegenüber Pilzkrankheiten sind und ob sie bezüglich Wuchs, Ertrag und Traubenqualität den Anforderungen einer kommerziellen Rebsorte entsprechen. Was bisher nie vollumfänglich möglich war, ist die gezielte Erforschung des Potenzials dieser neuen Sorten im Weinkeller. Es fehlten sowohl die personellen Ressourcen wie auch die Infrastruktur dafür. Nun wurden dafür auf Château Duvivier die nötigen Voraussetzungen geschaffen: Es gibt jetzt einen Raum, der extra für Mikrovinifikationen ausgestattet wurde. Etwa 30 verschiedene 10-Liter-Tanks bieten die Möglichkeit, verschiedenste PIWI-Sorten separat in kleinsten Mengen zu vinifizieren, um damit das Geschmacksprofil jeder Sorte bereits in einem frühen Stadium des Versuchsanbaus zu bewerten. So können künftig die neuen Sorten nicht nur im Feld auf Herz und Nieren getestet werden, sondern auch im Weinkeller.

Lara Spresser widmet sich auf Château Duvivier der Mikrovinifikation von PIWI-Sorten: «Hier habe ich dieses Jahr etwa zwanzig verschiedene PIWI-Rebsorten vinifiziert», berichtet sie. Die Mikrovinifikation ermöglicht es, die Charakteristiken jeder Rebsorte im Detail zu erforschen. Doch diese Methode bringt auch ihre Herausforderungen mit sich: «Die Hauptschwierigkeit ist die geringe Menge. Bei manchen Rebsorten hatte ich nur fünf Liter. Deshalb ist es schwierig, die Dosierungen und Techniken richtig einzuschätzen», erklärt sie. Ein weiteres Problem ist der Erntezeitpunkt. «Dieses Jahr und letztes Jahr war es sehr schwierig, weil viele Trauben zur gleichen Zeit und sehr früh reif waren. Es mussten sehr schnell mehrere Rebsorten geerntet werden.» Die richtige Koordination der Erntezeitpunkte ist entscheidend, um die bestmögliche Qualität zu gewährleisten, besonders bei den kleinen Mengen, mit denen Lara arbeitet.

Auf Château Duvivier werden nicht nur Weissweine, sondern auch Rotweine aus PIWI-Sorten hergestellt. «Wir haben viele weisse Sorten, aber dieses Jahr werden wir auch mehrere rote Sorten vinifizieren», erklärt Lara. Die Vinifikation von roten und weissen Sorten bringe unterschiedliche Herausforderungen mit sich. «Weisswein ist etwas anfälliger für Oxidation. Beide Arten haben ihre eigenen Schwierigkeiten.» Trotz der Herausforderungen sei der erste Jahrgang mit so vielen verschiedenen Vinifikationen geglückt: «Dieses Jahr bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Im letzten Jahr hatten wir nur sehr wenige neue Sorten separat vinifizieren können, und dieses Jahr klappte es deutlich besser.»

Die Delinat-Winzerinnen und Winzer, die während des Seminars zu den Ersten gehörten, die diese Sorten verkosten konnten, zeigten sich äusserst interessiert und probierten sich konzentriert durch die verschiedenen Sorten (mehr zum internationalen Winzerseminar erfahren Sie in diesem Beitrag). Solche Verkostungen sind für sie eine einzigartige Gelegenheit, neuartige Rebsorten auch gustatorisch zu bewerten und sich zugleich mit Kolleginnen und Kollegen über die verkosteten Weine auszutauschen.

Für dieses Jahr möchte Lara das Protokoll der Mikrovinifikation weiter verbessern und schauen, ob einige Dinge optimiert werden können. Zudem kommen nächstes Jahr noch weitere neue Versuchssorten dazu, und die Zahl der Mikrovinifikationen soll laufend ausgebaut werden. Das Ziel ist, in den nächsten Jahren eine Handvoll rote und weisse Sorten zu finden, die bezüglich Geschmacksprofil besonders überzeugen. Diese könnten anschliessend in grösserer Menge angebaut und in einem späteren Schritt für die offizielle Sortenzulassung in Frankreich angemeldet werden.

Video zu Mikrovinifikationen auf Château Duvivier

Generationenwechsel bei Albet i Noya

Die Geschichte des Weinguts Albet i Noya ist eine Geschichte von Leidenschaft und Innovation. Seit Generationen sind die Familie und das Weingut tief in der Region Penedès verwurzelt. In einem persönlichen Gespräch teilen Josep Maria Albet i Noya und sein Sohn Martí ihre Gedanken und Erfahrungen mit den Herausforderungen und Freuden des Generationenwechsels im Weinbau.

Zudem hat uns kurz vor Veröffentlichung dieses Beitrags die freudige Nachricht erreicht, dass die Weine des Weinguts Albet i Noya bei der renommierten Expovina in Zürich abgeräumt haben. Silber für den Aventurer Brut, ein famoser Schaumwein aus robusten Rebsorten, sowie für den Prestigewein des Weinguts, Reserva Martí. Die Reserva ist Sohn Martí gewidmet. Das Etikett zieren Abdrücke seiner Kinderhände. Nun hat Delinat Josep Maria und Martí in Katalonien getroffen, und mit Ihnen über die Betriebsnachfolge gesprochen. Diese tritt eben dieser Sohn, Martí an.

Josep Maria hatte schon frühzeitig über die Zukunft des Betriebs und eine mögliche Nachfolge seines Sohnes nachgedacht: «Ich hatte mir das schon überlegt, als Martí noch ein Kind war, denn natürlich ist das eine schöne Vorstellung. Aber ich wollte es auch nicht erzwingen, am Ende musste Martí selbst entscheiden. Vielleicht hätte er ja lieber Autos verkauft», erinnert sich Josep Maria lachend. Diese offene Einstellung seines Vaters half Martí, seinen Weg zu finden. «Ja, ich glaube auch, dass es gut war, mich nicht zu drängen. Denn wenn man Dinge erzwingen will, klappt es meist nicht.»

Sohn Martí und Vater Josep Maria
Sohn Martí und Vater Josep Maria arbeiten auf dem Familienweingut Albet i Noya im Penedès bereits Hand in Hand. Hund Quirat unterstützt natürlich auch tatkräftig.

Die Weichen für seine berufliche Zukunft stellte Martí nicht sofort auf Weinbau. Zunächst versuchte er sich an einem Maschinenbaustudium, da ihn Motoren und die Formel 1 faszinierten. Doch er erkannte bald, dass das nicht sein Weg war. «Danach erst habe ich mich entschieden, es mit Önologie zu versuchen. Und während des Studiums habe ich gemerkt, dass es mir wirklich gefiel», erklärt Martí. Das brachte nicht nur Klarheit für Martí, sondern auch Erleichterung für seinen Vater. Josep Maria gibt zu: «Ich habe mich gefreut, denn ich hatte schon darüber nachgedacht, das Weingut zu verkaufen. Wenn man keinen Nachfolger in der Familie hat, macht das Ganze nicht mehr viel Sinn.»

Video-Interview mit Josep Maria und Martí Albet i Noya

Die Albet-Familie kann auf eine lange Weinbautradition zurückblicken. Josep Maria erzählt stolz: «Der Erste aus der Familie Albet, der hierher kam, war mein Ururgrossvater. Er kam von Cubelles, das liegt etwa 20 Kilometer von hier entfernt am Meer. Er kam zur Zeit der Reblauskrise hier]]her und pfropfte Reben auf resistente Unterlagen. Das Weingut war dabei nie im Besitz der Familie Albet, erst vor rund 40 Jahren bekam Josep Maria die Gelegenheit, den Betrieb zu kaufen. Seither hat er ihn laufend weiterentwickelt und erfolgreich weiter aufgebaut.

Die Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn bringt natürlich Herausforderungen mit sich. Beide lachen, als sie gefragt werden, ob es schwierig sei, mit einem Familienmitglied zu arbeiten. «Jeder hat seinen eigenen Charakter und seine eigenen Kriterien, das ist klar», bemerkt Josep Maria. Martí fügt hinzu: «Ich glaube, als ich noch hier wohnte, war es schwieriger, zumindest für mich.» Die räumliche Trennung und die klare Aufgabenteilung verbessern ihre Zusammenarbeit. «Martí kümmert sich um die Weingärten, ich fokussiere mich auf unsere Versuche mit den robusten Rebsorten», erklärt Josep Maria. «Letztendlich bin ich die Brücke zwischen Weinberg und Keller, vor allem während der Ernte», ergänzt Martí.

Weingut Albet i Noya
Als eines der ersten Weingüter Spaniens stellte Albet i Noya 1983 auf biologischen Weinbau um.

Der Generationenwechsel bringt auch unterschiedliche Ansichten über die Arbeitsweise mit sich. Martí bemerkt: «Eines der Dinge, die meiner Meinung nach anders sind, ist, dass meine Generation – oder zumindest bei mir ist das so – das hier als einen Job ansieht und es auch noch andere Dinge im Leben gibt. Und deine Generation arbeitete zwölf Stunden am Tag, es gab nichts anderes.»

Ein zentrales Thema für die Zukunft des Weinguts ist das Züchtungsprojekt mit Valentin Blattner, das sich auf resistente Rebsorten konzentriert. Deren Einführung ist ein wichtiger Schritt, um den Weinbau in Spanien nachhaltiger zu gestalten. Als erstes Weingut in Spanien, das mit robusten Rebsorten arbeitet, hat Albet i Noya bewiesen, dass diese Sorten auch in Spanien ein wichtiger Baustein für die Zukunft sind und daraus erstklassige Weine entstehen. Martí sieht darin grosses Potenzial: «Man muss nicht die Landwirte von diesen Sorten überzeugen, denn sie werden deren Vorteile schnell erkennen. Auch im Penedès wird gegen den Echten Mehltau immer noch viel Schwefel gespritzt. Das ist mit diesen Sorten nicht nötig. Sie sind der Traum eines jeden Winzers.» Aber man müsse auch diejenigen überzeugen, die für die Vinifikation und den Verkauf der Weine verantwortlich sind, und das werde nicht immer ganz einfach sein.

Josep Maria ergänzt, dass der Prozess der Genehmigung noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Doch er ist zuversichtlich, dass die Zulassung in den nächsten Jahren erfolgt und damit der Weg für eine breitere Nutzung in Spanien geebnet wird: «Wir haben nun 20 unserer neuen Sorten in das Register der offiziellen Handelssorten eintragen lassen. Bis in fünf Jahren sollten praktisch alle genehmigt sein», ist er überzeugt.

Weinberg Albet i Noya
Josep Maria Albet i Noya und Martí sind vom Potential der PIWI-Reben im Weinberg und Keller überzeugt.

Josep Maria möchte sich nach und nach aus dem Betrieb zurückziehen, um mehr Zeit seiner Frau und seinen Hobbys zu widmen. «Meine Frau Marta ist jetzt ebenfalls im Ruhestand. Wir können nun für ein paar Tage eine Reise unternehmen oder Leute besuchen. Oder ich kann mit meinem Freund Fahrrad fahren gehen.» Martí hat indes weitere Unterstützung aus der Familie erhalten, sein Cousin hat begonnen, auf dem Weingut zu arbeiten. Langweilig wird es ihnen sicher nicht werden: «Wir haben genügend Projekte, denen wir uns ein ganzes Leben lang widmen können.»

PIWI, und wie: Grosse robuste Rebsorten-Degustation auf Château Duvivier

Auf unserem Modellweingut Château Duvivier in der Provence geht es gerade rund: Alle Delinat-Winzer sind zum internationalen Winzerseminar geladen. Einer der Wissensschwerpunkte liegt auf dem Thema PIWI. Robuste Rebsorten, für Delinat ein unabdingbarer Baustein für den Weinbau der Zukunft. Auch in Italien spielen diese Sorten eine immer grössere Rolle, berichten die italienischen Delinat-Winzer. Teil des Seminars war deshalb eine grosse Verkostung neuer Rebsorten.

Das internationale Delinat-Winzerseminar findet dieses Jahr auf Château Duvivier in der französischen Provence statt. Den Auftakt bildeten die italienischen Delinat-Winzer, welche sich für den Austausch und die Weiterbildung auf dem Delinat-Forschungsweingut trafen. Nebst Themen wie Bodenbearbeitung, Wasserretention und Zubereitung von Komposttee standen die neuen Rebsorten im Zentrum des Seminars.

Lara Spresser, Verantwortliche für die Weingarten-Versuche auf Château Duvivier (li.) und Delinat-Winzerberaterin Arina Schefer (re.) bereiten die erste grosse robuste Rebsorten-Degustation auf Château Duvivier vor.
Lara Spresser, Verantwortliche für die Weingarten-Versuche auf Château Duvivier (li.) und Delinat-Winzerberaterin Arina Schefer (re.) bereiten die erste grosse robuste Rebsorten-Degustation auf Château Duvivier vor.

Degustation aus Kleinst-Weinproduktion

Die italienischen Winzer verkosteten Mikrovinifikationen, also Kleinst-Weinproduktionen von den jüngsten PIWI-Neuzüchtungen, die in einem Versuchsfeld auf Château Duvivier angepflanzt werden. Mit dabei war auch Alexander Morandell, der Präsident von PIWI International. Er tauschte sich aktiv mit den Delinat-Winzern zu den neuen Sorten aus. Er wies auch darauf hin, dass man für jede Rebsorte entsprechendes Wissen im Weinberg und -keller braucht, um einen guten Wein herstellen zu können. Und das gelte natürlich auch für die verschiedenen PIWI-Sorten, dieses Wissen müsse man sich als Winzer zuerst aneignen.


Delinat-Winzerinnen Eleonora Dezzani (li.) und Cecilia Zucca von der malerischen Azienda Poggio Ridente (mi.) im Piemont, zeigten sich ebenso begeistert von den Mikrovinifikationsproben wie William Savian (mi.li.) aus dem Veneto und Alberto Brini (re.) vom Delinat-Weingut Il Conventino in der Toskana.
Delinat-Winzerinnen Eleonora Dezzani (li.) und Cecilia Zucca von der malerischen Azienda Poggio Ridente (mi.) im Piemont, zeigten sich ebenso begeistert von den Mikrovinifikationsproben wie William Savian (mi.li.) aus dem Veneto und Alberto Brini (re.) vom Delinat-Weingut Il Conventino in der Toskana.

Grosse robuste Rebsorten-Degustation auf Château Duvivier: einige Eindrücke

Der sizilianische Delinat-Winzer Massimo Maggio stellte dabei klar, dass sich PIWIs keineswegs nur für kühlere Weinregionen eignen: «Auf Rat von Delinat pflanzen wir als eines der ersten Weingüter in Sizilien seit sechs Jahren verschiedene PIWI-Sorten an. Und wir sind sehr zufrieden mit den ersten Jahrgängen: Die Sorten behalten auch in unserem heissen Klima eine schöne Säure und reifen sehr früh. Da wir sie schon Anfang August ernten können, sparen wir uns so in trockenen Jahren einen Monat Bewässerung».

Interessant und zukunftsträchtig: Die italienischen Delinat-Winzer bei der grossen PIWI-Degustation von Delinat. Im Bild Delinat-Winzer xx (li.) und Delinat-Einkaufsleiterin, sowie Italien-Expertin Martina Korak.
Interessant und zukunftsträchtig: Die Delinat-Winzer Paolo Cotroneo (li.vo.) und Vincenzo Mercurio (li.hi.) mit Delinat-Einkaufsleiterin, sowie Italien-Expertin Martina Korak.

Zudem seien letztes Jahr sehr viele Reben wegen Pilzbefall krank geworden, was dazu geführt habe, dass sich nun immer mehr sizilianische Winzer für die neuen Sorten interessieren. Massimo Maggio ist deshalb froh, dass er diesbezüglich bereits einen Vorsprung hat und plant, in Zukunft noch mehr PIWI-Sorten in seinen Weingärten anzupflanzen. Im Norden Italiens, im Veneto, überzeugen die robusten Rebsorten ebenso, berichtet Delinat-Winzer William Savian. «Für mich ist ökologischer Weinbau untrennbar mit PIWIs verbunden», so Savian.



Wie schlimm war der Spätfrost bisher?

Der Weinstock treibt seine ersten zarten Spitzen, die Temperaturen gehen unter null: Der gefürchtete Spätfrost hat dieser Tage einige unserer Delinat-Winzer heimgesucht. Vom österreichischen Burgenland bis an die deutsche Mosel hat der Spätfrost grosse Schäden verursacht. Ein Problem, das mit dem Klimawandel leider verstärkt auftritt.

Die Reben treiben Jahr für Jahr früher aus. Grund dafür sind die milden Temperaturen während der Wintermonate. Der vergangene Winter war in Europa der wärmste seit Messbeginn. Der Austrieb war mancherorts Wochen früher zu beobachten, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Mit dem frühen Austrieb erhöht sich auch die Gefahr von Ernteverlusten durch Spätfrost.

Kerzen in den Weingärten sind eine teure aber effektive Methode gegen Spätfrost.
Kerzen in den Weingärten sind eine teure aber effektive Methode gegen Spätfrost.

Nach Temperaturen von knapp 30 Grad und dem massiven Austreiben der Reben, stellte der erneute Kälteeinbruch nördlichere Weinregionen Europas vor eine grosse Herausforderung. Delinat-Winzer erklären: Die Frostschutzmechanismen in der Rebe sind ab Erscheinen der «Wolle» nahezu nicht mehr aktiv. Das bedeutet somit: Sobald es friert, dehnt sich das Wasser aus und sprengt die Zellen. Der junge Trieb stirbt ab.

Massive Einbussen an der Mosel

Delinat-Winzer Timo Dienhart aus Maring-Noviand kämpft 2024 mit den grössten Frostschäden seiner Winzerlaufbahn: «Aktuell kann ich es noch nicht genau beziffern, aber es ist verdammt viel kaputt», berichtet uns Dienhart. Zwei Drittel seiner Ernte dürften so früh im Weinjahr schon zerstört sein. Auch seine Premium-Steillagen sind betroffen. «Angesichts der vielen Steillagen in unserem Betrieb waren wir historisch gesehen sehr gut gegen Frost geschützt. Das ändert sich aber scheinbar durch den verfrühten Austrieb», so Dienhart. Versuche mit Baldrian und Co. seien bei ihm bisher nicht erfolgreich gewesen: «Eine aktive Frostabwehr ginge nur mit rabiateren Mitteln, also Frostkerzen, Nebel, Helikopter, oder Sprinkleranlagen. Was aber ökologisch und ökonomisch schwierig ist», sagt Timo Dienhart.

Der Winzer Alexander Pflüger in der Pfalz ist dagegen mit einem blauen Auge davon gekommen: «Es war äusserst knapp und es gibt auch hier und da etwas Schaden. Allerdings sind es „nur“ angefrorene Blätter. Das sollte sich auswachsen», teilt er Delinat mit. Spätfrost war auch bei ihm in Bad Dürkheim in den letzten Jahren immer wieder ein Thema. «Die Einflüsse der Umgebung, also Windoffenheit, Hanglage und Biodiversität, können den Unterschied machen», ist er überzeugt.

Zur Prävention setzt Pflüger auf niedrige Begrünungen durch Walzen und verzichtet auf Bodenbearbeitung. Kurz vor potenziellen Frostnächten spritzt er Baldrian in den Gärten aus.

Vernebelter Baldrian beim Weingut Moser
Vernebelter Baldrian beim Weingut Moser

Grosse Spätfrost-Schäden auch in Österreich

Niki Moser vom Delinat-Weingut «Vitikultur Moser» bei Krems blickt ebenfalls auf schwierige Tage zurück: «In den Ortschaften der Nachbarschaft in der Donauregion hat der Frost in den letzten Tagen teils massiv zugeschlagen». Sogar in den Hanglagen habe es grosse Schäden gegeben, ganz zu schweigen von den ebenen Lagen. Manche Winzerkollegen sprächen demnach von 60 bis 80 Prozent Ausfall.

Der Delinat-Winzer hat dieses Jahr an den Vorabenden der Frostereignisse ebenfalls ein Baldrian-Präparat in den ebenen Lagen ausgebracht. «Wir haben den Eindruck, dass das den negativen Einfluss des Frosts mildert. Aber mehr als 1–2°C kann man sicher nicht wettmachen», so Niki Moser. Im Jahr 2016 hatte der Delinat-Winzer als drastische Massnahme gemeinschaftlich mit dem Weinbauverein geräuchert. Das sei recht effektiv gewesen, berichtet der Winzer rückblickend, müsse aber gut organisiert sein.

Frosträuchern beim Weingut Moser

Bei Niki Moser sind zehn Prozent der Kremstaler Flächen in der Ebene betroffen. «Eine 1,5-Hektar-Lage hat es jedoch voll erwischt. Dort sind 90 Prozent der Triebe kaputt». Der Delinat-Winzer hatte in den letzten Jahren viel mit Frösten zu kämpfen. Im Burgenland, wo er ebenfalls Rebflächen bewirtschaftet, gab es im Jahr 2016 etwa 80 Prozent Ausfall, im Jahr 2017 rund 40 Prozent und im Jahr 2021 etwa 50 Prozent Ernteverlust.

Kerzen, Feuer oder Räuchern kann eine effiziente Massnahme sein, um Spätfrost bei Reben zu verhindern.
Kerzen, Feuer oder Räuchern kann eine effiziente Massnahme sein, um Spätfrost bei Reben zu verhindern.

Delinat-Winzerkollege Andreas Harm aus Krustetten (ebenfalls in der Nähe von Krems) verzeichnete bis jetzt noch keine grösseren Schäden an seinen Reben. Doch die Gefahr ist dort noch nicht gebannt. In der Region ist weiterhin mit Minusgraden zu rechnen. Stärkere Ausfälle durch Spätfrost hatte Andreas Harm in den Jahren 2012 und 2016: «Das Problem bei Spätfrösten ist der Stress für die Pflanzen und die steigende Anfälligkeit gegenüber Falschem Mehltau». Daher sind laut Delinat-Winzer Harm Spätfrostschäden auch weit schlimmer als Hagelschäden. Diese kämen jedes Jahr kleinräumig vor.

Schweiz: Frostschäden im Wallis, Thurgau hatte Glück

In der Schweiz war vor allem das Wallis von Spätfrost betroffen. Der Thurgauer Delinat-Winzer Roland Lenz verzeichnete ebenfalls mehrere Nächte um den Gefrierpunkt. Bis jetzt haben seine Reben die Kälteperiode gut überstanden. Vorbeugend setzt Roland Lenz ebenfalls auf Hilfsmittel: «Baldrian kann helfen, Zuckerlösungen ebenfalls. Hat die Rebe genügend Reservestoffe in den Vorjahren aufbauen können, hilft das auch. Bei trockenen Verhältnissen können da auch -5°C überstanden werden. Sehr effektiv ist auch ein später Winterschnitt und Frostreserven», erklärt der Delinat-Winzer. Eine Frostreserve, wie sie Delinat-Winzer Lenz in der Regel stehen lässt, bezeichnet eine zusätzliche Rute, die gewöhnlicherweise später austreibt. Sie kann bei spätem Frost daher als Rettung für einen gewissen Ertrag dienen. Falls kein Spätfrost eintritt, wird sie Ende Mai einfach abgeschnitten.

Zwischen den verschiedenen PIWI-Sorten, also den robusten Rebsorten, die der Delinat-Winzer im Anbau hat, beobachtet er eine grosse Bandbreite: «Regent, Cabertin, Satin Noir treiben eher später aus. Auch Souvignier gris. Generell kann man sagen, je mehr Zuckerlösungen, also Glyzerin, in den grünen Teilen ist, umso frostbeständiger sind die Zellen.»

Einen grossen Vorteil bei Frostereignissen sieht der Delinat-Winzer auch in Sorten, die ein weiteres Mal austreiben können: «Da die PIWI-Sorten meist in den Nebenaugen fruchtbar sind, gibt es bei einem Neuaustrieb oft trotzdem noch einen Ertrag». Durch das Wegbrechen geschädigter Triebe könne man bei manchen robusten Rebsorten den Austrieb der Beiaugen forcieren. Das bringe je nach Sorte zwischen 50 und 60 Prozent einer Normalernte.

Die Gefahr von Spätfrost ist leider noch nicht ganz gebannt. Die gefürchteten «Eisheiligen», so werden im Bauernkalender die Tage von 11. bis 15. Mai bezeichnet, bahnen sich noch an. Währenddessen und bis dahin kann es noch (zu) kalt werden. Doch ob diese Regel angesichts des Klimawandels noch Bestand hat, bleibt auch abzuwarten.